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 Edgar-Wallace-Forum
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Savini Offline



Beiträge: 756

27.10.2022 09:52
#901 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Zitat von Peter Ross im Beitrag #900
Und am Sonntag geht es mit einem Darsteller weiter, der bei Wallace auch in zwei Filmen mitwirkte, bei denen auch Jochen Brockmann dabei war.

Vermute ich richtig, dass er am Sonntag seinen 113. Geburtstag gefeiert hätte?

Peter Ross Offline



Beiträge: 2.000

27.10.2022 11:19
#902 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Zitat von Savini im Beitrag #901
Zitat von Peter Ross im Beitrag #900
Und am Sonntag geht es mit einem Darsteller weiter, der bei Wallace auch in zwei Filmen mitwirkte, bei denen auch Jochen Brockmann dabei war.

Vermute ich richtig, dass er am Sonntag seinen 113. Geburtstag gefeiert hätte?

Das könnte sein... Ich werde aber auch den zweiten Geburtstag nicht vergessen: Ein Darsteller, der in mindestens 5 Filmen mitwirkte und wahrscheinlich in Neues vom Hexer seine größte Rolle hatte.

Mr Keeney Offline




Beiträge: 1.365

27.10.2022 12:30
#903 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Das ist schon etwas kurios: so wie ich kürzlich gefühlsmäßig überrascht war, in wie vielen Krimis der 60er Hans Nielsen doch mitgespielt hat, so war ich es just ebenso bei Richard Häussler wegen des umgekehrten Falls (dass es doch „nur“ 4 waren).
Und dann sind auch noch beide bereits Mitte der 60er in ihren 50ern verstorben…merkwürdig!

Peter Ross Offline



Beiträge: 2.000

30.10.2022 09:25
#904 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten



30.10.

Carl Lange hätte heute seinen 113ten Geburtstag gefeiert




Hinweis: Dieser Text enthält Spoiler.
Carl Lange - einschüchternde Präsenz
Carl Langes Filmkarriere begann eigentlich erst im fortgeschrittenen Alter von 48 Jahren mit dem Film “Der Stern von Afrika” (1957) - übrigens auch der erste Film von Hansjörg Felmy und Horst Frank. Darauf folgten in schneller Folge viele Filme aus allen Genres: Heimatfilme, Literaturverfilmungen, Kriegsfilme, Western und schließlich auch Kriminalfilme. Ziemlich schnell war er auch in einer Unzahl verschiedener Fernsehspiele zu sehen.
Wenn Carl Lange im Film auftaucht, macht zuerst seine physische Präsenz schon einmal mächtig Eindruck. Der große Flensburger wirkte statisch, robust und bisweilen fast wie ein brutalistisches Monument. Der Kurzhaarschnitt mit dem angegrauten Haar, das große grobe Gesicht voller Entschlossenheit und die raue Stimme unterstrichen diesen Eindruck. Aber es war auch sein Schauspiel, das ihn zu einer unverwechselbaren Figur im deutschen Film werden ließ. Seine ernsten Charaktere waren meist gefestigt, unbeirrbar, schweigsam, unbeugsam und dabei auf kraftvolle Weise handlungsfähig bis brutal. Spielte er positive Rollen, war er dann auch ein betont positiver Charakter - oft im krassen Gegensatz zu seiner negativen Umwelt ( „Nachts, wenn der Teufel kam“, “Fabrik der Offiziere”, „Winnetou III“ und andere). In vielen negativen Rollen hingegen wirkte der große Nordeuropäer sehr einschüchternd auf die Figuren seiner Spielpartner - und auch auf uns.
Carl Lange spielte in dem ersten Rialto-Edgar Wallace- Film „Der Frosch mit der Maske“ (1959) einen autoritären Vater, der seinen Sohn aus dem kriminellen Milieu ziehen will und ist damit exzellent besetzt. Schweigsam, mysteriös, doch sehr entschlossen, erweist er sich gar als Old Ben - Henker von London. Regisseur Harald Reinl besetzte ihn in insgesamt neun Filmen, so auch in dem eher schwächeren Weinert-Wilton-Krimi „Der Teppich des Grauens“ (1962), in dem Carl Lange die geheimnisvollste und interessanteste Figur spielt.
Auch mit Alfred Vohrer drehte Carl Lange ab 1964 fünfmal. In „Wartezimmer zum Jenseits“ war er als narbiger und höchst brutaler Mörder genauso beeindruckend wie als rücksichtsloser Priester in dem Edgar-Wallace-Klassiker „Der Hexer“ (1964).
Kultverdächtig furchteinflößend gestaltete er schließlich den Irrenarzt Dr. Mangrove in Vohrers Wallace-Reißer „Die blaue Hand“ (1967) und erweist sich dabei durchaus auch geeignet als Gothic-Horror-Darsteller, wozu ihm Reinl in „Die Schlangengrube und das Pendel des Todes“ (1967) Gelegenheit bietet.
Immer wieder waren es Ärzte, Geistliche, Generäle, alle möglichen Vorgesetzten, die ein Höchstmaß an Autorität ausstrahlten und ihrer Umwelt nicht selten Angst machten. So zum Beispiel in allen drei Kommissar-Folgen, in denen er mitspielte - als unantastbarer Firmenchef, strenger Vater oder moralischer Onkel.
Leider sind Hauptrollen für solch einen Typ extrem rar gesät, aber es gibt sie doch! Als Höhepunkt seiner Karriere kann man Carl Langes letzten Film unter seinem Stammregisseur Harald Reinl sehen. „Schloss Hubertus“ (1973) bot dem Darsteller sperriger Charaktere endlich solch eine Hauptrolle - als autoritärer Graf Egge Sennefeld, der an seiner zwischenmenschlichen Kälte und seiner Jagdleidenschaft zugrunde geht.
Carl Lange war infolge seines Rollenfachs zwar kein Star, aber eine unverwechselbaren Figur im deutschen Film. Jeden seiner Filme und zahllosen Fernsehspielen hat er durch seine kraftvolle Präsenz gehörig aufgewertet.
Dieser Inhalt wurde von Hans-Jürgen Osmers (@fritz k) zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!

