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Dieses Thema hat 4 Antworten
und wurde 1.187 mal aufgerufen
 Francis Durbridge
Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

24.01.2009 14:46
#1 Bewertet TV: "Melissa / Francis Durbridge's Melissa" (1974, UK) Zitat · Antworten



„Francis Dubridge’s Melissa“ – BBC-Fassung 1974
Mit: Peter Barkworth (Guy Foster), Moira Redmond (Melissa Foster), Ronald Fraser (Felix Hepburn), Joan Benham (Paula Hepburn), Philip Voss (Det. Ch. Insp. Carter), Ray Lonnen (Don Page), Lyndon Brook (Dr. Swanley), Elizabeth Bell (Joyce Dean) u.v.a.m. Regie: Peter Moffatt. Drehbuch: Francis Durbridge. Produzent: Morris Barry.

Es gab ja nach diversen Lobeshymnen und der hervorragenden deutschen Fassung viel von der BBC-Verfilmung des Durbridge-Stoffs „Melissa“ zu erwarten. Etwa zweieinhalb Stunden besten Krimigenusses sorgten dann dafür, dass diese Erwartungen nicht in heiße Luft aufgingen, sondern vollends erfüllt wurden. Der größte Unterschied, so hieß es im Vornherein, sei, dass die britische Version in Farbe gedreht ist. Doch durch teilweise ganz andere Typenbesetzungen, die Eigenheiten der beiden Umsetzungen und einige kleine Änderungen der Handlung fühlt sich die BBC-Fassung eigentlich ganz anders an.
Klassische Durbridge-Spannung ist zwar auch hier wieder vorhanden, doch ansonsten hebt sich „Francis Durbridge’s Melissa“ stark von seinem deutschen Pendant ab. Guy Foster ist in dem vorliegenden Film ein gesetzter Herr, der Inbegriff eines vertrauenswürdigen Normalbürgers – vollkommen harmlos und deshalb als Opfer der Intrigen bestens geeignet. Peter Barkworths Talent zeigt sich schon in der Szene, in der man Melissa tot auffindet. Wirkt er bereits schockiert darüber, dass Paula Hepburn etwas zugestoßen sein könnte, so intensiviert sich die Verzweiflung noch, als man ihm die Leiche seiner Frau zeigt. Besonders gelungen in dieser Verfilmung ist, wie man Guy Foster von den Freunden Melissas abgrenzt. Während die Wohnung von Don Page und das Behandlungszimmer Dr. Swanleys „moderne“ 1970er-Jahre-Atmosphäre ausstrahlen, wirkt die Fostersche Wohnung direkt altmodisch-gemütlich. Überdies wird Guy als Liebhaber klassischer Musik gezeigt, was ebenso unkonform mit seinen Bekanntschaften geht. Zwar haben die Hepburns eine „Wohnung“, die eher an einen antiken Tempel erinnert, aber sie selbst wirken keineswegs althergebracht: Felix Hepburn tritt als rundlicher, gemütlicher und verschmitzter Herr auf, der ein wenig dümmlich und sicherlich recht extravagant ist (man denke nur an seine Hosen). Das perfekte Bindeglied zwischen der Welt Guys und der sich, auch im Vergleich zum 1966er-TV-Film, merklich entwickelten Außenwelt bildet Moira Redmonds Melissa, die gleichzeitig überzeugend ihre außergewöhnliche Seite präsentiert (den Wunsch, Schauspielerin zu werden, nimmt man ihr wesentlich eher ab als bei Ruth-Maria Kubitscheks Darstellung) und in die Wohnung zu Guy passt.
Auch perfekt machen Joan Benham (Paula Hepburn), Philip Voss (Chefinspektor Carter) und Ray Lonnen (Don Page) ihre Sache. Nach der Art des Spiels von Lonnen kann ich ansatzweise die Kritik Jans an der Darstellung des Don Page von Erik Schumann nachvollziehen. Lonnen zeigt einen wesentlich agileren Lebemann, der einem Abenteuer nicht abgeneigt ist. Dass Schumann diesen Part etwas kultivierte, hat aber trotzdem sicher nichts mit schauspielerischem Unvermögen zu tun, sondern schlicht mit der Interpretation der Rolle.
Weniger gefallen mögen mir in der britischen Fassung die Darsteller, deren deutsche Gegenstücke so wunderbar überdreht auftraten. So vermisse ich die Dämonie Albert Besslers im Spiel von Lyndon Brook (Dr. Swanley), die herausfordernde Art Katinka Hoffmanns bei Elizabeth Bell (Joyce Dean), das verdrehte Auftreten Christine Uhdes bei Zuleika Robinson (Mary Antrobus) und das markante Gesicht E.O. Fuhrmanns bei John Horsley (Mr. Antrobus). Besonders der Part um Mary Antrobus wirkt deshalb nicht so stichhaltig und glaubwürdig wie in der WDR-Adaption.

