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Dieses Thema hat 1 Antworten
und wurde 183 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker national
Giacco Offline



Beiträge: 2.448

05.04.2022 11:30
Bis dass das Geld euch scheidet (1960) Zitat · Antworten

BIS DASS DAS GELD EUCH SCHEIDET
BRD (1960) - R: Alfred Vohrer - DE: 27.9.1960 - FSK 18 - V: Constantin
Prod.: Alfa (Artur Brauner) - Drehb.: Heinz Oska Wuttig (nach einem Illustriertenroman)
Darsteller: Gert Fröbe, Luise Ullrich, Christiane Nielsen, Wolfgang Lukschy, Corny Collins, Leon Askin, Herbert Tiede, Friedrich Schoenfelder, Peter Parak, Manfred Kunst



Jupp Grapsch hatte nach dem Krieg mit nichts angefangen und es mit Fleiß und der tatkräftigen Hilfe seiner Frau Elisabeth zu Erfolg, Ansehen und Reichtum gebracht. Seit 20 Jahren sind beide nun verheiratet und leben mit der fast erwachsenen Tochter und dem kleineren Sohn in einer Luxusvilla am Stadtrand. Doch Jupp hat sich mittlerweile eine jüngere Geliebte zugelegt und möchte sich von seiner Frau trennen. Elisabeth weigert sich jedoch, in die Scheidung einzuwilligen, obwohl er ihr eine großzügige Abfindung in Aussicht stellt. Deshalb engagiert Jupp den professionellen Frauenverführer Manfred Grothe, der ihm gegen ein entsprechendes Honorar einen Scheidungsgrund liefern soll.

Dieses zeitkritische Gesellschaftsdrama war Alfred Vohrers letzter Film vor seinem Wechsel zu Rialto, wo er dann anschließend mit seiner ersten Wallace-Inszenierung beauftragt wurde.
"Bis dass das Geld euch scheidet" basiert auf einem Roman in der Illustrierten "Quick". Am 11. Juni 1960 fiel in Berlin-Spandau die erste Klappe. Vohrer hatte zuvor schon ein paar zeittypische Problemfilme gedreht und vermeidet auch hier größere Sentimentalitäten. Ungewöhnlich für die damalige Zeit ist ferner, dass weder der Ehebrecher noch seine Geliebte nur negativ dargestellt werden, sondern Gelegenheit erhalten, auch andere Facetten ihrer Persönlichkeit zu zeigen. Dass der Zuschauer am Ende ohne Happy-end nach Hause geschickt wird, war seinerzeit auch eher die Ausnahme. Die schauspielerischen Leistungen der namhaften Darsteller sind allesamt beachtlich, doch es ist vor allem Gert Fröbe, der den gesamten Film mit seiner immensen Ausstrahlung und Schauspielkunst an sich reisst.

"Gert Fröbe spielt seine unsympathische Rolle ungeniert aus, während die Parademutter des deutschen Films, Luise Ullrich, seine leidgeprüfte Frau bis auf zwei große Ausbrüche dezent und verhalten spielt. Corny Collins ist die hübsche Tochter, die sich einen jungen Grafen angelt und Wolfgang Lukschy der schmierige Scheidungsgrund auf Bestellung. Christiane Nielsen bekommt als Geliebte von der Regie am laufenden Filmmeter Gelegenheit, bis ins Detail zu demonstrieren, wie gut sie gewachsen ist. Das in seiner Anlage durchaus reale Thema unserer Zeit wird vor allem das weibliche Publikum interessieren. Da der satirische Titel schon den unbequemen Film verrät, dürfte er nur bestimmte Besucherschichten anlocken."(film-Echo)

