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Dieses Thema hat 1.110 Antworten
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 Edgar-Wallace-Forum
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Peter Ross Offline



Beiträge: 2.000

24.11.2022 08:09
#961 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten



24.11.

Wolfgang Lukschy hätte bereits vor einigen Tagen seinen Geburtstag feiern können




Auch wenn sein Geburtstag schon ein paar Tage zurück liegt, so widmen wir uns heute diesem großen Schauspieler.

Hinweis: Dieser Text enthält Spoiler.
Wolfgang Lukschy - Fester Platz im Starhimmel
Fast wäre der ehemalige Charlottenburger Filmkopierer in den Olymp des Starhimmels aufgestiegen: Nach nur wenigen Nebenrollen ging es rasant bergauf - bis an die Spitze der Besetzungslisten! Sehr schnell war der Name Wolfgang Lukschy präsent geworden. Der Schauspieler fiel durch Attraktivität, Eleganz, Gewandtheit und vor allem eine höchst angenehme Stimme auf, die Männlichkeit und Noblesse vereinte. Eine große Karriere bahnte sich an.
Aber leider konnte daraus nichts werden, denn wir befinden uns in der ersten Hälfte der 1940er Jahre. Krieg, Zerstörung und Kapitulation sollten kommen und den Glamour der UFA-Filmwelt über den Haufen werfen. Das Publikum ertrug nach allen Schocks erst einmal nur Biederlinge wie Rudolf Prack, Rudolf Lenz oder Dieter Borsche. Oder später junge unschuldige Darsteller wie Hardy Krüger, O.W. Fischer, Joachim Hansen oder Hansjörg Felmy.
Wolfgang Lukschys Eleganz roch in den miefigen 1950er Jahren eher nach Falschheit, die durch sein inzwischen reiferes Alter sogar noch verstärkt wurde. Aus Hauptrollen wurden deshalb allmählich dritte oder vierte Plätze in der Besetzungsliste. Möglicherweise sind aber solche dann oft negativen, ambivalenten, zwiespältigen oder auch brüchigen Rollen für einen Darsteller von dem Kaliber des guten Wolfgang Lukschy eine viel interessantere Aufgabe. Wie dem auch sei, trotzdem hatte Lukschy immer noch etwas Star-Appeal und ich erinnere mich daran, dass in den 1970er Jahren ältere Frauen bei dem Namen Wolfgang Lukschy immer noch ein schwärmerisches Leuchten in den Augen bekamen.
In den 1960er Jahren kamen einige Kriminalfilme, die dem Schauspieler allerdings erstaunlich wenig Möglichkeiten boten. Am besten davon ist Wolfgang Lukschy in dem Edgar-Wallace-Klassiker “Die toten Augen von London” (1961, Alfred Vohrer) besetzt. Als seriöser Geschäftsmann, der sich als skrupelloser Krimineller entpuppt, kann Lukschy bravourös überzeugen. Die weiteren Krimis nutzen ihn leider nur als beliebige Nebenfigur immer auf der falschen Seite des Gesetzes. Fast schon am Ende seiner Karriere tauchte der schwer herzkranke Wolfgang Lukschy überraschend noch einmal im Krimigenre auf. In dem letzten Durbridge-Mehrteiler “Die Kette” (1977, Rolf von Sydow) spielte er den Vater von Harald Leipnitz, der das erste Mordopfer der Geschichte sein musste.
Auch in mehreren erfolgreichen Western der 1960er Jahre wie den deutschen Karl-May-Filmen oder dem italienischen Kultfilm “Für eine Handvoll Dollar” (1964, Sergio Leone) gabs nur anständige Chargenrollen und nicht viel mehr zu tun.
Doch was soll’s, dafür konnte Wolfgang Lukschy in seiner Heimatstadt Berlin viel Theater spielen, was er mit aller Leidenschaft bis in die1970er Jahre tat. Rekordwürdig sind vor allem die etwa 500 Vorstellungen als Sprachwissenschaftler Prof. Higgins in dem Musical “My fair Lady”. Wenn er auch selbst nicht wirklich einer der ganz großen Filmstar geworden war, so hat er doch dank seiner höchst einnehmenden Stimme viele Weltstars synchronisiert. Gregory Peck, Gary Cooper, Humphrey Bogart, John Wayne, Richard Widmark, Walter Matthau, Henry Fonda, Burt Lancaster, Kirk Douglas und noch viele mehr waren es!
Und somit ist Wolfgang Lukschy dann doch auf diese Weise in den Olymp des Starhimmels gekommen, denn seine Stimme hat da auf jeden Fall ihren festen Platz eingenommen.
Dieser Inhalt wurde von Hans-Jürgen Osmers (@fritz k) zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!