Dafür stimmt die Inszenierung besonders positiv. Alles wirkt hier komprimierter und essenzieller, die Außenaufnahmen natürlich wesentlich englischer und mithin authentischer, Längen verpuffen – es gibt sie nicht. Vor allem bei den Szenen im Landhaus und den Untersuchungen danach dankt der Zuschauer den Machern ob dieser Verkürzung der Vorgänge. Aber auch sonst wirkt „Francis Durbridge’s Melissa“ in Bezug auf Außenaufnahmen sehr schön. Als Paradebeispiel dafür steht das klärende Gespräch zwischen Guy Foster und Chefinspektor Carter in einem Pub. Findet die Szene bei Paul May in einem dunklen, verrauchten Lokal statt, so siedelt Peter Moffatt sie draußen im Grünen an. Gelungen, wenngleich nicht ganz so spannend wie in der deutschen Version, wirkt auch der Anschlag auf Dr. Swanley, der hier zügig und kaltblütig vonstatten geht.
Im folgenden Absatz leichte Spoiler:
Ganz besonders überrascht war ich von der Überführungsszene, bei denen sich die beiden Durbridges wohl am meisten voneinander unterscheiden. Hier hat jede Fassung ihre Glanzpunkte. Wirkt 1966 die Konfrontation des Täters mit dem „Tonband der Toten“ und der bezahlten Sprecherin noch lange nach, so enttäuscht die schnelle Abwicklung am Ende doch sehr. Die Flucht des Täters findet offscreen statt, die Erschießung ebenfalls. 1974 ließ man zwar die Sache mit der Nachricht und die Gegenüberstellung fort, aber zeigt dafür hervorragend die Verzweiflung und die Manie des Mörders und Erpressers, die sich schon in seiner verbrecherischen Vorgehensweise bemerkbar machte, durch das Türmen und den tödlichen Sturz vom Dach. Überhaupt erscheint die Auflösung hier aufgrund der Besetzung des Täters wesentlich weniger vorhersehbar.

Das Fazit ist einfach zu ziehen: „Francis Durbridge’s Melissa“ ist ein zweiter hervorragender Film nach einer hervorragenden Vorlage von Francis Durbridge. Gibt es hier und da Schwächen in der Besetzung (wobei andererseits auch die brillanten Leistungen der Hauptdarsteller anerkannt werden müssen), so bügelt die Umsetzung alle kleinen Missgeschicke wieder aus. Temporeiche und trotz 1970er-Jahre-Ursprungs typisch mysteriöse Durbridge-Unterhaltung. Mit BBC-Treffsicherheit: 5 von 5 Punkten.

Georg Offline




Beiträge: 3.257

24.01.2009 18:01
#2 RE: Bewertet: MELISSA Zitat · Antworten

Danke für Deine ausführlichen Besprechungen, Deiner Kritik ist nichts hinzuzufügen!

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

24.01.2009 20:22
#3 RE: Bewertet: MELISSA Zitat · Antworten

Francis Durbridge's Melissa (1974)
ACHTUNG: Enthält Spoiler!


Neugierig wartet man darauf, die handelnden Personen zu sehen und sie mit den liebgewonnenen Darstellern der deutschen Verfilmung von 1966 zu vergleichen.