Film-Echo-Note: 3,7 (58 Meldungen) / Erstnote: 3,3

Jan Offline




Beiträge: 1.753

05.04.2022 13:11
#2 RE: Bis dass das Geld euch scheidet (1960) Zitat · Antworten

Tatsächlich handelt es sich um einen grundlegend wirklich ordentlich gemachten Film, der durch die Präsenz Gert Fröbes einen starken Konterpunkt brauchte und diesen in der tatkräftige Luise Ullrich auch fand, die am Ende ein Stück weit weniger neben ihrem Filmgatten untergeht als eine Reihe ihrer Vorgängerinnen. Nur so funktioniert der Film am Ende. Wie auch in "Unser Haus in Kamerun", dessen Sujet nicht vollauf vergleichbar ist, den ich im direkten Vergleich aber für noch geglückter halte, wird auch in "Bis daß das Geld euch scheidet" eine zunächst überaus simpel erscheinende Geschichte in für die Zeit recht untypischer Darreichung geschildert. Beide Filme basieren auf einem vergleichsweise alltäglichen Plot, variieren diesen aber ohne tränenreiche Rührseligkeit und unter weitgehender Aussparung allzu einschlägiger Klischees. Sicher, die dralle Christiane Nielsen ist einschlägig besetzt und hält tatsächlich reichlich häufig ihre üppige Auslage zunächst in Kurt Hasses, dann in Karl Löbs Visier. Ebenso konsequent das männliche Pendant in "Unser Haus in Kamerun" - Horst Frank war nicht geschaffen für allzu weitreichende Zurückhaltung in der Darbietung des ichbezogenen Bonvivant.

Besonders eigen ist beiden Produktionen ganz offenkundig Alfred Vohrers Lust an der Verkehrung der Erwartungen. Luise Ullrich avanciert mit zunehmender Laufdauer des Films von der Gejagten zur Jägerin. Mit zunehmender Abstumpfung in der Mittel der Wahl ihres Gatten findet sich in ihr kaum mehr eine Spur von der ursprünglich gutbürgerlichen Hausfraulichkeit. Fröbe, anfangs der große Polterer von ungehobelter Hemdsärmeligkeit, scheinen trotz seines chargierenden juristischen Beistandes Leon Askin Zweifel zu kommen ob des eigenen Tuns. Wie es ausgeht - wir wissen es nicht, der Film gestattet sich sehr zu aller Überraschung einen recht offen gehaltenen Ausgang und bleibt in vager Andeutung. Diesen Mut brachte man in "Unser Haus in Kamerun" nicht auf - sehr zum Missfallen des Regisseurs. Zwar hatte man Kurt Heusers Drehbuch mächtig verändert, das Happy-End wurde aber schlussendlich dann doch (wieder) hineingepfriemelt. Vergleichbar zu "Bis daß das Geld euch scheidet" spielt auch "Unser Haus in Kamerun" mit unerwarteten Charakterzügen. Die tragende weibliche Hauptrolle (taff: Johanna von Koczian) hat ein uneheliches Kind, wirkt weitgehend abgezockt und berechnend, unterhält aus rein egoistischen Gründen eine Affäre. Dann der Deutsche Plantagenbesitzer, deftig dargestellt durch Hans Söhnker: Ein Chaot vor dem Herrn, keine Spur deutscher Ordnung und Gründlichkeit, sein Büro gleicht einer großen Müllhalde. Demgegenüber der afrikanische Hausangestellte (der leider wenige Jahre darauf bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommene US-amerikanische Opern-Sänger Kenneth Spencer): Von geradewegs preußischer Korrektheit, sorgt dafür, dass stets "Alte Kameraden" auf dem Plattenspieler liegen. Unzähliges mehr wäre zu berichten.

Beiden Filmen ist gemein, wie sehr die ausgetrampelten Pfade nun endlich verlassen werden sollten. Beide Filme dürften vergleichsweise durchschnittliche Geschäfte gewesen sein. Die Zuschauer goutierten diese Form der Modernisierung noch nicht so wirklich, maßgeblicher Anreiz zum Lösen der Kinokarte dürfte hier wie da der durchaus ansehnliche Cast gewesen sein. Leider sind beide Filme insofern heute ganz zu Unrecht etwas in Vergessenheit geraten. Wer an Vohrer denkt, denkt an Wallace, an May, vielleicht noch an Simmel, ganz bestimmt an Derrick und Der Alte. Aber leider nicht an diese beiden - im Rahmen der gesetzten Möglichkeiten - durchaus ambitionierten Produktionen. Beide hätten aus meiner Sicht mehr Aufmerksamkeit verdient.

Gruß
Jan

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