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Dieses Thema hat 5 Antworten
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 Off-Topic
Georg Offline




Beiträge: 3.263

05.07.2021 20:34
Horst Pillau gestorben Zitat · Antworten

Auch wenn er nur marginal etwas mit Krimis am Hut hatte (u. a. "Sonne, Wein und harte Nüsse" und "Es muss nicht immer Kaviar sein"), so hatte er für das deutsche Film- und Fernsehpublikum doch eine große Bedeutung: der Drehbuchautor und Schriftsteller Horst Pillau, der am 7.6.2021 im 89. Lebensjahr verstorben ist. Es gibt wohl kaum jemanden, der nichts von ihm gesehen hat...

Hier der Nachruf, den ich für Pidax geschrieben habe:

Horst Pillau war einer der bekanntesten und erfolgreichsten Film-, Fernseh- und Theaterautoren, den Deutschland hatte. Schreiben war sein Leben und sein Motto dabei immer, sein Publikum zu unterhalten und Geschichten mit Happy End zu erzählen. Über sich selbst sagte er einmal „Ich bin und bleibe der ewige Schönfärber“ und (mit Blick auf die inflationäre Krimiberieselung) „In meinen Geschichten bringe ich keine Menschen um“. Nach diesem Credo begeisterte der stets bescheiden im Hintergrund agierende Künstler Groß und Klein, sei es als Verfasser der berühmten Dalli-Dalli-Sketche für seinen engen Freund Hans Rosenthal, sei es als Autor zahlloser Romane und Verfasser von Drehbüchern, Hörspiel- und Theatertexten, die er allen großen Schauspielstars auf den Leib schrieb.

Horst Pillau verfasste die allererste TV-Serie für Götz George, den ersten großen Spielfilm von Dieter Hallervorden, schrieb Gustav Knuth, Erik Ode, Rudolf Platte, Hansjoachim Kulenkampff, Grethe Weiser, Brigitte Mira, Harald Juhnke, Hansjörg Felmy, Willy Millowitsch, Peter Weck und Martin Held Rollen auf den Leib. Brigitte Grothum war in vielen seiner Werke ebenso zu sehen, wie Edith Hancke. Er schrieb für Heinz Rühmann. In seinem Film „Glückspilze“ spielten unter anderem Heinz Erhardt, Udo Jürgens, Lil Dagover, Katja Ebstein, Peter Frankenfeld, Willy Birgel, Dieter Borsche, Rudolf Prack, Chris Howland, Ernst Stankovski, Heintje und Rudi Carrell mit. Sein erster großer Erfolg war „Das Fenster zum Flur“ mit Inge Meysel.

Vor allem in Berlin avancierte Horst Pillau zum fixen Bestandteil der Theaterszene, lieferte er doch für das Theater und die Komödie am Kurfürstendamm zahllose erfolgreiche Stücke und setzte sich bis zum Schluss auch für den Erhalt der renommierten Schauspielhäuser ein. Der in Wien geborene Autor war auch fest im Berliner Theaterclub verankert.
Sein Stück „Der Kaiser vom Alexanderplatz“, nach eigener Aussage sein wichtigstes Werk, lief viele Hundert Male in der Regie seines Freundes Erik Ode und brachte dem Hauptdarsteller Rudolf Platte aufgrund der nicht enden wollenden Aufführungen den Spitznamen „Langspiel-Platte“ ein. Das Stück, das in der Endphase des zweiten Weltkriegs spielt, enthält viele autobiographische Elemente und Erlebnisse, die Pillau selbst in Berlin während der Kriegszeit erlebt hatte.

Auch wenn viele seinen Namen vielleicht nicht im ersten Moment damit in Verbindung bringen, aber Horst Pillau zeichnete auch verantwortlich für solche Kultreihen wie „Salto Mortale“ mit Gustav Knuth und Hans Söhnker oder für „Ein verrücktes Paar“ mit Harald Juhnke und Grit Böttcher.

