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  • Wallace-NeuverfilmungsmöglichkeitenDatum18.10.2020 15:15
    Foren-Beitrag von Jack-O im Thema Wallace-Neuverfilmungsmöglichkeiten

    Zitat von Lord Low im Beitrag #352
    Also: Du sagst, dass ein Wallace-Film aktuell nicht erfolgreich wäre, weil das Publikum aktuell viel ansprungsvoller ist. Begründet hast du diese Theorie dann mit Arte und 3sat.
    Was ist das denn für eine verquere Logik? Ich habe auf die Frage eines Users, wie der Anspruch im Fernsehen ist mit einer generellen Bestandsaufnahme aus meiner Sicht geantwortet. Da steht nur, dass ich diese Sender für die Speerspitze des Bildungsfernsehens halte (was kaum zu bestreiten ist). Da geht es doch gar nicht um Fiktion und die Machbarkeit/Nachfrage von Filmen. Diesen Zusammenhang hast du dazu fantasiert. Und selbst wenn man sich auf den reinen Anspruch bezieht, gibt es aus der Sicht der Macher (und nur die ist relevant) dutzende Gründe (viele habe ich erwähnt), warum Wallace nicht lukrativ ist. Deshalb halte ich eine Wallace-Neuverfilmung für sehr, sehr unwahrscheinlich.
    Zitat von Dr. Oberzohn im Beitrag #353
    Mal ehrlich: Wenn Du die Wallace-Bücher so unterirdisch schlecht findest, und auch die Wallace-Filme nur noch als bizarre Überbleibsel einer rückschrittlichen Epoche ansiehst, warum hast Du dich dann ausgerechnet im EDGAR-WALLACE-Forum angemeldet ? Nur um das nun nach Strich und Faden schlecht zu machen ? Wo ist da der Sinn ? Gibt nun mal ein paar Ewiggestrige, die sich wohlfühlen damit, lass Ihnen doch ihre sowieso schon immer weiter schrumpfende Insel der Glückseligkeit ! Du gehst da wohl zu sehr von Dir und Deinem "progressiven" Bekanntenkreis aus.
    Immer langsam mit den wilden Pferden. Ich mag die Wallace-Filme der Rialto. Was du mir in den Mund legst sind Zustandsbeschreibungen von mir. Das ist nicht zwingend meine Meinung, aber man darf die Realität nicht verkennen. Und dazu neigt man als Fan unwillkürlich, weil man der Sache unkritisch zugeneigt ist. Es geht also um die Frage der Machbarkeit. Und ich sage: Angesichts der Schwierigkeiten, der gesellschaftlichen Entwicklungen, der mangelnden Relevanz fürs Publikum und der Perspektive der Film- und Fernsehwirtschaft, ist eine Wallace-Verfilmung einfach nicht mehr realistisch. Denn, was du hier schreibst, gilt auch umgekehrt: Man darf nicht von sich auf andere schließen: Sprich: Die eigenen Präferenzen mit denen des Massenpublikums verwechseln.
    Zitat von Dr. Oberzohn im Beitrag #353
    Die jungen Damen in den Krimis sind häufig erstaunlich zupackend und selbstständig, das hat auch schon so mancher modernere Rezensent dieser Romane zugeben müssen. Natürlich schießen sie sich nicht den Weg frei, um ihren gefesselten Inspektor aus den Klauen des Erzschurken retten zu können - das stimmt schon, solche Erwartungen können da nicht bedient werden. Sie sind aber schon recht emanzipiert.
    Für die 20er Jahre vielleicht, aber heute legt man da ganz andere Maßstäbe an. Kannst du dir eine junge Schauspielerin um die 20-25 vorstellen, die sagt: "Oh ja, eine solche Rolle wie in Das Gasthaus an der Themse will ich spielen. Eine junge Frau, die von ihrer Tante drangsaliert wird, der Spielball böser Mächte ist und am Ende vom dem männlichen Helden gerettet wird! Klasse Rolle!" Auch hier gilt: Das ist nicht meine Meinung, aber man muss die Realität anerkennen. Die Lebenswelt der Wallace-Figuren hat in Sachen Gesellschaftsordnung heute nichts mehr mit der unseren gemein. Das war in den auslaufenden 50er und beginnenden 60er Jahren noch anders. Es gibt also nur noch den nostalgischen Blick zurück.

