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Dieses Thema hat 3 Antworten
und wurde 3.306 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker international
Prisma Offline




Beiträge: 7.591

05.12.2011 22:55
Das Versteck - Angst und Mord im Mädcheninternat (1969) Zitat · Antworten

Mit diesem spanischen Film aus dem Jahre 1969, krame ich ein ultimatives Prunkstück aus der Versenkung. Ich kann diesmal in aller Bescheidenheit sagen, dass es sich bei "Das Versteck" wirklich um einen zu Unrecht in Vergessenheit geratenen, meiner Ansicht nach verkannten Knüller handelt, der einen Klassikerstatus durchaus verdient hätte. Ein Geheimtipp erster Güte, ausgestattet mit wegweisenden Charakteristika!
Diesen Film wollte ich schon immer einmal sehen, doch Angebote wie fast 150 Euro für eine sicherlich seltene VHS, sind selbst mir etwas zu viel des Guten gewesen. Bestellt habe ich mir schließlich eine amerikanische Veröffentlichung aus der Reihe 'Elvira's Movie Macabre'... [Dieses Double Feature enthält außerdem "Das Geheimnis der Todesinsel" von 1967 mit Cameron Mitchell, Elisa Montes und Kai Fischer] Schön und gut klingt das alles, doch die Veröffentlichung ist qualitativ so miserabel, dass man sie wohl kaum empfehlen darf. Dennoch muss man diesen Film einfach gesehen haben. Man sieht eine ausgezeichnet umgesetzte Vereinigung mehrerer Genres, mal hat man es mit einem lupenreinen Giallo zu tun, es schließen sich Grusel- und Horrorelemente an... dieser Film hat den Titel "Schulmädchen in Angst" redlich verdient. Selten hat mich ein Film so bedingungslos überzeugen können.
Dieser Streifen schmückt sich mit diversen Namen:

LA RESIDENCIA/
DAS VERSTECK - ANGST UND MORD IM MÄDCHENINTERNAT/
THE HOUSE THAT SCREAMED/
THE BOARDING SCHOOL/
THE FINISHING SCHOOL/
...

PRODUKTIONSLAND: Spanien 1969
PRODUKTION: Anabel Films, S.A.
REGIE: Narciso Ibanez Serrador
MUSIK: Waldo de los Rios
BUCH: Narciso Ibanez Serrador
KAMERA: Manuel Berenguer
DARSTELLER:

Lilli Palmer
Christina Galbo
John Moulder-Brown
Mary Maude
Candida Losada
Tomas Blanco
Pauline Challenor
Maribel Martin
Conchita Paredes
Victor Israel
Teresa Hurtado
Anne Marie Pol
Maria Jose Valero
Elisa Mendez
u.a.

Frankreich; ein alter Landsitz irgendwann im 19. Jahrhundert. Madame Fourneaux (Lilli Palmer) leitet ihr Internat für schwererziehbare Mädchen mit eiserner Hand. Sie ist berüchtigt für ihre unerbittlichen Erziehungs- und Züchtigungsmethoden. Auch ihr Sohn Luis (John Moulder-Brown) hat unter ihrem erdrückenden Führungsstil und ihren hohen Erwartungen zu leiden. Sie untersagt ihm jeglichen Kontakt mit ihren Schülerinnen und sie versucht ihn zu isolieren. Dennoch beobachtet er die jungen Damen wo er nur kann und es kommt zu heimlichen Treffen. Auch zwischen den Mädchen kommt es zu Konfrontation, Demütigung und Terror, was die neue Schülerin Teresa (Christina Galbo) schnell zu spüren bekommt. Die sadistisch veranlagte Schülerin Irene (Mary Maude), die eine Art Assistentin der Mme. Fourneaux ist, überwacht ihre Kameradinnen, quält und züchtigt sie wenn es sein muss. Es kommt vermehrt zu fatalen Entschlüssen einzelner Mädchen, aus diesem Gefängnis zu fliehen, doch sie verschwinden spurlos...

