Inspiriert durch Peter Osterieds Buch „Dr. Mabuse – Der klassische Kriminalfilm, Band 1“, habe ich mich dazu entschlossen, das erfolgreiche Modell der Filmchronologie auch für die Dr.-Mabuse-Reihe umzusetzen. Dabei möchte ich mich auf die sechs Produktionen der 1960er Jahre konzentrieren, weshalb die beiden früheren Fritz-Lang-Filme vorerst nicht enthalten sein werden.
#1: Die 1000 Augen des Dr. Mabuse (BRD / IT / FR 1960, ES: 14.09.1960)
Erster Satz | „Mordkommission, Kriminalassistent Neubert.“
Inhalt | Anscheinend war Fernsehreporter Barter einer heißen Geschichte auf der Spur, denn man findet ihn tot am Steuer seines Wagens. Ein blinder Hellseher führt den ermittelnden Kommissar Kras auf die Fährte des totgeglaubten Dr. Mabuse, der in einem mit Kameras vollüberwachten Hotel seine Zentrale aufgebaut hat.
Zitate • „Miese Zeiten und miese Geschäfte. Mars steht bei zu vielen im Todeshaus.“ • „Es ist ein Gesicht, das Gesicht eines Gestorbenen. Nein: eines Lebenden. Mabuse! Dr. Mabuse.“ • „Sie sind wahnsinnig.“ – „Vielleicht, aber wo ist die Grenze?“
Zeit... • ...bis zum Vorspann: 16 Sekunden • ...bis zum ersten Mord: 2 Minuten, 36 Sekunden
Mabuses Mordmethoden und Anschläge | Schuss mit einer Stahlnadel ins Gehirn, Erschießen, Explosion eines manipulierten Telefons, Bespitzelung von Hotelgästen mittels Überwachungskameras, Explosion eines Atommeilers, Erpressung, Hypnose
Besonderheit | Zusätzlich zur bekannten Fassung existiert eine alternative Schlussszene, die einst in Frankreich den Film beendete. In dieser erliegt Marion Menil ihren Verletzungen.
Kurzfazit | Packender Mabuse-Wiedereinstieg, der durch die Konzentration auf den Innenschauplatz Hotel Luxor eindeutig die amerikanisierte Handschrift des Regisseurs Lang preisgibt. Die Spannung, die durch die Doppelzügigkeit der weiblichen Hauptfigur geschaffen wird, findet in Mabuses am Ende enthüllten Plänen tragische Aufklärung.
#2: Im Stahlnetz des Dr. Mabuse (BRD / FR / IT 1961, ES: 13.10.1961)
Erster Satz | „Ist hier ein Platz frei?“
Inhalt | Dr. Mabuse lebt. Mithilfe eines unbekannten Rauschgifts hat er sich die Insassen eines Zuchthauses zu gefügigen Handlangern gemacht, mit denen er Chaos über die Welt bringen will. Doch seine teuflischen Pläne reichen noch weiter: Mabuse plant, mit einem Verbrechersyndikat in Chicago zu kooperieren.
Zitate • „Der Teufel betet nicht. Er will angebetet werden.“ • „Gott gibt die Nüsse, aber er bricht sie nicht auf.“ • „Ich habe nur einen Herren und Gebieter: Dr. Mabuse.“
Zeit... • ...bis zum Vorspann: 29 Sekunden • ...bis zum ersten Mord: 3 Minuten, 30 Sekunden
Anzahl der Leichen | 13+ (Oberst Hark, Mrs. Pizzarro, der Blinde Anton Paiper, das Holzbein Dimitrios, Alberto Sandro, Professor Griesinger, ein Handlanger Mabuses, der Küster, vier Handlanger Mabuses, der Trödler) Weder die genaue Anzahl der Leichen in der Schießerei am Elektrizitätswerk noch beim Zusammenstoß des Mabuse-Zuges mit dem Gegenzug kann genau bestimmt werden.
