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Dieses Thema hat 106 Antworten
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Havi17 Offline




Beiträge: 3.831

20.09.2024 19:26
#76 RE: Licht und Schatten Mainstream TV Zitat · Antworten

Das System Hollywood hat nicht nur Hawks geschadet:
Dean Martin, Frank Sinatra und Sammy Davis Jr. waren prominente Mitglieder des sogenannten **Rat Packs**, einer Gruppe von Entertainern, die in den 1950er und 1960er Jahren für ihre glamourösen Auftritte und enge Freundschaften bekannt waren. Trotz ihres Ruhms und Talents waren sie bei einigen der großen Hollywood-Studios und konservativen Kreisen unbeliebt. Diese Unbeliebtheit und die als abwertend gemeinte Bezeichnung "Rat Pack" resultierten aus mehreren Faktoren: ### 1. **Unabhängigkeit und Kontrolle über ihre Karriere** Das Rat Pack, insbesondere **Frank Sinatra**, war dafür bekannt, dass sie sich von den großen Hollywood-Studios nicht kontrollieren ließen. Sinatra zum Beispiel setzte sich stark für die **kreative Unabhängigkeit** der Künstler ein, was oft zu Konflikten mit den Studios führte, die damals einen enormen Einfluss auf die Karrieren von Schauspielern und Sängern ausübten. Er war nicht bereit, sich den starren Verträgen und kreativen Einschränkungen zu beugen, die von den Studios diktiert wurden. Dean Martin und Sammy Davis Jr. waren ebenfalls sehr selbstbestimmt. Sie wählten ihre Projekte oft nach persönlichen Vorlieben, was sie von den Studios unabhängiger machte. Diese Haltung gefiel den Studio-Bossen nicht, die gewohnt waren, dass Stars „ihr System“ respektierten. ### 2. **Lebensstil und öffentliches Image** Das Rat Pack wurde mit einem **extravaganten Lebensstil** assoziiert, der viel **Partys, Alkohol und Frauen** beinhaltete. Die Mitglieder waren dafür bekannt, in Las Vegas und Hollywood rauschende Nächte zu verbringen, und diese öffentliche Wahrnehmung sorgte dafür, dass sie als rebellisch und „nicht ernstzunehmend“ angesehen wurden, insbesondere von den konservativeren Teilen der amerikanischen Gesellschaft. Auch die enge Verbindung zur **Mafia**, besonders bei Sinatra, schadete ihrem Ruf in bestimmten Kreisen. Obwohl nicht bewiesen, kursierten Gerüchte, dass Sinatra und andere Mitglieder des Rat Packs Verbindungen zur organisierten Kriminalität hatten, was sie in den Augen der Studios zu potenziellen Risiken machte. ### 3. **Politisches Engagement** Mitglieder des Rat Packs, insbesondere Sinatra, waren eng mit der **politischen Linken** und der Demokratischen Partei verbunden, was sie für einige konservative Studio-Bosse und Teile der amerikanischen Öffentlichkeit unbeliebt machte. Sinatra unterstützte offen **John F. Kennedy** bei den Präsidentschaftswahlen 1960, was zu Spannungen mit denjenigen führte, die dem konservativen Establishment in Hollywood und der amerikanischen Politik angehörten. Sammy Davis Jr. litt besonders unter seiner politischen Haltung. Als Afroamerikaner, der sich in den 1960er Jahren für Bürgerrechte und Integration einsetzte, wurde Davis von einigen als politisch unbequem angesehen. Seine **Mischehe** mit der weißen Schauspielerin May Britt sorgte in den konservativen Kreisen Hollywoods für Aufsehen und Ablehnung. ### 4. **Ironische und respektlose Attitüde** Das Rat Pack war für seinen **respektlosen Humor** und seine **ironische Haltung** gegenüber Autoritäten bekannt. Bei ihren Auftritten machten sie oft **spöttische Bemerkungen** über Hollywood, das Showgeschäft und die Studio-Bosse. Diese ironische und oft provokative Haltung war nicht im Einklang mit der eher formellen und kontrollierten Atmosphäre, die die Studios zu bewahren versuchten. Ihre lockere, respektlose Art machte sie zu einer Art Außenseiter in einem System, das Disziplin und Professionalität betonte. ### 5. **Der Name „Rat Pack“** Der Name "Rat Pack" selbst war ursprünglich als **abwertend** gemeint. Es wird behauptet, dass der Ausdruck von **Lauren Bacall** geprägt wurde, als sie sah, wie Sinatra und seine Freunde nach einer langen Partynacht müde und zerzaust wirkten. Der Begriff „Rat Pack“ bedeutet übersetzt „Rattenbande“ und war ursprünglich kein Kompliment. Später nahmen die Mitglieder den Namen jedoch selbstironisch an und verwandelten ihn in ein Markenzeichen für ihre Clique. Trotz dieser Aneignung blieb der Name in einigen konservativen und etablierten Kreisen negativ behaftet, da er den Lebensstil und die rebellische Attitüde der Gruppe symbolisierte, die nicht mit dem Image der „seriösen“ und kontrollierten Stars der Studios übereinstimmte. ### 6. **Sicht auf den Wandel der Popkultur** Das Rat Pack stand für eine **lockere, unkonventionelle Art von Showbusiness**, die mit dem traditionellen Hollywood-System in Konflikt stand. Während die Mitglieder extrem talentiert waren, repräsentierten sie einen **neuen, coolen und urbanen Lebensstil**, der für einige als Bedrohung für die bestehende Ordnung angesehen wurde. Ihre Shows und Filme, wie **"Ocean’s 11" (1960)**, waren voller Leichtigkeit, Improvisation und Humor, der manchmal als unprofessionell oder respektlos gegenüber der traditionellen Filmarbeit betrachtet wurde. ### Fazit: Das Rat Pack – insbesondere Dean Martin, Frank Sinatra und Sammy Davis Jr. – war bei einigen der großen Hollywood-Studios unbeliebt, weil sie für ihre **Unabhängigkeit**, ihren **Lebensstil** und ihre **respektlose Haltung gegenüber Autoritäten** bekannt waren. Sie wurden als Außenseiter betrachtet, die sich nicht dem damals dominierenden Studiomodell unterwarfen. Obwohl sie immense Popularität bei ihren Fans genossen, führte ihr Verhalten und ihr politisches Engagement zu Spannungen mit den Studios und konservativen Kreisen. Dies trug dazu bei, dass sie unter dem Namen „Rat Pack“ diffamiert und von Teilen der Filmindustrie kritisch beäugt wurden.