  • Wallace-NeuverfilmungsmöglichkeitenDatum18.10.2020 12:20
    Foren-Beitrag von Jack-O im Thema Wallace-Neuverfilmungsmöglichkeiten

    Zitat von schwarzseher im Beitrag #349
    Also nicht anspruchsvoll sondern nur konditioniert auf Mainstream und nicht mehr in der Lage zu unterscheiden zwischen zwischen Filmen mit immer der gleichen Botschaft und Unterhaltung die einfach nur spass machen soll. Genau das war EW ,Märchenkrimis die damals und von uns auch heute noch genau so gesehen werden.
    Auf den Punkt gebracht. Chapeau!
    Zitat von Lord Low im Beitrag #350
    Mit den Zuschauern von Arte, 3sat, Alpha und Phoenix (werden bei Phoenix überhaupt Spielfilme gezeigt?) wirst du aber keinen Film gegenfinanzieren können.

    Wie meinen? Das ist doch eine ganz andere Meta-Diskussion und hatte mit der Frage nach einer Möglichkeit der Wallace-Umsetzung/Finanzierbarkeit doch überhaupt nichts zu tun.

  • Wallace-NeuverfilmungsmöglichkeitenDatum18.10.2020 11:54
    Foren-Beitrag von Jack-O im Thema Wallace-Neuverfilmungsmöglichkeiten

    Zitat von Edgar007 im Beitrag #345
    Aha, und warum funktioniert dann Agatha Christie immer noch so gut, dass jetzt schon ein zweiter Film ins Kino kommt? Ich weiß es nicht, ob es tatsächlich funktionieren würde, aber Du weißt das Gegenteil genau so wenig.
    Natürlich wissen wir das nicht. Trotzdem besteht zwischen Wallace und Christie ein himmelweiter Unterschied. Genau wie A.C. Doyle mit Sherlock Holmes hat es Christie geschafft, Figuren (Poirot, Marple) und Titel (Und dann gab`s keins mehr, Mord im Orient-Express, Das Böse unter der Sonne, Tod auf dem Nil usw.) im weltweiten kollektiven Gedächtnis zu verankern. Bei Wallace gilt weder das eine, noch das andere. Er hat keinen Charakter ersonnen, der ein Alleinstellungsmerkmal besitzt oder eine popkulturelle Bedeutung erlangt hat (und damit eine Beliebtheit beim Publikum voraussetzt, wie bei den drei genannten Ikonen) und seine Romantitel sind außerhalb von Deutschland (und das auch nur schemenhaft wegen der Rialto-Reihe) niemandem ein Begriff. Das größte Problem ist jedoch, dass Wallace in seinen Gesellschaftsschilderungen, die seine Plots wesentlich bedingen, überhaupt nicht progressiv war. Christie hat als Frau viele Frauenfiguren geschaffen, die aus den gesellschaftlichen Konventionen ihrer Zeit herausfallen bzw. ausbrechen oder sogar vielfach Ermittlerinnen oder Täterinnen sind. Daran kann man aus einer modernen Perspektive heraus viel besser anknüpfen, während Wallace in 99 % seiner Bücher nur das brave Töchterlein auffährt, das gekidnappt, gerettet und geehelicht werden darf.
    Zitat von Edgar007 im Beitrag #345
    Ganau! Das sieht man ganz besonders am hochwertigen, geistreichen und niveauvollen TV-Programm....
    Das ist jetzt eine "ewige" Meta-Diskussion. In aller Kürze: Wenn man 3 mit 300 Fernsehsendern vergleicht, muss grundsätzlich eine gewisse Verflachung einsetzen, trotzdem bieten Sender wie Arte, 3sat, Alpha oder Phoenix im Schnitt ein hochwertigeres Programm als die drei alten Sender seinerzeit. Und das Niveau der öffentlichrechtlichen Film- und Serienformate ist auch besser wie früher. Das ist aber nicht Thema hier.
    Zitat von Count Villain im Beitrag #346
    Kommt natürlich darauf an, was man selbst als "Geist" von Wallace definiert. Für die einen ist es das Setting, für die anderen die Charaktere, für wieder andere die Plots.
    Zitat von Georg im Beitrag #347
    Ich glaube, dass es den meisten Wallace-Filmfans doch überhaupt nicht auf originalgetreue Wallace-Geschichten ankommt, sondern dass für das Gros Wallace = 60er-Jahre-Krimi bedeutet.
    Das ist der Punkt. Für 99 % der Zuschauer ist Wallace die Gesamtmischung aus Plots, Setting und Charakteren wie sie die Rialto-Reihe geprägt hat. Das ist der Markenkern von Wallace. Da kann man nicht auch nur ein Element verändern. Das ist das Dilemma. Die Machart der Rialto ist heute jedoch antiquiert, parodiert und obsolet. Zugleich ist Wallace in anderer filmischer Form nicht denkbar. Deswegen kann Wallace heute nicht mehr funktionieren.
    Zitat von Count Villain im Beitrag #346
    Fragt sich wie schon gesagt nur, wie lange der Trend von gesellschaftskritischen Plots und problembeladenen, gebrochenen, (vermeintlich) vielschichtigen Figuren im Krimi noch anhält. Und was danach wohl kommt. Ich habe keine Ahnung.
    Ich weiß es auch nicht. Aber mein Tipp wäre, dass das ein unumkehrbarer Prozess ist. Warum? Weil die Gesellschaft immer indvidualisierter, zersplitterter und diverser wird. Die klassischen Milieus und Klassen lösen sich beinahe auf. Die Kunst ist ein Spiegel der Gesellschaft. Und in einer diverseren Welt steht Wallace mit seinem patriarchalischen Welt- und Familienbild auf verlorenem Posten. Es gibt nicht mehr den edlen, guten Recken, der für die Frau alles regelt, oder die naive Frau, die sich brav vom Mann retten und zum Traualtar führen lässt, oder den fiesen Schurken, der nur bitterböse bis ins Mark ist, weil es das Drehbuch gerade so vorschreibt. Zwischentöne, Grauschattierungen und diverse Typen sind gefragt. Das wird eher noch zunehmen. Der nächste Schritt im Krimi kann eigentlich nur ein(e) diverse(r) Ermittler(in) sein. Und da glaubt wirklich noch jemand, dass heute steinalte Krimis verfilmt werden, wo die holde Maid ihren starken Retter anhimmelt? Deswegen sage ich ja: Es sind blosse Fan-Träume...