Carl Lange ist am 23.06.1999 im Alter von 89 Jahren verstorben. Geboren ist er am 30.10.1909. Das war heute vor 113 Jahren.

Weitere Ereignisse:
- 30.10.1884: Geburt Rudolf Forster
- 30.10.1986: Tod Fritz Tillmann
- 30.10.1988: Tod Ernst-Fritz Fürbringer
- 30.10.1916: Geburt Heinz Spitzner

Und morgen werde ich an Heinz Spitzner erinnern, der ebenfalls heute seinen Geburtstag hätte feiern können.

Havi17 Offline




Beiträge: 3.763

30.10.2022 12:28
#905 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Kraftvolle Präsenz, Du hast es wieder auf den Punkt gebracht. Was wäre der Hexer ohne "den vielseitigen Priester"

Gruss
Havi17

Savini Offline



Beiträge: 756

30.10.2022 18:42
#906 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Wieder ein gelungenes Porträt - und wieder eines, bei dem es mich wundert, dass der Betreffende nicht mehr Wallace-Rollen spielte!
Ein Blick in die Wikipedia verrät, dass seine Arbeiten vor der Kamera im Laufe der 70er/80er kontinuierlich weniger wurden. Ob manche Forumsmitglieder, die seinen Tod 1999 registriert haben, überrascht darüber waren, dass er zuvor noch am Leben war?

Zitat von Peter Ross im Beitrag #904
Spielte er positive Rollen, war er dann auch ein betont positiver Charakter - oft im krassen Gegensatz zu seiner negativen Umwelt ( „Nachts, wenn der Teufel kam“, “Fabrik der Offiziere”, „Winnetou III“ und andere).

Dass er in "Winnetou III" den rechtschaffenen Gouverneur spielte war mir lange Zeit gar nicht bewusst - vielleicht weil er dort (von Curt Ackermann) fremdsynchronisiert wurde?
Zitat von Peter Ross im Beitrag #904
Kultverdächtig furchteinflößend gestaltete er schließlich den Irrenarzt Dr. Mangrove in Vohrers Wallace-Reißer „Die blaue Hand“ (1967) und erweist sich dabei durchaus auch geeignet als Gothic-Horror-Darsteller, wozu ihm Reinl in „Die Schlangengrube und das Pendel des Todes“ (1967) Gelegenheit bietet.

Unter Reinls Regie spielte er im "Tod im roten Jaguar" mit Dr. Saunders einen ähnlich diabolischen Arzt wie Dr. Mangrove, allerdings fällt diese Rolle deutlich kleiner aus (auch hier hat er übrigens eine fremde Stimme - die von Arnold Marquis).

