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Dieses Thema hat 12 Antworten
und wurde 471 mal aufgerufen
 Off-Topic
Georg Online




Beiträge: 3.263

27.01.2022 13:00
Karl Spiehs gestorben Zitat · Antworten

Damit ist wohl der letzte große deutschsprachige Filmproduzent von uns gegangen: Karl Spiehs ist im Alter von 90 Jahren gestorben.
Von der Kritik oft belächelt, hatte er stets die richtige Nase für den Publikumsgeschmack.
https://kaernten.orf.at/stories/3140477/

Sehr lesenswert ist ubrigens die Biographie DIE SUPERNASE mit vielen interessanten Hintergrundinfos.

Havi17 Offline




Beiträge: 3.763

27.01.2022 15:36
#2 RE: Karl Spiehs gestorben Zitat · Antworten

Danke Georg, Gespür für das was die Menschen sehen wollte das hatte er. "Lisa-Film" ist mir deutlich in Erinnerung!

Gruss
Havi17

DanielL Offline




Beiträge: 4.155

27.01.2022 17:01
#3 RE: Karl Spiehs gestorben Zitat · Antworten

Traurig, vermutlich war er der letzte aus der "Filmball"-Produzentenclique der 60er-Jahre. Er produzierte mit seinen Firmen Wiener Stadthalle, Intercontinental und Lisa in allen Genres "schnelle Ware". Ob Krimi, Klamotte, Western, Erotik und Horrorfilm - "Karli" schwamm auf jeder Welle mit und mit den "Supernasen"-Filmen mit Gottschalk und Krüger gelang ihm schließlich noch ein Erfolg mit etwas mehr eigenständigem Charakter, auch wenn das letztlich auch Variationen der Klamotten-Filme waren, die er zuvor u.a. mit Carrell und Ilja Richter machte. Außerdem kam durch den Start von RTL noch mal ein aus heutiger Sicht doch recht überraschendes Roy-Black- und Qausi-Heimatfilm-Comeback mit der Serie "Ein Schloß am Wörthersee". Im Repertoire sind auf jeden Fall noch einige Kleinode, die bisher noch keine Blu-ray und oftmals auch keine oder nur billige DVD-Veröffentlichungen bekommen haben. Ich hoffe Subkultur Entertainment legt da bei der Lisa-Film-Reihe noch nach. Die hatten ja sehr verheißungsvoll begonnen...

Gruß,
Daniel

Havi17 Offline




Beiträge: 3.763

28.01.2022 00:10
#4 RE: Karl Spiehs gestorben Zitat · Antworten

Ich lese da ... Klamotten-Filme ... Qausi-Heimatfilm-Comeback ... billige DVD-Veröffentlichungen ....
Ohne nahetreten zu wollen sind das Bewertungen mit dem Pfeil nach unten. Mag sein, daß man das
auch im Netz so vorfindet. Generelle Kritik am deutschen Film wurde hier im Forum auch als nicht rechtens
eingesehen. Diese Filme haben große Teile des Publikums erreicht und stehen sicher nicht im Konkurrenz
zum neuen deutschen Film, Gorilla & Co und den heutigen "Dschungel, Germany Top-Model-Produktionen".

Der Unterhaltungssektor ist auch bei der Musik bei Licht betrachtet sehr vielfältig und spielt oft in
Bereichen die man so nicht einschätzt ungeahnt hohe Summen ein, ein Zerrbild wie es sich oft darstellt.

Letzlich geht es um Unterhaltung, darum mal abzuschalten, neue Kraft für den Job am nächten Tag zu tanken
und um eine heile Welt im Film, die in Realität schon längst verloren hat, auch wenn positive Medienberichte
dies nicht wiedergeben.

Dazu schwerwigende kommt hinzu Edgar Wallace in den 70ern - Ein Projekt mit Zukunft Thread #8
In der analogen, vielfach langsameren Welt war es leichter, Ruhe zu finden. Der Jüngere der nur Englisch
versteht, erklärt mit seiner Wahrnehmung dem Älteren, der Englisch und Spanisch versteht, wie er diesen
Film einzuschätzen hat. Der Ältere versucht seine Empfindung dazu dem Jüngeren zu vermitteln, der dies
nicht verstehen kann, da dessen Wahrnehmung defizitär anders ist.