Gruss
Havi17

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Fabi88 Offline



Beiträge: 4.009

23.09.2024 10:44
#77 RE: Licht und Schatten Mainstream TV Zitat · Antworten

Zitat von Havi17 im Beitrag #75
Warner Bros. hatte einen **maßgeblichen Einfluss** auf die **finanziellen und kommerziellen Aspekte** der Filme, die Howard Hawks produzierte, aber die **kreative Kontrolle** blieb weitgehend bei Hawks. Diese Art von Zusammenarbeit war typisch für die Zeit, in der viele Regisseure wie Hawks sich die kreative Freiheit durch die Gründung eigener Produktionsfirmen sicherten, während die Studios als Partner für Finanzierung und Vertrieb auftraten.

Es bleibt aber festzuhalten, dass bei "Tote schlafen fest" gar keine andere Produktionsfirma als Warner Bros. auftauchte. Hawks erhielt nur einen der Credits - nicht als Produktionsfirma, sondern als Producer - und das gilt für nahezu alle Hawks-Filme. Er stand also beim jeweiligen Studio als Regisseur unter Vertrag und erst, als er einem breiten Publikum bekannt war, erhielt er oft zusätzliche Producer-Credits, die wie gesagt größere Anteile an Einspielergebnissen bedeuteten, aber wenig über kreative Freiheit aussagen, mehr über Verhandlungsgeschick und Erfolg.
Und gerade Howard Hawks ist vielleicht nicht das bestgeeignetste Beispiel für diese Diskussionen, denn er ist ja nicht als Arthouse-Filmer und Grenzensprenger bekannt, sondern dafür, in allen Genres handwerklich saubere, kluge und unterhaltsame Filme abzuliefern - und das ist explizit als Lob gemeint. Man könnte quasi sagen, er hat großen Anteil an der hohen Anerkennung, die die damaligen hoch budgetierten Studiofilme noch heute genießen. Ihn daher zu einem Gegner des Studiosystems erklären zu wollen, obwohl er einerseits dieses mitgeprägt, andererseits auch sehr davon profitiert hat, mutet daher seltsam an.
Man schaue sich auch noch einmal an, wer die Drehbücher zu den Hawks-Filmen beisteuerte. Es ist keinesfalls so, dass Hawks durch die USA lief und mit seinem Privatvermögen Schreibaufträge verteilte. Die Autoren standen bei den Studios unter Vertrag und Hawks suchte sich in vielen Fällen zwar die Drehbücher aus, hat aber in den seltensten Fällen daran mitgeschrieben. Es dürfte sogar viele Fälle geben, wo die Studios ein bestimmtes Drehbuch bei Hawks einfach am besten aufgehoben glaubten und ihn daher gezielt kontaktierten und unter Vertrag nahmen. Dass er aufgrund seiner Bekanntheit und Erfahrung dann mehr Freiheiten bekam, als Nachwuchsregisseure oder solide Handwerker, mag sein, ist aber kein Argument gegen das Studiosystem.
Es gibt auf der anderen Seite jede Menge Autorenfilmer, also Regisseure, die ihre Stoffe selbst aussuchen und schreiben. Dort mag eine eigene Produktionsfirma tatsächliche künstlerische Freiheit versprechen, allerdings kommen gerade dort auch die Probleme zum Tragen, die ich schon früher ansprach. Wer "neben" Regie und Drehbuch auch noch Planung, Koordination und Finanzierung stemmen will, muss entweder umso mehr delegieren (sprich Verantwortung im künstlerischen Bereichen abgeben) oder fährt mit einer externen Produktionsfirma besser. Anders herum verhält es sich ja ähnlich. Ein guter Produzent macht noch keinen guten Regisseur. Bernd Eichingers Regie-Arbeiten "Das Mädchen Rosemarie" und "Der grosse Bagarozy" sprechen da ja eine recht deutliche Sprache.
Deswegen erwähnte ich ja auch Klaus Lemke als einziges, mir bekanntes Beispiel eines "wirklich unabhängigen Filmemachers". Wenn man sich für diese Arbeitsweise entscheidet, kommt dabei jedoch kein "His Girl Friday" oder "Rio Bravo" heraus, sondern oft Handkamera und Laienschauspiel.
Die Filme von Howard Hawks sind eher Beispiele dafür, warum das Studiosystem bis heute in der Form existiert und funktioniert. Nur dort gibt es diese riesigen Budgets, nur dort kommen die besten Regisseure, Autoren, Kameraleute, Beleuchter, Maskenbildner, Szenenbildner, Requisiteure, Toningenieure, Cutter und letztlich auch Schauspieler zum Einsatz und am Ende unterhaltsame Filme, die dem Zuschauer Spektakel bieten heraus.
Man darf, ja muss, die Studios immer wieder für bestimmtes Verhalten und Entscheidungen kritisieren, aber in einer Welt, in der alle Regisseure ihre eigenen Produktionsfirmen haben (was ja auch gar nicht jeder anstrebt), wären heute sehr viele flach geleuchtete Zwei-Personen-Filme mit wenigen Locations unter den "großen Filmklassikern" und "Casablanca" und andere Filme nur Träume von Regisseuren geblieben. Ein Blick ins Ausland zeigt ja überall historisch ähnlich gewachsene Systeme: Sei es Mosfilm in der UDSSR, die anstatt Publikumsinteresse andere Erfolgsfaktoren bewerteten und Künstler entsprechend hofierten oder fallen ließen oder Nikkatsu in Japan, wo die Regisseure und Autoren oft viel Freiheit genossen - so lange genug Sex & Crime enthalten war um Tickets zu verkaufen. Seijun Suzuki konnte nach "Branded to kill" zehn Jahre keinen Film mehr drehen.
Zu guter Letzt sind wir hier übrigens in einem Forum, dass (zu Recht) eine Filmreihe feiert, die komplett auf einer deutschen Adaption des Studiosystems beruht.
"Der Frosch mit der Maske" war keine Harald Reinl-Idee, sondern Kopfgeburt der Constantin-Film und als Wendlandt bei der Rialto auf dem Chefsessel Platz nahm und die Reihe richtig an Fahrt aufnahm, spielte man das Studiosystem nach allen Regeln der Kunst durch: Zentrale Schauspieler exklusiv unter Vertrag, feste Stammautoren, eine handvoll Regisseure, die je nach Drehbuch ihren Stil einbringen durften und eine übergeordnete Topografie und Bildsprache.
Wer nicht lieferte (bspw. Helmuth Ashley stilistisch mit "Das Rätsel der roten Orchidee"), flog raus. Bei Wallace darf man sich nicht davon täuschen lassen, dass Vohrer irgendwann die Reihe quasi "exklusiv" übernahm und mit den herumhängenden Skeletten, Kameraschüssen durch die Zähne und Co scheinbar "künstlerische Freiheit" genoss. Wäre dieser Stil vom Publikum nicht entsprechend goutiert worden, wären solche Einstellungen schon im Schnitt herausgeflogen, bzw. Vohrer schnell wieder durch Reinl oder neue Regisseure ausgetauscht worden. Dass Vohrer irgendwann aufgrund des Erfolgs sicherlich auch inhaltlich (also schon beim Drehbuch) Einfluss nahm, ist wahrscheinlich. Dass man sich solche Freiheiten aber immer erarbeiten muss und sie bei Misserfolg auch schnell wieder weg sind, ist ebenso wahrscheinlich.

