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Dieses Thema hat 5 Antworten
und wurde 392 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker national
DanielL Offline




Beiträge: 4.182

25.02.2025 00:09
Lady Dracula (1975-1978, Berlinale-Wiederaufführung) Zitat · Antworten

Bundesrepublik Deutschland 1975/78 · Regie: F.J.Gottlieb · Drehbuch: Bradford Harris (= Brad Harris), Redis Reda · Kamera: Ernst W. Kalinke · Schnitt: Gisela Haller · Musik: Horst Jankowski · Produzenten: Horst Pflüger · Eine IFV-Produktion der TV 13 im Verleih der KORA-Film

Zitat
Die junge Comtesse Barbara von Weidenborn wird im Jahr 1876 von Graf Dracula (Stephen Boyd) gebissen und daraufhin bestattet. Hundert Jahre später wird ihr Sarg bei Bauarbeiten freigelegt, wodurch sie zu neuem Leben erwacht. Barbara (Evelyne Kraft) findet eine Anstellung als Leichenkosmetikerin im Bestattungsinstitut von Theo Marmorstein (Theo Lingen). Dadurch bleibt sie zunächst unentdeckt, da sie sich heimlich von Blutkonserven ernähren kann. Als diese jedoch zur Neige gehen, beginnt sie, über Bekannte herzufallen. Kriminalassistent Eddi (Eddi Arent) wird zuerst auf den Fall aufmerksam. Sein Vorgesetzter (Brad Harris) interessiert sich zunehmend auch privat für die ebenso verführerische wie verdächtige Barbara.



Dieser Film ist wie eine ausgelassene, groteske Kostümparty, bei der Regisseur Franz Josef Gottlieb geladen hat, ein letztes Mal "Papas Kino" zu feiern. Jenes Kino, das eigentlich schon als überholt galt. Doch wie die untote Barbara von Weidenborn erwacht es in "Lady Dracula" zum Leben und tänzelt beschwingt durch die bunten Siebziger Jahre.

Und wer ist nicht alles Gast auf dieser Party: Eddi Arent, Publikumsliebling der Edgar-Wallace-Filme, gibt in einem seiner letzten Kinoauftritte einmal mehr den lustigen Sidekick. Der eigentlich schon vom Film zurückgetretene Theo Lingen gab für "Lady Dracula" überraschend ein einmaliges Comeback. Es sollte auch der letzte Film für den internationalen Star Stephen Boyd sein, der hier als Graf Dracula im Prolog einen Gastauftritt in bester "Hammer"-Marnier absolviert. Walter Giller und Klaus Höhne sorgen als Sargträger-Duo für Slapstick-Momente. Die Besetzung glänzt bis in die Nebenrollen mit Genre-Gesichtern wie Christine Schuberth, Herbert Fux, Ulrich Beiger und Heinz Reincke. Angeführt wird die Besetzung allerdings durch die hübsche Schweizerin Evelyne Kraft und Brad "Captain Rowland" Harris.

Erstere ist damals 22 Jahre alt, spielt hier ihre erste Hauptrolle und war dabei für die Bravo "die große Entdeckung des letzten Jahres". Zuvor hatte sie kleine Filmrollen gespielt und als It-Girl in der Kommissar-Folge "Ein Playboy segnet das Zeitliche" bei Fernsehzuschauern zweifellos für hohen Puls gesorgt. Naheliegend wäre es daher, ihre Rolle in "Lady Dracula" als "Eye Candy" abzutun. Dabei würde man aber verkennen, dass sie hier nicht die bedrohte Schönheit gibt, sondern als Antiheldin den Film zu großen Teilen zu tragen hat. Trotzdem oder vielleicht gerade weil sie von Angelika Bender synchronisiert wird und ihr als durstige Vampirfrau naturgemäß keine feinen Nuancen, sondern wirkungsvolle, spaßige Szenen abverlangt werden, kann man ihr ganz unarrogant bescheinigen, dass sie das doch eigentlich ganz hervorragend macht. Gottlieb inszeniert sie in aufreizenden Nachthemden, verzichtet jedoch überraschenderweise auf voyeuristische Schüpfrigkeiten, die man in der Ära durchaus hätte erwarten können (sein vorheriger Film war "Auf der Alm, da gibt's koa Sünd"). Das Erstaunlichste an der Beteiligung von Action-Spezialist Brad Harris ist wiederum, dass ihm auch der Credit für die Drehbuch-Idee (als Bradford Harris) zukommt.

Wie gelang diesem bizarr-trivialen Konzept die Umsetzung? Ironischerweise kommt man dabei ganz automatisch auf ein Thema zu sprechen, das so gar nicht aufregend klingt: Steuern. Der Film wurde von Hans Pflüger produziert, der bereits mit Theo Maria Werner einige "Kommissar X"-Streifen mit Brad Harris hergestellt hatte. Pflüger finanzierte seine späteren Filme gerne als sogenannte Abschreibungsfilme, was auf ein Steuerurteil von 1970 zurückzuführen ist. Dieses Modell sollte die Filmindustrie beleben und deutschen Filmschaffenden in kriselnden Zeiten helfen. Investoren konnten ihre Einlagen in Filmproduktionen vollständig als Betriebsausgaben absetzen und so ihre Steuerlast senken. Da der wirtschaftliche Vorteil für die Geldgeber bereits in der Abschreibung lag, gerieten die Filme in der Folge allerdings nicht übermäßig ambitioniert. So machte sich der in der Branche nicht unumstrittene Pflüger nach einem Dutzend solcher Projekte daran, auch "Lady Dracula" auf den Weg zu bringen. Probleme gab es allerdings, einen Verleih zu finden, sodass der Film erst verspätet und in geringem Umfang in die Kinos kam und schnell in Vergessenheit geriet.