Wolfgang Lukschy ist am 10.07.1983 im Alter von 77 Jahren verstorben. Geboren ist er am 19.10.1905. Dieser Tag liegt mittlerweile über 117 Jahre zurück.

Weitere Ereignisse:
- 24.11.1988: Geburt Cathleen Nesbitt
- 24.11.1990: Tod Helga Feddersen (sie wirkte in "Der grüne Bogenschütze" mit)

Morgen geht es mit einem deutsch-französischen Wallace-Film weiter.

Count Villain Offline




Beiträge: 4.616

24.11.2022 09:05
#962 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Zitat von Peter Ross im Beitrag #961
Wolfgang Lukschy hätte bereits vor einigen Tagen seinen Geburtstag feiern können


Einige Wochen trifft es eher.

Kann es sein, dass John Wayne dich darauf gebracht hat, Lukschy ausgerechnet am Todestag von Arnold Marquis zu besprechen? Ich habe das Gefühl, dass du damit Savini ganz schön durcheinander gebracht hast. Denn ich nehme an, dass hiermit...

Zitat von Savini im Beitrag #957
Wobei der "Duke" auch oft von zwei anderen Schauspielern synchronisiert wurde, die jeweils einen Auftritt innerhalb der Wallace-Filme hatten und bei BEW sogar gemeinsam vor der Kamera standen.


...Engelmann und Lukschy im 7. Opfer gemeint sind.

Savini Offline



Beiträge: 756

24.11.2022 12:25
#963 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

@ Count Villian: Sowohl in Bezug auf mein Missverständnis als auch auf "Das 7. Opfer" liegst du richtig.
Der Verweis war von Peter Ross wohl als kleiner Scherz gemeint.

@ Peter Ross: Wieder ein schönes Porträt! Gerade angesichts seines Rollentyps ist es überraschend, dass es in Lukschys Fall bei einem einzigen Rialto-Wallace blieb. Zumal gerade einige der nach außen hin rechtschaffenen Anwälte, Geschäftsleute etc. durchaus etwas für ihn gewesen wären.
Als Professor Higgins stelle ich ihn mir interessant vor, weil er ein deutlich anderer Typ als viele andere Interpreten dieser Rolle war.

Peter Ross Offline



Beiträge: 2.000

24.11.2022 12:50
#964 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Bis zum Jahresende wird es einige weitere Tage geben, die ich für ein Porträt nutze, obwohl Ereignisse schon einige Tage zurückliegen. Das liegt mitunter auch an den Überschneidungen mehrerer Ereignisse auf einen Tag. Bis zum 31.12. werden auf jeden Fall alle wesentlichen Mitwirkende an den Filmen sowie die Filme selber porträtiert sein. Besonders freut mich natürlich das zumeist positive Feedback zu den Texten von fritz_k. Ohne ihn wäre diese Dichte an Beiträgen, die es aus meiner persönlichen Sicht immer wieder auf den Punkt bringen, gar nicht in der Form möglich.

Man darf also gespannt, zudem auch auf das FINALE am 31.12... Mehr dazu, wenn es soweit ist.

Peter Ross Offline



Beiträge: 2.000

25.11.2022 10:59
#965 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten



25.11.