Nochmal ganz deutlich, weil vielerorts in den Köpfen noch ein falsches Bild von Regisseuren herrscht:
Man darf sie nicht vergleichen mit einem Maler, der mit ausreichend Leinwänden und Farben in seinem Atelier tun und lassen kann, was er will und sich ganz seinen Visionen hingibt.
Beim Spielfilm muss selbst ein Autorenfilmer, der also Buch und Regie selbst beisteuert irgendwann mindestens 20 Leute, eher 100 davon überzeugen Teil des Projekts zu werden. Und das geht im Kapitalismus am Besten mit Geld. Es dürfte kaum Bühnenbildner oder Gripper geben, die "einfach für ein gutes Drehbuch" 20-60 volle Arbeitstage "spenden", damit ein guter Film herauskommt.
Ein Großteil der Beteiligen an Filmen sieht dies (völlig zu Recht) als Broterwerb und Job, nicht als Ausübung von Kunst. Und auch viele Regisseure wollen gar keine Kunst machen, sondern das Publikum unterhalten oder die Filme machen, die sie selbst (vielleicht schon als Jugendliche) gern sehen wollen. Unterhaltungsfilme wurden schon immer von vielen Entscheidungsträgern als "Produkt" wahrgenommen und werden entsprechend auch so hergestellt.
Ein dicker Tipp übrigens, auch wenn es nun viel weiter führt, ist der Kanal "Slice of Life" bei YouTube --> https://www.youtube.com/@sliceoflifefilm
Zwei kroatische Filmemacher, die sich auch viel mit Miniaturenbau, Matte Paintings, Grafik Design und anderen Bereichen des Filmschaffens selbst beschäftigen, haben vor ein paar Jahren einen Kurzfilm im Stile von "Blade Runner" mit den damals (80er) üblichen Effekt-Methoden produziert und den Prozess mit vielen, vielen Making Of-Videos begleitet. Würden sie Aufgaben delegieren, wären sie produktiver und die Ergebnisse vielleicht noch besser, dafür bräuchte es aber externes Geld, womit dann quasi zwingend weniger "Freiheit" einherginge.
Mit der zunehmenden Professionalisierung kam es zu dem neuen Filmprojekt "Splashback", das ebenfalls wieder ein Kurzfilm ist. Erstmals wurden externe Filmemacher für diverse Aufgaben angestellt und bezahlt. Die Making of-Video-Reihe ist großartig und äußerst unterhaltsam und zeigt, wie aufwändig und in Teilen umständlich selbst eine Kurzfilmproduktion ist, wenn man nicht einfach nur ein paar Leute vor der Handkamera mit einer Axt in der Hand im Wald herum laufen lässt.
Würden die beiden einen Langfilm unter ihren Bedingungen anstreben, wären sie wahrscheinlich 10 Jahre damit beschäftigt.
Hier der Direktlink zur "Splashback"-Video-Reihe: https://www.youtube.com/watch?v=eIaoldKt..._BVw8dF&pp=iAQB

Havi17 Offline




Beiträge: 3.831

30.09.2024 13:03
#78 RE: Licht und Schatten Mainstream TV Zitat · Antworten

Hawks hatte einen Vertrag mit Warner, in dessen Rahmen er Filme für das Studio drehte. Hawks hatte erheblichen Einfluss auf den Film, insbesondere in Bezug auf das Drehbuch und die Inszenierung.
Seine Zusammenarbeit mit den Stars des Films, insbesondere mit **Humphrey Bogart** und **Lauren Bacall**, zeigt seine Handschrift. Obwohl Warner Bros. als Studio den Film offiziell produzierte, war Hawks maßgeblich für das kreative Ergebnis verantwortlich.
Später als er 1948 seine Produktion - die "Die Winchester Pictures Corporation, bezog er sein Kapital durch eine Kombination aus privater Finanzierung, Partnerschaften mit größeren Studios und Hawks' eigenen Ressourcen. Hawks selbst war zu diesem Zeitpunkt ein wohlhabender Mann, der durch seine lange Karriere in Hollywood beträchtlichen finanziellen Erfolg erzielt hatte. Er konnte daher einen Teil seines eigenen Geldes in seine Produktionsfirma investieren. Während die großen Hollywood Studios von Banken wie z.B. JPMorgan Chase, Goldman Sachs, Morgan Stanley abhängig waren.