Seine dramaturgischen Fähigkeiten und sein Können, Geschichten ergreifend und unterhaltsam erzählen zu können, brachte Produzenten auch dazu, ihn mit der Adaption bekannter Werke zu beauftragen. So schrieb er für den Berliner Kultproduzenten Artur Brauner die dreizehnteilige Serie „Es muss nicht immer Kaviar sein“ mit Siegfried Rauch nach dem gleichnamigen Roman von Johannes Mario Simmel, adaptierte Ellis Kauts „Pumuckl und der blaue Klabauter“ für den gleichnamigen Kinofilm und schrieb das Drehbuch zu „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ nach seinem Lieblingsautor Theodor Fontane, dessen Werk er in- und auswendig kannte, auf das er sich oft bezog und das er sein Leben lang immer wieder las.
Horst Pillau wurde mit zahllosen Preisen ausgezeichnet, darunter mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland (Verdienstkreuz am Bande), der Goldenen Nadel der Dramatiker Union, der Goldenen Iffland-Medaille des Berliner Theaterclubs und (worauf er besonders stolz war) mit dem Goldenen Aeskulapstab für seine Filmkomödie „Der Dokter“, in der Günter Pfitzmann schon rund 25 Jahre vor der „Praxis Bülowbogen“ als Arzt mit Berliner Schnauze eine typische Praxis in der Spreestadt führte.

Trotz all dieser Auszeichnungen und der vielen Stars, für die er schrieb, blieb Horst Pillau stets bescheiden im Hintergrund. Ein Intellektueller, der dem Volk aufs Maul schaute, der aus jeder Begegnung, aus jedem Erlebnis eine neue Geschichte zaubern konnte und süchtig nach dem Schreiben war. Bis zuletzt arbeitete er an einem neuen Theaterstück. Sein letzter Roman, „Endlich ein Held!“ erschien erst im vorigen Juni bei Pidax.

Seine zweite große Leidenschaft war das Fliegen. Zwischen 1956 und 2015 verbrachte er über 2000 Flugstunden in der Luft und war für seine Schauspieler und Freunde oft auch Privatpilot. Vor allem Hans Rosenthal flog er häufig. Seine Erfahrung als Mann in der Luft brachte er natürlich auch in seine Werke ein, so zum Beispiel in die sechsteilige Reihe „Stewardessen“ mit Johanna von Koczian oder in die dreizehnteilige Serie „Zwischen den Flügen“, die Abenteuer auf verschiedenen Flughäfen erzählt. Klar, dass sich darin die Creme de la Creme deutscher Schauspielkunst ein Stelldichein gab, darunter Götz George, Wolfgang Kieling, Wolfgang Völz, Wolfgang Lukschy, Hellmut Lange und Lukas Ammann. Der nie um neue Ideen verlegene Pillau meinte erst im letzten Juni im Gespräch für das Booklet zur Serie, er hätte kein Problem, sofort nochmals dreizehn neue Folgen für eine zweite Staffel zu schreiben. In seinem Sechsteiler „Die Wilsheimer“ mit Hansjörg Felmy doubelte der begeisterte (und mit Perücke getarnte) Pilot sogar Gila von Weitershausen, als diese ein Flugzeug in der Luft halten musste.

Horst Pillaus Arbeit war sein Leben und zu seinen Schauspielern und Regisseuren hatte er eine besonders innige, freundschaftliche Beziehung, vor allem zu Showmaster Hans Rosenthal, zu Erik Ode und dessen Frau Hilde Volk, zu Brigitte Mira und zu seinem Lieblingsregisseur Imo Moszkowicz, mit dem er auch oft zusammenarbeitete. Über jeden großen deutschsprachigen Film- und Bühnenstar hatte er nette, spannende und lustige Anekdoten parat. Auffällig war dabei, dass er bei seinen Erzählungen nie das Wort „Ich“, sondern stets das Pronomen „Wir“ verwendete. „Wir“ - das waren Horst und Susanne Pillau. Mit seiner Ehefrau war der Schriftsteller über 60 Jahre verheiratet, sie war ihm stets ein Anker und Ruhepol. Ein Mensch, ohne den er nicht er selbst und ohne den sein Werk nicht möglich gewesen wäre. Mit ihr hatte er zwei Söhne und eine Tochter, über die er stets mit Stolz berichtete. Mit gleich großer Freude erzählte er immer von seinen fünf Enkelkindern. Es war ihm wichtig, mit seinen Freunden und Bekannten stets in Kontakt zu bleiben - sehr gerne über Brief oder über E-Mail. Dieser Austausch war ihm bis zuletzt sehr wichtig.

