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Dieses Thema hat 1.110 Antworten
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 Edgar-Wallace-Forum
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Peter Ross Offline



Beiträge: 2.000

16.10.2022 09:29
#856 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten



16.10.

Am 16.10.1967 starteten die Dreharbeiten zu "Der Hund von Blackwood Castle"




Hinweis: Dieser Text enthält Spoiler.
Der Hund von Blackwood Castle - kranke Party zum Jubiläum
Jeder Mensch weiß, wie prägend Filme sein können, die man in ganz jungen Jahren sieht. Meinen ersten Edgar-Wallace-Film hab ich mit sechs Jahren 1974 gesehen, und ich war sofort bis zum Äußersten von diesem mir unfassbar sensationell erscheinenden Film begeistert. Das war „Der Hund von Blckwood Castle“- damals noch zwangsläufig nur in Schwarzweiß, da unser erster Farbfernseher erst 1975 kam. Bedauerlicherweise war meine Mutter der Auffassung, dass ich mal lieber ins Bett gehen solle und dieser Film sowieso nichts für mich wäre. Deswegen war die Szene, in der sich Doc Adams und Grimsby im Moor treffen, auch schon die letzte Szene, die ich noch sehen durfte. Meine Leidenschaft für Edgar-Wallace-Filme war allerdings damit entfacht.
Als ich den Film 1977 endlich im Ganzen sah, empfand ich leichte Ernüchterung. Mir erschien doch alles ein klein wenig profaner als beim ersten Sehen, vor allem im Vergleich zu den aufregenden und wirklich schwarzweißen Streifen, die man 1977 auch vierwöchig im ZDF sehen konnte. In den 1980iger kam mir alles noch profaner vor. Ich fühlte mich beim Film sehen manchmal doch mehr an den Drehort auf der Pfaueninsel versetzt als ins imaginäre Moor bei Blackwood Castle. Da hat man es sich ein bisschen leicht gemacht. In „Das Wirtshaus von Dartmoor“ oder in der Kommissar-Folge „Der Moormörder“ sah der Schauplatz Moor erheblich stimmungsvoller aus. Allerdings war das auch wiederum wirklich in Schwarzweiß gedreht worden.
Sehen wir das ganze Filmspektakel mal lieber als Jubiläumsparty mit bunten Bildern und bunter Story. Der 25. Wallace-Film der Rialto in nur acht Jahren war wirklich ein Grund zum Feiern. Und ob die Idee, einen Hund mit tödlichem Biss durchs neblige Moor zu schicken, von Edgar Wallace oder Arthur Conan Doyle stammte, war sowohl Alfred Vohrer als auch Horst Wendlandt herzlich egal, wenn es in den Wallace-Stil zu passen schien. Doch Drehbuchautor Herbert Reinecker war es anscheinend lieber - wie schon bei seinen beiden vorangegangen Drehbüchern - sein Pseudonym Alex Berg vorzuschieben.
Die hanebüchene Geschichte hat dabei eine innere Logik und ist dramaturgisch viel konsequenter als in den drei vorangegangenen Filmen. Und es gibt auch eine attraktive Besetzung: Heinz Drache und Karin Baal in den Hauptrollen, dazu mit Hans Söhnker und Horst Tappert ein alter und ein neuer Filmstar sowie zahlreiche Schauspieler und Schauspierinnen, die in der Wallace-Serie schon beliebt waren, wie Agnes Windeck, Siegfried Schürenberg, Harry Wüstenhagen, Mady Rahl und viele mehr. Da fällt es kaum auf, dass Eddi Arent und Klaus Kinski mittlerweile nicht mehr zum konstanten Darstellerensemble zählten.
Als geheimnisvoller Akteur in den haarsträubenden Ereignissen macht Heinz Drache einen exzellenten Eindruck, Karin Baal besticht als ebenso attraktive wie selbstbewusste Frau und Horst Tappert darf noch richtig schauspielern, bevor er allmählich zum Dauer-Ermittler versteinert. Aber auch die Nebendarsteller bieten beste Performances. Da ist der bald nach dem Film verstorbene Alexander Engel, der statt des ursprünglich eingeplanten Ralf Wolter die Rolle des versoffenen und sarkastischen Dorfarzt so glänzend gespielt hat, dass ihm eigentlich dafür noch ein Karriereschub zugestanden hätte. Otto Stern stellt sein ihm eigenes Charisma natürlicher Autorität dem bösen Kapitän Wilson zur Verfügung und erscheint somit als einer der bösesten Charaktere der Serie. Schließlich muss man unbedingt auch Arthur Binder loben. Der auf tumbe Verbrecher abonnierte Kleindarsteller wird hier mit der größten Filmrolle seines Lebens beschenkt und füllt sie perfekt aus. Als einäugiger Diener Grimsby ist er das hässliche Aushängeschild des Verbrechens, ein Faktotum, das wir bei den niedersten Aufgaben der Durchführung perfider Morde begleiten dürfen.
Wir sehen hier einen Film, in dem ständig bis fast schon inflationär etwas drastisches passiert. In Farbe werden Erinnerungen an ältere Wallace-Filme jetzt zu einem fast psychedelischen Jubiläumstrip zusammengemixt. Und dafür muss Peter Thomas die Musik schreiben, denn der überhitzte Wahnsinn des Alfred-Vohrer-Films mit all den reißerischen Kamerafahrten, Einstellungen beobachtender Augen und spektakulären Ausleuchtungen braucht einen knalligen Sound, den nur der Berliner Soundexperte liefern kann. Mit kreischenden Trompeten auf wilden Funkbeats, die sich nicht hinter einem James Brown verstecken müssen, wird die Filmparty zu einem sanguinischem Vergnügen.
Trotz allem, nach 25 Rialto-Filmen zeigen sich auch schon Erkrankungen der in die Jahre gekommenen Serie. Man dreht preisgünstig, was den Zuschauern nicht immer verborgen bleibt; man vertraut nicht mehr auf Edgar Wallace‘ Stoffideen und Alfred Vohrer pumpt die bewährte Stilistik so extrem hoch, wie es nur geht. Immer mehr und mehr. Es erinnert an den Turmbau zu Babel, und wir sind inzwischen schon schwindelerregend hoch. Schon bald nach diesem Jubiläumsfilm kann nur noch der Zusammenbruch kommen. Aber das ist noch nicht jetzt, wir leben im heute, also feiern wir den Moment.
Dieser Inhalt wurde von Hans-Jürgen Osmers (@fritz k) zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!

