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Dieses Thema hat 2 Antworten
und wurde 334 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker national
Ray Offline



Beiträge: 1.930

01.03.2021 16:20
Schließfach 763 (TV, 1975) Zitat · Antworten

Schließfach 763 (BRD 1975)

Regie: Wolfgang Staudte

Darsteller: Harry Meyen, Horst Frank, Judy Winter, Walter Kohut, Walter Jokisch, Edgar Bessen, Volker Eckstein u.a.



Hinter der Fassade eines Reisebüros betreibt der Kaufmann Hoopen einen internationalen Goldschmugglerring. Konkurrenz und eigene wirtschaftliche Interessen der Schmuggler halten Hoopen stetig auf Trab. In richtige Bedrängnis gerät er, als einer der Schmuggler tot aufgefunden wird...

Wolfgang Staudte inszenierte diesen Fernsehkrimi aus dem Jahre 1975 mit durchaus bemerkenswerter Besetzung. In die Rolle des Kaufmanns Hoopen schlüpft Harry Meyen, seinen Assistenten spielt Walter Kohut, und unter den Schmugglern befinden sich die (TV)-Krimi-Stammgäste Horst Frank und Judy Winter. Der Film besteht letztlich aus zwei Teilen: Im ersten lernt der Zuschauer die Organisation, ihre Arbeitsweise und ihre zentralen Köpfe kennen. Mit Auffinden der Leiche wird der von Walter Jokisch dargestellte Kommissar Böttcher zur Hauptfigur, der u.a. durch seinen von Edgar Bessen verkörperten Assistenten Unterstützung erfährt. Wenn man einmal davon absieht, dass die Exposition ein wenig lang ausfällt – es dauert rund 40 Minuten bis zum Auffinden der Leiche – bietet „Schließfach 763“ im Großen und Ganzen recht kurzweilige Krimi-Unterhaltung, die ein wenig vom üblichen „Schema F“ abweicht. Harry Meyen agiert souverän, Judy Winter strahlt mal wieder ihre ihr ganz eigene Grazie aus und Walter Jokisch gelingt es, dem Film in der zweiten Hälfte seinen Stempel aufzudrücken. Mit Edgar Bessen an seiner Seite wäre durchaus Potential für eine Serienfigur gewesen. Die Musik von Rolf Kühn untermalt das Geschehen recht geschickt.

Das Bild der kürzlich bei Pidax erschienenen DVD geht in Ordnung. Schön, dass das Label weiterhin weitgehend unbekannte Krimiperlen veröffentlicht, die man sonst nur für ein Vielfaches beim Mitschnittdienst erwerben könnte.


Interessanter 1970er-TV-Krimi Wolfgang Staudtes mit bemerkenswerter Besetzung. 4 von 5 Punkten.

Jan Offline




Beiträge: 1.753

24.05.2021 22:53
#2 RE: Schließfach 763 (TV, 1975) Zitat · Antworten

Normalerweise liegen Ray und ich recht gleich bei unseren Einschätzungen, "Schließfach 763" wird da eine Ausnahme machen...

Schließfach 763
TV-Kriminalfilm BRD 1975 • mit Harry Meyen, Horst Frank, Walter Jokisch, Walter Kohut, Judy Winter, Esgar Bessen, Gernot Endemann, uvm. • Musik: Rolf Kühn • Drehbuch: Michael Mansfeld • Kamera: Gero Erhardt • Schnitt: Ingrid Wacker • Produktion: Heinz Kuntze-Just
Regie: Wolfgang Staudte