Wie also soll man, ohne daß ich jemanden dazu böse bin oder etwas verurteile, erklären, was schon damals
schwer oder nicht verstanden wurde. Jemand der Spiehs-Filme gut fand und dabei lachte, entspannte und am
Ende gar noch der Vater oder die Mutter von jemanden war/ist, der diese Filme als "Klamotten-Filme ...
Qausi-Heimatfilm-Comeback ... billige DVD-Veröffentlichungen einschätzt. Und auf der anderen Seite diese
Eltern die Toleranz haben das was ein Sohn oder Tochter gut findet als OK und zeitgemäß einzuschätzen ohne
sich um etwaige Folgen davon Gedanken zu machen.

Gruss
Havi17

DanielL Offline




Beiträge: 4.155

28.01.2022 13:22
#5 RE: Karl Spiehs gestorben Zitat · Antworten

Leider kann ich deinen Anmerkungen schwer folgen. Im Kern geht es dir offenbar darum, dass du meinen Kommentar abfällig findest, weil ich von "Klamotten-Filmen" und "Quasi-Heimatfilm-Comeback" gesprochen habe?

Ist das nicht ein bisschen bigott? Immerhin war ja der Anlass ein offensichtlich wertschätzender Nachruf. Wenn ich mich so wenig um Spiehs scheren würde, hätte ich weder den Beitrag abgegeben, noch würde ich mich für seine Filme und die Art und Weise, wie sie entstanden sind, interessieren. Offenbar findet in deinen Augen eine Wertschätzung nur statt, indem man klamaukige Klamotten wie "Tante Trude aus Buxtehude" als köstliches Lustspiel bezeichnet, Exploitation-Krimis wie "Rasthaus der grausamen Puppen" als gewagtes Kriminaldrama und "Alpenglühn im Dirndlrock" zur gesellschaftskritischen Persiflage erklärt? Mein lieber Scholli.

Die Spiehs-Produktionen sind intellektuell weitgehend anspruchslose Unterhaltungskost, die sich stets längst bekannter Formeln bedient, ob Krimi, Western, Komödie oder Softsexfilmchen. Man kann diese grundsätzliche Einordnung schon realistisch treffen und dennoch Respekt und auch Begeisterung dafür haben - auch für ihren Unterhaltungswert. Sonst würden wir hier wohl auch alle nur Kunstfilme besprechen.

Was dich an "Quasi-Heimatfilm-Comeback" stört - keine Ahnung. Und die "billigen DVDs" bezogen sich auf diverse Wühltisch-Auswertungen, die eben sehr lieblos hergestellt waren. Da steckt ja der Ruf nach einem wertschätzenderen Umgang schon drin, also noch weniger verständlich, dass du das herausgreifst.

Vielleicht einfach mal ein bisschen locker machen.

Zitat
Jemand der Spiehs-Filme gut fand und dabei lachte, entspannte und am
Ende gar noch der Vater oder die Mutter von jemanden war/ist, der diese Filme als "Klamotten-Filme ...
Qausi-Heimatfilm-Comeback ... billige DVD-Veröffentlichungen einschätzt.



Ja, es ist schon schlimm mit dieser Generation, die einfach nicht den Wert von "Sunshine Raggae auf Ibiza" und "Dirndljagd am Kilimandscharo" anerkennen will.

Gruß,
Daniel

Havi17 Offline




Beiträge: 3.763

28.01.2022 13:38
#6 RE: Karl Spiehs gestorben Zitat · Antworten

Ich respektiere andere Vorlieben. Bis auf das Rasthaus habe ich keine der genannten Filme gesehen und andere Filme. Auf der anderen Seite respektiert diese "Heimatfilmgeneration" den Geschmack der "Jüngeren".
Bei Filmen kommt es immer auf die Zielgruppe an. Vor einiger Zeit wurde einmal abfällig über "Im Dschungel ist der Teufel los" geurteilt. Zielgruppe Kinder. Ich kenne Kinder die fanden das so gut, daß sie diesen Film nochmals und nochmals sehen wollten und dabei herzlich gelacht haben. Soll man den Kindern nun erklären, daß diese sich "andere Filme wie den neuen deutschen Film ansehen sollen". Über Geschmack läßt sich immer streiten und das ist auch richtig, doch darf man nie vergessen um welche Zielgruppe es geht und darum, daß sich solche Produkionen rechnen. Vielleicht habe ich den wertgeschätzten Nachruf auch mißverstanden, dann bitte ich um Entschuldigung. .