Vom Fernsehen verabschiedete sich Horst Pillau Anfang der 2000er-Jahre und konzentrierte sich fortan immer mehr auf das Theater und seine Arbeit als Romanautor. So schrieb er beispielsweise mit „Zille“ Walter Plathe die Rolle des Berliner Malers auf den Leib. Wie so viele Stücke lief dieses in der Komödie am Kurfürstendamm, aber auch das bekannte Hamburger Ohnsorg-Theater hat ständig seine Werke im Programm.

Ein Fixpunkt in Horst Pillaus Schaffen waren auch seine Weihnachtslesungen mit seinem kongenialen Partner Hans-Jürgen Schatz. Sehr wichtig waren ihm auch seine Veranstaltungen in der Buchhandlung gleich bei ihm um die Ecke, am Bayerischen Platz.

Mit Horst Pillau verliert die deutsche Film-, Fernseh-, Hörspiel- und Theaterwelt einen großen Könner, einen Geschichtenerzähler ohne Gleichen, jemanden, der sein Publikum begeistern konnte, der es wie wenige zu rühren und zu unterhalten wusste. Einen Tausendsassa, den es in dieser Form unter den Autoren heute kaum noch gibt. Jemanden, der den großen Stars erst die erfolgreichen Geschichten gab, mit denen sie das Herz des Publikums erobern konnten.

Allen, denen er fehlen wird und die um ihn trauern, sei ein wichtiger Ausspruch in Erinnerung gerufen, den er zum Titel seines vorletzten Buches gemacht hat: auch wenn es ganz dunkel ist - „es wird schon heller“!


Havi17 Offline




Beiträge: 3.763

06.07.2021 00:18
#2 RE: Horst Pillau gestorben Zitat · Antworten

Toll Georg! Und er hat es verdient, ich wußte garnicht, daß er auch am Drehbuch von Salto Mortale beteiligt war.
Ruhe in Frieden

Gruss
Havi17

TV-1967 Offline



Beiträge: 652

13.07.2021 21:40
#3 RE: Horst Pillau gestorben Zitat · Antworten

Hallo Georg. Das finde ich auch! Ein wirklich sehr schöner Text. Er war ja oft bei "Dalli Dalli" zu Gast. Das habe ich früher immer gerne gesehen. Sehr schade...!

Jan Offline




Beiträge: 1.753

13.07.2021 22:12
#4 RE: Horst Pillau gestorben Zitat · Antworten

Schließe mich auch an - da hat Georg genau die richtigen Worte gefunden. Meine beste Erinnerung an Horst Pillau ist "Großer Mann - was nun?"; er schrieb da Gustav Knuth eine typisch gutherzige Rolle auf den Leib.

Gruß
Jan

Savini Offline



Beiträge: 756

17.11.2021 09:51
#5 RE: Horst Pillau gestorben Zitat · Antworten

Zitat von Georg im Beitrag #1
Horst Pillaus Arbeit war sein Leben und zu seinen Schauspielern und Regisseuren hatte er eine besonders innige, freundschaftliche Beziehung, vor allem zu Showmaster Hans Rosenthal, zu Erik Ode und dessen Frau Hilde Volk, zu Brigitte Mira und zu seinem Lieblingsregisseur Imo Moszkowicz, mit dem er auch oft zusammenarbeitete. Über jeden großen deutschsprachigen Film- und Bühnenstar hatte er nette, spannende und lustige Anekdoten parat.

Hervorheben möchte ich an dieser Stelle auch, dass er mit einigen Prominenten aus seinem Freundeskreis auch Gespräche führte, die teilweise auf CD vorliegen.
Seine Interviews mit Curth Flatow und Friedrich Schoenfelder habe ich mit Vergnügen gehört - amüsant, wie im Flug vergehend und trotzdem an manchen Stellen auch etwas tiefgründiger. Über seine Gesprächspartner erfuhr man so Einiges.

Savini Offline



Beiträge: 756

17.11.2021 10:46
#6 RE: Horst Pillau gestorben Zitat · Antworten

Nachtrag: Die erwähnte Gesprächsreihe hieß "Wortstarke Portraits".

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