Gruss
Havi17

Wenn die Macht der Liebe die Liebe zur Macht übersteigt, erst dann wird die Welt endlich wissen, was Frieden heißt (Jimi Hendrix)
Die Rüstungsindustrie ist eine der größten Gefährdungen der Menschheit. Albert Einstein
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Fabi88 Offline



Beiträge: 4.009

30.09.2024 13:52
#79 RE: Licht und Schatten Mainstream TV Zitat · Antworten

Zitat von Havi17 im Beitrag #78
Hawks hatte einen Vertrag mit Warner, in dessen Rahmen er Filme für das Studio drehte. Hawks hatte erheblichen Einfluss auf den Film, insbesondere in Bezug auf das Drehbuch und die Inszenierung.
Seine Zusammenarbeit mit den Stars des Films, insbesondere mit **Humphrey Bogart** und **Lauren Bacall**, zeigt seine Handschrift. Obwohl Warner Bros. als Studio den Film offiziell produzierte, war Hawks maßgeblich für das kreative Ergebnis verantwortlich.
Später als er 1948 seine Produktion - die "Die Winchester Pictures Corporation, bezog er sein Kapital durch eine Kombination aus privater Finanzierung, Partnerschaften mit größeren Studios und Hawks' eigenen Ressourcen. Hawks selbst war zu diesem Zeitpunkt ein wohlhabender Mann, der durch seine lange Karriere in Hollywood beträchtlichen finanziellen Erfolg erzielt hatte. Er konnte daher einen Teil seines eigenen Geldes in seine Produktionsfirma investieren. Während die großen Hollywood Studios von Banken wie z.B. JPMorgan Chase, Goldman Sachs, Morgan Stanley abhängig waren.


Du schilderst das ganz normale Berufsbild des Regisseurs, wenn Du so über Hawks sprichst. Wobei das Thema Drehbuch hier noch etwas strittig wäre. Wie gesagt existierten die Bücher oft, bevor Hawks für den Film engagiert wurde. Dass es in der Regel eine Regiefassung gibt, bzw. nach den ersten Table Readings und Proben häufig Änderungswünsche an die Autoren herangetragen werden und sich auch am Set noch spontan Dinge ändern, ist ganz normales Geschäft. Das gibt's sogar beim Tatort oder Vorabendserien, ist also kein spezielles Vorrecht eines Howard Hawks. Ändert also Alles Nichts daran, dass er NICHT Finanzier dieser Studiofilme war und auch nicht der Produzent.
Seine spätere eigene Produktionsfirma hat ganze zwei Kinofilme produziert - beide für das Major-Studio RKO und mit dem interessanten Zusatz "Presents". In einigen Datenbanken wird die Firma sogar als Tochterunternehmen der RKO geführt.
Und selbst, wenn diese Produktionen von ihm und der Firma selbst gestemmt wurden, hielt sich der Erfolg anscheinend in Grenzen, weil nach den beiden genannten Filmen mit der Produktionsfirma wieder Schluss war und Hawks erst nach drei Jahren Pause wieder auf dem Regiestuhl Platz nahm, für den Film "Land der Pharaonen" für die Produktionsfirma "Continental Company", deren einziger Kinofilm dies war. Sämtliche Auswertungen erfolgten durch Warner Bros.. Erst weitere vier Jahre später folgte dann sein Alterswerk "Rio Bravo" für die ebenfalls nie sonst wieder in Erscheinung getretene "Armada Productions" - der Film wurde ebenfalls ausschließlich durch Warner ausgewertet.
Jetzt müsste uns ein Hawks-Biograf erzählen, ob er irgendwann dazu überging quasi für jeden seiner Filme eine eigene Produktionsfirma aus dem Boden zu stampfen um Gelder abseits des auftraggebenden Majors einzubringen und entsprechend auch seinen Anteil am Gewinn zu vergrößern oder ob diese späteren Produktionsfirmen alle gemeinsam mit Dritten gegründet wurden und dann ganz einfach nie zweite Projekte finanziert bekamen.
Robert Aldrich hat übrigens in diesem Bezug einen ähnlichen Werdegang. Nach seinen ersten Erfolgen als Regisseur für diverse Independent- und Major-Studios gründete er eine eigene Produktionsfirma, die allerdings längst nicht seine größten Klassiker hervorbrachte. Außerdem lässt sich gut nachverfolgen, dass bei vielen dieser Filme im Endeffekt doch wieder die Major-Studios "den Hut aufhatten". Viele Projekte wurden gar nicht realisiert, weil sie sich nicht finanzieren ließen, bei anderen wurde Aldrich (trotz Regie- und Produzenten-Posten) nicht am finalen Schnitt beteiligt, bzw. dabei übergangen.
Er produzierte dann teilweise Filme in Europa, weil die Majors seine Projekte ablehnte, bzw. der Dreh in Europa teils günstiger war.
Seinen späteren Klassiker "Das dreckige Dutzend" wurde dann sogar gar nicht von ihm produziert, sondern von Seven Arts Productions, deren Filme meist von MGM dis­tri­bu­ie­rt und von denen sie kurze Zeit später komplett aufgekauft wurden.
Ich würde sehr dafür werben, sich von einem Wort wie "Produzent" nicht zu sehr blenden zu lassen. Letztendlich ist dies ein völlig anderer, wesentlich vielfältigerer und fluiderer Posten als der des Regisseurs oder Drehbuchautors - wo das Aufgabengebiet klar umrissen ist. Producer-Credits kann man (Stichwort Line-Producer) als reines Zeichen der Dankbarkeit erhalten oder weil man eine Kleinigkeit beigesteuert hat, der "Executive Producer" kann kreative Entscheidungen eingebracht haben, ein "Produzent" kann sich bei Co-Produktionen um die reine Organisation der Szenen im fremden Land kümmern, er kann (auch in Form von Equipmentbeistellungen und Ähnlichem) einen Teil es Budgets beigestellt haben und dafür bestimmte Rechte oder Anteile am Gewinn erhalten haben - er kann aber auch "Der Chef im Sessel" sein, der das Drehbuch beauftragt oder angekauft hat und Regisseur, Kameramann und die zentralen Schauspieler ausgewählt haben.
Ein Blick in die Distribution eines bestimmten Filmes lässt einen oft klarer sehen. Wenn es über Kino (in diversen Ländern) und VHS bis heute DVD, Streaming und Co immer der selbe Name ist, bzw. der von Nachfolgefirmen, dann weist dies deutlich auf eine reine Auftragsproduktion hin. Sprich, ein Major gibt einem Regisseur (mit eigener Produktionsfirma) Betrag XY (oft 100 Prozent des Budgets) in die Hand, erhält dafür den kompletten Film samt aller Auswertungsrechte (oft eben auch das Final Cut-Recht) und der Regisseur verdient sich dank zusätzlichem Producer-Credit ein wenig dazu, darf sich die Handlungskosten einstecken und falls er günstiger produzieren kann als kalkuliert, springt nochmal ein wenig mehr Gewinn dabei heraus. Zusätzlich kann er sich natürlich auf diese Weise "eigene Projekte" erlauben. Das klappt aber nur, wenn irgendein Major anbeißt, wenn seine Produktionskosten am Ende den vom Major gezahlten Betrag nicht überschreiten und wenn der Film dann an der Kasse nicht floppt. Ein Regisseur der im Laufe seiner Karriere das Standing bekommt, über eine eigene Firma für die großen Studios zu arbeiten, muss dann genauso "abliefern" wie zuvor. 1-2 Flops und er kann froh sein, wenn er zumindest auf dem Regiestuhl noch einmal für ein Studio arbeiten darf.