Die Dreharbeiten zu "Der Hund von Blackwood Castle" starteten am 16.10.1967. Das war heute vor 55 Jahren.

Morgen geht es mit einem Darsteller weiter, der 94 Jahre alt wurde und damit eines der höchsten Lebensalter aller Wallace-Stars erreichte.

Havi17 Offline




Beiträge: 3.763

16.10.2022 14:33
#857 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Toll! Du solltest TV Ansager für die Wallace Filme machen, das macht solch einen Appetit, daß man den Film nur als Hauptgang wahrnimmt.

Gruss
Havi17

Savini Offline



Beiträge: 756

16.10.2022 14:35
#858 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Zitat von Peter Ross im Beitrag #856
Morgen geht es mit einem Darsteller weiter, der 94 Jahre alt wurde und damit eines der höchsten Lebensalter aller Wallace-Stars erreichte.

Ich vermute, er spielte u. a. den Chef von Scotland Yard, war umfangreich in der Synchronisation tätig, dort auf "britische" Rollen und Schauspieler abonniert und trug selbst einen "germanischen" Vornamen - aber dieser lautete nicht "Siegfried"?

Peter Ross Offline



Beiträge: 2.000

16.10.2022 14:59
#859 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Zitat von Havi17 im Beitrag #857
Toll! Du solltest TV Ansager für die Wallace Filme machen, das macht solch einen Appetit, daß man den Film nur als Hauptgang wahrnimmt.

Danke, insbesondere im Namen auch von fritz_k!

Zitat von Savini im Beitrag #858
Zitat von Peter Ross im Beitrag #856
Morgen geht es mit einem Darsteller weiter, der 94 Jahre alt wurde und damit eines der höchsten Lebensalter aller Wallace-Stars erreichte.

Ich vermute, er spielte u. a. den Chef von Scotland Yard, war umfangreich in der Synchronisation tätig, dort auf "britische" Rollen und Schauspieler abonniert und trug selbst einen "germanischen" Vornamen - aber dieser lautete nicht "Siegfried"?