Gruss
Havi17

DanielL Offline




Beiträge: 4.155

28.01.2022 14:10
#7 RE: Karl Spiehs gestorben Zitat · Antworten

Thomas Gottschalk aus dem Vorwort der Spiehs-Biografie - das würden wir wohl Beide unterschreiben:

Es wird schwierig sein, einen Filmschaffenden zu finden, der für ihn gearbeitet hat und etwas Schlechtes über ihn sagt. Genauso selten ist ein Kritiker, der etwas Positives über Karls cineastisches Gesamtwerk zu berichten hätte. (...) Ich habe später manchmal geglaubt, mich für die "Supernasen" und die "Zärtlichen Chaoten" bei gewissen Intellektuellen entschuldigen zu müssen. Wenn mir heute immer wieder Menschen versichern, dass die Filme zu ihren schönsten Kindheitserinnerungen gehören, ärgere ich mich im Nachhinein über diese Feigheit. So geht es sicher vielen, die mit und für Karl Spiehs gearbeitet haben. Mit seinen Filmen hat er die Welt wenig verändert und kaum verbessert, aber er hat Menschen fröhlich gemacht. Wie wichtig und wie schwierig das ist, habe ich durch die Zusammenarbeit mit ihm gelernt.

Zitat
Auf der anderen Seite respektiert diese "Heimatfilmgeneration" den Geschmack der "Jüngeren".



Woran bemisst du das denn?

Zitat
Vor einiger Zeit wurde einmal abfällig über "Im Dschungel ist der Teufel los" geurteilt. Zielgruppe Kinder. Ich kenne Kinder die fanden das so gut, daß sie diesen Film nochmals und nochmals sehen wollten und dabei herzlich gelacht haben. Soll man den Kindern nun erklären, daß diese sich "andere Filme wie den neuen deutschen Film ansehen sollen".



Nein!? Selbstverständlich nicht. Hat auch keiner dafür plädiert, den Film einzuziehen - so wird es fast dargestellt. Nur darf ich den Film trotzdem hundsmiserabel und hochnotpeinlich finden?

Gruß,
Daniel

Havi17 Offline




Beiträge: 3.763

28.01.2022 18:00
#8 RE: Karl Spiehs gestorben Zitat · Antworten

Selbstverständlich, natürlich darf man selbst einen Film hundsmiserabel und peinlich finden. Das ist aus der Sicht eines Erwachsenen auf Kinder sicher auch so manches Mal angebracht
und ein freie eigene Meinungsäußerung. Ja und in der Tat, Danke für den beitrag von T. Gottschalk, unterschreibe ich sehr gerne.

Ich habe einen fast gleichaltrigen Freund, der mit mir so manches aktuelle Musikstück ob Pop oder auch Disco/Rock eben was es aktuellgut fand. Er selbst ist ein begeisterte Hörer und Konzertbesucher von "Blasmusik". Und er erzählte mir einmal wieviele Millionen Platten dort verkauft wurden, was für eine "andere" Welt es denn gibt.

Die andere Welt im Film : Welcher EW Roman wurde am dichtesten verfilmt (6) Thread 90
1960 war die Kriegsgeneration Anfang 30 Jahre alt. *1 Dana Vavrova. "In den Kinos nach dem Krieg liefen Heimatfilme" "... das die Kriegsgeneration nicht anders haben wollte"
Bekannte Darsteller waren die aus dern Filmen der 30er/40er Jahre und eben junge aus den 50er Jahren. Das und nur das waren die wichtigsten Gründe in einen Kinofilm zu gehen, schon alleine wegen des schmalen Budgeds um die Zuschauerzahlen zu erzeugen, über die wir heute die Qualität eines Films ableiten.