Wer Lilli Palmer aus "Mädchen in Uniform" kennt, weiß, dass sie prädistiniert für derartig angelegte Rollen ist. Allerdings bekommt man hier eine erstaunliche Verwandlung zu sehen. Sie hat die Seiten gewechselt und interpretiert die harte, unsentimentale Leiterin ebenso gut wie Jahre zuvor Therese Giehse als eiserne Oberin. Madame Fourneaux hat es sich zur Aufgabe gemacht, "gefallene" Mädchen auf den rechten Weg zu bringen, wobei ihrer Ansicht nach der Zweck alle Mittel heiligt. Dabei handelt sie keineswegs aus sadistischen Motiven, sondern aus tiefster Überzeugung. Eine ihrer Schülerinnen fällt im Unterricht immer wieder negativ durch Desinteresse und renitente Antworten auf, da sie sich weigert so zu funktionieren, wie es von ihr verlangt wird. Das wird fatale Konsequenzen nach sich ziehen... Man sperrt sie in ein seperates Zimmer, in dem sie zur Vernunft kommen soll. Als sie sich abermals weigert sich in eine Facon zwingen zu lassen, greift die Leiterin zu härteren Mitteln. Sie setzt auf Züchtigung. Die Schülerin wird von zweien ihrer Freundinnen überwältigt, eine andere darf sie dann auspeitschen, Madame Fourneaux überwacht das Ganze.

Lilli Palmer überrascht hier mit einer eiskalten Dominanz. Den Mädchen gegenüber ist sie unnachgiebig, sie gibt Befehle und duldet keine Widerworte. Sie ist damenhaft, stilvoll, wortgewandt und demonstriert Disziplin. Bei ihrem devoten Sohn Luis kehrt sie ebenfalls die strenge Aufseherin heraus und versucht ihn vor allem zu behüten und fernzuhalten, insbesondere vor den Mädchen. Des öfteren bekommt er Aussagen wie 'You need a woman like me' zu hören... Trotz der Achtsamkeit seiner Mutter beobachtet Luis die jungen Damen, er schleicht ihnen nach und trifft sich mit ihnen. Als eine von ihnen fliehen will, verhilft Luis ihr zur Flucht. Das System der Madame Furneaux hat also doch Lücken...

Es dauert recht lange, bis der Film in Fahrt kommt und schließlich in einem Alptraum gipfelt. Zunächst ist da der dunkle Landsitz mit seinen katakombenartigen Gängen und diversen Verstecken, man hört Schritte und beunruhigende Geräusche, viele Settings sind dunkel, beklemmend und schwerfällig, es stürmt, ein Gewitter, leichtes Gruseln kommt auf, bis das Grauen plötzlich zuschlägt. Die beteiligten Personen werden sehr gut in die Geschichte integriert und zeigen eindrucksvolle Folgen an Szenen. Dann endlich taucht das Phantom auf und es kommt zu einer der eindrucksvollsten Ermordungssequenzen, die ich seit langem gesehen habe. Ein Mord in Zeitlupe, mit einer beruhigend wirkenden, verträumten musikalischen Untermalung, dennoch aufwühlende Bilder, das Messer sticht immer und immer wieder zu, die Musik fängt an zu leiern, ein regungsloser Körper fällt zu Boden, die Leiche verschwindet... Seit dem Finale von "Vier Fliegen auf grauem Samt" habe ich keine so packende Szene mehr gesehen, die einen derartig hohen künstlerischen Anspruch erhebt. Insgesamt ist der Film nicht blutrünstig, er setzt viel mehr auf latente, wohldosierte Spannung und zerrt langsam aber sicher an den Nerven des Betrachters. Nackte Haut und Erotik sieht man in "La Residencia" nur andeutungsweise und ganz vage, der Film regt eher die Fantasie an, wobei die ausgezeichnete handwerkliche Umsetzung ihren Teil beiträgt.
Letztendlich macht sich großes Unbehagen breit, bis es zum großen Schock im Finale kommt. Ich unterstelle mal ein wenig Vorhersehbarkeit, doch die Gestaltung ist an Intensität kaum zu übertreffen. Zurück bleibt man fast atemlos und begeistert zugleich, mit einem ordentlichen Schauer im Rücken! Die klassische Musik gibt einem dann schließlich endgültig den Rest...