Peter Barkworth fällt durch seine zentrale Rolle natürlich eine besondere Bedeutung zu. Mit ihm steht und fällt der Dreiteiler. Guy Foster ist die Figur, mit der man leidet und um die sich alles dreht. Moira Redmond ist zwar eine auffallende Persönlichkeit, doch gelingt es ihr nicht so eindrucksvoll wie im Falle Ruth Maria Kubitscheks, ihr Bild und vor allem ihre Stimme gegenwärtig zu halten. Dieser Aspekt (die unsichtbare Anwesenheit von Melissa) geht ein wenig verloren.
Ronald Fraser fällt die schwere Aufgabe zu, einen leichtlebigen Taugenichts zu spielen, dem man gleichzeitig abnehmen kann, dass er zu kriminellen Höchstleistungen fähig ist. Sein Felix Hepburn wirkt in den ersten beiden Teilen, als hätte er seine Dritten im Glas gelassen. Er nuschelt und macht einen einfältigen Eindruck. Doch Vorsicht! Im dritten Teil zeigt er eine
andere Seite seiner Persönlichkeit. Philip Voss stellt Detective Inspector Carter dar, einen sympathischen Mann, der ruhig und methodisch an den Fall herangeht und sich durch die seltsamen Entwicklungen im Mordfall Melissa Foster nicht aus dem Konzept bringen läßt.
Roy Lonnen in der Rolle des Rennfahrers Don Page vermag ebenfalls zu überzeugen, hat er doch die Statur und das Auftreten eines Mannes, der gerne feiert, aber ungern die Konsequenzen trägt. Erik Schumann zeigte Don Page als guten Gastgeber, der zuvorkommend und charmant ist; bei Roy Lonnen blickt man auf einen dunklen Charakter, der somit in den Kreis der Verdächtigen
aufsteigt.
Lyndon Brook und Elizabeth Bell sind leider kein Albert Bessler und keine Kathinka Hoffmann, vor allem Joyce Dean ist hier keine Frau, die einen ernsthaften Mann wie Swanley um den Verstand bringen könnte. Zuleika Robinson als Mary Antrobus hat einen Kurzauftritt, der sie weder mit Drogen, noch mit Angstzuständen in Verbindung bringt. Ihr Auftritt bleibt blass, ihr Tod erscheint deshalb wie eine Nebensächlichkeit.
Joan Benham stellt Paula Hepburn dar und rettet viel, was Ronald Fraser als Felix verpatzt. Sie ist in Ermangelung von Melissa Foster der strahlende Mittelpunkt in einer Reihe von Anzugträgern. Ihre Pelze, wallenden Abendkleider und coiffierten Haare heben sie deutlich vom typischen Siebziger-Jahre-Ambiente ab und unterstreichen ihre Extravaganz.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

25.01.2009 12:47
#4 RE: Bewertet: MELISSA Zitat · Antworten

Francis Durbridge's Melissa (1974)

Die englische Verfilmung strahlt insgesamt eine Atmosphäre aus, die vom Farbbild der Siebziger Jahre geprägt ist. Wir begegnen Jugendlichen mit langen Haaren, Sportkleidung und Frauen mit Stirnfransen und Hosenanzügen mit Schlag. Dadurch unterscheidet sich die Verfilmung von 1974 schon einmal sehr von der deutschen Version aus dem Jahr 1966.
Guy Foster selbst scheint noch an den alten Zeiten zu hängen. Anstatt einen Ganztagesjob bei einer Zeitung anzunehmen und den rasenden Reporter zu spielen, sitzt er lieber in seiner nostalgisch eingerichteten Wohnung und schreibt Romane. Seine praktische Frau Melissa ist da schon weniger romantisch; ihr bestimmtes Auftreten und die Enthüllungen, die ihre jahrelange heimliche Betätigung als Erpresserin ans Licht befördern, sprechen dafür.