Der Niedergang des Wolfgang Staudte wird gemeinhin mit den sich stark ändernden Produktionsbedingungen des deutschen Kinofilms verknüpft. Tatsächlich fiel es dem einst so engagierten Regisseur spätestens ab den 1960er Jahre immer schwerer, seine Stoffe zu platzieren. Staudte-Filme galten rasch als Kassengift, der Regisseur verlegte sich auf die Arbeit beim Fernsehen und dort nicht selten auf das Inszenieren von Kriminafilmepisoden. Dass er insofern mit dem Metier nicht vertraut war, kann man ihm angesichts seines 1975er Kriminalfilms "Schließfach 763" nicht zugutehalten. Nach unzähligen Episoden des "Kommissars" und erster Bekanntschaft mit dem "Tatort" hätte er das Krimifach kennen können. Umso erstaunlicher ist, was Staudte sodann hier präsentierte. Dass sein Film kaum an früher Ambitionen im Regiesessel anzuknüpfen vermag - geschenkt! Dass er aber überdies weder spannend noch flott erzählt ist, ärgert ab der ersten Minute. Es quillt das Desinteresse des Regisseurs förmlich aus jedem Filmmeter hervor, insofern der Zuschauer denn wacker bei der Stange bleibt und nicht frühzeitig in einen gewissen Dämmerschlaf verfällt. Weder bekommt es Staudte gewickelt, das Interesse des Zuschauers an den Charakteren zu wecken, noch scheint er sonderlich interessiert daran gewesen zu sein, aus der ohnehin mauen Vorlage so etwas wie einen Plot zu entwickeln. Um was es da nun letztendlich inmitten der alles in allem schauderhaft unsympathisch gehaltenen Equipe wirklich geht, scheint der Regisseur für sich behalten zu wollen - oder er hat es aus Gründen des offensichtlichen Desinteresses auf halbem Wege einfach vergessen.

Apropos Plot: Da war noch was - nämlich das, was ein Autor einem Film eigentlich mitgeben sollte. Es liegt entweder an der schalen Inszenierung oder am Skript selbst (oder an einer Mischung aus beidem), dass hier nichts so wirklich zündet. Weder scheint sich Drehbuchautor Mansfeld dafür entscheiden zu können, ob das Syndikat, von dem bisweilen vollmundig die Rede ist, das der Zuschauer aber nie zu Gesicht bekommt, nun eine monströse Verbrecherorganisation ist oder ob es sich um kleine Trickser und Betrüger handelt oder ob das alles total legal ist, was die Crew da treibt. Es passt hier einfach nichts zusammen, was nach Möglichkeit schon eine Einheit ergeben sollte. So verwundert auch nicht, dass der Eindruck einer weithin uninterssanten und schließlich auch nicht näher benannten Organisation zufälligerweise zu einem Mord führt, der vielleicht gar keiner ist oder vielleicht doch - ja, auch da kann sich der Drehbuchautor nicht so recht entscheiden.

Der Film "Schließfach 763", der übrigens ebenso gut auch "Der goldene Mercedes", "Der besoffene Seemann" oder "Anderthalb Stunden von Hamburg nach Cuxhaven" hätte heißen können, fährt neben dem großen Namen im Regiestuhl zahlreiche weitere große Namen vor der Kamera auf, die wohl damals wie heute das Wesentliche des Films ausmachen. Es war die letzte große Rolle des Harry Meyen, ehe er völlig in Tabletten- und Alkoholsucht versank. Horst Frank, Judy Winter und Walter Kohut tun überdies, was sie immer tun in derartigen Filmen. Einzig interessant die Besetzung des knorrigen Kommissars mit Walter Jokisch: In seine Ermittlungen mischt sich bisweilen so ein winzig kleines Aufkeimen inszenatorischer Raffinesse Staudtes - allein, es hilft nichts.

Der höchst selbst gemachte Abgesang des einstmals großen Wolfgang Staudte auf Zelluloid gebannt: Ein Film von beinahe schon grotesker Langeweile, einfalls- und ideenlos geschrieben, bestenfalls schauspielerisch hier und da von Interesse. 2 von 5 Punkten.

Ray Offline



Beiträge: 1.930

26.05.2021 22:44
#3 RE: Schließfach 763 (TV, 1975) Zitat · Antworten

Zitat von Jan im Beitrag #2
Normalerweise liegen Ray und ich recht gleich bei unseren Einschätzungen, "Schließfach 763" wird da eine Ausnahme machen...


...wenn dann so ein schön zu lesener Verriss bei rum kommt, nehme ich das gerne in Kauf.

Mal wieder ein TV-Krimi aus den 1970ern, der polarisiert - ähnlich wie "Tod auf der Themse".

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