Trotz der Verschmelzung einiger Stilrichtungen behält "Das Versteck" einen tiefroten Faden und lässt keinen Zweifel an seiner Durchschlagskraft entstehen. Dieser Film weiß von Anfang bis Ende, wo er hin möchte, bis er schließlich seine Extravaganz schockierend zur Schau stellt. Regisseur Narciso Ibanez Serrador hat einen Film gezaubert, der vor Eigenständigkeit strotzt und der einige wegweisende Komponenten für folgende Filme beinhaltet. Ein kleines Meisterwerk... ja, das Niemand kennt... ungerechterweise! Man sieht es den Szenenfotos an, wie schlecht die Bildqualität ist, eine ordentliche DVD-Veröffentlichung wäre wirklich zu wünschen. Auch der Ton ist nahezu miserabel, die Synchronisation ist etwas holprig, aber Lilli Palmer und John Moulder-Brown sind angenehmerweise mit ihren Originalstimmen vertreten. Die Dialoge sind wiederum oftmals hervorragend und die bildschöne Christina Galbo übt hier schon einmal für "Das Geheimnis der grünen Stecknadel".
Entstanden ist ein Schocker, der nicht zu viel zeigt und angemessenerweise viel mehr für sich behält, als bei vergleichbaren Filmen. 'The house that screamed' ist ein Film, der eigentlich nur brutal wird, weil es die eigenen Gedanken zulassen. Falls also Jemand mal die Möglichkeit bekommt, sich dieses Spektakel anzusehen, der sollte unbedingt und ohne zu zögern zuschlagen!

c.n.-tonfilm Offline




Beiträge: 179

08.12.2011 00:12
#2 RE: Das Versteck - Angst und Mord im Mädcheninternat (1969) Zitat · Antworten

Hier http://forum.cinefacts.de/206007-la-resi...9-serrador.html habe ich schon relativ viel über den Film geschrieben; daher begnüge ich mich mit dem entsprechenden Verweis (Der analphabetische Threadtitel stammt übrigens nicht von mir, sondern wurde seinerzeit nach einer Verschiebung so von einem Moderator angepasst).

Rätselhaft bleibt in erster Linie , warum dem Film eine Kinoauswertung in der BRD verwehrt blieb, obwohl er offensichtlich mit klarem Kalkül auf den internationalen Markt produziert wurde. Wäre der Streifen um 1969 herum in die deutschen Kinos gekommen, hätte es sicherlich eine hochwertige zeitgenössische deutsche Synchronisation gegeben, in der Lilli Palmer sich selbst spricht und die die beste Option bieten würde den Film zu sehen.

Die englische Synchro von 1971 von AIP hat den Vorzug, dass Palmer und Moulder-Brown sich selbst sprechen; die übrige Synchronbesetzung aber - wie für US-Synchros üblich - kaum annehmbare Leistungen liefert. Palmer synchronsiert sich selbst gekonnt und nuanciert und nimmt sich dementsptrechend im übrigen unzulänglich-hilflosen Gestammel der US-Synchro fast wie ein Fremdkörper aus. Die deutsche Videosynchro von 1983 (nicht 1985, wie ursprünglich angenommen) hat dafür, dass es sich um eine Direct-to-Video-Produktion handelt, ein erstaunlich hohes Niveau und erfreut vor allem als Spätwerk von Altmeisetrin Edith Schneider. Das kann jedoch über den Verlust von Lilli Palmers eigener Stimme nur bedingt hinwegtrösten. Insbesondere kann die Synchro nicht verbergen, dass sie letztlich um 14 Jahre zu spät kam. Den adäquatesten Filmgenuß bietet insoweit die französische Synchro von 1972 von Les Films Jacques Leitienne (welche auch die französischen Fassungen vieler Edgar-Wallace-Filme produzierte). Zwar spricht sich Palmer auch hier leider wieder nicht selbst; die - nicht identifizierbare - französische Synchronsprecherin kommt ihr aber ungemein nahe und die Synchro bietet insgesamt sehr gute Leistungen und wirkt wie aus einem Guß. Sie wird dem Film selbst in ihrer Homogenität am meisten gerecht. Wer auf Palmers Originalstimme nicht verzichten mag, muß trotz einiger Unzulänglichkeiten zur US-Synchro greifen. Wer den Film selbst optimal genießen will, sollte die französische Synchronisation wählen. Die deutsche Videosynchro von 1983 bietet mit Abstrichen hier immer noch eine sehr akzeptable Alternative, wenn dies auch in erster Linie Edith Schneider zu danken ist.

