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Als Highlights unserer gemeinsamen Berlin-Tage haben Percy Lister und ich uns mit Berliner Transportgeschichte auseinandergesetzt. Neben der empfehlenswerten Führung durch die unterirdischen Luftschutzbunker und Strahlenschutzanlagen an den U-Bahnhöfen Gesundbrunnen und Pankstraße im Berliner Norden führte uns eine Tour auch in die entgegengesetzte Himmelsrichtung nach Tempelhof.
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Edgar-Wallace-Forum
Gubanov
05.11.2011 14:51
RE: Wallace-Tour in Berlin
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Das bekannte Flughafengebäude in Tempelhof, so erfuhren wir während der Führung, war bereits das dritte, das sich an diesem Ort befand, und wurde von den Nazis größtenteils nur im Rohbau fertiggestellt. Erst 1962 wurde es für den öffentlichen Flugverkehr freigegeben, dann auch mit echten Landebahnen (zum Vergleich: während des Dritten Reichs war geplant, die Flugzeuge von fünf Warmlaufplätzen über die grüne Wiese starten zu lassen). In einem Teil des Gebäudes hatten sich zu deutsch-deutschen Teilungszeiten amerikanische Soldaten einquartiert. Das obere Luftbild zeigt eine Szene aus den Achtzigerjahren, als „die Amis“ mit Pomp und allem technischen Gerät einen Tag der offenen Tür für schaulustige Berliner mit Lust auf Militärflugzeuge, Panzer und Blasmusik veranstalteten. Überbleibsel der Yankee-Kultur gibt es noch heute in Tempelhof, so führte uns der Guide, der über dreißig Jahre im Flughafen gearbeit hatte, unter anderem auch durch eine Basketballsporthalle.
Auf der Rollbahn bot sich uns ein Blick nicht nur über die nun als frei zugänglicher Park „Tempelhofer Freiheit“ betriebene Grünfläche hinter dem gebogenen Gebäude – nach dem Pentagon das flächenmäßig größte der Welt –, sondern auch auf einen echten ehemaligen Rosinenbomber.
Durch den Gepäckkeller bahnten wir uns einen Weg in die berühmte Haupthalle, die heute im Leerzustand nicht weniger monumental wirkt als zu Zeiten ihres Betriebs. Die Schalter und Shops sind durch Einbauten noch zu erkennen, Schriftzüge von Zeitungen und Firmen haben sich ebenso gehalten wie Leitschilder zu benachbarten Bus- und U-Bahnstationen.
Bekannt ist neben der rein historischen auch die filmische Seite des Flughafens Tempelhof. Für die Edgar-Wallace-Serie der Rialto-Film entstanden zwar keine Aufnahmen an diesem Flughafen, wohl aber für den Bryan-Edgar-Wallace-Krimi „Das Phantom von Soho“ von 1964. Dieter Borsche und Peter Vogel stellen hier der gesammelten Verdächtigenriege nach, u.a. Hans Söhnker, Elisabeth Flickenschildt und Helga Sommerfeld (im Nonnenkostüm). Die Kamera fing hierzu verschiedenste Einstellungen eben aus der Haupthalle ein, die im Übrigen auch in „Es muss nicht immer Kaviar sein“ (1961) und „Lange Beine – lange Finger“ (1966) zu sehen ist. Die kleine Treppe am hinteren rechten Ende der Halle ist ein besonders schönes Beispiel dafür, wie die Zeit in Tempelhof scheinbar stehen geblieben ist. Unverändert, sogar mit den gleichen Milchglasscheiben, steht sie noch immer an Ort und Stelle.
So präsentiert sich die Halle heute im Gesamtüberblick:
Man merkte dem Flughafenführer an, wie sehr er sich mit allen Details des Hauses und seiner vielschichtigen Erlebnisse auskannte. Ob auf dem Rollfeld, auf dem Dach, auf dem Vorplatz, im Luftschutzraum, im Filmbunker oder selbst dem Verbindungsgang zu den Toiletten – überall gab es wissenswerte Informationen anzumerken. Wer hätte zum Beispiel geahnt, dass im Luftschutzraum Zeichnungen und Verse nach Wilhelm Busch die Wände zier(t)en, um Kindern während der Luftangriffe Zeitvertreib zu gewährleisten und sie diese hinterher in der Schule rezitieren zu lassen? Oder dass ein Verbindungseisenbahntunnel unter dem Gebäude zu finden ist, in dem zu Weltkriegszeiten Flugzeuge montiert wurden?
Die unerschöpfliche Quelle sprudelte etwa einer Stunde länger als veranschlagt – statt 2,5 waren es letztenendes 3,5 Stunden, die der Gang durch das Leben und Sterben des Flughafens Tempelhof in Anspruch nahm. Nichtsdestotrotz darf ich die Erkundigungen jedem geduldigen Interessierten sehr ans Herz legen – mit dem gut gemeinten Hinweis, im Anschluss nichts Festes einzuplanen.
Website Tempelhofer Freiheit
Führungen im Flughafengebäude (inkl. Online-Buchung)
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