Mabuses Mordmethoden und Anschläge | unbekanntes Mordinstrument in einem Holzbein, Flammenwerfer, Zerquetschen eines Blinden mit LKW an Hauswand, Erwürgen, Willensmanipulation mittels Rauschgift, Befehl zum Selbstmord, Erschießen, Zersetzen einer Leiche im Säurebad, Explosion eines Autos, Unterwanderung eines Zuchthauses, Angriff auf Elektrizitätswerk und Atommeiler, versuchtes Ertränken
Besonderheit | Als internationale Koproduktion ist der Streifen auf eine Nachsynchronisation angewiesen. Nicht zu sehen und nur zu hören sind damit Beteiligte wie Margot Leonard (Lavi), Curt Ackermann (Tozzi / Preiss) und Horst Niendorf (Barker). Im Folgefilm hört man Gert Günther Hoffmann auf Lex Barker.
Kurzfazit | Sternstunde des deutschen Kriminalfilms. Kaum ein Film der Krimiwelle der Sechziger wartet mit mehr gespannter und schauerhaft realistischer Atmosphäre auf als „Im Stahlnetz des Dr. Mabuse“. Der gefürchtete Mythos des Schurkengenies lebt in besonders brutalen Verbrechen und erstklassigen Berlinaufnahmen fort.
Letzter Satz | „Wenn er leben sollte, dieser Dr. Mabuse...“
#3: Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse (BRD 1961 / 62, ES: 30.03.1962)
Erster Satz | „Hilf! Hilf!“
Inhalt | Dass das Unternehmen X von Kommissar Brahm strengstens überwacht wird, hindert Dr. Mabuse nicht daran, die hochgefährlichen Forschungsergebnisse des Professor Erasmus für seine teuflischen Pläne zu verwerten. Fällt die Möglichkeit, Menschen unsichtbar zu machen, in seine Hände, so ist die Welt nicht sicher vor seinem Wahnsinn.
Zitate • „Unser Beruf ist nichts weiter als eine Reihe falscher Theorien, die durch weitere Irrtümer manchmal zum richtigen Resultat führen.“ • „Ich weiß doch nichts! Gar nichts weiß ich!“ • „Mein Kampf wird Mord sein, unsichtbarer Mord – bis die Menschheit vor mir zittert und die Weltherrschaft des Verbrechens errichtet ist.“
Zeit... • ...bis zum Vorspann: 2 Minuten, 14 Sekunden • ...bis zum ersten Mord: 7 Minuten, 51 Sekunden
Anzahl der Leichen | 16+ (Nick Prado, LKW-Fahrer, Pförtner, Mann im Planetarium, Professor Erasmus, ein Handlanger Mabuses, Dr. Bardorf, ein Handlanger Mabuses, Martin Droste, sechs Handlanger Mabuses, Dr. Krone) Nicht genau geklärt wird, wie viele der zwölf Handlanger Mabuses bei der Schießerei auf dem Flugplatz sterben. Es fallen mindestens sechs von ihnen.
Mabuses Mordmethoden und Anschläge | Folter mit einem Rasiermesser, Erschießen, Explosion eines Autos, Überfahren, Unsichtbarmachen von Materie durch Frequenzkoordination, Willensmanipulation, Betäubung, Enthauptung, Angriff auf ein Flugzeug
Besonderheit | Beim Frequenzkoordinator des Professor Erasmus handelt es sich um dasselbe Requisit der CCC-Studios, mit dem Albert Bessler als Hotelingenieur in „Die 1000 Augen“ die Stahltür zu Mabuses Zentrale öffnet.
Kurzfazit | Mit der ersten allein deutschen Produktion der Reihe hält eine ganze Portion Wallace-Stil in der vormals eigenständigen Mabuse-Serie Einzug. Sie macht die „unsichtbaren Krallen“ fantastischer und „liebenswürdiger“, zugleich kann man den Film aber nicht ernst nehmen, sodass der bedrohliche Eindruck der Vorgängerproduktionen nicht erreicht wird.