In der Praxis sind diese Empfehlungen natürlich leider kaum mehr als schöne Worte, denn eine brauchbare DVD-Veröffentlichung des Films steht bislang immer noch aus.

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Filme im falschen Bildformat sind wie ein Gemälde, aus dem ein Dieb den Teil herausgeschnitten hat, der ihm am wichtigsten erschien, weil das Bild als Ganzes nicht durchs Fenster passte.

Alte Kinofilme nach Jahrzehnten nachträglich neu zu synchronisieren ist wie Süßstoff in einen guten alten Wein kippen: ungenießbar-pappige "Spätlese".

Was wären Jack Lemmon, Danny Kaye, Peter Sellers, Bob Hope und Red Skelton im deutschsprachigen Raum ohne die Stimme von Georg Thomalla ?

Ray Offline



Beiträge: 1.930

31.12.2015 00:05
#3 RE: Das Versteck - Angst und Mord im Mädcheninternat (1969) Zitat · Antworten

Nun ist der Film doch noch einigermaßen unbemerkt auf DVD erschienen und zwar bei Colosseo Film.

Die DVD enthält zwei Fassungen, eine gekürzte in 16:9 und eine ungekürzte, blöderweise im 1,33:1-Format.
Die Rückseite verspricht einen "Horror-Giallo" und behauptet, dieser Film habe Argento zu "Suspiria" inspiriert. Als Extra ist noch ein Interview unseres Forumsmitglieds Uwe Huber mit John Moulder-Brown, einem der Darsteler, enthalten.

So trashig, wie die Bebilderung der Rückseite befürchten lässt, ist der Film nicht geraten. Er bietet ein nettes Setting in "La Residencia", dem Mädcheninternat, wenige, dafür meisterhaft arrangierte Spannungsszenen (Bilder und Musik ergeben eine wunderbare Symbiose) und eine sehr präzise agierende Lilli Palmer. Cristina Galbò spielt natürlich die weibliche Unschuld. Sie weiß mit ihrem stets recht weinerlichen Blick die Sympathien des Zusehers auf sich zu ziehen.

Der Film nimmt sich viel Zeit, bis er in die Gänge kommt, d.h., bis der erste Mord geschieht. Anstatt dann jedoch das Tempo aufrechtzuerhalten, verlangsamt er es statt dessen wieder und sorgt so im Mittelteil für einige Längen. Die Auflösung ist vorhersehbar, dafür inhaltlich einigermaßen überzeugend.

Alles in allem ein Film, der insbesondere für Giallo-Fans allemal einen Blick wert ist. Einige Parallelen gibt es auch zum "Mönch mit der Peitsche": neben dem Internatssetting erfährt der Zuschauer, dass die jungen Damen sich abwechselnd in einem Schuppen im Park regelmäßig mit einem Mann treffen...


Insgesamt gebe ich 4/5 Punkten.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

12.02.2017 14:08
#4 RE: Das Versteck - Angst und Mord im Mädcheninternat (1969) Zitat · Antworten

BEWERTET: "Das Versteck" (Original: La Residencia) Spanien 1969
mit: Lilli Palmer, Cristina Galbó, John Moulder-Brown, Mary Maude, Cándida Losada, Maribel Martin, Pauline Challenor, Tomás Blanco, Teresa Hurtado, Conchita Paredes, Victor Israel, Maria José Valero, Ana Maria Pol u.a. | Drehbuch: Narciso Ibánez Serrador, Jean Tébar | Regie: Narciso Ibánez Serrador

Madame Fourneau leitet ein privates Mädcheninternat im Süden Frankreichs. Sie führt ein strenges Regiment und lässt ihren Schülerinnen kaum persönliche Freiheiten. Trotz hoher Sicherheitsvorkehrungen verschwanden in den letzten Monaten mehrere Mädchen spurlos. Als die achtzehnjährige Teresa an die Schule kommt, findet sie bald eine Gegnerin in Gestalt der älteren Schülerin Irène, die Madame Fourneaus Vertrauen besitzt und mehrere Vollmachten hat. Bald spitzt sich die Situation zu und Teresa denkt an Flucht....



"Das hier ist eine Schule und kein Gefängnis!" - "Wenn es kein Gefängnis ist, machen wir eines draus!"