Peter Ross Offline



Beiträge: 2.000

30.10.2022 19:46
#907 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Zwar listet wikipedia das Geburtsjahr 1909, teilweise heißt es aber 1905. Gibt es dazu eigentlich weiterführende Recherchen?

Peter Ross Offline



Beiträge: 2.000

31.10.2022 08:00
#908 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten



31.10.

Heinz Spitzner hätte seinen 106ten Geburtstag gefeiert


Hinweis: Dieser Text enthält Spoiler.
Heinz Spitzner - ein außerordentlich variabler Nebendarsteller
Was weiß man schon von den Nebendarstellern alter Filme, die immer mal auftauchten, aber nach kurzen Momenten durch die Hauptdarsteller an den Rand oder gar ins Aus gedrängt wurden. Trotzdem speichert das Gehirn manche Akteure doch irgendwie ab und erkennt sie bestenfalls sogar wieder.
An Heinz Spitzner erinnere ich mich besonders gut. Zum ersten Mal sah ich ihn in „Die Brücke“ (1959, Bernhard Wicki) ganz bewusst. Gefreut habe ich mich auch, Spitzner als braven Bankangestellten in der wunderbar komödiantischen Folge „Die Kiste“ aus „Das Kriminalmuseum“ (1967, Wolfgang Becker) wiederzusehen. Inflationär oft trat Heinz Spitzner nicht in Film und Fernsehen auf, aber um so interessanter ist es, dass er doch im Gedächtnis bleibt.
Seine Figuren waren interessante Charaktere mit einem breiten Spektrum von Möglichkeiten. Sie konnten pedantisch, unsicher, hintergründig, naiv, witzig oder unheimlich sein. Dass er besonders auf komische Rollen im Theater spezialisiert war, machte ihn besonders geeignet für Edgar-Wallace-Filme, denn gerade diesem leichten und bisweilen selbstironischen Genre kamen in Nebenrollen Karikaturen viel mehr entgegen als schwere Charakterdarsteller. Anscheinend waren Alfred Vohrer und Heinz Spitzner Männer, die sich gut verstanden haben. Spitzner spielte nämlich in sieben Kinofilmen des Kultregisseurs, darunter in fünf Edgar-Wallace-Filmen. “Der Zinker” (1963) brauchte ihn als eckigen und durchaus leicht verdächtigen Polizeiarzt. Gerade zuvor hatte man nämlich in “Das Gasthaus an der Themse” (1962) gewisse Erfahrungen mit Polizeiärzten gemacht. Die größte Rolle bei Edgar Wallace hatte Spitzner schließlich in “Neues vom Hexer”(1965) als verunsicherter Familienanwalt Bailey mit jeder Menge Dreck am Stecken. Fast wäre er damit in die Reihe bekannterer Darsteller aufgestiegen, doch in den nächsten Filmen waren es dann wieder höchst unterschiedliche Kleinrollen.
Seine Hauptbeschäftigung war allerdings auch nicht der Film, sondern das Theater. In Berlin und Hamburg stand er sehr oft auf der Bühne. Gerne hätte ich ihn in der erfolgreichen Inszenierung “Die zwölf Geschworenen” im Ernst-Deutsch-Theater gesehen, aber leider war das lange vor meiner Zeit.
Bevor Heinz Spitzner (1916-1992) von der Welt bald endgültig vergessen wird, war es mir ein Bedürfnis diese wenigen Zeilen noch über ihn zu schreiben, denn ich habe mich jedes Mal gefreut, ihn zu sehen.
Dieser Inhalt wurde von Hans-Jürgen Osmers (@fritz k) zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!

Heinz Spitzner ist am 14.09.1992 im Alter von 75 Jahren verstorben. Geboren ist er am 30.10.1916. Das war gestern vor 106 Jahren.

Und am Freitag geht es mit einem Wallace-Film weiter, in dem ursprünglich Agnes Windeck, Hans Clarin und Günther Stoll mitwirken sollten. Der Film wurde zwar realisiert, es spielten dann aber doch ganz andere Darsteller mit.

Savini Offline



Beiträge: 756

31.10.2022 08:09
#909 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Zitat von Peter Ross im Beitrag #908
Gerne hätte ich ihn in der erfolgreichen Inszenierung “Die zwölf Geschworenen” im Ernst-Deutsch-Theater gesehen, aber leider war das lange vor meiner Zeit.

Vermute ich richtig, dass er dort die Nr. 4 verkörperte?