Heute vor 59 Jahren starteten die Dreharbeiten zu "Zimmer 13"




Hinweis: Dieser Text enthält Spoiler.
Zimmer 13 - schnell ein Krimi in der Winnetou-Pause
Joachim Fuchsberger und Karin Dor unter der Regie von Dr. Harald Reinl! Diese Dreier-Kombi aus den Anfängen der Edgar-Wallace-Filmserie tritt in der Hochphase der Filmreihe wieder auf den Plan und schürt große Erwartungen. (Obwohl es diese Dreier-Kombi bei Wallace bisher nur in “Die Bande des Schreckens” (1960) gab).
Während bei Rialto gerade einige der bekanntesten und kultigsten Wallace-Filme produziert wurden, drehte das Trio mit “Der Teppich des Grauens”(1962) und “Die weiße Spinne”(1963) nur einen flauen und einen durchschnittlichen Krimi nach dem tschechischen Ersatz-Wallace-Autor Louis Weinert-Wilton abseits der immer hochwertigeren Rialto-Filme. Allerdings ist das keine Schande, denn viel spektakulärer und erheblich erfolgreicher waren Harald Reinls Karl-May-Verfilmungen dieser Jahre. Darauf lag der aktuelle Focus. In den legendären Deutsch-Western “Der Schatz im Silbersee” und “Winnetou II” war Karin Dor zudem die Idealbesetzung der weiblichen Hauptrolle. Joachim Fuchsberger kam erst 1965 zum Western dazu, als Harald Reinl mit ihm und Karin Dor den Klassiker “Der letzte Mohikaner” auf Zelluloid bannte.
Zwischen seinen wahrhaft hinreißenden Karl-May-Filmen wirken Reinls Krimis 1963/64 wie Gelegenheitsarbeiten daheim in der Jugoslawien-Pause. Inzwischen hatte Horst Wendlandt längst Alfred Vohrer zum stilbildenden Regisseur der Wallace-Serie gemacht. Vielleicht gab es da auch Verstimmungen, da Wendlandt Alfred Vohrer bevorzugte und ihn am liebsten auch als Regisseur des ersten Karl-May-Western gesehen hätte. Trotzdem, mit Karl May dürfte Harald Reinl gründlich sein Image in Richtung Top-Regisseur des deutschen Genre-Kintopps verfestigt haben. Und das hatte Horst Wendlandt natürlich mehr als nur registriert, hatte Karl May doch alle Kassen zum klingen gebracht. Die Stimmung war also insgesamt ganz famos. Und so war Reinl nach sieben Wallace-Filmen Pause nun doch mal wieder dran.
“Zimmer 13” sollte unbedingt alles beinhalten, was Erfolg versprach: Ein Postzug-Überfall (wie der echte Postraub 1963 in England), eine romantische Psychothrill-Story à la Hitchcocks “Rebecca”, “Vertigo” oder “Marnie” und last but not least eine kräftige Portion Humor.
Reinl war schon selbst Stuntman in Leni Riefenstahls Bergfilmen und hatte bei Bergfilmer Arnold Fanck sein Regie-Handwerk gelernt. Bilder und Aktionen konnte er besser als jeder andere in den 1960er Jahren in Deutschland auf die Leinwand bringen. Deswegen ist ein großer actionreicher Raub mit vielen Gangstern auch sein Metier, was er später mit dem Jerry-Cotton-Highlight “Dynamit in grüner Seide” (1967) beweist. Hier allerdings kommt leider nicht wirklich Schwung auf, was auch an der etwas behäbigen Besetzung liegt. Richard Häußler hatte bereits in drei Wallace-Filmen erstklassige Performances hingelegt, aber sein fast wienerischer Heiratsschwindler-Charme erinnert hier eher an einen verstaubten Gangster aus den 1920er Jahren.