Also begeben wir uns gemeinsam auf die Zeitreise bis in den Anfang der 60er Jahre.
Wir haben die 50er Jahre, das Land befindet sich im Aufbau. Die Deutschen sind aus dem Krieg zurückgekehrt. Viele Flüchlinge z.B. aus Ostpreußen haben sich eine neue Heimat suchen und ein Leben ganz neu aufbauen müssen. Z.B. Eddie Arent und Wolfgang Völz, die beide im gleichen Haus in Danzig wohnten. Im Kino laufen Heimatfilme, wo es später auch mal um Streit und Zwietracht ging. *1

1950 : Schwarzwaldmädel erste Nachkriegsproduktion in Farbe mit 16 Mio Kinozuschauern mit Walter Müller, Fritz Kampers bekannt aus den 40ern FSK12.
1951 : Grün ist die Heide über 12 Mio Zuschauer mit Willy Frisch, Oskar Sima, Margarethe Haagen bekannt aus den 40ern.FSK12 (heute 6)
1952 : Der fröhliche Weinberg mit Gustav Knuth FSK 16, Am Brunnen vor dem Tore FSK12, den Lustigen Vagabunden mit Mady Rahl von 1940 nachempfunden, Ferien vom ich mit Paul Henkels bekannt aus den 40ern. Im weißen Rössl, Die Försterchristel, 1000 rote Rosen blühen.
1953 : Wenn der weiße Flieder wieder blüht mit Willy Frisch und Magda Schneider beide schon in der 40ern bekannt FSK12. 1954 : Schloß Hubertus, Der Förster vom Silberwald FSK 6 ca. 28 Mio Zuschauer,
Das sündige Dorf mit Joe Stöckel der schon in den 40ern bekannt war.
1955 : Heimatland mit Adrian Hoven, Drei Mädels vom Rhein, Die Mädels vom Immenhof mit Paul Henkels bekannt aus den 40ern.
1956 : Der erfolgreichste *1 Hochzeit auf Immenhof mit Paul Henkels bekannt aus den 40ern, Im Radio der Nummer1 Hit Heidi Brühl : Wir wollen niemals auseinander gehn, Der Meineidbauer mit Josef Offenbach FSK16 (heute 12)=,
Dort oben wo die Alpen glüh'n, Wo der Wildbach rauscht FSK12, Hochwürden greift ein, Heiraten verboten, Solange noch die Rosen blühen mit Willy Fritsch, Herta Feiler Annie Rosar, Hans Moser schon aus den 40ern bekannt,
Geierwally mit Barbara Rütting FSK12, Die Fischerin vom Bodensee, war 1956 einer der erfolgreichsten Kinofilme. Regie Harald Reinl, Das Mädchen Marion mit Brigitte Grothum, Försterliesel, Schwarzwaldmelodie.
1957 : Ferien auf Immenhof mit Paul Henkels bekannt aus den 40ern, Das Wirtshaus im Spessart mit Hans Clarin, Almenrausch und Edelweiß FSK12, Der Wilderer vom Silberwald.
1958 : Die Landärztin mit Marianne Koch (Emanzipation), mit Theo Lingen und Josef Egger bekannt aus den 40ern.
1959 : Und ewig singen die Wälder mit Hansjörg Felmy. > 5,2 Mio Zuschauer
1960 : An heiligen Wassern mit Hansjörg Felmy 4 Mio Zuschauer, Wenn die Heide blüht 2 Mio Zuschauer

Neben den Heimatfilmen gab es die "gewohnten Spielfilme" aus den 50er Jahren bis Anfang 1960, die Menschen wollten natürlich auch lachen
Hier reden wir von Heinz Rühmann, Gert Fröbe, Hans Moser, Theo Lingen, Willy Forst, Curt Goetz, Paul Hörbiger, Annie Rosar, Rudolf Carl, Gustav Knuth, Hans Albers bekannt aus den 40ern, von Erich Kästner Filmen, und Stars aus den 50ern wie Peter Alexander, Lieselotte Pulver, Karin Dor, Freddy Quinn, Heidi Brühl, Gunther Philipp, Gus Backus, Conny Froboess, Albert Lieven, Romy Schneider, Adrian Hoven, Erika Remberg. Das sind :