Peter Ross Offline



Beiträge: 2.000

01.11.2022 11:07
#910 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Zitat von Savini im Beitrag #909
Zitat von Peter Ross im Beitrag #908
Gerne hätte ich ihn in der erfolgreichen Inszenierung “Die zwölf Geschworenen” im Ernst-Deutsch-Theater gesehen, aber leider war das lange vor meiner Zeit.

Vermute ich richtig, dass er dort die Nr. 4 verkörperte?

Das sollte passen. Wirkliche Quellen habe ich aber nicht gefunden.

Peter Ross Offline



Beiträge: 2.000

04.11.2022 08:10
#911 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten



04.11.

Am 04.11.1968 starteten die Dreharbeiten zu "Der Mann mit dem Glasauge"





Hinweis: Dieser Text enthält Spoiler.
Der Mann mit dem Glasauge - einer stört
1968 gab es gewaltige Umbrüche, die nichts geringeres waren als eine Kulturrevolution. Altes fiel mit einem mal total aus der Zeit, neues war noch nicht so recht greifbar. Und genau das spiegelt in der Filmwelt - oder präziser gesagt, in der Karriere des Regisseurs Alfred Vohrer - der Edgar-Wallace-Film „Der Mann mit dem Glasauge“ wieder. Vohrer, der 1967/68 bereits fünf (!) knallbunte Grusel-Wallace-Filme gedreht hatte, bekam verständlicherweise Lust, etwas neues zu machen. Auch Produzent Horst Wendlandt wollte seine Erfolgsserie auffrischen, denn die Zuschauerzahlen der letzten sieben Filme gingen wellenförmig nach unten. Man hatte mit immer mehr Geisterbahngrusel dagegen gehalten, aber der letzte Film mit einem als Gorilla maskierten Täter war dann endgültig die Form von Horror, die man höchstens auf einem Kindergeburtstag zur drolligen Unterhaltung servieren konnte, während anderswo auf der Welt George Romero “Zombie” drehte oder die Italiener sich auf Giallos einstimmten.
So bekam „Der Mann mit dem Glasauge“ dann etwas mehr Ernst. Ein maskierter Messerwerfer, der eigentlich in einem Dario-Argento-Film etwas hätte werden können, wirkt schon mal viel unheimlicher als vermummte Gestalten in Faschingskostüm.
Auch die plötzlich vielen jungen Frauen, die man immer gerne als Opfer sieht, sollen dem Film in Zeiten der sexuellen Revolution einen modernen und freigeistigen Touch geben. Wir sehen Christiane Krüger, Iris Berben, Marlies Draeger, Heidrun Hankammer oder Ewa Strömberg als Nebendarstellerinnen und fühlen uns manchmal ein bisschen wie in einem Giallo.
Aber der neue Ernst entstand zu einem erheblichen Teil auch durch etwas Melodramatik, die bisher in einem Wallace-Film nichts zu suchen hatte. Bittere Melancholie umhaucht nämlich die tragische Liebesgeschichte von Fritz Wepper und Karin Hübner als unglückliches Paar und Friedel Schuster als böse Schwiegermutter. Das fühlt sich ein kleines bißchen an wie in einem Simmel-Film der 1970er Jahre.
Daneben gibt es Gangster ohne Ende. Harry Wüstenhagen, Harry Riebauer, Arthur Binder, Klaus Miedel und gefühlt auch Otto Czarski und Jan Hendriks sind die offensichtlichen Gesetzesbrecher, die sich verhalten, wie man es aus Jerry-Cotton-Exploitation kennt.