Die Psychothrill-Elemente waren nicht Reinls Sache und mit ein paar Szenen, in denen Karin Dor verwirrt auf das Gemälde mit dem Portrait ihrer Mutter blickt, war dieser Aspekt fast schon abgehakt und sollte am Ende des Films szenisch nicht weiter aufgelöst werden.
Leider muss man sagen, dass auch Humor über den üblichen Sidekick-Klamauk hinaus nicht Reinls Stärke war. Sicher, Humoreinlagen der üblichen Chargen gab es natürlich genug, eher schon zu viel, egal ob bei Wallace oder Karl May oder einige Jahre später am Mommsen-Gymnasium in den Paukerfilmen. Aber darüber hinaus fehlen trockener britischer Witz, satirische Typenzeichnung oder Selbstironie wie es in “Der Zinker” oder “Das indische Tuch” meisterlich umgesetzt worden war. Dadurch wirkt der Film etwas ernster und bietet dann aber trotz gelungener Szenen - zum Beispiel die mit Hans Clarin - nicht genug Dramatik. Und das liegt in erster Linie an dem überstürzten Schluss.
Wir werden als Zuschauer im Grunde genommen dreimal betrogen:
1. Der Grundkonflikt des Film zwischen Richard Häußler und Walter Rilla findet seine überstürzte Auflösung in einem unvorbereitet gegenseitigem Erschießen - keine dramatische Szene, fast verschenkt.
2. Da ist ein einziges Mal Karin Dor die psychisch kranke Mörderin und darf sie nicht spielen, weil sie im Film schon vor ihrer Entlarvung sterben musste. Ich hätte ihr das Schauspiel gegönnt und das gerne gesehen, bestimmt wäre sie sehr eindrucksvoll gewesen. Total verschenkt.
3. “Zimmer 13” ist in der Filmversion nur ein Verlegenheitstitel. Man hätte ein bisschen Kreativität investieren sollen, um einen Alternativ-Titel zu finden. Auch verschenkt.
Bevor sich das alles als gehässiger Verriss liest, muss ich beschwichtigend sagen, dass “Zimmer 13” besser und handwerklich sauberer als zum Beispiel die Franz-Josef Gottlieb-Filme erscheint. Man kann sich von diesem Film gut unterhalten fühlen. Keine Angst vor der Striptease-Szene, die dem Film FSK 18 einbrachte; das lässt sich in fast jedem Alter verkraften. Es ist nur schade, dass die Handlungen am Schluss so überstürzt zum Ende gebracht wurden. Vielleicht musste es schnell gehen, um in Jugoslawien nach dem Blockbuster “Winnetou I” nun “ das große Filmspektakel
Winnetou II” auf die Beine zu stellen. Den nächsten Wallace-Erfolg drehte dann wieder Alfred Vohrer. Aber auch Harald Reinl sollte noch einmal an der Edgar-Wallace-Reihe beteiligt sein und seinen letzten klassischen Krimi drehen.
Dieser Inhalt wurde von Hans-Jürgen Osmers (@fritz k) zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!