  • Wallace-NeuverfilmungsmöglichkeitenDatum18.10.2020 00:22
    Foren-Beitrag von Jack-O im Thema Wallace-Neuverfilmungsmöglichkeiten

    Zitat von Count Villain im Beitrag #343
    Kann es sein, dass du zu sehr von einer 1-zu-1-Umsetzung der Romane ausgehst? Natürlich sind Zugeständnisse an das heutige Publikum nötig, um bei eben diesem Publikum erfolgreich zu sein.
    Wenn man nicht an die Rialto-Reihe anknüpfen will, kann man nur zu den Romanen zurückgehen. Die Frage wäre: Wie sollten diese Zugeständnisse aussehen? Wallace behandelt Charaktere im Sinne von Archetypen. Der bitterböse Schurke, der gute Strahlemann, die naive, reine junge Frau. Das ist heute nicht mehr vermittelbar. Selbst nach 1966 mit freien Storys der Drehbuchautoren hat man sich auf dieses Schema verlassen. Weicht man davon ab, dann ist es nicht mehr Edgar Wallace. Sondern nur noch: Ein moderner Stoff mit dem Anstrich von Wallace aber ohne dessen Geist.

    Das ist der Grund, warum Wallace heute nicht mehr funktioniert. Die Zuschauer wollen diese eindimensionalen Archetypen nicht mehr sehen. Dreidimensionale Figuren finden sie überall anders in einer weit besseren Ausprägung, als in einer erzwungenen Umschreibung bei Wallace. Sein ganzer Erzählgestus zielt auf ein anderes, oberflächerlicheres Publikum ab. Heute sind die Konsumenten viel anspruchsvoller und viel stärker konditioniert was (pop-)kulturelle Ware angeht. Deswegen ist Edgar Wallace komplett aus der Zeit gefallen. Seine Storys waren für den gemeinen Mann, den es so heute nicht mehr gibt.

  • Wallace-NeuverfilmungsmöglichkeitenDatum17.10.2020 22:27
    Foren-Beitrag von Jack-O im Thema Wallace-Neuverfilmungsmöglichkeiten

    Zitat von Lord Low im Beitrag #340
    Die Plots sind doch bei Wallace und "Babylon Berlin" ziemlich gleich. Nur das Setting ist ein anderes und die Art, mit den Figuren umzugehen.
    Siehst du: Das ist der Knackpunkt. Und deswegen funktioniert Wallace heute nicht mehr. Setting, Handlungsabläufe und Figuren sind zu eindimensional unf flach für heutige Geschmäcker.