Das geht in die richtige Richtung. Ist auch wieder mit einem schönen Text zum Ehrentag versehen.

Savini Offline



Beiträge: 756

16.10.2022 18:35
#860 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Zitat von Peter Ross im Beitrag #859
Das geht in die richtige Richtung. Ist auch wieder mit einem schönen Text zum Ehrentag versehen.

Da ich den Betreffenden sehr schätze und sogar die Gelegenheit hatte ihn "live" zu erleben, ist meine Vorfreude groß!

Peter Ross Offline



Beiträge: 2.000

17.10.2022 09:36
#861 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten



17.10.

Friedrich Schoenfelder hätte heute seinen 106ten Geburtstag gefeiert




Hinweis: Dieser Text enthält Spoiler.
Friedrich Schoenfelder - Glück oder Pech mit Noblesse
Ist es Glück oder Pech, wenn ein Schauspieler so treffsicher einen speziellen Typ geben kann? Glück für Friedrich Schoenfelder, denn seine edlen Respektspersonen wurden dauernd gebraucht, was ohne Ende zu Engagements in Film und Fernsehen geführt hat. Pech für Friedrich Schoenfelder, denn seine meist gutmütigen Gerichtsvorsitzenden, Ärzte oder Aristokraten waren naturgemäß Randfiguren ohne extremere Emotionen. Der recht früh ergraute Schauspieler durfte als Edelmann das interessante Geschehen beobachten , kommentieren oder bewerten. Selbst waren seine Figuren meist gar nicht in die Handlung verstrickt. Das kann langweilig für einen Schauspieler werden, wenn auch einige Zuschauer auf die fantastische Idee kamen, Schoenfelder wäre ein idealer Bundespräsident für Deutschland, weil er wie einer wirkt. Ein perfekter Erwachsener, der mit kluger Noblesse das Geschehen einzuschätzen weiß.
Seine sonore Stimme war darüber hinaus vielgefragt für unzählige Synchronarbeiten. Und jetzt zu den Kriminalfilmen der 1960er Jahre:
In „Die weiße Spinne“ (1963) und „Das Wirtshaus von Dartmoor“ (1964) war Friedrich Schoenfelder der unsatirische Scotland Yard Chef, den man ernst nahm, aber der aufgrund seines gemäßigten Charakters nur eine Randfigur bleiben konnte.
Auch in den Edgar-Wallace-Filmen wurde der noble Darsteller für Nebenrollen gebraucht. Perfekt besetzt war er als Regisseur in „Der Rächer“ (1960) oder als ausnahmsweise mal guter Arzt und Fuchsbergers Freund in „Der schwarze Abt“ (1963). Weniger glücklich inszeniert war seine Rolle als verbrecherischer Antiquitätenhändler in „Die Tote aus der Themse“ (1971). Nicht, dass es nicht interessant hätte werden können, wenn sich gerade dieser spezifische Typ als Schurke erweist, aber in dem späten Wallace-Film bleibt Schoenfelder als Antiquitätenhändler glaubhaft, als an jungen Frauen interessierter Drogenhändler jedoch nicht. Und dann ist da noch ein Kuriosum. Im Klassiker „Der unheimliche Mönch“ (1965) wird ein Foto von Karin Dors Film-Vater gebraucht. Natürlich muss die Hauptdarstellerin einen seriösen, sympathischen, gutaussehenden und respektablen Vater haben. Wer kann schon durch sein Antlitz auf einem Foto diese Eigenschaften vermitteln? Natürlich niemand besser als Friedrich Schoenfelder!
Allerdings gibt es auch eine bittere Pille für alle Schoenfelder-Krimifans zu schlucken: in einer Talkshow hat der beliebte Nebendarsteller bekundet, dass ihn diese Filme eigentlich gar nicht interessiert haben, dass sie nur ein Job mehr waren. Aus seiner Sicht sollte das aber verständlich sein.
Schoenfelders Nebenfiguren erschienen so oft in Film und Fernsehen, dass man ihn schließlich allein durch Quantität sehr genau kannte. Spätestens mit seinem Auftritt in einem „Otto“-Film der 1980er Jahre war er zu einer der bekannten deutschen Klischee-Figuren geworden, ähnlich wie im Fall Sky Dumont.
Ich denke, es ist gut, dass Friedrich Schoenfelder nicht Bundespräsident geworden ist, denn seine positiven Fähigkeiten zeigten sich viel überzeugender einige wenige Kilometer südwestlich vom Schloss Bellevue, nämlich am Kurfürstendamm in Berlin im Boulevard-Theater oder als Pickering oder Higgins in dem Musical „My fair Lady“.
Ob er Glück oder Pech hatte, lässt sich leicht einschätzen: Er schien mit seinem Image durchaus gut klarzukommen, denn er begegnete uns in Talkshows und Interviews immer als ausgeglichener Mann mit der gleichen Noblesse wie seine Filmfiguren.
Dieser Inhalt wurde von Hans-Jürgen Osmers (@fritz k) zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!