Die Dreharbeiten zu "Zimmer 13" begannen am 25.11.1963. Das war genau heute vor 59 Jahren.

Morgen geht es hier mit Heinz Drache weiter.

Savini Offline



Beiträge: 756

25.11.2022 12:31
#966 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Zitat von Peter Ross im Beitrag #965
drehte das Trio mit “Der Teppich des Grauens”(1962) und “Die weiße Spinne”(1963) nur einen flauen und einen durchschnittlichen Krimi nach dem tschechischen Ersatz-Wallace-Autor Louis Weinert-Wilton abseits der immer hochwertigeren Rialto-Filme.

Das sehen in Bezug auf die "Spinne" sicher manche anders, da dieser Epigone oft sehr gelobt wird.
Zitat von Peter Ross im Beitrag #965
Richard Häußler hatte bereits in drei Wallace-Filmen erstklassige Performances hingelegt, aber sein fast wienerischer Heiratsschwindler-Charme erinnert hier eher an einen verstaubten Gangster aus den 1920er Jahren.

Gerade in dieser Rolle war ein gewisser Rest von Charme unverzichtbar, da Legge ja zwanzig Jahre vor der Filmhandlung der Liebhaber der Lady Marney gewesen war.
Zitat von Peter Ross im Beitrag #965
Die Psychothrill-Elemente waren nicht Reinls Sache und mit ein paar Szenen, in denen Karin Dor verwirrt auf das Gemälde mit dem Portrait ihrer Mutter blickt, war dieser Aspekt fast schon abgehakt und sollte am Ende des Films szenisch nicht weiter aufgelöst werden. (...) Da ist ein einziges Mal Karin Dor die psychisch kranke Mörderin und darf sie nicht spielen, weil sie im Film schon vor ihrer Entlarvung sterben musste. Ich hätte ihr das Schauspiel gegönnt und das gerne gesehen, bestimmt wäre sie sehr eindrucksvoll gewesen. Total verschenkt.

Ich fürchte, der Versuch, den Wahnsinn komplett zu spielen, wäre in diesem Kontext zu viel gewesen: Karin Dor war sicher talentiert, aber das hätte sie dann doch überfordert, da der Wahnsinn hier ja nicht nur darin bestand, jemanden die Augen rollen zu lassen (wie Kinski im "Zinker", Borsche im "Abt" oder Clarin im "Tuch"), sondern versucht wurde, eine "Erklärung" dafür zu bieten. Das Problem ist schlicht, dass eine solche Art der Begründung nicht in einen Film dieser Art passen will.
Zitat von Peter Ross im Beitrag #965
Keine Angst vor der Striptease-Szene, die dem Film FSK 18 einbrachte; das lässt sich in fast jedem Alter verkraften.

Wie bereits früher diskutiert, war die Begründung für die Altersfreigabe nicht die Striptease-Einlage (und auch nicht das spritzende Blut bei einem der Morde), sondern die Auflösung, wie Joachim Kramp aus den Unterlagen der FSK zitierte:Bewertet: "Zimmer 13" (1963/4, 15) (2)

Jan Offline




Beiträge: 1.753

25.11.2022 13:58
#967 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

"Zimmer 13" krankt m.E. an keinem der drei Betrüge ausschließlich, wobei alle drei aus meiner Sicht richtig angeführt werden. Es ist auch nicht unbedingt nur Harald Reinl, der hier sicher keine Sternstunde seines Schaffens hatte, der aber, vielleicht einmal abgesehen von der Führung Eddi Arents, solides Handwerk lieferte. Auch ist es m.E. nicht Karin Dor, die letztlich zu früh aus dem Rennen genommen wird und die als weibliche Irre mit Tiefgang sicher eine interessante Facette in die Reihe gebracht hätte, an der aber leider anno 1963 nun einmal so gar niemand Interesse hatte. "Zimmer 13" bringt m.E. der allzu geschäftliche Versuch zu Fall, sich hastig an das Posträuber-Thema zu hängen. Der Film wirkt anbiedernd und stillos. Das öde Skript kann nicht verbergen, dass sein Urheber keinerlei Interesse am Kriminalfilm hatte und letztlich den Auftrag übernahm, um nicht gleich vom Insolvenzverwalter zum Amtsgericht geschleppt zu werden (sondern erst zwei Jahre später bei "Neues vom Hexer"). Das "klassische Trio" - Fuchsberger, Dor und Reinl - kann sich da in Nuancen noch so strecken, und es können mit Will Tremper, Peter Thomas und Ernst W. Kalinke noch so hochrangige Köpfe beteiligt gewesen sein: allein - es hilft nix. Das Aufgreifen aktueller Themen in einem klassischen Wallace-Film ist in späteren Jahren beispielsweise beim Thema Mädchenhandel durchaus gelungen, bleibt aber dort vergleichsweise im Hintergrund, währenddessen der Postraub in seiner ganzen dilettantischen und streckenweise unfreiwillig komischen Darstellung massig Raum einnimmt. Die Rialto tat gut daran, diesen Pfad umgehend wieder zu verlassen und klassisch weiter zu machen.