Horst Tappert als Inspektor ist ein völlig anderer Typ als die Wallace-Ermittler vergangener Tage - nicht mehr der Frauenbeschützer und potentielle Ehemann, eher ein harter Erwachsener, der in der Lage ist, die wilde Jugend zu ordnen. Das ist nicht mehr die uns bekannte Wallace-Welt, sondern viel näher an einem stilisiertem Realismus, wie zum Beispiel noch deutlicher in den nächsten beiden exzellenten Vohrer-Krimis „Sieben Tage Frist“ (1969) und „Perrak“(1969). Viele bekannte Gesichtern aus vergangenen Tagen sieht man hier in Farbe in einer plötzlich moderneren Welt agieren.
Giallo, Simmel, Jerry Cotton, Vohrers 70er-Krimis: eine spektakuläre Mischung, die funktionieren kann und einen üppigen Unterhaltungswert verspricht!
Aber wo bleibt Wallace?
Gibt’s auch! Natürlich ist der Schauplatz London typisch für Edgar Wallace. Allerdings frage ich mich, warum der Film in London spielen soll, wäre in dieser Stilistik nicht eine deutsche Stadt wie Hamburg passender, härter, realistischer?
Auch der Klamauk kommt aus der Wallace-Film-Tradition. Hubert von Meyerinck, Ilse Pagé und Stefan Behrens feuern kräftig Gags ab, bei denen man seltener lacht und häufiger betreten auf den Boden schaut. Wenn ich diesen Film mal meinen Leuten vorstelle, hab ich immer das Bedürfnis, mich ein bisschen für die Gags zu entschuldigen. Und dann diese immer wiederkehrende Angelegenheit, dass westeuropäische Mädchen in Bordelle der Dritten Welt verfrachtet werden, weil man meint, da Reibach machen zu können: das sind Schreckensvisionen aus der Kolonialzeit, denen möglicherweise auch der alte Wallace anhing.
Zusammengefasst: Edgar Wallace wird nicht mehr gebraucht - die Geschichte ist sowieso nicht von ihm (die Grundzüge der Story gibt es schon im Bryan Edgar Wallace -Film „Das Phantom von Soho“ und das Buch ist über Drehbuchautor Ladislas Fodor irgendwie zu Horst Wendlandt gekommen)
Stil und Atmosphäre wollen außerdem jetzt auch etwas ganz anderes. Alfred Vohrer weiß das und wird sich vom Wallace-Ballast frei machen. Er wird jetzt ganz andere, aber ebenfalls gute Kriminalfilme drehen. Den alten Wallace-Stil kann und will man nicht mehr machen - niemand. Die Zeiten sind ganz andere geworden, so ist das Leben.
Zwar hoffen die Produzenten Wendlandt und Brauner noch, über den Namen Wallace Zuschauer ins Kino zu locken, so dass noch mindestens sieben weitere Kriminalfilmen den Stempel Wallace aufdrückt bekommen, doch all diese mehr oder weniger guten Filme haben nichts mehr mit Edgar Wallace zu tun. Wenn Fans unbedingt wollen, dass das auch allesamt Wallace-Filme sind, meinetwegen. Aber eigentlich ist schon 1968 die Zeit für diesen Stil vorbei.
„Der Mann mit dem Glasauge“ bietet einen neuen Mix, der von Vohrer erstmals ausprobiert wird und noch etwas holzig daherkommt. Das wird aber besser werden! Edgar Wallace stört da nur.
Dieser Inhalt wurde von Hans-Jürgen Osmers (@fritz k) zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!