Der brave Soldat Schwejk 11 Mio Zuschauer, Das Spukschloß im Spessart 9,5 Mio Zuschauer , Im weißen Rößl 7,1 Mio Zuschauer, Ich zähle täglich meine Sorgen 6,4 Mio Zuschauer. Das schwarze Schaf 3,7 Mio Zuschauer, Freddy und die Melodie der Nacht 3,5 Mio Zuschauer, Der Gauner und der liebe Gott mit Gert Fröbe 2,6 Mio Zuschauer, Unsere tollen Tanten 1961 6,5 Mio Zuschauer, Mariandl 5 Mio Zuschauer.
"Jetzt schlägts 13", Das doppelte Lottchen, Wiener Mädeln, Frauenarzt Dr. Prätorius, Klettermaxe, Hallo Dienstmann, Quax in Afrika Keine Angst vor großen Tieren, Pünktchen und Anton, Hokuspokus, Briefträger Müller, Auf der Reeperbahn nachts um halb eins, Emil und die Detektive, Das fliegende Klassenzimmer, Mädchenjahre einer Königin (Sissi), Ich denke oft an Piroschka, Wir werden das Kind schon schaukeln, Die unentschuldigte Stunde (erster "Pauker Film), Charlys Tante, Das Wirtshaus im Spessart, Der Pauker. Und zwei Kriminalfilmchen "Es geschah am hellichten Tag mit H. Rühmann, Gert Fröbe, Siegfried Lowitz, Der Greifer mit Hans Albers Erfolgreiche Krimis oder Kriminalfilme aus dieser Zeit kamen nicht aus Deutschland. Einzige Ausnahme "Die 1000 Augen des Dr. Mabuse 1960 mit Gert Fröbe, Werner Peters, Regie Fritz Lang 2,5 Mio Zuschauer.

Es fällt bedeutend leichter immer mehr und noch mehr Krimis, Krimiserien etc. zu drehen als einen Spielfilm, über welchen einigermassen viele Menschen lachen können, das so ist hat u.a. auch Eddie Arendt gut erklärt.

Und Menschen der "60er" gibt es auch heute noch, welche sich nach Harmonie & Klamotte sehnen, so wie Anfang der 70er. Ich zumindest ziehe pauschal 70er Klamotten jederzeit Dschungelcamp, Superstar & Co Produktionen vor, die immer noch ein Publikum auf einer Abwärtsspirale (meine Meinung) finden.

Gruss
Havi17

DanielL Offline




Beiträge: 4.155

28.01.2022 21:09
#9 RE: Karl Spiehs gestorben Zitat · Antworten

Deinem grundsätzlichen Standpunkt ggü. den Filmklassikern habe ich im Prinzip nichts entgegenzusetzen, nur dass ich mich dagegen wehren würde, die Qualität eines Filmes allein nach den Zuschauerzahlen abzuleiten. Das ist natürlich ein interessanter Aspekt zur Einordnung, aber wenn man sich daran halten würde, könnte man sich ja jede Fachsimpelei schenken und akzeptieren, dass demnach z.B. der "Schulmädchen-Report" zu den qualitativ hochwertigsten deutschen Kinofilmen der Nachkriegszeit zu zählen wäre. Was du hier an Filmen und Zahlen aufführst, ist ja v.a. ein allgemein anerkannter Beleg für die erfolgreichen Eskapismus-Genres der 50er- und 60er-Jahre. Wenn du hier also den Punkt machen willst, dass diese Filme erfolgreich ihr Publikum gefunden und vielfach auch begeistert haben: Prima.

Mein Eindruck ist jedoch auch: Du provozierst (nicht im Sinne eines Angriffs - sondern thematisch) bei jeder Gelegenheit einen Vergleich zu heutigen Filmen, zu heutiger Mediennutzung, zum "jüngeren" Publikum, etc. Auch hier war das ja nicht Thema. Warum eigentlich? Ich hatte nun nachgehakt, um zu begreifen, wo denn eigentlich der große Schmerzpunkt in deinen Augen liegt, aber deine Einordnungen gaben mir bisher keinen Aufschluss.

Ich persönlich (Gen Y) kann auch wenig mit dem Dschungelcamp und dem Supertalent anfangen. Das ich mich hingegen meinetwegen für "Schüsse im 3/4-Takt" oder "Maigrat" - um themengerecht zwei Spiehs-Titel mit ggf. etwas hiesiger "Reputation" zu nennen - interessiere, da braucht man sich ja keine Illusionen machen, das ich ein typisches Beispiel für den Geschmack meines Jahrgangs wäre. Letztlich eint uns ja hier - jahrgangsneutral - ein Hobby, ein Interesse an populärer Filmgeschichte oder wie man es nennen will...