Gruß
Jan

Havi17 Offline




Beiträge: 3.763

25.11.2022 15:00
#968 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Schon dieser Satz zu Zimmer 13 ist den Film nicht wert.

Gruss
Havi17

Peter Ross Offline



Beiträge: 2.000

25.11.2022 15:35
#969 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Ich hätte heute damit gerechnet, dass der Aufsatz, der ja durchaus Schwächen von Zimmer 13 aufzeigt, noch mehr auf andere freundliche Meinungen zum Film von "Zimmer 13"-Fans trifft.
"Zimmer 13" hat ja einige positive Elemente:
- Tolle und beeindruckende Außenaufnahmen wie zum Beispiel Schloss Vallø auf der dänischen Insel Seeland
- eine vielversprechende Besetzungsliste mit klasse Darstellern bis in die Nebenrollen
- eine ordentliche Filmmusik
Dazu stammt der Film aus dem Jahr 1963/1964. Hätte ich bis heute einen Wallace-Film noch nie gesehen und dürfte mir die Jahreszahl dieses Films wünschen, würde ich genau auf 1963/1964 setzen.
Aber irgendwie zieht der Film nicht.
Vielleicht liegt eine wichtige Erkenntnis einfach darin, dass bei mehreren verschiedenen Handlungssträngen diese miteinander gut verknüpft sein müssen, damit es dem Zuschauer Spaß macht. Bei "Der Frosch mit der Maske" funktioniert das mit dem Liebesspiel zwischen Frosch und Ella Bennet und den Verbrechen der Frosch-Bande noch sehr gut. Bei "Der Henker von London" stört mich die Parallelstory mit dem Frauenmörder schon mehr. Und hier gibt es zwischen dem Postraub und den Psycho-Aktivitäten von Denise Marney einfach kaum noch Zusammenhang. Außer vielleicht, dass sie in familiärer Beziehung zu Sir Robert Marney steht und sich prompt Johnny Gray in sie verliebt hat. Aber der geht am Ende dann ja bekanntlich leer aus.

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 644

25.11.2022 16:27
#970 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Zitat von Peter Ross im Beitrag #969
Ich hätte heute damit gerechnet, dass der Aufsatz, der ja durchaus Schwächen von Zimmer 13 aufzeigt, noch mehr auf andere freundliche Meinungen zum Film von "Zimmer 13"-Fans trifft.

Gut. Da springe ich mal in die Bresche. Mag den Film ohne großes Wenn und Aber. Mensch, ist halt ein schwarz-weißer Edgar-Wallace-Film der Sechziger Jahre, irgendwelche tiefergehende Psycho-Betrachtung kann man da eben nicht ernsthaft erwarten. Mir gefallen auch die beiden Handlungsstränge, die ich viel besser verknüpft finde als bei Reinls letztem Wallace-Beitrag mit dem peitschenschwingenden Mädchenhändler-Misogyn in Kapuze, der plötzlich der selbsterklärte Retter in einer mörderischen Erbschaftsgeschichte wird. Aber, die Geschmäcker sind halt verschieden. Die Filme sind halt nicht "immer gleich", sondern setzen auch unterschiedliche Schwerpunkte, wie eben der Frankenstein-Faktor bei der "Tür", der Detektive-Charakter wie beim "Fälscher" oder die "Zehn-kleine-Stärkerpigmentierte"-Fabel wie beim "Tuch" und und und ... Hier ist es eben ein gewisser Heist-Plot mit ein bisschen Psycho...

Peter Ross Offline



Beiträge: 2.000

25.11.2022 17:27
#971 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Hat man eigentlich bei der Rolle von Arent sich an Major Boothroyd (später "Q") aus James Bond jagt Dr. No orientiert? Weiß das jemand?

Savini Offline



Beiträge: 756

25.11.2022 19:55
#972 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Zitat von Peter Ross im Beitrag #971
Hat man eigentlich bei der Rolle von Arent sich an Major Boothroyd (später "Q") aus James Bond jagt Dr. No orientiert? Weiß das jemand?