Und der letzte Absatz ergibt schon in sich gar keinen Sinn. Hawks soll komplett frei als Produzent gewesen sein wegen des dicken Bankkontos, aber die Majors sind von Banken abhängig? Mal davon abgesehen, dass es je nach Zinssatz Unfug wäre Filmprojekte quasi "bar zu bezahlen" und nicht über Kredite oder anderes Fremdkapital zu finanzieren, hatten die großen Majors erst Recht sehr viele Kohle auf der hohen Kante und konnten jederzeit ohne fremdes Geld einen Film produzieren.

P.S.: @Havi17: Was hat es eigentlich mit diesem obskuren "**" vor und nach Namen und Schlagwörtern auf sich?

Havi17 Offline




Beiträge: 3.831

30.09.2024 15:29
#80 RE: Licht und Schatten Mainstream TV Zitat · Antworten

Sorry das sollten "" sein. Das was ich hier zusammengefasst habe ist keine Meinung von mir, sondern Recherche und ich gehe damit konform

Gruss
Havi17

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Fabi88 Offline



Beiträge: 4.009

30.09.2024 16:33
#81 RE: Licht und Schatten Mainstream TV Zitat · Antworten

Eigentlich gibt es wenig zu diskutieren, weil es (wieder einmal) gar nicht um "Meinungen" geht und wir höchstwahrscheinlich inhaltlich gar nicht so weit auseinander liegen, Havi.
Ich schrieb ja bereits, Du hättest korrekt recherchiert, dass Howard Hawks Regie geführt hat, denn Alles, was Du ansprichst, ist Regiearbeit.
Dass Hawks dann auch ein paar Filme mit eigenen (oder mit Dritten gegründeten) Produktionsfirmen produziert hat, ist auch verbrieft, betrifft aber eben nicht alle seine Filme und Klassiker wie "Sein Mädchen für alle Fälle" oder "Tote schlafen fest" rein gar nicht. Und gerade bei einem Film wie "Tote schlafen fest" sieht man, wieviel Einfluss Warner hatte. Warner besaß die Rechte am Roman schon länger, Hawks hätte diesen Film also weder für Columbia, RKO oder MGM, geschweige denn mit einer eigenen Produktionsfirma machen können. Und Bogart stand zu jener Zeit bei Warner unter Vertrag, wurde nur beispielsweise für "Späte Sühne" an Columbia "ausgeliehen".
Hawks hatte wahrscheinlich nur die Wahl aus einem kleinen Pool von Warner-Schauspielern, bzw. Vorschlägen von Jack L. Warner persönlich für die Hauptrolle. Möglicherweise engagierte Warner sogar Hawks, Bogart und Bacall ganz bewusst "als Paket", weil "To Have and Have Not" gerade so gut funktioniert hatte und man direkt diese "Welle" weiter reiten wollte. Dass später Szenen nachgedreht wurden, in denen Bogart und Bacall enger miteinander agieren, geschah nachweislich auf Druck von Bacalls Agent und Warner. Wäre dies von Anfang an der Plan gewesen, hätte Hawks die Szenen wie gesagt ja von vornherein so planen und drehen können. Seine Vision war aber wohl ursprünglich eine andere und näher am Roman. Man (vor allem Warner) wollte eben mehr von dem Zusammenspiel sehen, wie es in "To Have and Have Not" vom Publikum so positiv aufgenommen wurde und opferte dafür Logik und Verständlichkeit des Films, was (eigentlich) kaum in Hawks Interesse gelegen haben dürfte. Es gibt ja sogar (später getroffene?) Aussagen von ihm, er hätte erst während des Drehs Raymond Chandler persönlich angerufen um wegen Passagen und Zusammenhängen, die er nicht verstand, nachzufragen. Das spricht sehr dagegen, er hätte sich diesen Stoff 1. ausgesucht und 2. massiv am Drehbuch mitgearbeitet.
Dass am Ende aber Hawks Handschrift deutlich ist und wohl auch nur er den Film so machen konnte, wie er nun ist, bestreite ich ja überhaupt nicht. Es wäre aber allein dann schon wieder ein anderer Film gewesen, wenn beispielsweise Harry J. Wild anstelle von Sidney Hickox als DOP engagiert worden wäre, weil Film eben Teamarbeit ist und weder der Produzent "Gott spielen", noch ein Regisseur als Universalgenie einen Film allein machen kann. Meine Ansicht ist ganz einfach, dass Warner mit Hawks den richtigen Regisseur für dieses Drehbuch auswählte, Hawks (in Zusammenarbeit mit dem Produzenten) den richtigen Cast und Stab zusammenstellte und viele richtige künstlerische Entscheidungen traf. Damit kommen wir ja wieder zu dem Fazit, dass Hawks nicht GEGEN das Studiosystem diese tollen Filmen geschaffen hat, sondern ausdrücklich MIT und DURCH das Studiosystem. Ohne Chandlers Roman als Grundlage, ohne die bei Warner unter Vertrag stehenden A-Schauspieler, ohne einen großartigen DOP wie Sidney Hickox (der im Übrigen Alles andere als Howard Hawks "Stammkameramann" war), ohne die Studiobauten, die bei einem großen Major möglich waren, wäre es ein völlig anderer Film geworden. Und das gilt für viele andere Hawks-Filme ebenso wie für die Filme Billy Wilders, Alfred Hitchcocks und anderer - so sehr sie auch eigene Handschriften und Profile gehabt haben.
Folglich "unterstelle" ich Dir keine falsche Meinung, sondern nur einen falschen Begriff von Regiearbeit und Produzententätigkeiten. Inszenierung, Schauspielführung und kreative Entscheidungen sind Regiearbeit und Nichts, was Howard Hawks "ausnahmsweise durfte", weil er irgendwann (später) auch mal als Produzent (mit) tätig war.
Man hat einen falschen Eindruck von Produzenten und großen Filmstudios, wenn man glaubt, dass sie permanent am Set stehen und dem Regisseur sagen, mit welcher Betonung Schauspieler XY einen Satz sagen muss. Sehr wohl aber haben sie allein durch die Entscheidungsgewalt, welcher Stoff überhaupt umgesetzt wird und wer Platz auf dem Regiestuhl nehmen darf, große Einflussmöglichkeit. Sie reden außerdem ein gewichtiges Wort beim Stab (vor allem Kameramann, Kostüm und Co) sowie Besetzung mit (wie oft wurden Regisseure überstimmt, weil man unbedingt Schauspieler XY "nach vorn" bringen wollte?) und können eingreifen, wenn die Tonalität eines Films in die "falsche Richtung" geht. Auch ein Howard Hawks wurde sicher einige Male ins Büro zitiert, wenn der Produzent die Stimmung oder bestimmte Darstellungen in den Dailys nicht mochte oder fürchtete, ein Film gehe in die falsche Richtung.
Alfred Hitchcock war kein Filmproduzent (außer später in gewissem Maße bei den von ihm präsentierten TV-Shows als Executive Producer) und hatte trotzdem (ab einem gewissen Zeitpunkt) extrem viele Freiheiten, obwohl er für große Studios arbeitete.
Folglich ist das Standing eines Regisseurs und der Erfolg vorhergehender Projekte wesentlich entscheidender für das Maß an "künstlerischer Freiheit" als irgendwelche Producer-Credits. Letzteres folgt (wenn auch nicht zwangsläufig) aus Ersterem.