Insofern für deine allgemeine Einordnung darüber hinaus meine Frage, woran du denn festgestellt haben willst, dass die von dir so genannte "Heimatfilmgeneration" eher den Filmstoff der "Jungen" respektiert als umgekehrt. Als Antwort hast du nun dich selbst sowie einen Freund benannt und das ihr auch mal einen aktuellen Song anhört. Diese Aufgeschlossenheit in allen Ehren, aber das ist doch als Beleg für die getroffene Verallgemeinerung zu einer ganzen Kinogänger-Generation dünn. Mal abgesehen davon, wenn man das Wording ernst nimmt, dass du bestimmt ein paar Jahre mehr auf dem Buckel hast als ich, aber die "Schwarzwaldmädel" wohl auch nicht im Kino gesehen haben dürftest?

Und was die Qualität betrifft, sind wir dann wohl wieder bei dem Punkt, der uns trennt: Die aus meiner Sicht stetige Verklärung der Vergangenheit nach dem einfachen Motto "Früher war besser". Klar, man findet immer Aspekte. Aber im Ganzen ist mir das zu einfach. Und das sage ich immerhin als Bewunderer vom Film- und Fernsehen der 60er ff. Andersherum ausgedrückt: Ich sehe das einfach etwas toleranter.

Findet denn nicht dein eben noch so betonter Respekt für den "Geschmack der Jüngeren" schon wieder Zeilen später seine Grenzen, in dem du eine qualitative Abwärtsspirale diagnostizierst? Was respektierst und kritisierst du denn konkret?

Wie gesagt, begeistere ich mich auch nicht für das Beispiel Supertalent. Natürlich könnte man gehaltvollere Formatbeispiele aus aktueller Zeit nennen, aber da wir ja beim Stichwort "Klamotten" & Co. waren, ist es vielleicht gar kein schlechter Vergleich. Ironischerweise könnte man doch jetzt ähnliche Zielgruppen- und Eskapismus-Argumente aufführen. Das Supertalent als Insel der seichten TV-Unterhaltung.

Wir könnten auch ohne Weiteres jetzt Niveaulimbo per Titel spielen - und aus jeder Zeit gäbe es mühelos Material dafür. Allein bei Spiehs reicht das Produktionsarchiv von "Maigrait" bis hin zu fragwürdigem Stoff wie "Jungfrau unter Kannibalen". Oder "Liebesspiele junger Mädchen", der vermutlich wie üblich harmlos ist, aber der Titel suggeriert natürlich mehr - wie (Achtung, Pointe!) auch stets das "Supertalent" .

Gruß,
Daniel

Tarzan Offline



Beiträge: 1.038

28.01.2022 22:11
#10 RE: Karl Spiehs gestorben Zitat · Antworten

Spaß haben seine Filmproduktionen immer gemacht! Denke mit großer Freude zurück an „Der letzte Ritt nach Santa Cruz“ (Herrliche „Kraut“-Westerntypen), den köstlichen Titelvorspann zu „Schüsse im ¾ Takt“, den 3-Star-Film „Gern hab ich die Frau’n gekillt (eine echte Perle), den perfekten Comic-Strip „Wie tötet man eine Dame?“ (Granger gibt den Affen Zucker!) und die Thai-Schnulze „Wenn du bei mir bist“ (Lex‘ Abschied im deutschsprachigen Film). Und was da sonst alles noch herumkrabbelte - und zappelte: tolle Tanten und Nichten, Hüpflinge am Wörthersee, blutige Geier, Supernasen oder zärtliche Chaoten. Eine Welt für sich, die einzigartig war (und bleibt). Eine einzigartige Produzenten-Karriere. Die genannte Biografie ist in der Tat eine nette Lektüre. Wer solange mit „Lisa-Film“ über Wasser bleibt, in diesen zumeist schlechten Kinojahren für deutschsprachige Filme, der war wirklich eine „Supernase“. Auch, was die Verpflichtung von Stars, richtigen Stars, in seinen Produktionen betrifft. Es waren tolle Jahre, Herr Spiehs - vielen Dank dafür!