  • Wallace-NeuverfilmungsmöglichkeitenDatum17.10.2020 22:02
    Foren-Beitrag von Jack-O im Thema Wallace-Neuverfilmungsmöglichkeiten

    Zitat von Edgar007 im Beitrag #336
    Ich habe auch alle Christie-Romane gelesen und finde diese nicht besser als die Bücher von Wallace. Auch wir in Deutschland haben einige gute Schauspieler, die durchaus in der Lage wären einen erfolgreichen Film nach Edgar Wallace in die Kinos zu bringen. Natürlich nicht in den Dimensionen von den neuen Poirot-Filmen oder Kinves Out. Aber auch in den 60er Jahren hatten die Wallace-Filme, die nicht nur in Deutschland sehr erfolgreich waren, ein deutlich kleineres Budget als die englischen oder amerikanischen Filme.
    Was du oder ich finden zählt aber nicht. Agatha Christie ist in der Welt eine Legende und ihre besten und bekanntesten Romane sind Klassiker von Weltgeltung. Edgar Wallace und seine Werke kennt außerhalb von Deutschland fast niemand mehr und auch hier gerät sein Name allmählich in Vergessenheit. Es mag ja sein, dass wir gute Schauspieler haben, die unverbraucht und/oder für Wallace passend sind. Trotzdem ist die finanzielle Fallhöhe immens, auch wenn man nur ein normales Budget veranschlagt. Man darf nicht vergessen, dass die deutsche Filmindustrie am Tropf der Filmförderanstalten hängt und die würden für einen Wallace-Film keinen Cent locker machen (anspruchslose Genre-Ware ist nicht förderwürdig). Kein Produzent kann dieses finanzielle Risiko auf sich nehmen, wenn das schiefgeht. Kein Redakteur würde ein solches Projekt genehmigen. Ein neuer Wallace ist ein reiner Fanboy-Traum.
    Zitat von Count Villain im Beitrag #337
    Überspitzt formuliert: Die Wallace-Reihe der 60er war zu erfolgreich und stilprägend als dass man je wieder Wallace mit einem neuen, modernen Ansatz verfilmen könnte?
    Ja. Ich würde sogar noch weiter gehen wollen: Die Rialto-Reihe war stilistisch und qualitativ das Optimum, das man aus den sehr mittelmäßigen Romanen herausholen konnte. Da man an diesen plakativen Stil heute nicht mehr nahtlos anknüpfen kann (ohne dass es lächerlich wäre), wäre jede Neuverfilmung ohnehin ein Rückschritt.
    Zitat von Lord Low im Beitrag #338
    Das ist dann aber kein Argument gegen Wallace, sondern gegen den deutschen Film an sich.
    Exakt. Aber es ist damit eben auch ein Argument gegen Wallace. Ich kenne sehr viele Leute, die sich niemals einen deutschen Genre-Film ansehen würden. Warum auch? Wo es das Ausland doch viel besser kann, mehr Aufwand betreibt und die großen Stars aufbieten kann. So einen finanziellen Einsatz können deutsche Produzenten nicht erreichen oder das finanzielle Risiko schultern oder mit dieser Art Kino überhaupt mithalten. Und selbst hochbudgetierte Hollywood-Blockbuster floppen bisweilen in Deutschland; jetzt belastet auch noch Corona das heimische Kino. Noch dazu ist Wallace Krimikost, die im TV inflationär und rund um die Uhr serviert wird. Und auch beim Fernsehen gilt: Wo wäre da der Reiz? Da muss man schon abgedrehte Sachen machen, um herausstechen zu wollen; um die Zuschauer wirklich zu ködern. Irre Psychopathen, wirre Ermittler mit einem Dachschaden, verstörende Bilder, abgründige Plots. Da könnte die heile Schwarzweiß-Wallace-Welt kaum eindimensionaler und antiquierter wirken. All das (und so viel mehr) spricht gegen Wallace.