Die letzten Sonnenstrahlen dringen durch die dicht bewachsenen Kronen des hohen Baumbestands; der romantische Charakter des beschaulich gelegenen Anwesens kann jedoch nicht das ungute Gefühl übertünchen, das den Zuseher beschleicht, als sich das massive Eisentor hinter dem Ankömmling schließt. In wenigen Minuten eröffnet sich dem Publikum eine autarke Welt, die subtilen Schrecken bereithält und an den Nerven ihrer Bewohner zehrt. Über allem regiert Madame Fourneau mit eiserner Disziplin. Sie behält die Kontrolle über sich und ihre Untergebenen; es scheint, als fürchte sie den Absturz ins Bodenlose, sollte sie die Zügel lockern oder nachgiebiger sein. Das Korsett, in das sie sich selbst und die anderen Frauen ihrer Umgebung geschnürt hat, lässt keinen Freiraum für persönliche Wünsche oder abstrakte Gedanken. Freidenker, Individualisten oder Emanzipierte sind nicht erwünscht. Trotz der Ausrichtung ihrer Erziehungsmethoden auf ein konservatives Leben als Hausfrau und Mutter, das den Mädchen eine untergeordnete Rolle in der Welt zuweist, wird der einzige Mann im Haus ebenso unter Kuratel gehalten. Luis, der Sohn von Madame, führt ein zurückgezogenes Leben ohne Freuden und soll seine Zukunft nach einer Blaupause seiner Mutter ausrichten. Das gesellschaftliche Patriarchat wird im Kleinen zu einem Matriarchat, in dem den Männern Eigenschaften wie Selbstkontrolle, Weitsicht und Disziplin abgesprochen werden. Die Versuchungen in Gestalt der Weiblichkeit werden mit restriktiven Methoden bekämpft und stehen parallel zur Ausübung religiöser Praktiken. Das Motiv der Bestrafung nimmt eine große Rolle ein und wird konsequent durchexerziert.

Lilli Palmer thront über der Riege weiblicher Jugend, wobei ihre preußische Disziplin den Weg vorgibt, nach dem sich ihre Schülerinnen und das Hauspersonal zu richten haben. Eine würdige und gefährliche Nachfolgerin findet sie in Mary Maude, deren eiskalter Verstand in vielen Aspekten sogar besser funktioniert als der ihrer Mentorin. Cristina Galbó erweist sich einmal mehr als unschuldige Schönheit, deren Leben von Neidern und Wahnsinnigen bedroht ist. John Moulder-Brown sorgt für lichte Momente der Hoffnung, da er sich sanftmütig und hilfsbereit zeigt, doch auch er trägt schwer an der Enge seines Daseins und den unbarmherzigen Vorgaben seiner Mutter. Die Untergrabung der elterlichen bzw. erzieherischen Autorität wird als Anfang vom Ende betrachtet und ebnet den Weg in Chaos und Verderben. Die Bestätigung dieser Auffassung findet sich nach dem Empfinden der Schulleiterin ausgerechnet im rätselhaften Verschwinden mehrerer Mädchen, was zu weiteren Einschränkungen im Alltag führt. Die Todesspirale, die damit in Gang gesetzt wird, dreht sich immer schneller und erzeugt schlussendlich auch Angst in denen, die diese Emotion zunächst angeheizt haben. Die visuellen Eindrücke, die in der zweiten Hälfte des Films immer wichtiger werden, unterstreichen die Verzweiflung über die Abgründe, die kaum noch versteckt werden können. Mordszenen erfahren eine ebenso ausgeklügelte dezente Choreografie wie die Wolllustszene, deren Ablauf durch den Handarbeitsunterricht feinsinnig geschildert wird. Die Schockmomente ergeben sich aus dem Grauen, das der Zuschauer nach und nach empfindet, je tiefer er in das Seelenleben der Protagonisten blicken muss. Das Finale bestätigt das, was insgeheim eine düstere Vorahnung war.

Spannende Studie zwischenmenschlicher Abläufe unter besonderen Voraussetzungen mit einem präzise agierenden Ensemble. Die Beklemmung erfasst den Zuschauer ebenso wie die Figuren des Films und hallt lange nach. 5 von 5 Punkten

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