Tatort: Die Fette Hoppe Hauptkommissare Lessing und Dorn ermitteln in Weimar
Episode 891 der TV-Kriminalserie, BRD 2013. Regie: Franziska Meletzky. Drehbuch: Murmel Clausen, Andreas Pflüger. Mit: Christian Ulmen (Hauptkommissar Lessing), Nora Tschirner (Hauptkommissarin Dorn), Thorsten Merten (Kriminalkommissar Stich). In Gastrollen: Wolfgang Maria Bauer, Dominique Horwitz, Klara Deutschmann, Stephan Grossmann, Palina Rojinski, Ramona Kunze-Libnow, Elke Wieditz, Ute Wieckhorst, Jan Baake u.a. Erstsendung: 26. Dezember 2013, ARD. Eine Produktion des Mitteldeutschen Rundfunks.
Zitat von Tatort (891): Die Fette Hoppe Die Fleischereibesitzerin Brigitte Hoppe wurde entführt. In ihrem Auto findet man große Mengen Blut und ein Fleischerbeil. Der Entführer meldet sich trotzdem bei Hoppe junior. 45’000 Euro Lösegeld will er haben. Dabei ist Frau Hoppe längst tot, wie die DNA-Untersuchung ergibt. Ist mit ihr die berühmte Thüringer Wurstkreation, die „Fette Hoppe“, ausgestorben, deren Geheimrezeptur nur die Tote kannte?
Dass bei dem als One-Out geplanten „Tatort“-Ausflug nach Weimar kein bierernster Klassik-Krimi herauskommen würde, war bei der Besetzung der Ermittlerrollen mit den Komikern Christian Ulmen und Nora Tschirner von Anfang an klar. Allerdings befürchtete ich, dass das genaue Gegenextrem – eine gewollte Parodie auf die langlebige Fernsehreihe – dabei entstünde, obwohl ich den Humor der beiden Darsteller für durchaus überdurchschnittlich im deutschen Fernsehgeschäft halte und ihn jederzeit der flachen „Comedy“, wie sie leider aus der Richtung der Wallace-Aficionados Welke, Kalkofe, Pastewka und Co. kommt, vorziehe. Letztlich kann „Die Fette Hoppe“ aber als Musterbeispiel dafür gelten, wie sich außergewöhnlichen Humor mit passabler „Tatort“-Stimmung ergänzen kann.
Als Schauplatz wählte der MDR das serienmäßig bisher unerschlossene Weimar aus (womit im Übrigen neben Erfurt gleich zwei Thüringer „Tatorte“ produziert werden, während Sachsen-Anhalt bisher noch nie zu Sonntagabendehren in der Traditionsserie kam). Die wunderschöne Stadt – für „Tatort“-Verhältnisse klein und idyllisch – greift Motive auf, die man aus anderen Folgen der Reihe bereits kennt: jeder kennt jeden; ein Ermittler mit Außen-, einer mit Innensicht; Einbeziehen lokaler Identitäten etc. – Und dennoch kommt „Die Fette Hoppe“ jung und unverbraucht daher, was im Wesentlichen ihren Hauptdarstellern und deren ungewöhnlicher, aber damit besonders identifikationsstiftender Herangehensweise an Polizistenrollen zu verdanken ist.
„Die Fette Hoppe“ ist nicht nur aus sich selbst heraus eine spannend und geradlinig (d.h. ohne unnötigen Schmonz) erzählte Geschichte, sondern besticht auch durch Bezüge auf Filmklassiker. Am auffälligsten gestalten sich wohl die Parallelen zu Alfred Hitchcocks „Immer Ärger mit Harry“, nach dessen Vorbild die Leiche Brigitte Hoppes in der zweiten Episodenhälfte kreuz und quer durch Weimar gefahren und getragen wird. Weiterhin ist es vielleicht meiner überspannten Wallace-Fantasie zuzuschreiben, aber ich glaube nicht an den Zufall, dass die Leiche den Vornamen Brigitte Grothums und den Nachnamen Marianne Hoppes, die im Übrigen in Weimar auf die Handelsschule ging, trägt.
Ungewöhnlich gestaltet sich auch die Struktur des Whodunit-Rätsels. Glaubt man zunächst, die Lösung des Verbrechens schon sehr zeitig gefunden zu haben, so zaubert das Drehbuch doch immer noch eine weitere Überraschung aus dem Hut, versucht sich erfolgreich im Aneinanderreihen von Spannungssequenzen, die sich teilweise als ganz harmlos herausstellen, und nutzt die Verbindung Weimars mit dem Wirken Friedrich Schillers in der Verfolgungsjagd am Ende auf eine beinahe geniale Art und Weise.
Erfrischend junger und amüsanter „Tatort“, der Wortwitz und Situationskomik mit einem Verbrechen kombiniert, das ohne den humoristischen Einschlag beinahe gewagt hart ausgefallen wäre, so aber glänzend verdaut werden kann. Ich freue mich auf weitere Folgen aus Weimar. 5 von 5 Punkten.
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