Havi17 Offline




Beiträge: 3.831

01.10.2024 14:26
#82 RE: Licht und Schatten Mainstream TV Zitat · Antworten

Ja ich denke wir sind nicht so weit auseienander, es gibt bei diesem Thema keine klare Grenze

Das findet sich auch hier:
Howard Hawks wird oft nicht im selben Maße wie John Huston als „Rebell“ Hollywoods bezeichnet, obwohl er in vielerlei Hinsicht unabhängig agierte und sich gegen die traditionellen Beschränkungen des Studiosystems stellte. Während Huston bekanntermaßen ein regelrechter Außenseiter war, der sich offen gegen das Hollywood-Establishment auflehnte, war Hawks subtiler in seinem Vorgehen, dennoch teilte er einige ähnliche Züge. Im Gegensatz zu Huston arbeitete Hawks oft innerhalb des Studiosystems und hielt sich gut mit den Studiobossen. Er wählte selten offene Konfrontationen. Stattdessen setzte er auf subtile Verhandlungen und bewies seine künstlerische Vielseitigkeit, indem er in verschiedenen Genres – Western, Komödien, Film-Noir – erfolgreich war. Diese Anpassungsfähigkeit
machte ihn zu einem pragmatischen, wenn auch unabhängigen, Filmemacher.

Hawks kann nicht in demselben Sinne wie John Huston als „Rebell“ Hollywoods bezeichnet werden, da er eher als geschickter Verhandler und vielseitiger Filmemacher galt, der innerhalb des Studiosystems agierte, ohne es frontal herauszufordern. Huston hingegen war ein offener Kritiker und Außenseiter, der das Studiosystem und Hollywoods starre Strukturen aktiv bekämpfte. Hawks kann man eher als einen „pragmatischen Unabhängigen“ oder einen „subtilen Nonkonformisten“ sehen. Er war weniger daran interessiert, das System zu stürzen, und mehr daran, innerhalb dessen so viel Freiheit wie möglich zu erlangen und seine Visionen umzusetzen.

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Havi17

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Havi17 Offline




Beiträge: 3.831

01.10.2024 14:34
#83 RE: Licht und Schatten Mainstream TV Zitat · Antworten

Mal ein anderes Thema. Ich zeiche seit 1980 Filme im TV auf, die mir gefallen. In der letzten Zeit geht die Menge an "sehr guten" und "guten" Filmen gegen Null.
Ständig ließt man inzwischen vom beenden von guten Reihen. Immer mehr "preiswerte" weil unbekannte Schauspieler agieren mal kurz und sind dann wieder verschwunden.
Ich beobachte das Programmangebot wiegesagt seit Anfang 1980. Auf der anderen Seite haben wir hier Zwangsgebühren und jährliche Einnahmen von sage und schreibe
9 Milliarden, also 9000 Millionen Euro. Das passt ganz und garnicht mit dem normalen Programmangebot zusammen. In den letzten vier Monaten war nur noch eine sehr gute
Neuproduktion dabei, die Reihe wird eingestellt. Man sollte sich mal ernsthaft Gedanken machen, wo die ganzen Gelder hingehen und darüber, ob das überhaupt noch
gerechtfertigt ist, das mit unseren Gebühren zu tun.