Friedrich Schoenfelder ist am 14.08.2011 im Alter von 94 Jahren verstorben. Geboren ist er am 17.10.1916. Das war heute vor 106 Jahren.

Weitere Ereignisse:
- 17.10.2012: Tod Wolfgang Menge (Drehbuch "Der rote Kreis", "Der grüne Bogenschütze")

Auf die Frage, an welchen Darsteller man bei Wallace-Filmen als erstes denkt, wäre der morgige Akteur bei den meisten befragten Personen sicher stets unter den TOP3 Antworten.

Count Villain Offline




Beiträge: 4.616

17.10.2022 09:52
#862 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Zitat von Peter Ross im Beitrag #861
Weniger glücklich inszeniert war seine Rolle als verbrecherischer Antiquitätenhändler in „Die Tote aus der Themse“ (1971). Nicht, dass es nicht interessant hätte werden können, wenn sich gerade dieser spezifische Typ als Schurke erweist, aber in dem späten Wallace-Film bleibt Schönfelder als Antiquitätenhändler glaubhaft, als an jungen Frauen interessierter Drogenhändler jedoch nicht.


Zur Ehrenrettung von Darsteller und Regie muss man aber auch sagen, dass die Rolle an sich auch nicht so viel hergibt, da er der erste des bösen Jungs-Trios ist, der ins Gras beißen darf.

Savini Offline



Beiträge: 756

17.10.2022 10:18
#863 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Wer sich genauer für Friedrich Schoenfelder interessiert, dem sei seine (antiquarisch oder per Fernleihe erhältliche) Autobiographie "Ich war doch immer ich" empfohlen, in der er sein Leben überwiegend als eine Sammlung von Anekdoten erzählt.
Vor vielen, vielen Jahren konnte ich ihn nicht nur live auf der Bühne, sondern zuvor sogar bei einer "offenen Probe" erleben und kurz aus der Nähe sehen; ein Freund von mir schrieb ihm auch einen Brief, der ausführlich und persönlich beantwortet wurde.
Dass er aufgrund seiner Erscheinung oft in bestimmten Rollen besetzt wurde, empfand er mitunter als langweilig; interessanterweise hatte er im Synchronbereich ein praktisch identisches Image wie als Schauspieler.
Manche zeigten sich allerdings auch amüsiert, wenn sie ihn im Interview etwas "derber" erlebten oder er plötzlich berlinerte!
Die Ernüchterung bei manchen Genre-Fans betrifft neben dem Bereich "Edgar Wallace" auch den des Grusels: Obwohl er gleich zwei Größen des "klassischen" Horrorfilms (Vincent Price und Peter Cushing) öfter synchronisierte und viele Jahre im SfB entsprechende Geschichten las, war er kein großer Fan dieses Genres.
Ein Kuriosum ist übrigens, dass er in "Otto - Die Serie" öfter aus dem Mund seines Schauspiel- und Synchronkollegen Siegfried Schürenberg zu hören war (wenn bei diesem kein Originalton verwendet wurde), selbser aber in einer Szene aus der "Toten aus der Themse" die Stimme von Harald Pages erhielt.