Letzter Satz | „Anscheinend auch ein leichter Fall von geistiger Umnachtung.“ – „Ja, aber ein schöner, Hase.“
#4: Das Testament des Dr. Mabuse (BRD 1962, ES: 07.09.1962)
Erster Satz | „Mortimer, die Zeit der Fingerübungen ist vorbei.“
Inhalt | Nach einem schweren Schock ist Mabuse in die Irrenanstalt von Professor Pohland eingeliefert worden. Obwohl als bestätigt gilt, dass Mabuse die Klinik nicht verlassen kann, werden seine Pläne unverändert ausgeführt. Wie schafft er es, Zugraub und Banküberfälle zu koordinieren?
Zitate • „Ausführung ist Ihre Sache.“ • „Bei Dr. Mabuse ist alles möglich.“ • „Für einen Mörder gibt es kein Zurück.“
Zeit... • ...bis zum Vorspann: 38 Sekunden • ...bis zum ersten Mord: 10 Minuten, 50 Sekunden
Anzahl der Leichen | 8 (Eddie, der „rote Fuchs“, Flocke, zwei Bankwächter, Polizist, Mortimer, Dr. Mabuse)
Mabuses Mordmethoden und Anschläge | Überfall auf einen Goldtransporter, tödlicher Stromschlag, Überfall auf die Diamantenbörse, Falschmünzerei, Erschießen, Zugüberfall und -entführung, unfreiwilliger Selbstmord durch präparierte Pistole, Erpressung, Willensbeeinflussung durch hypnotische Befehle, Banküberfall, elektrische Folter
Besonderheit | Artur Brauner hatte ursprünglich vor, den Charakter Mabuse mit einem Remake von „Das Testament des Dr. Mabuse“ ins bundesdeutsche Kino zurückzuholen. Da Fritz Lang eine solche Selbstkopie ablehnte und sich nur zur Umsetzung eines neuen Stoffes (1000 Augen) bereiterklärte, entstand eine freie Neuverfilmung des „Testaments“ erst zwei Jahre später unter Regisseur Werner Klingler.
Kurzfazit | Die geschilderten Verbrechen werden dem desaströsen Mabuse-Mythos nicht gerecht, wirken willkürlich und unbedeutend. Obwohl sich Fröbe und Rilla als neue Gegenspieler größte Mühe geben, überzeugt ihr Duell aufgrund ungenutzter Möglichkeiten nur zeitweise.
#5: Scotland Yard jagt Dr. Mabuse (BRD 1963, ES: 20.09.1963)
Erster Satz | „Jawohl, ich bin Professor Pohland, der berühmte Nervenarzt, in dessen Klinik Sie, Dr. Mabuse, gestorben sind.“
Inhalt | Mithilfe eines Geräts, das aussieht wie ein Fotoapparat, gelingt es Professor Pohland und seiner Gefolgschaft, anderen Menschen ihren Willen aufzuzwingen und aufsehenerregende Verbrechen zu begehen. Sie verlagern ihr Hauptquartier nach England, doch auch dort werden sie mit allen Mitteln verfolgt.
Zitate • „Da war ein Mörser auf dem Tisch und etwas hat mich gezwungen, den Stößel zu packen und zuzuschlagen.“ • „Mabuse ist tot und jede Idee, dass er trotzdem weitermacht, ist albern, absurd und töricht. Aber zum Teufel: Du könntest Recht haben.“ • „Sie brauchen nicht zu verstehen, nur zu gehorchen.“
Zeit... • ...bis zum Vorspann: 45 Sekunden • ...bis zum ersten Mord: 5 Minuten, 57 Sekunden
Anzahl der Leichen | 15 (Polizist, Professor Laurens, Dr. Whiteman, Professor Masterson, Henker, acht Polizisten, General Allingham, Hyliard)
Mabuses Mordmethoden und Anschläge | Vernichtung des Mabuse-Testaments durch Sprengstoffattentat, Entgleisung eines Zuges, Erschießen, Entführung eines Häftlings, Gedanken- und Willensübertragung, Erschlagen, Explosion des Forschungslabors Laurens, Zwang zum Selbstmord, Postraub, Bedrohung mit Handgranate
Besonderheit | Dieser Mabuse-Film entstand nach dem Roman „The Device“ von Bryan Edgar Wallace und stellt damit ein einmaliges Crossover zwischen den beiden Epigonenreihen der CCC-Film dar.