  • Wallace-NeuverfilmungsmöglichkeitenDatum17.10.2020 15:29
    Foren-Beitrag von Jack-O im Thema Wallace-Neuverfilmungsmöglichkeiten

    Zitat von Count Villain im Beitrag #334
    Leben noch zu viele Menschen, die von den 60er-Filmen maßgeblich geprägt sind, um einen neuen, frischen Versuch einer Wallace-Umsetzung zu wagen? Wobei doch eigentlich nach 60 Jahren mittlerweile auch genug neue Generationen herangewachsen sein dürften... Aber wenn die natürlich nur psychotische Helden und Gesellschaftskritik von Krimis erwartet... Was ist nur aus dem guten, alten Eskapismus geworden?
    Den gibt es in dieser Form einfach nicht mehr, oder kaum noch. Wallace ist auch keine Generationen-Frage. Für fast alle von 90 bis 9 Jahre sind die Rialto-Filme der Fixpunkt des Fanseins bzw. Wallace-Genusses und nicht die Romane. Die Romane geben einfach zu wenig her, gerade nach heutigen Ansprüchen. Schon in den 60ern hat man da doch schon massiv draufgesattelt. Die Rialto-Reihe bemühte eine plakative SW-Optik, Overacting, allerlei Skuriles, viele Action- und Knalleffekte, materialistische Musik, Geisterbahneinlagen usw. um die lahmen Storys aufzupeppen. Genau deswegen wirken die Filme in der Rückschau für viele so künstlich, artifiziell und kultig.

    Nicht umsonst wurde das treffend mit dem Wixxer parodiert, etwa mit den Sterbenden, die noch eine Minute durchs Bild und in die Kamera humpeln. Dieser Rialto-Effekt ist aber nicht in die heutige Zeit übersetzbar. Ich vergleiche das gerne mit den Spencer/Hill-Filmen, die sind genauso kultig und speziell auf ihre Weise und bleiben daher generationsübergreifend beliebt. Aber so etwas könnte man heute nicht mehr machen, selbst wenn das Duo noch in der Blüte ihrer Jahre stehen würde. Es ist eine Frage des Zeitgeistes. Der kam Wallace seinerzeit entgegen (restaurative 50er). Aus diesem Geist heraus wurden die Vorkriegsikonen Wallace und May noch einmal und ein letztes Mal groß. Aber mit den Gesellschaftsumwälzungen der späten 60er und 70er Jahre konnten sie einfach nicht überleben. In der heutigen Zeit haben Wallace-Filme gewissermaßen keine Berechtigung mehr.

  • Wallace-NeuverfilmungsmöglichkeitenDatum17.10.2020 14:15
    Foren-Beitrag von Jack-O im Thema Wallace-Neuverfilmungsmöglichkeiten

    Zitat von Edgar007 im Beitrag #329
    Ich bin mir sicher, dass Edgar Wallace in Deutschland mit einer aufwändigen, romangetreuen Verfilmung durchaus funktionieren kann. Beste Besipiele dafür sind MORD IM ORIENT EXPRESS und der neue TOD AUF DEM NIL. Und die Schauspielervergleiche (Til Schweiger, Axel Milberg usw.) sind m.E. - mit Verlaub - einfach dumm. Es gäbe genügend gute deutsche Schauspieler, die in einem "echten" Wallace-Film spielen könnten. Daniel Craig funktionierte in KNIVES OUT auch hervorragend - ioh finde sogar besser als bei Bond. Man muss nur die richtigen, pasenden Schauspieler auswählen. Peter Alexander oder Rudolf Vogel oder Roy Black hat man schließlich in den 60ern auch nicht bei Wallace spielen lassen...
    Du willst doch nicht ernsthaft diese Filme als Vergleich heranziehen. Die sind ein einziges Schaulaufen der Hollywood-Stars mit Multimillionen-Summen für Ausstattung und Effekte! Zumal sind die besten Christie-Werke maßgebliche Klassiker der Kriminal- und Weltliteratur. Da kann kein Wallace-Roman mithalten, weder von der Klasse her, noch vom Ruf. Kein Durschnittverbraucher kennt den Titel eines Wallace-Romans. Und gerade dieses richtige Gespür für Besetzungen würde ich Produzenten und Redakteuren nicht zutrauen, wenn sie Tramitz und Ulmen für Jerry Cotton und Ulmen und Tschirner für den Tatort besetzen. Da gruselt es einen doch!
    Zitat von schwarzseher im Beitrag #330
    Wenn ich aber zB. Gesellschaftlicher Mehrwert,gebrochene Figuren,politische Verflechtungen oder tiefgründige Fiktion als Erfolgsmerkmal lese rollen sich mir die Fussnägel auf.
    Das mag ja sein. Aber es bringt nichts zu träumen. Man muss die Perspektive der Macher einnehmen und nicht die der Fanboys. Und natürlich sind diese Elemente der Anspruch vieler Filmemacher und auch eines Großteils des Publikums. Eine zweidimensionale, brave Frauenfigur ala Wallace würde heute keine Zuschauerin mehr akzeptieren. Und heute sind 57 % der Kinogänger weiblich. Das ist das größte Problem von Wallace: Sein ganzes Handlungs- und Gesellschaftskonstrukt ist massiv rückständig, zugleich jedoch der maßgebliche Fixpunkt für seine Storys (bedrohte Erbin, forscher Ermittler, Heiratsszenario). Das hat vor 1968 gerade noch so funktioniert, aber heute?? Und zwanghaft modernisiert wäre es eben kein Edgar Wallace mehr. Deswegen sage ich ja: Wallace ist in jeglicher Hinsicht aus der Zeit gefallen. Und seine Geschichten haben auch nicht genug Zugkraft, um von sich aus jemanden zu überzeugen, sie zu verfilmen, weil sie durchweg auf sehr einfache Weise nach Schema F gestrickt sind. Man muss der Realität ins Auge sehen.