Und hier liegt die vielleicht größte Überraschung: Sah der Filmdienst zwar nur ein "Horrorfilmchen unter Niveau", so ist "Lady Dracula" doch keineswegs bloß eine Klamotte niederer Machart. Er sortiert sich klar vor den Schlager-, Verwechslungs- und Sexfilmkomödien seiner Zeit ein. Franz Josef Gottlieb lieferte einen temporeichen Spaß ohne große Längen ab. Natürlich ist der Film hemmungslos klamaukig – aber das war "Dracula – Tot aber glücklich", den Slapstick-Ikone Leslie Nielsen zwei Jahrzehnte später drehte, ebenso (der Filmdienst notierte dabei eine "zitatenreiche Genreparodie"). Mit Wallace-Veteran Kalinke an der Kamera waren wohlig-gruselige Bildmotive kein Problem. Die Ausstattung ist liebevoll gestaltet, was den kursierenden, abgenutzten Fernsehmitschnitten bislang kaum zu entnehmen war. Der Original-Soundtrack von Horst Jankowski ist ein absoluter Knaller, den man sich sofort auf eine Filmmusik-Platte wünscht.

Im Rahmen der 75. Internationalen Filmfestspiele von Berlin und ihrer Retrospektive mit dem allzu passenden Titel "Wild, schräg, blutig." feierte "Lady Dracula" am 18.02.2025 seine Wiederentdeckung. Schnell geriet der Film zum Gute-Laune-Tipp der Berlinale-Retrospektive. Zwei weitere Vorstellungen während des Festivals, einerseits bei der Deutschen Kinemathek, andererseits im CineStar am Alexanderplatz – neben "Captain America" im Nachbarsaal –, waren ausverkauft. Berliner Filmstudierende, internationale Festivalgänger und Genre-Filmfans hatten ihre Freude an dem Film. Der "Tagesspiegel" beförderte die filmische Ausgrabung immerhin zum "großartigen Edeltrash". Der Redakteur der "Berliner Morgenpost" will zwar Fremdscham verspürt haben, konnte sich dem Guilty Pleasure dann aber doch nicht entziehen: "Welche Hingabe in Ausstattung und Dekor. Und wer hat da alles mitgespielt!"

Eine brandneue Abtastung liegt nun also digital vor – es wäre jetzt der richtige Moment, den Film mit ebenso großer Hingabe in einer entsprechenden Home-Video-Edition herauszubringen. Man könnte die Umverpackung mit so etwas Schönem betexten wie "Der auf der Berlinale als Kultfilm gefeierte Klassiker". Es wäre weit weniger gelogen als vieles, was man schon auf Covern gelesen hat.

Gruß,
Daniel

Fabi88 Offline



Beiträge: 4.064

25.02.2025 12:29
#2 RE: Lady Dracula (1975-1978, Berlinale-Wiederaufführung) Zitat · Antworten

Danke für die vielversprechende Vorstellung des Films!
Der Film steht auch noch auf meiner Liste! Leider bin ich dieses Jahr nicht auf der Berlinale - die Genre-Retrospektive ist ja allgemein hochkarätig.
Thematisch wäre er ja sicherlich was für die "Edition Deutsche Vita".

MrTwelve Offline




Beiträge: 35

27.02.2025 10:50
#3 RE: Lady Dracula (1975-1978, Berlinale-Wiederaufführung) Zitat · Antworten

Das klingt ja toll, im Jahr 2025 nochmal ein Film von F. J. Gottlieb mit Eddi Arent und Theo Lingen auf der großen Leinwand

Habe den vor einigen Jahren mal auf YouTube gesehen. Die Horrerszenen waren ganz gut inszeniert. Auch Stellen wie die Verhör-Szene gaben die Möglichkeit, Arent und Lingen mal in anderen Rollen als in den üblichen in den Schlager-Klamauk-Filmen zu sehen.
Frei von Klamauk und Trash ist dieser Film natürlich aber auch nicht. Ich habe da z. B. eine Szene in Erinnerung, in der Barbara aka Lady Dracula als Rezeptionistin arbeitet und da ein kleiner Mann kommt, der sich als "Dr. Kannoft" vorstellt ("Dr. Kannoft. Und ich kann oft!"). Oder die Schlussszene mit dem rappelnden Sarg. Das hätte etwas ernsthafter inszeniert werden können. Na ja, was soll's.

Insgesamt aber doch ein unterhaltsamer Film mit vielen namenhaften Darstellern.