Kurzfazit | Seelen- und ideenloses Serienprodukt, unenglisch, hölzern gespielt und inhaltlich unausgegoren. Die übersinnliche Waffe der Macht findet keinerlei realistische Erklärung wie etwa in den „unsichtbaren Krallen“. Walter Rilla, nach Stummfilmmanier androgyn geschminkt und ungeschickt synchronisiert, kann Preiss nicht das Wasser reichen.
Letzter Satz | „Na ich glaube, ich bin jetzt hier überflüssig.“
#6: Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse (BRD / IT / FR 1964, ES: 18.09.1964)
Erster Satz | „Gut, Chef, komme sofort.“
Inhalt | Der britische Geheimdienst schickt Bob Anders nicht nach Malta, um einen Urlaub mit seiner Freundin Judy zu verbringen, sondern um Professor Larsen und seine gefährliche Erfindung, einen Todesspiegel, zu bewachen. Anders muss es dabei nicht nur mit Unmengen von Froschmännern, sondern auch mit gefährlichen Frauen aufnehmen.
Zitate • „Lass uns vom Heiraten nach den Flitterwochen sprechen.“ • „Wer diese Waffe besitzt, beherrscht die Welt.“ • „Ich trage dieses alberne Mützchen, weil die Hälfte meines Schädels aus Metall ist, und die schwarze Klappe, weil mir ein Auge fehlt. Einen Teil meines amputierten Beines verwende ich als linke Wange und diese Hand hier ist garantiert rostfreier Stahl.“
Zeit... • ...bis zum Vorspann: 1 Minute, 14 Sekunden • ...bis zum ersten Mord: 2 Minuten, 24 Sekunden
Anzahl der Leichen | 19 (Froschmann, Fischer, Mercedes, betrunkener Mann, Mario Monta, Dr. Krischna, Admiral Quency, Commander Adams, ein Handlanger Mabuses, Jason Monta, sechs Froschmänner, Kaspar, zwei Handlanger Mabuses)
Mabuses Mordmethoden und Anschläge | Erstechen, Flucht aus der Irrenanstalt, Landesflucht, Attentate mit Gewehren und Pistolen, Erschießen, versuchte Auslöschung der Welt mittels Todesstrahlen
Besonderheit | Wolfgang Preiss tritt, obwohl in Vorspann und Werbematerialien genannt, nicht persönlich in Erscheinung. Er bildete allerdings die physiognomische Vorlage für den Schatten Mabuses.
Kurzfazit | Wie die meisten Abenteuerfilme bestehen auch die „Todesstrahlen“ lediglich aus einer willkürlichen Aneinanderreihung uninteressanter Naivitäten. Die fehlende Originalität trägt zum unattraktiven Gesamteindruck bei, obwohl Schauplätze und Szenenbilder zu den imposantesten der Serie zählen.