  • Wallace-NeuverfilmungsmöglichkeitenDatum17.10.2020 12:18
    Foren-Beitrag von Jack-O im Thema Wallace-Neuverfilmungsmöglichkeiten

    Zitat von Lord Low im Beitrag #324
    Und wenn man sich eben den Erfolg der Schweiger/Schweighöfer-Filme so ansieht (die ich beide auch nicht bei Wallace sehen möchte), dann sagt mir das leider, dass das deutsche Publikum sogar anspruchsloser ist als in den 60ern.
    Aber nur bei Komödien. Genre-Ware wird nur akzeptiert, wenn sie aus dem Ausland kommt. Keiner schaut sich einen Krimi im Kino an, wenn er am Abend die gleichen Hanseln auf dem TV-Bildschirm ermitteln sieht. Alle Genre-Filme aus Deutschland sind in der jüngeren Vergangenheit mehr oder minder gefloppt. Die deutschen Filmemacher können es einfach auch nicht mehr. Man denke nur an die dämliche Jerry Cotton-Neuverfilmung. Wer glaubt, dass Tramitz und Ulmen einen Film tragen könnten, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen. Das ist symptomatisch für den deutschen Film. Nach der Generation der Oberhausener hat man hierzulande verlernt, wie man gutes Publikumskino macht. Deswegen gibt es auch nur noch Komödien, Dramen und Arthouse-Filme. Kino der Marke "Filmakademie-Abschlussfilm".

    Zitat von Lord Low im Beitrag #326
    Die Leute, die Kutscher vor der "Babylon Berlin" TV-Serie gelesen haben, das ist doch auch nur eine Randgruppe.
    Schon, aber wie erwähnt, bietet Kutscher den Rahmen um sich in alle Richtugen auszutoben: Weimarer Zeit, Orgien, Drogen, Emanzipation, Unterwelt, Kommunisten, Nazis, rechte Militärs, deutscher Adel, Industriellen, Intrigen, politische Verflechtungen usw. Das kann Wallace nicht leisten und wenn man es reinpresst, dann ist es kein Wallace mehr. Kein Filmemacher, der etwas erzählen möchte, sagt sich: "Wallace? Ja, der ist ein Vehikel mit dem ich mich künstlerisch austoben kann." sondern eher "Wallace? Kitschiger Trivalschund mit Kinski als Irrem? Der wurde doch in 60ern dutzendfach am Fließband verfilmt! Karges Kommerzkino ohne jeden Mehrwert oder künstlerischen Anspruch! Das machen wir nicht!". Und ein Produzent denkt nur ans Geld. Das Potenzial von Wallace ist heute sehr mager. Wäre Wallace eine Goldgrube, dann hätten wir heute schon eine neue, florierende Wallace-Serie. Er hatte seine Zeit, aber die ist eben schon lange vorbei. Wallace hat nichts zu bieten, was andere Autoren heute nicht besser und vielfältiger zu bieten hätten. Warum also gerade ihn verfilmen?