Erster Drehtag für "Der Mann mit dem Glasauge" war der 04.11.1968. Das war heute vor 54 Jahren.

Weitere Ereignisse
- 04.11.1976: Tod Massimo Dallamano
- 04.11.1985: Tod Rudolf Fernau

Am Sonntag gedenken wir dem 5. Todestag einer großartigen Darstellerin, die in 5 Edgar Wallace Filmen mitgewirkt hat.

Havi17 Offline




Beiträge: 3.763

04.11.2022 11:11
#912 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

@Fritz_K: Danke für diese dem Zeitgeist gerechten Zusammenfassung.

Gruss
Havi17

Fabi88 Offline



Beiträge: 3.905

04.11.2022 12:49
#913 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

@fritz k:
Auch von mir ein Dank für die zutreffende Beschreibung!
Wie Du schon schreibst, passt das Ganze eher nach Hamburg. Rolf Olsen versuchte sich etwa zur selben Zeit dann ja auch in seinen St. Pauli-Krimis an dieser Mischung aus Sittengmälde, Giallo, Rotlichtmilieu und Cotton-/Wallace-Krimi-Elementen, wo das Ganze auch aus meiner Sicht stimmiger wirkt, wenn es auch noch eine Spur schmieriger ausfällt und natürlich die Budgets kleiner waren (wobei: sicher kann man sich da nicht einmal sein).
Es war wohl dann eine Mischung aus St. Pauli-Krimis und italienischen Gialli im Kino und des größer werdenden Krimi-Angebots im TV, die Wallace "unnötig" machten.
Mehr Gewalt und Schauwerte gab's beim Giallo, das Schmierige war bei St. Pauli-Krimis ausgeprägter und die einstigen Alleinstellungsmerkmale Grusel und Komik gelangen den Wallace-Filmen immer weniger, da Vohrer Ersteres (schon immer) eher ironisch und selten wirklich bedrohlich nutzte und die Komik in peinliche "Pennäler-Filme"-Richtung abdriftete. Klassischer "Grusel" war ohenhin nicht mehr gefragt, das bekam ja auch Hammer zu dieser Zeit kräftig zu spüren.
Wie hätte man Wallace retten können? Aus meiner Sicht gar nicht. Zurück zu den Wurzeln wie "Der Frosch mit der Maske" und "Das Gasthaus an der Themse" hätte nur noch die ältere Zuschauerschicht bei Laune gehalten, aber die jungen Zuschauer endgültig verloren. Gialli "made in Germany" wäre quasi, als wolle man den Amerikanern Cola verkaufen - die Italiener hatten das Genre einfach drauf. Und etwas eigenständiges (was ja Vohrer versuchte) wirkte zunehmend wie Etikettenschwindel.
Die Idee das Ganze ernsthafter zu gestalten, war ja gar nicht so grundverkehrt, mit Sir Arthur und "komischen Assistenten" wie Stefan Behrens funktionierte die altbewährte Balance zwischen Spannung und Entspannung aber gar nicht mehr. Bordelle und 68er-Thematik wollten auch zum ollen Wallace und was man davon erwartete nicht passen. Man musste sich einfach von Wallace verabschieden und auf die Suche nach zeitgemäßeren Autoren gehen. Das tat dann ja Waldleitner mit Simmel.

Savini Offline



Beiträge: 756

04.11.2022 15:04
#914 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Ein interessanter Essay, der die stilistischen Widersprüche dieses Films gut auf den Punkt bringt!

Zitat von Peter Ross im Beitrag #911
Aber der neue Ernst entstand zu einem erheblichen Teil auch durch etwas Melodramatik, die bisher in einem Wallace-Film nichts zu suchen hatte. Bittere Melancholie umhaucht nämlich die tragische Liebesgeschichte von Fritz Wepper und Karin Hübner als unglückliches Paar und Friedel Schuster als böse Schwiegermutter. Das fühlt sich ein kleines bißchen an wie in einem Simmel-Film der 1970er Jahre.

Ob es Zufall war, dass Alfred Vohrer wenige Jahre später mehrere Simmel-Romane verfilmte?
Zitat von Peter Ross im Beitrag #911
Natürlich ist der Schauplatz London typisch für Edgar Wallace. Allerdings frage ich mich, warum der Film in London spielen soll, wäre in dieser Stilistik nicht eine deutsche Stadt wie Hamburg passender, härter, realistischer?

Ehrlich gesagt, habe ich bei der "Themsetoten" und der "Stecknadel" mehr Probleme mit dem englischen Handlungsort, da diese Geschichten besser nach Deutschland oder Italien passen würden.
Zitat von Peter Ross im Beitrag #911
Den alten Wallace-Stil kann und will man nicht mehr machen - niemand. Die Zeiten sind ganz andere geworden, so ist das Leben.
Zwar hoffen die Produzenten Wendlandt und Brauner noch, über den Namen Wallace Zuschauer ins Kino zu locken, so dass noch mindestens sieben weitere Kriminalfilmen den Stempel Wallace aufdrückt bekommen, doch all diese mehr oder weniger guten Filme haben nichts mehr mit Edgar Wallace zu tun. Wenn Fans unbedingt wollen, dass das auch allesamt Wallace-Filme sind, meinetwegen. Aber eigentlich ist schon 1968 die Zeit für diesen Stil vorbei.

Nicht umsonst meint Joachim Kramp in seinem Buch, dass die Wallace-Serie für viele bereits mit diesem Film endete.

Peter Ross Offline



Beiträge: 2.000

06.11.2022 12:10
#915 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten



06.11.

Heute vor 5 Jahren ist "Miss Krimi" Karin Dor leider verstorben




Eine der bekanntesten weiblichen Hauptdarstellerinnen der Wallace-Filme war sicherlich die sympathische Karin Dor.
Unter Edgar Wallace - Heute vor... (47) habe ich bereits einen ausführlichen Artikel zu ihr veröffentlicht.

Karin Dor ist am 22.02.1938 geboren. Am 06.11.2017 ist sie leider im Alter von 79 Jahren verstorben. Heute ist ihr fünfjähriger Todestag.

Am Dienstag geht es mit einem Edgar-Wallace-Film weiter, an dem mindestens zwei Regisseure beteiligt waren.

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