Gruss
Havi17

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Fabi88 Offline



Beiträge: 4.009

02.10.2024 13:54
#84 RE: Licht und Schatten Mainstream TV Zitat · Antworten

Das ist definitiv so, hat auch leider sehr viele Ursachen und wird absehbar nicht wieder besser.
Ein Punkt ist sicherlich, dass die Sender (wie man hört auch auf Druck des KEF) irgendwann nahezu sämtliche Produktionen ausgelagert haben. Dies sollte eigentlich Produktionskosten senken (weil man beispielsweise nicht mehr alle Beteiligten mit Festvertrag durchbeschäftigt, auch wenn die Zahl der Projekte zwischenzeitlich mal sinkt), hat aber beispielsweise bei den Show-Formaten natürlich zum Gegenteil geführt, weil "Promi-Moderatoren" mehr Macht bekamen und ihre Formate mit eigener Firma produzieren und an den Mann bringen können. Formate wie "Hart aber fair" liegen ja gar nicht mehr beim Sender, sondern haben Redaktionen und Co außerhalb der Senderstruktur in freien Produktionsfirmen. Zwar nicht öffentlich-rechtlich, aber ganz extrem gesehen hat man es ja bei Pro7, Brainpool und Raab, wo man zwischenzeitlich das Gefühl hatte, Brainpool hätte den gesamten Sender "gekapert" und in der Hand.
Bei fiktionalen Produktionen ist es in anderer Weise gravierend, weil einerseits die Sender noch immer entscheiden, welche Filme überhaupt produziert werden und oft über die Redaktionen die Stoffe überwachen, die eigentliche Produktion dann jedoch komplett ausgelagert ist. Da die wenigsten (deutschen) Produktionsfirmen über die Rücklagen und Kapazitäten verfügen, die allein schon für Stoffentwicklung benötigt werden, wird praktisch nur im Auftrag gearbeitet oder Stoffe noch bevor sie den ÖRR angeboten werden verwässert und verseichtet. Zu "Experimentelles" wird daher nicht einmal geschrieben oder entwickelt, weil eine Ablehnung durch die Öffentlich-Rechtlichen zwangsläufig zu "verbranntem" Geld führt. Privatsender produzieren ja längst keine Spielfilme mehr, Netflix und Co fangen das kaum auf und die Schwelle für Kinofilme, bzw. deren Einspielmöglichkeiten muss man nicht erneut durchdiskutieren.
Das Grundproblem liegt (wie beim Kino) bei der fehlenden Wertschätzung für Autoren. Das Drehbuch für einen Spielfilm zu schreiben, bzw. zur Umsetzungsreife zu entwickeln dauert teilweise Jahre. Wenn dann selbst für Kinofilme nur 25.000 Euro Honorar fließen, lohnt sich das für keinen Autoren (wir sprechen hier teilweise von Unterschreitung des Mindestlohns, sofern das Buch überhaupt bezahlt wird). Wenn das Honorar nicht dem Arbeitsaufwand und Wert der Arbeit angeglichen wird, ist die Folge natürlich, dass der Arbeitsaufwand den Honoraren angepasst wird. Viele Autoren verlegen sich dann auf Schablonen, bewährte Stoffe und Klischees, weil es sich schneller schreiben lässt und eine Umsetzung wahrscheinlicher ist.
Der Hessische Rundfunk hatte lange Zeit zumindest die Fernsehspiele noch "Inhouse" und ich hatte den Eindruck, dass dort mutigere, bessere Filme entstanden. Die selben Leute bekamen auch nach kritisierten Filmen dann weitere Chancen, bzw. probierten einfach etwas anderes, weil sie fest unter Vertrag standen und nicht nach jedem Film Angst haben mussten keinen weiteren Auftrag zu bekommen.
Die 9 Milliarden muss man letztlich auch in Relation sehen. Das wenigste davon landet tatsächlich im Programm. Viel wird von Pensionen und der Verwaltung verschlungen und zumindest Ersterem ist man damit begegnet, dass es bei den öffentlich-rechtlichen Sendern so gut wie keine Festangestellten mehr gibt und man so die Sozialausgaben senkt und sich weniger Gedanken um Renten und Pensionen machen muss.
Setzt man bei dem Beitrag den Rotstift an, wird zwangsläufig (noch mehr) beim Programm gekürzt. Dass man mit ~18 Euro 20 TV-Kanäle, über 70 Radiosender und zahlreiche Social Media-Angebote finanziert, lässt das Ganze schon nicht mehr ganz so schwarz-weiß dastehen. Wenn man so will, finanziert man "Musikantenstadl" oder den nächsten "Tatort" mit ein paar Cent mit, wenn es hochkommt.
Die anrollende Reform (Kurzform: 3Sat wird eingestellt, mindestens 1/3 aller Radiosender wird abgeschaltet, Kinder- und Jugendprogramme auf 1-2 zusammengeführt,...) wird der Qualität und Vielschichtigkeit nicht zuträglich sein, soviel ist sicher. Es wird zwangsläufig dann noch weniger Spielfilmproduktionen geben und wohl noch mehr Rückzug auf Bewährtes. Mir macht vor allem Sorge, dass aus Spargründen Redaktionen zusammengeführt werden, womit es im Grunde zukünftig nur noch einen Blick auf ein Thema geben wird. Anstatt das mehrere Autoren im Auftrag unterschiedlicher Redaktionen (mit unterschiedlichem Blick) ein Thema für ihren jeweiligen Beitrag für TV, Radio oder Internet beleuchten, wird man auf allen Kanälen bald die selben Stimmen zum selben Thema erleben.

Havi17 Offline




Beiträge: 3.831

02.10.2024 15:06
#85 RE: Licht und Schatten Mainstream TV Zitat · Antworten

Ja absolut und leider. Das einzig Positive ist, dass sich meine DVD Sammlung asymphtotisch einem Endwert nähert.

Gruss
Havi17

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Fabi88 Offline



Beiträge: 4.009

04.10.2024 11:27
#86 RE: Licht und Schatten Mainstream TV Zitat · Antworten

Meinem Privatleben kommt die Entwicklung zumindest beim Spielfilmen im Prinzip sehr entgegen. Dank Sohnemann, Arbeit und glücklicherweise vielen Hobbys ist die Zeit, die mir theoretisch zum Schauen von Filmen oder Serien zur Verfügung steht so gering geworden, dass die Anzahl guter neuer Produktionen noch immer höher ist als die Zahl der Filme, die ich schauen könnte und ich so zwangsläufig viel verpasse. Es werden nun möglicherweise einfach weniger Sachen sein, wo man sagen könnte, dass es wirklich schade darum ist.
Es gibt ja auch noch die Interpretations-Möglichkeit, dass die eigenen Ansprüche einfach gestiegen sind. Ich ertappe mich durchaus dabei, dass ich Fernsehspiele, die ich in der Erinnerung als "beinahe Kino-tauglich" abgespeichert hatte, bei der erneuten Sichtung eher ein Gefühl von "naja, für das Budget und als reiner TV-Film einigermaßen schaubar" in mir erzeugen.
Früher waren eben all die großen Filmklassiker nicht jederzeit in FullHD oder gar 4K greifbar und man war dankbar für solide TV-Produktionen. Wenn man abends "einfach einen Film schauen" wollte, hatte man die Auswahl zwischen den bereits 10x geschauten Filmen im heimischen Regal, einer Fahrt zur nahegelegenen Videothek oder eben dem tagesaktuellen Fernsehspiel.
Heute muss ein TV-Film sich eben die Aufmerksamkeit des Zuschauers gegenüber all den Streaming-Angeboten und einem (zumindest bei mir) prall gefüllten Filmregal erkämpfen und zieht dann trotz durchaus vorhandener Qualität oft den Kürzeren. Ich will damit sagen: Die Anzahl der außerhalb des linearen Fernsehens schaubaren guten bis grandiosen Filme ist so dermaßen gestiegen, dass Fernsehfilme selbst bei gleichbleibender Qualität objektiv plötzlich "kleiner" und "schwächer" wirken. Noch vor ein paar Jahren waren viele wunderbar fotografierte Kinofilme auch nur in schlechter Bildqualität auf DVD schaubar. Ein frisch in HD produzierter Fernsehfilm hatte da teils "mehr Schauwerte" zu bieten. Ein solide geleuchteter und ansprechend fotografierter "On Location" gedrehter 20-Drehtage-Fernsehfilm hat nun aber beispielsweise selbst gegen 4K-Restaurationen von mittelmäßigen Kino-Spielfilmen kaum eine Chance zu glänzen.
Und wenn man, wie ich, Interesse an Filmgeschichte und "alten Filmen" hat, bleibt die Liste der Filme, die man noch sehen will ohnehin lang genug. Dass auch Japan, die Tschechoslowakei und viele Länder mehr eine reichhaltige Filmgeschichte zu bieten haben, macht es nicht eben leichter.