  • Wallace-NeuverfilmungsmöglichkeitenDatum17.10.2020 00:00
    Foren-Beitrag von Jack-O im Thema Wallace-Neuverfilmungsmöglichkeiten

    Oh ja, wir brauchen auf jeden Fall noch mehr Political Correctness... Nein, im Ernst jetzt. Ich glaube, das Publikum ist da wirklich anspruchsvoller als vor 60 Jahren. Manche Dinge funktionieren nur im Original.

    Man muss sich nur "Donna Leon" ansehen. Steife deutsche Darsteller, eine biedere TV-Inszenierung, dazu Musik von Andre Rieu... geht's noch schlimmer?? Allein die Familienszenen Brunettis sind soo deutsch, dass es wirklich weh tut. Eine italienische Freundin hat mal einen Lachflash bekommen als wir da reingezappt haben. "Oh Gott! Stellt ihr euch das echt so bei uns vor??"

    Deswegen wäre Wallace hundertmal besser bei den Briten aufgehoben, auch wenn ihn auf der Insel heute noch viel weniger Leute kennen als bei uns. Ich kann mich nur wiederholen: Wallace hatte seine Zeit mit dem Revival in den 60ern und sie ist einfach vorbei. Unwiederbringlich. Deal with it...

  • Wallace-NeuverfilmungsmöglichkeitenDatum16.10.2020 22:50
    Foren-Beitrag von Jack-O im Thema Wallace-Neuverfilmungsmöglichkeiten

    Zitat von Lord Low im Beitrag #319
    Robert Downey Jr. ist Amerikaner und hat Sherlock Holmes gespielt. Das hat in Deutschland auch niemanden interessiert, dass er kein Brite ist.
    Das ist aber ein schlechter Vergleich. Downey Jr. ist ein Weltstar. Wenn Johnny Depp Holmes spielen würde, fänden das auch viele toll. Das deutsche Publikum hat kein Problem damit einen Amerikaner als Briten (Downey Jr./Holmes) oder einen Briten als Amerikaner (Bale/Batman) zu sehen. Das gilt aber nicht für die heimischen Schauspieler. Sherlock würde mit Volker Bruch nicht funktionieren. Til Schweiger wird als Action-Held trotz Hollywood-Erfahrung belächelt und verspottet. Ich will mich da nicht ausnehmen. Mir würde es auch bei mindestens 70-80 % der deutschen SchauspielerInnen schaudern, die in einer Wallace-Adaption zu sehen; vor allem die üblichen Verdächtigen. Man stelle sich nur vor: Mark Waschke oder Wotan Wilke Möhring kommen zur Tür herein und sagen "Ich bin Inspektor Wade von Scotland Yard." - grauenhaft...

  • Wallace-NeuverfilmungsmöglichkeitenDatum16.10.2020 22:30
    Foren-Beitrag von Jack-O im Thema Wallace-Neuverfilmungsmöglichkeiten

    Zitat von Lord Low im Beitrag #316
    Ich kann mir wie gesagt nicht vorstellen, dass in den deutschen Haushalten mehr Romane von Kutscher rumliegen als von Wallace. Ob die dann antiquarisch oder "neu" gekauft wurden, spielt dabei keine Rolle.

    Was ist schon "Original"?
    Ich kenne viele Leute, die Kutscher lesen, aber keinen der Wallace liest. Ist aber vielleicht auch nur mein persönlicher Eindruck.

    Mit Originale meine ich Schauspieler. Die Zuschauer wollen John Nettles als Barnaby, nicht Axel Milberg. Die Zuschauer wollen Benedict Cumberbatch als Holmes, nicht Volker Bruch. Es geht um britishness! Oder könnte sich jemand einen deutschen Schauspieler vorstellen, der James Bond spielt??

    Allein die Tatsache, dass es dieses Thema seit über 17 Jahren gibt, spricht doch schon Bände! Brennt Wallace irgendjemanden auf den Nägeln? Wo ist der Reiz? Wo ist die Relevanz? Ich wette, nach weiteren 17 Jahren (2037) wird es immer noch keine weitere Wallace-Verfilmung geben. Seine Zeit ist um.

