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Großes Berliner Wallace-Treffen, Sommer 2011
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Edgar-Wallace-Forum
Gubanov
07.08.2011 17:38
RE: Wallace-Tour in Berlin
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aka „Die Gräfin schlägt zurück“
Am 8. November wird die „seltsame Gräfin“ 50 Jahre alt. Nein, offensichtlich nicht die Dagover. Die Uraufführung des achten „echten Edgar-Wallace-Krimis“ ist dann eben genau ein halbes Jahrhundert her. Was wie ein willkürlich herausgepicktes Premierenjubiläum erscheint (dieser Tage feiern schließlich so einige Wallace-Krimis ihren Fünfzigsten), hat insofern größere Bedeutung, als die „Gräfin“ gleichzeitig den ersten Rialto-Wallace aus Berlin darstellt und man abstrahieren kann: „Fünfzig Jahre Wendlandts Wallace aus Berlin“. Diesem Zusammentreffen fühlten wir uns natürlich beim diesjährigen Forentreffen verpflichtet und begannen zumindest mit einigen Reminiszenzen an „Die seltsame Gräfin“.
Die Schwierigkeit: An Drehorten ist bezüglich dieser Produktion kaum etwas bekannt. Sicher: Schloss Cornerflet, wie es im Film heißt, war Schloss Ahrensburg, doch Ahrensburg liegt kaum in Berlin. Nichtsdestoweniger gab es neben den Atelierdrehs in den UFA-Studios Tempelhof auch Außenaufnahmen in der heutigen Bundeshauptstadt. Orte wie der Park mit der Sonnenuhr, die Straße vor Lizzys Wohnung, das eingerüstete Gebäude des Schubkarrenanschlags oder Dr. Tappatts Sanatorium konnten selbst von den findigen Urberlinern florian und Barnaby noch nicht endgültig lokalisiert werden. Das Trostpflaster stellte den Anfang unserer Tour dar, die neben den beiden Kollegen, Mr. Krimi und mir auch zinker84 wieder absolvierte. Die Justizvollzugsanstalt Plötzensee stellte das nicht ganz freiwillige Zuhause der Mary Pinder dar, in dem Margaret Reedle sie zwecks ihrer Entlassung aufsucht und von wo aus sie auch vom Handlanger Tappatts abgeholt wird. Heute für den offenen und geschlossenen Männervollzug bestimmt, mimte sie im Film, salopp gesprochen, einen Frauenknast, war (um das Bild vollends zu verwirren) 1961 in Wahrheit aber eine Jugendstrafanstalt. Mit etwas Glück (oder Pech, wenn sich ein Wallace-Fan wegen Schwarzfahrens inhaftieren lässt) könnten später noch Fotos des Innenhofs folgen, vorerst aber ein Blick auf das markante Portal im unter Denkmalschutz stehenden Torhaus (erbaut zwischen 1868 und 1879).
Ein kurzer Fußmarsch, eine Bus- und eine U-Bahnfahrt brachten uns in die Spandauer Altstadt zu Teil 2 der geplanten Route. Da auch die Leute vom Film gern einmal faul und sparsam sind, versteht es sich von selbst, dass es in unmittelbarer Nähe zu den Spandauer CCC-Studios von Drehorten nur so wimmelt. Und welcher Film würde sich besser für einen Start eignen als der ebenfalls 1961 gedrehte und mit gefühlten 1000 Berlin-Drehorten gespickte, schon zahlreich in der Galerie vertretene, aber noch lange nicht abgearbeitete „Das Geheimnis der schwarzen Koffer“? Schon die Anfangsszene des Klinger-Films nach den London-Impressionen des Vorspanns präsentiert eine typische Spandauer Straße. Nachforschungen zeigen, dass es sich um die Fischerstraße im östlichen Teil der Altstadt handelt. Hier befindet sich im Film das Hotel, in dem Gerhard Hartig abgestiegen ist, schließlich seine Koffer gepackt vorfindet und vor dessen Tür er mittels Trickwurfmesser gemeuchelt wird. Die Straße hat sich in einigen Punkten verändert und auch wenn man für den 1961er-Film bereits einige Autos (sogar rechtsgesteuerte) dort postierte, so steht das heutige Parkaufkommen hundertprozentig gelungenen Vergleichen doch einmal mehr nach bestem Gewissen im Wege. Der Filmvorbau des Hoteleingangs und die Renovierung des fraglichen Gebäudes tun das Ihrige dazu, den Drehort optisch zu verändern, aus diversen Kleinigkeiten und vor allem dem charakteristischen Gebäude gegenüber ergibt sich aber eine eindeutige Identifikation.
Als nächstes ab in die wohlbekannte Kirchgasse! 1963 muss es in dem beschaulichen Gässchen hinter der Kirche St. Nikolai wie in einem Taubenschlag zugegangen sein, denn neben der „weißen Spinne“ (und übrigens auch „Der Würger von Schloss Blackmoor“) entstanden hier Einstellungen zu dem Epigonenkrimi „Piccadilly null Uhr zwölf“.
Dass das Wetter für einen späten Julitag unter aller Kanone war, werdet ihr euch aus leidvoller Selbsterfahrung denken können. Glück hatten wir aber insofern gehabt, als es bislang noch weitestgehend trocken geblieben war. Als wir uns aber zum nächsten Schauplatz in die Ritterstraße aufmachten, begann dann der nicht angekündigte, aber letztenendes unvermeidliche Regenschauer. Er bewog uns, nach diesem Szenenvergleich mit „Scotland Yard jagt Dr. Mabuse“, wo Nancy Masterson in dem abgebildeten Hotel absteigt, unsere Exkursion etwas zu verkürzen und nach innen zu verlegen.
Einen letzten Drehort gibt es aber noch. Wir hatten ihn schon vorher besucht, kehrten am Ende aber wieder in den Hohen Steinweg zurück. Er zeigt im „Geheimnis der schwarzen Koffer“ die Wohnung von Kudernacz alias Stanislav Ledinek, vor der von Dr. Bransby eine Dame mit einer Krächzstimme angehalten wird, auf die noch Edith Hancke neidisch gewesen wäre.
Der Grund für den erneuten Gang in den Hohen Steinweg war das vielversprechende tschechische Lokal, das sich unterdessen passenderweise just in dem Hause befindet, in dem der geborene Jugoslawe im Film haust. Mr. Krimi hat dazu bereits eine schöne Zusammenfassung gegeben. Treff, Tour, Essen und Diskussionen waren wieder einmal sehr unterhaltsam und nachdem wir nun einen ausgesprochenen Fan des „unheimlichen Mönchs“ in unserer Mitte haben, recht, sagen wir: facettenreich. Es ging um ausstehende Drehorte, um Karin Dor, Eddi Arent (vor allem im „Bucklijen“), um Erstsichtungen, unsere Top-Wallace-Filme und vieles mehr. Hier bieten sich auch in kommenden Jahren interessante Erweiterungsmöglichkeiten mit dem gleichen Team wie auch mit neuen Gesichtern an.
PS: Was das Kartenspiel angeht, so handelt es sich um ein bei einem Onlineanbieter individuell gefertigtes Blatt mit einigen Daten aus der Wallace-Chronologie. Keine große Sache, aber Spaß macht es allemal.
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