Letzter Satz | „Ein Hund spürt Dinge, die den Menschen verborgen bleiben.“
Rangliste Die ersten drei Filme der Reihe sind qualitativ auf einem sehr hohen Niveau und erreichen knisternde Spannung und bedrohliche Atmosphäre. Danach ging der Serie die Luft aus und Artur Brauner führte sie ganz offensichtlich nur noch fort, um möglichst lange aus dem Namen „Mabuse“ Profit zu schlagen. Mit „Das Testament des Dr. Mabuse“ entstand zunächst ein unambitioniertes Remake. Es schlossen sich zwei vollkommen realitätsferne Produktionen an, die nicht nur am ursprünglichen Serienimage, sondern auch an den Wünschen des Publikums vorbeigingen und die Mabuse-Reihe zu einem gerechtfertigten Ende brachten. Meine persönliche Rangliste liest sich wie folgt: Platz 1 (5,0 Punkte): Im Stahlnetz des Dr. Mabuse Platz 2 (4,5 Punkte): Die 1000 Augen des Dr. Mabuse Platz 3 (4,0 Punkte): Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse Platz 4 (3,0 Punkte): Das Testament des Dr. Mabuse Platz 5 (2,0 Punkte): Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse Platz 6 (1,0 Punkte): Scotland Yard jagt Dr. Mabuse
Anzahl der Leichen In sechs Filmen gibt es mindestens 81 Leichen. Da die Mabuse-Filme sich selbst gern zur „harten Welle“ zählten, sind die – auch im Vergleich zu den Edgar-Wallace-Filmen – durchschnittlich sehr hohen Leichenzahlen sicher ein Alleinstellungsmerkmal. Als einziger Film der Serie bleibt „Das Testament des Dr. Mabuse“ im einstelligen Leichenbereich. Spitzenreiter ist „Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse“, doch hier sterben 15 der 19 Opfer erst in den letzten fünfzehn Filmminuten.
Zeit bis zum Vorspann Die Mabuse-Serie nutzte nur in einem Fall, nämlich in „Die unsichtbaren Krallen“, das wallace-typische Stilelement der Pretitelsequenz (auch dort nur rudimentär, da die Szene nach dem Vorspann fortgesetzt wird). In allen anderen Fällen beginnt der Vorspann sofort nach Einblendung von Verleihmarken und Produktionsfirmen. längste Zeit bis zum Vorspann: „Krallen“ – 2 Minuten, 14 Sekunden kürzeste Zeit bis zum Vorspann: „Augen“ – 16 Sekunden
Zeit bis zum ersten Mord Hier stellt der insgesamt recht harmlos gehaltene Film „Das Testament des Dr. Mabuse“ den Ausreißer dar. In allen anderen Streifen kam man recht schnell zur ersten Exekution. In „Die Todesstrahlen“ wird der erste Mord sogar noch während des Vorspanns begangen. längste Zeit bis zum ersten Mord: „Testament“ – 10 Minuten, 50 Sekunden kürzeste Zeit bis zum ersten Mord: „Todesstrahlen“ – 2 Minuten, 24 Sekunden
Platz 1 (5,0 Punkte): Im Stahlnetz des Dr. Mabuse (Pluspunkte: Lex Barker, Atmosphäre, Harald Reinl, Musik) Platz 1 (5,0 Punkte): Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse (Pluspunkte: Lex Barker + Karin Dor, Atmosphäre, Harald Reinl, Musik) Platz 3 (4,5 Punkte): Die 1000 Augen des Dr. Mabuse (Pluspunkte: Gert Fröbe, Peter van Eyck, Wolfgang Preiss, Atmosphäre, Fritz Lang) Platz 4 (4,0 Punkte): Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse(Pluspunkte: Peter van Eyck, Atmosphäre, Musik) Platz 5 (3,0 Punkte): Das Testament des Dr. Mabuse (Pluspunkte: Gert Fröbe, Atmosphäre) Platz 6 (2,0 Punkte): Scotland Yard jagt Dr. Mabuse (Pluspunkt: Peter van Eyck)
01 Im Stahlnetz des Dr. Mabuse 5/5 02 Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse 4,5/5 03 Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse 4/5 04 Die 1000 Augen des Dr. Mabuse 4/5 05 Das Testament des Dr. Mabuse 2,5/5 06 Scotland-Yard jagt Dr. Mabuse 2/5
Hat sich in ihrer Reihenfolge seit Jahren eigentlich nicht verändert.