Georg Offline




Beiträge: 3.263

17.10.2022 10:36
#864 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Das Buch ist antiquarisch ab ca. 6 Euro zu bestellen:

https://www.zvab.com/servlet/SearchResul...c-_-ISBN-_-used

Die Seite zvab.com kann ich übrigens ausdrücklich empfehlen, dort sind alle deutschsprachigen Buchantiquariate vernetzt und es gibt praktisch keine vergriffenen Bücher mehr. Man findet dort (fast) alles zu niedrigem Preis - Versand erfolgt problemlos.

Havi17 Offline




Beiträge: 3.763

17.10.2022 13:22
#865 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Ich mochte Friedrich Schönfelder auch in der Reihe "Die Verbrechen des Professor Capellari". Als er gestorben war, widmete mab ihm am Ende einer Folge auch ein Schlußwort!

Gruss
Havi17

Marmstorfer Offline




Beiträge: 7.519

17.10.2022 13:32
#866 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

@Havi17 Du verwechselst ihn mit Karl Schönböck. Als Schoenfelder starb, war die Reihe längst eingestellt - und er hat da auch nie mitgespielt.

Count Villain Offline




Beiträge: 4.616

17.10.2022 15:47
#867 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Dafür kehrte Schoenfelder allerdings in den 90ern noch einmal für die RTL-TV-Filme für Wallace zurück.

Peter Ross Offline



Beiträge: 2.000

17.10.2022 16:48
#868 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Eine ebenfalls für ihn typische Rolle spielte Schoenfelder in "Der Tod läuft hinterher" als Fabrikant David Stone. Ausgerechnet sein Jagdhaus wird in die Verbrechen hineingezogen und so gibt es in Teil 2 eine längere Gesprächssequenz zwischen Morrisson (Joachim Fuchsberger), der Polizei (E.F. Fürbringer) und ihm. Tatsächlich gehört auch er der Verbecherorganisation an, die einen Mädchenring betreibt. Er stellt hier gewissermaßen den bürgerlichen Gegenpol zu Alice (Alwy Becker) dar, in die er sich eigentlich verliebt hat. So zumindest berichtet Gaston (Josef Meinrad) in Teil 3. Aber Alice wollte längst heraus aus diesem alten bürgerlichen Leben und so wird Stone schließlich zur Gefahr und muss sterben. Es war John Evans (Pinkas Braun), der vor der Ankunft von Morrisson zunächst David Stone an der Mühle von Garcasson ermordet hat.

Peter Ross Offline



Beiträge: 2.000

18.10.2022 00:11
#869 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten



18.10.