Diese Frage wurde bereits am 20./21. Februar diskutiert.
Aus heutiger Sicht drängen sich zwar Assoziationen auf, diese dürften aber Zufall gewesen sein; siehe dazu diesen Beitrag:Edgar Wallace - Heute vor... (14)

Count Villain Offline




Beiträge: 4.616

25.11.2022 21:02
#973 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Hm, dann könnte man ja eher die These aufstellen, Bond hätte sich a Zimmer 13 orientiert.

Peter Ross Offline



Beiträge: 2.000

25.11.2022 21:06
#974 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Zitat von Savini im Beitrag #972
Zitat von Peter Ross im Beitrag #971
Hat man eigentlich bei der Rolle von Arent sich an Major Boothroyd (später "Q") aus James Bond jagt Dr. No orientiert? Weiß das jemand?

Diese Frage wurde bereits am 20./21. Februar diskutiert.
Aus heutiger Sicht drängen sich zwar Assoziationen auf, diese dürften aber Zufall gewesen sein; siehe dazu diesen Beitrag:Edgar Wallace - Heute vor... (14)

Deshalb kam es mir so bekannt vor, als hätte ich schon mal darüber nachgedacht.

Peter Ross Offline



Beiträge: 2.000

26.11.2022 08:42
#975 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten



26.11.

Heinz Draches Start ins Filmgeschäft


Ausgerechnet der Musikfilm "Einmal kehr’ ich wieder" von Géza von Bolváry aus dem Jahr 1953 sollte der erste Film der Karriere von Heinz Drache sein. Heutzutage dürfte er damit wohl kaum in Erinnerung gebracht werden. Da stehen natürlich die Edgar Wallace-Filme oder der Durbridge-Mehrteiler "Das Halstuch" im Vordergrund.
Aber wäre die Premiere am 26.11.1953 von „Einmal kehr ich wieder“ (auch Reinecker war an dem Film beteiligt) nicht erfolgt: Wer weiß, wie Draches Werdegang verlaufen wäre und ob er in Filmen wie "Der Zinker" mitgespielt hätte.



