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Kleines Treffen, Frühsommer 2012
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Edgar-Wallace-Forum
Gubanov
04.07.2012 15:16
RE: Wallace-Tour in Berlin
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aka „Im Stahlnetz des Untergrunds“
Barnaby, zinker84 und ich haben uns wieder einmal mehr oder minder spontan zu einer kleinen Zusammenkunft am vergangenen Sonntag getroffen. Zunächst besuchten Barnaby und ich einen imposanten Drehort, der bislang noch nicht in der Bildergalerie vertreten war. An der Hochbahnstrecke durch Kreuzberg liegt das Deutsche Patentamt in der Gitschiner Straße, zu sehen in „Im Stahlnetz des Dr. Mabuse“ als Polizeipräsidium. Das wuchtige Gebäude wurde 1905 bezogen. Es stellt eine Arbeit der Architekten Solf und Wichards dar, die auch den galanten Hochbahnhof Hallesches Tor, der in direkter Nähe – heute leider in stark vereinfachter Form – über dem Landwehrkanal thront, entwarfen. Auf der Website des DPMA erfährt man einiges über die wechselhafte Geschichte des Standortes, u.a.: „Bis 1945 – ab 1919 als Reichspatentamt – blieb die Behörde in der Gitschiner Straße in Berlin. Noch in den letzten Kriegstagen des 2. Weltkrieges wurde das Gebäude schwer beschädigt. Der größte Teil der Bibliothek konnte jedoch durch die rechtzeitige Auslagerung in ein Salzbergwerk vor der Vernichtung gerettet werden. Nach Beendigung des 2. Weltkrieges musste das Reichspatentamt – wie alle Reichsbehörden – seine Tätigkeit einstellen. Im Frühjahr 1948 wurden im Wirtschaftsgebiet auf Grundlage des Gesetzes vom 5. Juli 1948 vorübergehend Annahmestellen errichtet, die am 1. Oktober 1948 in Berlin und Darmstadt eröffnet wurden.“ (Link).
Barnaby hat sicher noch ein paar Informationen zur gegenüberliegenden Eckkneipe an der Alexandrinenstraße auf Lager, die in „Im Stahlnetz des Dr. Mabuse“ als Café Hildebrand firmierte.
Auf der Hochbahnstrecke fuhren während der 1961er-Aufnahmen noch Wagen der Bauart AI, die 1924 und 1925 u.a. in Görlitz gebaut wurden. Diese Wagen (damals die 16. Lieferung für die Hoch- und Untergrundbahn Berlins und gut erkennbar an den fünf Fenstern zwischen den Türen) waren die ersten Stahlwagen, nachdem in den Anfangsjahren des Betriebs mit Waggons mit Holzaufbau gefahren wurde. Im Vergleich dazu warten die heutigen Aufnahmen mit A3-Zügen auf, die aktuell vorrangig auf den Linien U1, U3 und U4 eingesetzt werden. Bei der Hochbahnstrecke durch Kreuzberg handelt es sich um einen Teil des Kleinprofilnetzes.
Der nächste Stopp unserer Tour gehört zum Großprofilnetz. Die BVG veranstaltete anlässlich der Sperrung der U6 zwischen den Stationen Friedrichstraße und Französische Straße einen Tunneltag, der interessierten Berlinern die Möglichkeit gab, zu Fuß durch den U-Bahn-Tunnel zu laufen. 7000 Menschen nahmen diese Gelegenheit wahr, was vor allem in den frühen Tagesstunden zu langen Schlangen an der Ticketausgabe führte. Entschädigt wurde man dafür mit einem einmaligen Einblick in Berlins Untergrund. Anbei auch einige Bilder, denn vielleicht ist der eine oder andere an ein paar Eindrücken aus der nicht kriminellen Unterwelt interessiert:
(1) Ticketausgabe an der Friedrichstraße / Georgenstraße (Dank an Barnaby!); (2) Der U6-Tunnel kurz hinter Friedrichstraße mit Blickrichtung Französische Straße; (3) An dieser Stelle entsteht der neue Kreuzungsbahnhof Unter den Linden der U6 mit der verlängerten U5; (4) Und so soll er aussehen: in einfacher Tiefenlage die U6 unter der Friedrichstraße, im rechten Winkel darunter die U5 (Blickrichtung Norden); (5) Berliner U-Bahnerweiterungsplanungen nach dem Stand von 1996; (6) Im Bahnhof Französische Straße, der nach Eröffnung des neuen Kreuzungsbahnhofs geschlossen wird, wurde ein Info-Zug abgestellt, der Besucher über das Bauprojekt informierte und ihnen Kleingeld für Souveniers entlockte
Sehr schöne Bilder zum Tunneltag finden sich auch hier und hier.
Nach einem Besuch des Bergmannstraßenfestes, das neben diversen kulinarischen Verlockungen auch nostalgische Gefühle für Leuchtschriftzüge, Glühlampen und wilhelminische Fassaden weckte, machten wir einen kleinen Abstecher zu Sir John. Obwohl Barnaby schon Manches über Siegfried Schürenbergs Ruhestätte geschrieben hat, waren zinker und ich vorher noch nicht auf dem Friedhof am Halleschen Tor gewesen. Der urige Friedhof macht direkt einen historischen Eindruck. Mir hat es besonders die gut erhaltene Einfassung der Grabstelle angetan, ein aufwändig gearbeitetes Eisengitter, das der Schriftzug Wittig-Schürenberg krönt. Weil es auf dem Friedhof zu dieser Frage kam: Schürenberg ist der Name von Siegfried Hermann Andreas Wittigs väterlicher Großmutter. Er übernahm deren Namen, weil sein Vater Emil Wittig bereits als Schauspieler auftrat und Schürenberg lieber „auf eigenen Beinen“ stehen wollte. Nachzulesen im Detail in Andreas Neumanns schöner Biografie „Sir John jagt den Hexer“. Ein weiteres Foto in Ehren kann niemand verwehren:
Den Tagesabschluss bildete eine Weiterfahrt mit der anfangs erwähnten U1-Hochbahnroute. Sie brachte mich zu den Stationen Görlitzer Bahnhof und Schlesisches Tor, in deren Nähe anno 1961 zwei weitere Straßenaufnahmen für „Im Stahlnetz des Dr. Mabuse“ entstanden. In der Skalitzer Straße und direkt unter der Hochbahn am Schlesischen Tor, das im Übrigen auch eine wichtige Rolle in der „Derrick“-Episode „Ein Kongress in Berlin“ spielte, entstanden zwei kleine Momentaufnahmen:
Der „Derrick“-Auftritt begründet sich durch die Tatsache, dass Schlesisches Tor zu Mauerzeiten der Endbahnhof der Linie 1 war. Heute verkehrt die Strecke wieder wie zu Eröffnungszeiten über die Oberbaumbrücke über die Spree zur Warschauer Straße; seit dem 13. August 1961 (im Übrigen zwei Tage vor „Mabuse“-Drehbeginn) war eben schon eine Station eher Schluss. Die ehedem grenznahe und nicht sonderlich feine Gegend eignete sich in Reineckers Augen fantastisch für seine Geschichte über deutsch-deutsche Industriespionage.
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