Klaus Kinski hätte heute seinen 96sten Geburtstag gefeiert




Hinweis: Dieser Text enthält Spoiler.
Klaus Kinski - animalische Persönlichkeit
Klaus Kinski (1926-1991) hat nicht nur die deutschen Edgar-Wallace-Filme maßgeblich geprägt, seine sechzehn Wallace-Filme haben auch Klaus Kinski oder zumindest sein Image nachhaltig geprägt.
Darsteller von Schurken und Wahnsinnigen gibt es genug, was ist ausgerechnet an Kinski dran, dass man ihm eine so unschlagbare Sonderstellung als Schauspieler zugesteht? Ist er überhaupt ein typischer Filmschurke wie beispielsweise Pinkas Braun, Horst Frank oder viele andere?
Kinskis Pendant ist bei Wallace immer der Held - Fuchsberger und Drache verstehen sich in den Filmen nie gut mit diesem eigenartigen Typen ( ja ja, in „Das Gasthaus an der Themse“ stellt sich das im Nachhinein theoretisch anders dar). Die Helden verkörpern die Ordnung, gewissermaßen sogar die Sehnsucht nach Vernunft im Chaos der haarsträubenden Ereignisse. Aber noch mehr Pendant zu Klaus Kinski ist ein anderer: Eddi Arent, dessen Figur man als eine Parodie auf Korrektheit, Etikette und Förmlichkeit betrachten kann. Arent hat sich immer im Griff, ist immer bis zur Lächerlichkeit diszipliniert und geordnet. Kinski als dessen Gegenpart ist demzufolge eine Figur, die die Unordnung vertritt, den Trieb, das Chaos, das Animalische - weitab von allen geordneten Verhältnissen. Immer in einer obsessiven Unruhe und von Dingen getrieben, die seine Figur manchmal womöglich selbst nicht begreift, sind wir zutiefst beunruhigt und zugleich fasziniert von dieser Persönlichkeit.
Nach Sigmund Freud wäre Kinski einer, der ausschließlich das „Es“ vertritt, nicht der Vernunft folgt, sondern seinem triebhaften Wesen und Wahn.
In „Der Zinker“ (1963) ist das insofern auf den Punkt gebracht, als dass Kinski nicht spricht und überhaupt kaum mit Menschen Kontakt hat, sondern seine Zeit hingebungsvoll und lustvoll in einer Gemeinschaft mit Tieren verbringt - ausgerechnet mit Schlangen, die besonders weit von der Vorstellung menschlichen Soziallebens entfernt sind.
In förmlicher Gesellschaft kommt er nie zurecht, es gibt dann immer Streit oder einen Eklat. („Das indische Tuch“ ,1963). Er bleibt ein Einzelgänger, der fast alle Personen um sich herum ablehnt („Das Gasthaus an der Themse“ 1962 , „Der schwarze Abt“ 1963). Gesetz und Ordnung passen nicht zu seinem triebhaften Wesen, er nimmt sich, was er braucht. Das hat auch immer eine unterschwellige sexuelle Komponente, die uns manchmal stark beunruhigt . („Das Geheimnis der gelben Narzissen“, 1961 ). Diese Haltlosigkeit erscheint schon per se auf viele gefestigte Menschen verirrt, eben wahnsinnig, was die Filme dann noch zusätzlich benutzen. („Das Geheimnis der gelben Narzissen“ , 1961 ; „Die seltsame Gräfin“ , 1961 ; „Die blaue Hand“, 1967 ). Kinski ist seiner obsessiven Welt ausgeliefert. Das heißt natürlich aber nicht, dass er immer Täter ist; er kann genauso beeindruckend zum Opfer werden („Die toten Augen von London“, 1961 oder „Die Tür mit den sieben Schlössern“, 1962). Überhaupt überlebt er kaum einen Film, denn was wäre die geordnete Welt des Happy End, wenn so ein Besessener noch irgendwo unterwegs wäre? Kinski wird für das wilde Chaos der Ereignisse vorher gebraucht. Immer gibt er den ohnehin schon reißerischen Filmen noch eine zusätzliche hysterische Komponente. Nicht selten mussten Drehbuchautoren eine Figur für ihn erfinden, die es im Originalroman nicht gab, die aber wohl Edgar Wallace selbst auch gefallen haben dürfte.
Klaus Kinskis Wirkung ist so stark, dass er in den Wallace-Filmen ab 1964 nicht mehr spielen musste. Seine bloße Präsenz und höchstens ein bis zwei Sätze reichten aus, um seine Wirkung zu erzielen, da unsere Erinnerung an vergangene Filme wach wurde („Die Gruft mit dem Rätselschloss“ , 1964 ; „Das Verrätertor“, 1964 ; „Neues vom Hexer“, 1965 ; „Das Rätsel des silbernen Dreieck“, 1966).
Meisterleistungen zeigt er in seinen ersten drei Rialto-Wallace-Filmen; faszinierende Variationen in den Filmen 1962/3. In seinem vorletzten Wallace-Film „Die blaue Hand“ mildert er das obsessive ein wenig ab, in seinem letzten Wallace-Film „Das Gesicht im Dunkel“ (1969) erwartet er von den Zuschauern, sich auf einen anderen Typus einzulassen. Das war nicht einfach, wir sahen einen uns fast fremden Schauspieler, der einen recht kühlen und rational denkenden Mann spielt. Eine Enttäuschung für alle, die sich auf den entfesselten Kinski mit all seinen bekannten Manierismen gefreut hatten.
Seine benötigten darstellerischen Mittel sind dabei gar nicht so umfangreich, wie man denken könnte: zuckende Mundwinkel, große Augen, säuselnd weiche Stimme zwischen zögerlicher und blitzschneller Frechheit - aber das alles unnachahmlich und individuell dargeboten.
In den späten 1960iger Jahren sollte es noch reichlich knallen. Aufruhr gegen die alte Ordnung, sexuelle Revolution, Befreiung von Konventionen: Klaus Kinskis animalische Unruhe kündigt das alles schon an. Mit wilder Mähne wird er das neue Testament interpretieren und Skandale evozieren, während sich sein Antipode Eddi Arent als überkorrekter Typus durch seichte und hausbackene Komödien schlagen muss. Das ist lange her, und mittlerweile gibt es neue und andere Konventionen. Aber das Animalische an sich bleibt für uns weiterhin höchst faszinierend. Und Kinski muss es wohl Spaß gemacht haben, denn er hat ja bekanntlich seine Wallace-Rollen noch lange danach in Filmen und in der Öffentlichkeit weiter zelebriert.
Dieser Inhalt wurde von Hans-Jürgen Osmers (@fritz k) zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!