Peter Barkworth versteht es gut, Guy Foster als das zu zeigen, was er eigentlich ist - ein Junggeselle. Er und Melissa scheinen so gar nicht zueinander zu passen. Im Roman wird dies unterstrichen: "Es war schmerzlich, doch musste ich mir eingestehen, dass wir [...] einander niemals ganz nahegekommen waren. Ich denke, jeder von uns beiden hatte eine Illusion geheiratet." Anders als Günther Stoll, der seinen Guy anfangs in seiner Trauer gefangen zeigt, nimmt Peter Barkworth gleich das Heft in die Hand und geht den merkwürdigen Umständen auf den Grund. Als der Chefinspektor ihn mit der Tatsache konfrontiert, dass der Schmuck von Melissa echt war und ein Vermögen gekostet hat, sucht er die Hepburns auf und befragt Paula. Anderen Personen oder Handlungssträngen wird dafür weniger Platz eingeräumt. Carol Stewart und Mary Antrobus bleiben nur Randerscheinungen. Während man bei ersterer darüber erleichtert ist (die schrille Stimme ist kaum zu ertragen), ist es bei letzterer insofern schade, da man weder erahnen kann, dass mit ihr etwas nicht stimmt, noch geht uns ihr Tod dadurch nahe. Bis zum Ende des Dreiteilers hat man den zweiten Mord fast schon vergessen.
Die Auffindung der Leiche von Mary Antrobus wird zügig inszeniert, ohne auf den Verzögerungseffekt zu setzen, der in der deutschen Verfilmung für Spannung sorgte. Dafür sind die nächtlichen Szenen im Wald und beim Denkmal in Carlston Heath sehr schön gefilmt. Ebenfalls eine Augenweide ist die Szene im Pub mit Garten, wo Foster und Carter bei einem Glas Bier ein klärendes Gespräch führen. Geht es um Wiesenszenen mit grünen Hecken, zeigt England seine wahre Stärke.

Der Mordanschlag auf Dr. Swanley verrät den Täter schon halb, da man ihn von hinten sieht und so viele Personen mit dieser Frisur nicht vorkommen. Leider fehlt im ersten und zweiten Teil die musikalische Untermalung von dramatischen Situationen völlig. Man hört zwar immer wieder klassische Musik, doch wird diese nur beiläufig eingesetzt. Hier punktet wieder die deutsche Umsetzung: Als eine Frau nachts in Guys Wohnung hinter dem Vorhang verschwindet und er anschließend ein Taschentuch auf dem Boden findet, wird dies von passenden Klängen begleitet.
Ein weiterer Kritikpunkt sind die beiden Cliffhanger. Anstatt dem Zuschauer zu zeigen, dass etwas von Bedeutung eingetreten ist, bricht der Film einfach ab. Kein Anschwellen der Musik, kein Zoomen der Kamera, sondern einfach ein normaler Schnitt. Schade, denn Durbridge ist gerade für diese Art von Spannungssteigerung bekannt.

Der dritte Teil holt dafür im Tempo gehörig auf. Die Episode ist perfekt und punktet durch die Überführung des Täters und einer Neuinterpretation des Endes. Im Buch erzählt Guy Foster dem Inspektor von einem Angebot aus Kalifornien, das er angenommen habe. Für Donnerstag sei ein Flug gebucht. "Aber am Mittwochabend änderte ich plötzlich meine Meinung, schickte meinem Freund ein Telegramm und machte die Buchung des Fluges rückgängig."
Die letzten Sätze lauten: "Kalifornien schien mir so sehr weit fort zu sein. So sehr weit fort von Melissa ..." Peter Barkworth fährt nur für ein paar Tage nach Cornwall. Abschließend möchte ich sagen, dass der Dreiteiler beim zweiten Sehen sicher noch gewinnt, doch im direkten Vergleich bleibe ich bei meiner Einschätzung:

"Melissa" (BRD 1966): 5 von 5 Punkten
"Melissa" (UK 1974): 4 von 5 Punkten

Mark Paxton Offline




Beiträge: 347

18.04.2014 15:15
#5 RE: Bewertet: MELISSA Zitat · Antworten

Hat hier irgendjemand die deutsche Synchronfassung, die 1981 im DDR-TV lief (und 1982 wiederholt wurde) gesehen und kann dazu etwas sagen?

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