In dieses Thema passen alle „Tatort“-Episoden, die nicht schon von detaillierteren Einzelthreads abgedeckt werden. Gesonderte Ermittler-Themen gibt es bereits zu ...
Ich beginne mit zwei Folgen aus der „Klassiker-Box“:
Tatort: Peggy hat Angst Hauptkommissarin Wiegand ermittelt in Mainz
Episode 148 der TV-Kriminalserie, BRD 1982. Regie: Wolfgang Becker. Drehbuch: Norbert Ehry. Mit: Karin Anselm (Hauptkommissarin Wiegand), Artus Matthiessen (Kriminalassistenz Wilcke), Rolf Jülich (Kriminalassistent Korn). In Gastrollen: Hannelore Elsner, Ute Christensen, Hans-Georg Panczak, Hannelore Schroth, Heinz-Werner Kraehkamp, Anita Kupsch, Roger Fritz, Harry Wüstenhagen, Ulli Kinalzik u.a. Erstsendung: 23. Mai 1983, ARD. Eine Produktion des Südwestfunks.
Erschreckend plastisch wirkt der Einblick in die Gedanken und Handlungen eines Psychopathen mit gestörtem Verhältnis zu Frauen in der Folge „Peggy hat Angst“. In einem Taxi in Mainz beginnt die Geschichte, die schamlos zufriedene Bettseligkeit mit einem beängstigenden Verbrechen kontrastiert. Verantwortlich für den Wirkeffekt: Hans-Georg Panczaks früh, wenngleich nicht von Anfang an für den Zuschauer distanzlos mitverfolgbare Performance eines Frauenmörders, die ekstatische Rockmusik „Why Can the Bodies Fly“ der Gruppe Warning, die der Folge im Wesentlichen ihre Reputation verschaffte, sowie einige technische Spielereien des Regisseurs Wolfgang Becker. Karin Anselm als eine der ersten Kommissarinnen im deutschen Fernsehen spielt eigentlich nur eine Nebenrolle, verleiht dieser aber Glaubwürdigkeit, Wärme und eine Kontrolliertheit, von der heutige Problem- oder Quotenfrauen im „Tatort“ noch viel lernen können.
Großen Fokus legt die Folge auch auf Hannelore Elsner, die eine gewohnt saubere Darstellung als Fotomodell mit leichten Sitten abliefert: Am Telefon hört sie den Mord an ihrer Freundin mit an, weshalb sie später vom Täter verfolgt und verängstigt wird. Leider, dies ist der einzige Kritikpunkt an der ansonsten hochspannenden und bewegenden Episode, wird Peggys Angst der großen Bedeutung des Titels nicht gerecht – am Ende schlägt sie sich sogar auf die Seite des Täters. Was allein ein weiteres Exempel für die manchmal kruden Beziehungen zwischen Männlein und Weiblein darstellt, ist auf vernünftiger Ebene nicht ganz nachvollziehbar.
Starker, emotionaler „Tatort“, in dem jeder von der Haupt- bis zur Nebenrolle (auch Harry Wüstenhagen ist zu sehen) eine hervorragende Leistung abgibt. Wäre das Drehbuch am Ende nicht entglitten, hätte die trotz früherem Produktionsdatum wesentlich moderner als z.B. Bülows Fälle wirkende Folge ein Musterbeispiel exerzieren können. So gibt’s 4,5 von 5 Punkten.
Tatort: rot, ... rot, ... tot Hauptkommissar Lutz ermittelt in Stuttgart
Episode 83 der TV-Kriminalserie, BRD 1977. Regie: Theo Mezger. Drehbuch: Karl Heinz Willschrei. Mit: Werner Schumacher (Hauptkommissar Lutz), Frank Strecker (Kriminalassistent Wagner). In Gastrollen: Curd Jürgens, Renate Schroeter, Christian Berkel, Robert Freitag, Elke Twiesselmann, Christiane Pauli, Karin Schlemmer, Wolfgang Hepp, Siegmar Schneider, Christiane Timerding u.a. Erstsendung: 1. Januar 1978, ARD. Eine Produktion des Süddeutschen Rundfunks.
Während „Peggy hat Angst“ ihren aktuell 14. Platz in der All-Time-„Tatort“-Rangliste durchaus verdient, so finde ich die 20. Position von „rot, ... rot, ... tot“ ziemlich fragwürdig. Die Folge, über weite Strecken im Stuttgarter Villenviertel Killesberg angesiedelt („Am Killesberg wird nicht geklaut“ – nein, nur gemordet), schildert wenig innovativ eine aus drei, vier altbekannten Kniffen zusammengesetzte Frau-betrügt-Mann-und-Mann-tötet-Frau-Geschichte. Gastdarsteller Curd Jürgens – noch fit, aber zur Unkenntlichkeit gealtert – verdankt die Episode wohl ihren guten Ruf; sein Porträt eines sehnsüchtigen Mannes kann aber nicht retten, was das mittelmäßige Duo Willschrei-Mezger verfuhr. Meine Hoffnung, es gäbe einen Clou, da erst der dritte Mord vor der Kamera gezeigt wird, erfüllte sich ebensowenig wie mein Wunsch nach einem einprägsamen Ermittler: Werner Schumacher bleibt absolut blass, obwohl (oder weil?) „rot, ... rot, ... tot“ schon der achte von 16 Fällen für seinen Kommissar Lutz war. Es ist jedenfalls kein gutes Omen, dass sein Assistent, der breites Schwäbisch schwätzt, wesentlich memorabler ausfällt und schon nach zwei Dritteln der Spielzeit mit der richtigen Lösung aufwartet: „Mein Gott, ich denk’ halt nach“, seufzt er. Jeder, der das gleiche tut, wird sich über die Schwerfälligkeit der polizeilichen Ermittlungen und der Folge im Ganzen ärgern.
Wenig spannende Kammerspielepisode ohne die besonderen raffinierten und charakterlichen Qualitäten, die ein gutes Kammerspiel benötigt. Curd Jürgens und die durchaus schön anzusehende Renate Schroeter vertreiben ein wenig die Zeit. 2,5 von 5 Punkten.
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