Gruß, Jonas

DanielL Offline




Beiträge: 4.182

27.02.2025 18:48
#4 RE: Lady Dracula (1975-1978, Berlinale-Wiederaufführung) Zitat · Antworten

Absolut richtig, da ist auf jeden Fall viel Klamauk dabei und auch die ein oder andere Szene, wo man sich an den Kopf fassen darf. Nur eben recht liebevoll das Ganze und was mich überrascht hat, ohne große Langeweile (mag auch an der besonderen Kino-Atmosphäre gelegen haben). Den Vergleich zu anderen Komödien jener Zeit finde ich fairer, als zu "echten" Krimis. Und wenn man sich da dann mal anguckt, mit welch platten Gags man in diesen ganzen Gunter-Philipp-Filmen (70er) gearbeitet hat, oder bei Carrell & Ilja Richter, später Gottschalk/Krüger, ... steht die "Lady Dracula" plötzlich gar nicht mehr so schlecht da, wenn man sich mit dem natürlich völlig absurden Grundplot abfinden kann.

Den Schlussgag hätte man sich in der Tat sparen können, dass hätte den Film m.M. besser gerahmt. Das war damals wohl so eine Marotte, die gelegentlich mal vorkam (siehe auch die berühmt berüchtige letzte Szene schon beim "indisches Tuch").

Dr. Kannoft wird übrigens von Fritz Hakl gespielt. Er hat in der tollen Derrick-Episode "Das Superding" eine wichtige Rolle. Daneben war er lange am Wiener Burgtheaters und spielte in der Blechtrommel. Da kann man sich als Ausgleich so etwas mal erlauben :D

Gruß,
Daniel

Count Villain Offline




Beiträge: 4.680

03.03.2025 19:03
#5 RE: Lady Dracula (1975-1978, Berlinale-Wiederaufführung) Zitat · Antworten

Also meins war der Film nicht. Aber vielleicht hat er im Kino noch eine andere Wirkung. Lingen und das Höhne/Giller-Duo sind zwar sehr unterhaltsam, Arent hat zwischendurch auch mal ganz anständige Szenen, aber im Großen und Ganzen war ich eher gelangweilt. Fast alle interessanten Handlungselemente laufen am Ende ins Leere, viele Gastauftritte wirken wie Füllstoff. Im Versuch weder den Grusel noch den Klamauk zu übertreiben, wird der Film für mich keinem der beiden Genres wirklich gerecht.

Dabei sind echt viele gute Ansätze dabei, die aus dem Film einen echten Treffer hätten machen können. Aber so bleibt es ein in der Rückbetrachtung zwar kultiger, aber doch irgendwie halbgarer Abschreibungsfilm.

MrTwelve Offline




Beiträge: 35

08.03.2025 17:56
#6 RE: Lady Dracula (1975-1978, Berlinale-Wiederaufführung) Zitat · Antworten

Zitat von DanielL im Beitrag #4
Den Vergleich zu anderen Komödien jener Zeit finde ich fairer, als zu "echten" Krimis. Und wenn man sich da dann mal anguckt, mit welch platten Gags man in diesen ganzen Gunter-Philipp-Filmen (70er) gearbeitet hat, oder bei Carrell & Ilja Richter, später Gottschalk/Krüger, ... steht die "Lady Dracula" plötzlich gar nicht mehr so schlecht da, wenn man sich mit dem natürlich völlig absurden Grundplot abfinden kann.


So ist es, von den Gags der ganzen Klamauk-Filme Anfang der 1970er ist dieser Film deutlich entfernt.

Zitat von DanielL im Beitrag #4
Den Schlussgag hätte man sich in der Tat sparen können, dass hätte den Film m.M. besser gerahmt.


Hätte man in der Tat... wobei ich finde, das dieser Schlussgag es dem Film ingesamt nicht groß schadet.

Zitat von DanielL im Beitrag #4
Dr. Kannoft wird übrigens von Fritz Hakl gespielt. Er hat in der tollen Derrick-Episode "Das Superding" eine wichtige Rolle. Daneben war er lange am Wiener Burgtheaters und spielte in der Blechtrommel.


In der "Blechtommel" war Hakl bestimmt einer der Clowns, oder?

Zitat von DanielL im Beitrag #1
Eine brandneue Abtastung liegt nun also digital vor – es wäre jetzt der richtige Moment, den Film mit ebenso großer Hingabe in einer entsprechenden Home-Video-Edition herauszubringen.


Sehr gute Idee 👍 den würde ich mir kaufen. Ebenso könnte "Der Geheimnisträger", auch von Gottlieb für den gleichen Produzenten aus dem selben Jahr, auch mal veröffentlicht werden!


Was mir zu diesem Film noch einfällt:

Das Kinoplakat von "Lady Dracula" wurde beim Hörspiel-Label EUROPA als Cover-Vorlage für das Hörspiel "Gräfin Dracula, Tochter des Bösen" wiederverwendet.

Jess Franco hat 1999 den Film "Vampire Sex – Lady Dracula 3" gedreht, der hat trotz des Titels aber keine Bezug zu "Lady Dracula" hier.

Gruß, Jonas

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