Hinweis: Dieser Text enthält Spoiler.
Der Zinker - Vohrers Wallace-Party
In der Hochphase der deutschen Wallace-Verfilmungen drehte Alfred Vohrer 1963 mit „Der Zinker“ seinen vierten Wallace-Film und legte damit eine Meisterleistung hin, die bisher wenig als solche erkannt und gewürdigt wurde: er erfand eine Filmsprache, die typisch und stilbildend für das Genre der Wallace-Filme wurde. Kamera, Schnitt und Sound wurden perfekter denn je aufeinander getimt. Obskure Kameraeinstellungen - oft mit fantasievollen Detailaufnahmen - , Zooms ran und weg, Reißschwenks, überraschende Schnitte und akustisch-musikalische Untermalungen lieferten diese sehr dichte Filmsprache voller Ideen und Gags und kreierten einen immer leicht ironischen und für Vohrer typisch „hysterischen Stil“ , wie der Filmhistoriker Georg Seeßlen einmal schrieb. Das deutete sich zugegebenermaßen auch schon in Vohrers ersten drei Wallace-Filmen an, aber in dieser Hinsicht ist „Der Zinker“ weiter und vollendeter. Ein Meisterwerk! Und das ist gar nicht einmal übertrieben, wenn man bedenkt, dass im kommerziellen Film-Milieu selten so viel Mut und Wahnsinn seitens der Regie investiert wurde - selbst damals nicht. Mit Karl Löb an der Kamera und Peter Thomas am Tonmischpult hatte Vohrer seine perfekte Crew für diese ganz eigene reißerische Filmästhetik beieinander.
Darüber hinaus wurden die handelnden Figuren konsequent bis ins Extrem getrieben. Klaus Kinski - fast selbst ein Reptil - erscheint jetzt als stummer Triebmensch noch animalischer und damit faszinierender als bisher. Eddi Arents und Siegfried Schürenbergs Komik gehen fast ins Surreale (in „Das indische Tuch“ wurde das teilweise noch weiter getrieben). Heinz Drache gibt sich maximal schnoddrig als klarer Felsen im ganzen Wahnsinn des bizarren Treibens. Unter all den anderen vielen hervorragenden Darstellern fallen besonders Agnes Windeck und Albert Bessler als beeindruckende Extreme mit stilisierten Darstellungen auf.
Dieser „hysterische Stil“ entspricht Edgar Wallace tatsächlich auch insofern, als dass Wallace selbst auch an größtmöglicher sensationeller Wirkung seiner Einfälle interessiert war. Natürlich drängt so eine artifizielle Gestaltung in Richtung Comic-Strip, was das Ganze aber 1963 um so moderner wirken ließ! Schließlich gab man sich so nicht der Blöße hin, man könnte die Story ernst meinen. Und damit ist „Der Zinker“ dann auch näher als ein anderer Film bisher an dem Genre der Krimikomödie angelangt, wenn man „Das Rätsel der roten Orchidee“ als etwas zu einfachen und etwas zu albernen Versuch in diese Richtung übergeht.
Sicher, vielleicht ist der ältere „Die toten Augen von London“ oder ein ander Vohrer-Film wie „Das indische Tuch“ oder „Der Hexer“ in der Summe sogar ein noch besserer Film - das mag jeder für sich entscheiden. Und es mag natürlich Leute geben, denen dieser überhitzte Stil insgesamt weniger zusagt.
Allerdings muss man Alfred Vohrer anerkennend zugestehen, hier mit „Der Zinker“ endgültig eine Wallace-spezifische Filmsprache gefunden zu haben, die dann zum Maßstab und Richtwert auch für andere Regisseure werden sollte, zumal Horst Wendlandt absolut überzeugt von seinem Hauptregisseur war und somit Franz-Josef Gottlieb ( „Der schwarze Abt“) und Harald Reinl („Der unheimliche Mönch“) auch in diese Richtung drängte - was aber gar nicht unbedingt Sache dieser beiden Regisseure war. Möglicherweise gefällt auch manch einem Wallace-Fan eher die klassische einfache Filmsprache wie in Reinls „Die Bande des Schreckens“ oder die etwas ernster expressionistisch angehauchte wie in von Bakys „Die seltsame Gräfin“.
Dennoch dürfte sich die Vohrer-Ästhetik für jeden Zuschauer ziemlich schnell als „Look and Sound“ der Wallace-Filme eingebrannt haben, vor allem auch weil die Vohrer-Schwarzweißfilme alle schon mehrfach in den 1970er Jahren vom ZDF ausgestrahlt wurden und folglich besonders bekannt waren. Erst mit den Farbfilmen hat das dann stilistisch nicht mehr so konsequent hingehauen und noch deutlicher entfernt sind die englisch geprägten Wallace-Filme von Vohrers Stil, alles gerät da so schwer und ernst!
Übrigens finde ich eine oft genannte Schwäche des Films, den Täter schon zu früh und zu leicht erraten zu können, angesichts der tollen Überführungsszenen gar nicht so schlimm. Ich weiß nämlich eh seit Februar 1977, wer der Zinker ist.
Vielleicht lege ich den Reisser gleich mal wieder in den DVD-Player, um mich von den Zooms, Schnitten und Sounds so richtig durchschütteln zu lassen. Dann schmeißt Vohrer mal wieder eine richtige Wallace-Party!
Dieser Inhalt wurde von Hans-Jürgen Osmers (@fritz k) zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!

"Der Zinker" war sicher einer der Klassiker mit Heinz Drache. Sein erster Film "Einmal kehr’ ich wieder" hatte jedoch bereits am 26.11.1953 Premiere. Das war heute vor 69 Jahren.

Morgen knüpfen wir an den letzten Edgar Wallace Film von Heinz Drache an.

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