Gubanov
(
gelöscht
)
Beiträge:
19.06.2011 15:22
#10 RE: Dr. Mabuse chronologisch (enthält Spoiler)
Gestern hatten Barnaby und ich im Zeughauskino Berlin die Möglichkeit, den ersten Sechzigerjahre-Mabuse-Film „Die 1000 Augen des Dr. Mabuse“ von Fritz Lang im Rahmen der Veranstaltungsreihe „The Celluloid Curtain – Europe’s Cold War in Film“ im Berliner Zeughauskino auf großer Leinwand zu sehen. Als „visionäre Prognose vom Siegeszug der Überwachungskamera“ wird der Film im Beiprogramm des an das Deutsche Historische Museum angeschlossenen Kinos beworben; man bekommt mit auf den Weg: „Kurz vor dem Bau der Mauer stellt der Film einen Reflex auf den Informationswahn des Kalten Krieges dar – und ganz nebenbei etablierte er ein neues Genre: In Mabuses absolutem Machtstreben werfen Figuren wie die James-Bond-Schurken Dr. No oder Blofeld ihre Schatten voraus.“
Die Entscheidung, die Vorstellung zu besuchen, war eine gute: Der Film lief vom 35mm-Band und erstrahlte mit Ausnahme einiger alter Wechselstellen in bester Bildqualität. Das Aufblenden brachte bereits eine kleine Überraschung für die DVD-Besitzer unter uns, denn vor dem Vorspann war auf der Kopie die Originalverleihmarke des Prisma Filmverleih, statt derer auf der DVD von Universum Film ein anderes, vielleicht von Wallace stammendes Modell eingefügt wurde. Freilich fehlte auch der so offenkundig „Im Stahlnetz des Dr. Mabuse“ entnommene Schriftzug, dass es sich um eine CCC-Produktion handelt. Die Kinoaufführung vermittelte eindeutig ein anderes Sehgefühl als die Heimauswertung: Diverse kleine Details wie etwa das feine Karomuster auf dem Anzug von Werner Peters haben zusammen mit dem echten Leinwandfeeling (wie schrieb auch Joachim schon: „Kino ist nur im Kino wirklich Kino“) für allerbeste Unterhaltung und sogar eine kleine Neuentdeckung gesorgt. Mir persönlich fiel bei dieser Sichtung nämlich einmal wieder sehr auf, wie amerikanisch der Film durch Langs Inszenierung wirkt. Seine langjährige Hollywood-Erfahrung macht sich vor allem im Umgang mit den extensiven Studio-Sets bemerkbar, aber auch in seiner Führung der Hauptdarstellerin Dawn Addams und dem artifiziellen Umgang mit der Thematik des Übersinnlichen. Der Regisseur so famoser Film-Noirs wie „Gehetzt“ oder „Ministerium der Angst“ hat auch seinem letzten Kinofilm eine deutliche Unterschrift verpasst und sich nicht allein auf Krimiunterhaltung beschränkt. Der Ton war immer gut verständlich, auch wenn sich zwischendurch stellenweise ein leises Störgeräusch eingeschlichen hatte. – Interessant war es, die Reaktion einiger Zuschauer auf den Film mitzubekommen: Auch wenn es für Krimifreunde wie uns vielleicht wirklich unverständlich sein mag, so trägt das Klischee des „unfreilich Komischen“ offenbar doch einen Funken Wahrheit in sich. Wer nicht an die Seheindrücke der frühen Sechzigerjahre gewöhnt ist und ihnen nicht vollkommen offen gegenübersteht, der nimmt – auch bei diesem recht „düsteren“ Mabuse-Film – die eine oder andere Stelle (den dichten Zigarettenqualm im Bundeskriminalamt, die ständigen Anfälle von Marion Menil, Henry B. Travers’ Beobachtungen durch den Spiegel oder das Wechseln des Nummernschilds auf der Verfolgungsjagd) doch nicht ganz ernst.
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