Fabi88 Online



Beiträge: 3.902

31.01.2022 12:37
#11 RE: Karl Spiehs gestorben Zitat · Antworten

Jetzt hat sich also auch Daniel mal "triggern" und in eine Diskussion zwingen lassen.
Ich verstehe einige Diskussionen, die oft noch dazu ohne erkennbaren Anlass losbrechen und vor allem den ständigen Drang Vergleiche zu heutigen Produktionen und Zuschauern ziehen zu müssen, obwohl das zuvor nie Thema war, nicht. Daniel hat nicht abwertend geschrieben. Die meisten LISA-Filme sind de fakto auf "Billig-DVDs" erschienen. Günstiger Verkaufspreis, günstige Herstellung, keine investierte Mühe der Labels, falsche Bildformate, gekürzt,...
Dass sich das nun durch die "Lisa-Film"-Reihe von Subkultur etwas ändert, steht fest, aber das Label ist so klein und hat noch so viele "Edition Deutsche Vita"-VÖ in der Pipeline, dass der Veröffentlichungstakt wohl so langsam bleibt. Außerdem ist mit "Blutiger Freitag" bereits ein Lisa-Film statt in der gleichnamigen Reihe als "Edition Deutsche Vita"-VÖ erschienen und mit Das Rasthaus der grausamen Puppen" und "Heisses Pflaster Köln" zwei weitere Spiehs-Produktionen dort angekündigt. "Kalt wie Eis" dürfte nach der jüngsten Veröffentlichung von Carl Schenkels "Abwärts" vielleicht auch eher in dieser Reihe landen.

Spiehs selbst hätte wohl sofort zugegeben, dass sein Ziel nie war "besonders wertvoll"-Prädikate der Filmbewertungsstelle zu sammeln oder für alle Zeiten relevante Filmkunst zu produzieren. Er wollte Kasse machen und hatte ein sehr gutes Auge für Publikumsgeschmack und Trends. Dass er da oft nicht gerade selbst Maßstäbe gesetzt hat, zeigt sich schnell, wenn man sich einzelne Projekte anschaut:

"Der letzte Ritt nach Santa Cruz": Direkt nach "Der Schatz im Silbersee" und "Winnetou 1. Teil" einen Western zu drehen, einen (wie Lex Barker) aus Hollywood abgewanderten Star in der Hauptrolle zu besetzen, Mario Adorf direkt als Bösewicht aus "Winnetou" zu übernehmen, andere Rollen mit bekannten Gesichtern wie Marianne Koch oder Klaus Kinski zu besetzen, einen verlässlichen Lieferanten wie Herbert Reinecker ans Drehbuch zu setzen und den guten Handwerker Karl Löb (zu dieser Zeit bereits Mabuse- und Wallace-erprobt) an die Kamera zu stellen, ist wenig mutig oder innovativ. Dass Rolf Olsen hier begann seine etwas weniger Mainstream-taugliche Handschrift zu entwickeln und es daher schon Ausblicke auf den Italo-Western gab und Marianne Koch und Klaus Kinski kurze Zeit später dann bei Leone spielten, ist interessant, aber ob das (nur) an Spiehs lag, sei mal dahingestellt.
"Schüsse im 3/4 Takt" ist im Grunde eines der vielen 60er-Jahre-Bond-Plagiate, besetzt mit beliebten Mabuse- und Wallace-Gesichtern, womit der Film natürlich auch in Richtung Krimi-Publikum schielte.
"In Frankfurt sind die Nächte heiß" oder "Heißes Pflaster Köln" waren Versuche gesellschaftlich heiße (Springer-Presse-)Themen filmisch auszuschlachten und dabei gegenüber den Wallace-Filmen oder Hong Kong-Reißern (wegen wegfallender London- oder anderer Auslands-Drehs) günstig lokal drehen zu können. Heinz Willeg fand dann mit der selben Formel, aber St. Pauli als Handlungsort (und lustigerweise oft Rolf Olsen als Regisseur) erst die Erfolgsformal, die quasi eine Art "inoffizielle St. Pauli-Reihe" begründete und ein stückweit auch eigenständig funktionierte.
"Immer Ärger mit den Paukern" oder "Musik, Musik – da wackelt die Penne" lehnen sich mehr als deutlich an die "Lümmel von der ersten Bank"-Reihe von Franz Seitz und Wendlandt an.
Die vielen Schlager-Klamotten der 70er profitieren von Ilja Richters Ruhm durch "4-3-2-1 Hot & Sweet" und "Disco", erinnern darüber hinaus konzeptuell an die Musikfilme der 50er und 60er, die auch gern querfinanziert von den Musiklabels wurden, die dort entsprechend ihre neusten Lieder präsentieren durften.