  • Wallace-NeuverfilmungsmöglichkeitenDatum16.10.2020 21:59
    Foren-Beitrag von Jack-O im Thema Wallace-Neuverfilmungsmöglichkeiten

    Zitat von Lord Low im Beitrag #314
    Also ich glaube, dass es in Deutschland mehr Fans von Edgar Wallace gibt als von Volker Kutscher.
    Erstens halte ich das für Wunschdenken und zweitens kann man die beiden Autoren kaum miteinander vergleichen. Kutscher wird publiziert und gelesen, Wallace-Bücher findet man heute nahezu ausschließlich antiquarisch. Vor allem ist aber entscheidend: Kutscher hat einen modernen Anstrich, Wallace nicht. Er bietet genau den Raum für all die Themen, die ich genannt habe, den Wallace nicht bietet. Wallace ist Genre-Kost in Räuber und Gendarm-Manier, Kutscher ist tiefgründige Fiktion vor einem historischen Hintergrund. Wallace ist zudem ein britsches Sujet, während Kutscher das deutsche Leben der 20er Jahre abbildet. Wieder ein Punktreffer für Kutscher. Dazu kann man mit so einem deutschen Thema als Deutscher in Deutschland für ein deutsches Publikum Bezüge herstellen. Dazu finden die Menschen einen Bezug. Oder könnte sich jemand Inspector Barnaby als ZDF-Produktion vorstellen? Oder Sherlock als ARD-Primetime-Event? Die Menschen wollen Originale sehen.

    Ein durch deutsche Produktionen gefaktes England bzw. britisches Thema würde heute doch total belächelt. Wie sollte das funktionieren? Til Schweiger als Inspektor? Jan Josef Liefers als Eddi Arent-Sidekick? Da würden sich doch beim Zuschauer die Balken biegen vor Lachen. Aus Sicht der Fans mag Wallace Potenzial bieten, aber die sind eben nicht entscheidend. Man muss die Frage umdrehen: Was könnte Filmschaffende an Wallace interessieren? Altbackene Genre-Kost? Kapuzenmänner, edle, naive Frauen, strahlende Trenchcoat-Helden? In England? In den 20ern? Plakative Räuberpistolen? Aus dieser Perspektive heraus erscheint der Autor für Produzenten, Drehbuchautoren und Regisseure wenig reizvoll. Zumal man ja hierzulande auch noch eine gewisse stilbildende Rialto-Serie im Nacken weiß, die Wallace "wie er zu sein hat" in den Köpfen festbetoniert hat. Und es herrscht ja momentan in der Film- und Fernsehwelt sowieso ein Mangel an Kriminalstoffen aus dem In- und Ausland (man beachte die Ironie!). Es ist einfach nicht mehr realistisch. Unverkennbar ist hier der Wunsch der Vater des Gedankens.

  • Wallace-NeuverfilmungsmöglichkeitenDatum16.10.2020 21:00
    Foren-Beitrag von Jack-O im Thema Wallace-Neuverfilmungsmöglichkeiten

    Aber es stellt sich die Frage: Warum? Man kann diese Themen viel freier mit eigenen Ideen oder passenden Originalstoffen realisieren. Wofür sollte Wallace denn heute noch stehen? Welchen Mehrwert hat er für einen Produzenten/Filmemacher? Der Name lockt heute in Sachen Publikumsresonanz/Erfolg doch auch keinen mehr hinter dem Ofen hervor. Es gibt keinen "guten Grund" Edgar Wallace heute neuzuverfilmen. Weder in künstlerischer noch kommerzieller Hinsicht.

  • Wallace-NeuverfilmungsmöglichkeitenDatum16.10.2020 20:50
    Foren-Beitrag von Jack-O im Thema Wallace-Neuverfilmungsmöglichkeiten

    In Babylon Berlin taucht doch jetzt auch eine Art Phantom-Mörder im Stil von Edgar Wallace auf. Ich denke, die Macher nehmen solche Versatzstücke gerne auf, würden aber niemals Wallace selbst (neu) verfilmen wollen; schon gar nicht mit dem Aufwand. Es fehlt der gesellschaftspolitische Mehrwert (Emanzipation, Sexualität, dreidimensionale, gebrochene Figuren, politische Verflechtungen, historische Verwerfungen), der heute gefragt ist. Wallace ist dahingehend anspruchslos sowie wenig progressiv. Wallace ist schlicht und ergreifend aus der Zeit gefallen und out. Das muss man realistisch sehen und sich damit abfinden. Wir haben ja die alten Filme.

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