Havi17 Offline




Beiträge: 3.831

07.10.2024 19:33
#87 RE: Licht und Schatten Mainstream TV Zitat · Antworten

Zitat von Fabi88 im Beitrag #84

Das Grundproblem liegt (wie beim Kino) bei der fehlenden Wertschätzung für Autoren. Das Drehbuch für einen Spielfilm zu schreiben, bzw. zur Umsetzungsreife zu entwickeln dauert teilweise Jahre.
Es gibt ja auch noch die Interpretations-Möglichkeit, dass die eigenen Ansprüche einfach gestiegen sind. Ich ertappe mich durchaus dabei, dass ich Fernsehspiele, die ich in der Erinnerung als "beinahe Kino-tauglich" abgespeichert hatte, bei der erneuten Sichtung eher ein Gefühl von "naja, für das Budget und als reiner TV-Film einigermaßen schaubar" in mir erzeugen.
Volle Zustimmung und schön, dass Du das mit den Drehbüchern erwähnst, wird auch demnächst Thema meiner Tatort-Auswertung. Auch das Thema Sichtung trifft bei mir so zu, allerdings sehe ich das in Relation zu meinem Lebensalter und transformiere mich bei Sichtung mal in meine früheren Jahre zurück, bzw. gedeihe es meinen Kurzen an. Soll heißen, dass ich mir "Na-Ja-Filme" bewusst anders anschaue und diese durchaus noch gut finde. Auf der anderen Seite gewinnen so manche Filme bei erneutem Anschauen (durchaus auch mehrmals) mehr an Bedeutung, als bei der Erst- oder Zweitsichtung und den gehen den Weg zu einer BlueRay frei, die ich selbst erstelle nebst Starporträts oder Porträtes des Regisseurs. Das ist manchmal nicht so einfach, da solche auch nur in Landessprache, z.B. Französisch existieren. Das ist schon etwas Arbeit ein Transcript zu erstellen, oder zu lassen und dies für Untertitel zu übersetzen. Was macht man nicht alles für seine besonderen Lieblinge.

Gruss
Havi17

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Havi17 Offline




Beiträge: 3.831

06.12.2024 11:26
#88 RE: Licht und Schatten Mainstream TV Zitat · Antworten

Eine Katastrophe für die Filmwirtschaft bahnt sich an
https://www.ndr.de/kultur/Doris-Doerrie-...eldung6108.html

Naja, wir haben ja Netflix und Co. :-)

Gruss
Havi17

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Fabi88 Offline



Beiträge: 4.009

06.12.2024 11:56
#89 RE: Licht und Schatten Mainstream TV Zitat · Antworten

Zitat von Havi17 im Beitrag #88
Eine Katastrophe für die Filmwirtschaft bahnt sich an
https://www.ndr.de/kultur/Doris-Doerrie-...eldung6108.html

Naja, wir haben ja Netflix und Co. :-)

Bitte richtig lesen: Das Problem sind nicht die Streaming-Anbieter, sondern dass diese in Frankreich, Spanien und anderswo Investitionsverpflichtungen haben, in Deutschland jedoch nicht oder in geringerem Maße.
Für die Filmwirtschaft ist es völlig irrelevant ob man direkt für das Kino, für TV-Ausstrahlungen im Öffentlich-rechtlichen Fernsehen oder für Streaming-Anbieter produziert.
Da die ÖRR zunehmend weniger produzieren werden (die Reformen lassen grüßen) und deutsche Kino-Produktionen (völlig unabhängig von der Qualität der Filme) kaum noch erfolgreich sind, sollte man aus wirtschaftlicher Sicht froh sein, dass zumindest Netflix und Co noch etwas produzieren.
Traurig ist natürlich, dass das Filmförderungsgesetz nun eines der vielen Gesetze ist, die von der CDU/CSU einfach aus Prinzip - aus Wahlkampf-taktischen Gründen - blockiert werden.
Die einzige Chance ist, dass die Union sich nun nach der Vertrauensfrage doch noch zu einer Zustimmung durchringen kann. Mit einem starken Wahlergebnis der AFD und einer wahrscheinlich sehr wirtschaftsliberal eingestellten Regierung sehe ich wenig Chancen für ein gutes, neues Filmförderungsgesetz und wenn "der Markt regelt", laufen nur noch Filme wie "Chantal im Märchenland" im Kino, der "Tatort" im TV und ein paar Serien bei Netflix.

Havi17 Offline




Beiträge: 3.831

06.12.2024 12:44
#90 RE: Licht und Schatten Mainstream TV Zitat · Antworten

Ja in der tat und ein paar Serien auf Netflix...

Die Filmförderung war "früher schon am wackeln", neue Wege ?!?!
Das CETA -Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada ist am 20. Januar in Kraft getreten.
https://www.bak.admin.ch/bak/de/home/akt...mit-kanada.html
https://www.bpb.de/themen/wirtschaft/fre...falt-in-europa/
https://www.bundestag.de/webarchiv/press...5/374682-374682

Gruss
Havi17

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