Das kann man Alles feststellen, ohne damit auszusagen, dass Spiehs Lebenswerk Nix wert sei, dass heutige Filme doch viel besser wären oder was auch immer noch unterstellt wird. Der Mann war ein erfolgreicher Produzent und hat es geschafft viele Leute in die Kinos zu locken und vielfach auch blendend zu unterhalten. Zu sagen, dass der überwiegende Teil leichte Kost war, ist doch nicht sofort eine Abwertung?
Ich liebe außerdem beispielsweise "Heißes Pflaster Köln" und "Blutiger Freitag" als dreistes Exploitation-Kino und rechne Spiehs hoch an, dass er mit "Kalt wie Eis" Carl Schenkels Kino-Debüt ermöglichte.

Georg Online




Beiträge: 3.263

31.01.2022 20:49
#12 RE: Karl Spiehs gestorben Zitat · Antworten

Karl Spiehs' Biographie (und auch eine ORF-Doku zu seinem 70er) hießen nicht umsonst "Die Supernase". Dieser Produzent hatte immer den richtigen Riecher für das, was Erfolg haben würde. Er hat damit- wie Thomas Gottschalk es in einer Laudatio formulierte - die Kritiker zum Weinen und die Zuseher zum Lachen gebracht.
In der ORF Mediathek stehen viele seiner Filme und eine Doku noch einige Tage zur Verfügung, der ORF hat den großen österreichischen Produzenten ganz schön gewürdigt. In der Doku "Jedermann liebt Karli Spiehs" kommt auch nochmals zum Ausdruck, wie sehr er von seinen Darstellern und seiner Crew geliebt wurde. Jemand, der alle gleich behandelte, stets korrekt bei den Gagen war (und bei dem es niemals Diskussionen darüber gab) und der liebevoll "Papa Spiehs" genannt wurde, jemand, der auch Darsteller, die in Not waren oder keine Aufträge mehr bekamen, sofort beschäftigte.
Seine Filme wurden oft belächelt, beispielsweise glaubte keiner an den Erfolg von Roy Black in "Ein Schloss am Wörthersee" (die Bild titelte "Lieber in den Knast, als mit Roy Black an den Wörthersee!" - und bei der ersten Folge hatte die Reihe in Österreich 2 Millionen, in Deutschland 7 Millionen Zuseher. Sie lief in über 40 Ländern, "Traumhotel" gar in über 60.
Das Konzept der meisten Spiehs-Filme war häufig das gleiche: entweder wurde eine bekannte Filmwelle kopiert, oder bekannte Stars (gleich ob schauspielerische Kenntnisse vorhanden oder nicht) in ein "Lustspiel" für die ganze Familie geholt. Viel Blödelei und Klamauk, aber zum Lachen. Bei den Dreharbeiten zu Harald Reinls "Wer zuletzt lacht, lacht am besten" soll sich Eddi Arent zunächst geziert haben, am Boden in Ketchup herumzurutschen. Daraufhin sagte Theo Lingen, der in der Szene dies auch tun musste, zu ihm: "Vergiss nie, ich bin Burgschauspieler!" und überredete ihn damit mit einem Lächeln.
Als Karl Spiehs in den 70ern auf die "Sexwelle" aufsprang, ging dieses Konzept der Lustspiele (im wahrsten Sinn des Wortes) weiter. Otto Retzer, später Regisseur, aber anfangs Produktions- bzw. Aufnahmeleiter der meisten Filme, sagte einmal: "Das waren auch nur Komödien wie früher, nur dass die Leute keine Wintermäntel anhatten".
Spiehs gab insgesamt 16 Regisseuren die Möglichkeit, ihren ersten Film zu drehen. Sieben Jedermann-Darsteller haben in seinen Filmen mitgewirkt, angefangen von Curd Jürgens über Helmuth Lohner bis hin zu Maximilian Schell...
Fast 400 Filme und Serien produzierte seine Lisa-Film in 50 Jahren. Das muss einem erst jemand nachmachen. Wie sagte Peter Weck letzte Woche im Fernsehen: "Er war der letzte echte, unabhängige Filmproduzent im deutschen Sprachraum".

Havi17 Offline




Beiträge: 3.763

01.02.2022 00:38
#13 RE: Karl Spiehs gestorben Zitat · Antworten

Danke Georg.

Zitat von Georg im Beitrag #12
jemand, der auch Darsteller, die in Not waren oder keine Aufträge mehr bekamen, sofort beschäftigte.

Ich kann mich dabei z.B. noch an Aussagen von Schauspielern über das Leid von Bruno W. Pantel erinnern.

Gruss
Havi17

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