Klaus Kinski ist am 23.11.1991 im Alter von 65 Jahren verstorben. Geboren ist er am 18.10.1926. Das war heute vor 96 Jahren.

Morgen geht es mit einem Filmproduzenten und Drehbuchautor weiter.

Savini Offline



Beiträge: 756

18.10.2022 08:51
#870 RE: Edgar Wallace - Heute vor... Zitat · Antworten

Wieder ein toller Essay, bei dem ich gerade den Hinweis auf die Interaktion zu anderen Standardfiguren der Reihe hochinteressant finde!

Zitat von Peter Ross im Beitrag #869
Kinskis Pendant ist bei Wallace immer der Held - Fuchsberger und Drache verstehen sich in den Filmen nie gut mit diesem eigenartigen Typen ( ja ja, in „Das Gasthaus an der Themse“ stellt sich das im Nachhinein theoretisch anders dar). Die Helden verkörpern die Ordnung, gewissermaßen sogar die Sehnsucht nach Vernunft im Chaos der haarsträubenden Ereignisse.

Da fielen mir gerade die verbalen Konfrontationen mit Drache ein, die besonders im "Tuch" scharf ausfielen (von beiden Seiten), aber auch außerhalb von Rialto ("Rächer", "Dreieck"). Mit Fuchsberger war es im "Abt" auch nicht ohne.
Zitat von Peter Ross im Beitrag #869
Aber noch mehr Pendant zu Klaus Kinski ist ein anderer: Eddi Arent, dessen Figur man als eine Parodie auf Korrektheit, Etikette und Förmlichkeit betrachten kann. Arent hat sich immer im Griff, ist immer bis zur Lächerlichkeit diszipliniert und geordnet. Kinski als dessen Gegenpart ist demzufolge eine Figur, die die Unordnung vertritt, den Trieb, das Chaos, das Animalische - weitab von allen geordneten Verhältnissen.

Das war mir so vorher noch nicht bewusst, aber mir war zumindest aufgefallen, dass die beiden entweder gar keine Interaktion hatten oder diese nur knapp ausfiel ("Tuch", "Zinker"). Der Dialog in der "Orchidee" fiel da schon aus dem Rahmen.
Zitat von Peter Ross im Beitrag #869
In förmlicher Gesellschaft kommt er nie zurecht, es gibt dann immer Streit oder einen Eklat. („Das indische Tuch“ ,1963). Er bleibt ein Einzelgänger, der fast alle Personen um sich herum ablehnt („Das Gasthaus an der Themse“ 1962 , „Der schwarze Abt“ 1963).

Das hatte ich zuvor noch nicht so gesehen; es passt aber hervorragend zu seinem unangepassten Image (inwiefern dies Teil seiner Persönlichkeit, Inszenierung oder eine Mischung aus beidem war, sei dahingestellt).
Zitat von Peter Ross im Beitrag #869
Gesetz und Ordnung passen nicht zu seinem triebhaften Wesen, er nimmt sich, was er braucht. Das hat auch immer eine unterschwellige sexuelle Komponente

Speziell natürlich, wenn man seinen Ruf als Sexprotz bedenkt.
Zitat von Peter Ross im Beitrag #869
Überhaupt überlebt er kaum einen Film, denn was wäre die geordnete Welt des Happy End, wenn so ein Besessener noch irgendwo unterwegs wäre?

Auffälligerweise überlebt er in der s/w-Phase nur in der "Gräfin", wo er wohl seine stärkste Rolle spielte: einerseits wahnsinnig und bedrohlich, andererseits aber auch so mitleiderregend wie nie wieder in der Serie.

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