Darsteller: Robert Mitchum, Charlotte Rampling, John Ireland, Sylvia Miles, Anthony Zerbe u.a.
Gangster Moose Malloy wendet sich an Detektiv Philip Marlowe und beauftragt ihn, seine Freundin Velma aufzufinden. Der Fall erweist sich rasch als verzwickter als zunächst gedacht. Marlowe stolpert über manche Leiche und muss sich bald mit Gangstern, Prostituierten und der Polizei rumschlagen...
„Fahr zur Hölle, Liebling“ basiert auf der Vorlage „Lebwohl, mein Liebling“ von Raymond Chandler, die bereits 1944 den Noir-Klassiker „Murder, My Sweet“ hervorbrachte. In die Rolle des Privatschnüfflers Marlowe schlüpft kein geringerer als Genre-Veteran Robert Mitchum („Goldenes Gift“). Vorlagenbedingt bereitet es mitunter Schwierigkeiten, der Handlung zu folgen, die Inszenierung hat längst nicht die Qualität der 1944er-Verfilmung und Charlotte Rampling agiert ebenfalls weniger überzeugend als Claire Trevor. Dafür ist Mitchum, wenngleich im fortgeschrittenen Alter, eine treffende Besetzung für einen abgebrühten Privatdetektiv. Die Kommentare aus dem Off sind mitunter göttlich. Unter anderem deswegen schaut man seiner Odyssee gerne zu. Die Kostüme und Sets sind ansprechend und lassen einen echten „Retro-Charme“ aufkommen. In einer kleinen Nebenrolle ist Sylvester Stallone ein Jahr vor seinem Durchbruch mit „Rocky“ zu sehen. Zudem handelte es sich um einen der ersten Filme von Erfolgsproduzent Jerry Bruckheimer ("Beverly Hills Cop", "Bad Boys" u.a.).
Dank Robert Mitchum in der Hauptrolle durchaus vergnügliche Neuverfilmung des Chandler-Romans. 4 von 5 Punkten.
Zitat von Ray im Beitrag Tradition in neuem Gewand: Post- und Neo-Noirs ab 1959"Tote schlafen besser" erscheint im April bei Pidax. Hoffentlich bringt das Label auch den (wesentlich besseren) "Fahr zur Hölle, Liebling" heraus...
"Tote schlafen besser" muss ich noch sehen, aber "Fahr zur Hölle, Liebling" war schon einmal eine grobe Enttäuschung. Der Film erzählt zwar recht routiniert und schön ausgestattet die Handlung des Romans nach, aber so gern ich Mitchum mag - er latscht etwas zu gleichgültig durch die Kulissen. Darüber hinaus erlaubt sich der Film einige Ungenauigkeiten, bzw. Abweichungen von den Figuren im Roman. Marlowe hat eine Art besten Kumpel, referiert über Baseball (oder Football?), Moose Malloy ist quasi ein Abziehbild des Beißers aus "Moonraker" - Alles für sich genommen nicht dramatisch, aber in der Summe nervig. Vorallem, da diesen Freiheiten keinerlei spannende Inszenierungsideen gegenüber stehen. Die lieblos eingeworfenen Verweise auf Hitler und andere Geschehnisse wirken aufgesetzt anstatt den Film wirkungsvoll in der erzählten Zeit verorten zu lassen. Ich habe die Chandler-Romane seit frühester Jugend immer wieder gelesen und habe daher vielleicht höhere Anforderungen an Verfilmungen, aber "Lebwohl, mein Liebling" wurde 1944 von Edward Dmytryk bereits als "Mord, mein Liebling" mit Dick Powell äußerst gelungen umgesetzt. Gegen dessen kreative Inszenierung wirkt "Fahr zur Hölle, Liebling" leider wie das, was er wahrscheinlich nur sein sollte - ein im Zuge des "Chinatown"-Erfolgs auf den Markt geworfener Retro-Noir ohne eigene Handschrift. Zeitweise fühlt sich das Ganze an wie ein gediegener Ustinov-Poirot-Film ohne Whodunit. Robert Altman hat das bei "Der Tod kennt keine Wiederkehr" cleverer gelöst, indem er sich quasi mit Ansage noch weiter von der Vorlage löst und Erwartungen gezielt unterläuft.
Schade, dass Mitchum nicht früher den Marlowe geben durfte und schade auch, dass man sich mit "Lebwohl, mein Liebling" und "Der große Schlaf" ausgerechnet die beiden Vorlagen aussuchte, von denen es bereits sehr gelungene Umsetzungen gab. "Das hohe Fenster" wurde nur zweimal (schlecht) umgesetzt, über den POV-Film "Die Dame im See" kann man geteilter Meinung sein, "Die kleine Schwester" gibt unglaublich viel her, was "Der Dritte im Hinterhalt" in den 60s mit seinem TV-Film-Budget und -Anspruch aber kaum rausholen konnte und "Playback" wurde meines Wissens nie verfilmt. Da wäre Einiges an Potential gewesen, Mitchum als späte Version von Marlowe zu installieren, ohne sich der Konkurenz von Humphrey Bogart und Dick Powell (und besserer Regisseure) stellen zu müssen.
Aber apropos Chandler und Neo-Noirs: ich suche seit Jahren den SWF-TV-Film "Ich werde warten" von 1982 mit Armin Müller-Stahl und Monica Bleibtreu - gibt es hier jemanden, der ihn zufällig besitzt?
Ich persönlich habe noch keinen Chandler-Roman gelesen. "Tote schlafen fest" liegt zwar im Regal, aber Dashiell Hammetts "Die Rote Ernte" hab ich z.B. nicht mal beendet. Irgendwie stilistisch nicht mein Ding und handlungstechnisch sehr kompliziert - zu kompliziert für eine Bettlektüre, müsste man wahrscheinlich im Urlaub in 1-2 Tagen durchlesen. Deshalb und weil mich keine der "Big Sleep"-Verfilmungen vom Hocker gerissen hat, werde ich wohl vorerst auch den Roman nicht lesen.
Von "Lebwohl, mein Liebling" kenne ich die Vorlage also auch nicht und schaue die beiden Filme natürlich unter einem anderen Blickwinkel. Würde dir definitiv darin zustimmen, dass die 1944er-Verfilmung insgesamt besser ist, weil ambitionierter inszeniert. Aber mir hat Mitchums Darstellung in dem Film eigentlich recht gut gefallen, gefühlt sogar ein bisschen besser als die von Dick Powell, wobei ich da wahrscheinlich einen direkten Vergleich bräuchte, um es definitiv sagen zu können. "Die Dame im See" habe ich noch auf der Watchlist.
Rote Ernte, ein Buch, wo die Leichen nur so purzeln, ohne dass es einen irgendwie berührt, hat auch filmischen Widerhall gefunden. Der erste der berühmten Dollar-Trilogie-Streifen (Für eine Handvoll Dollar mit Clint Eastwood) ist stark an Hammetts Buch angelehnt, aber ein Italo-Western. Darauf aufbauend gibt es noch Last Man Standing mit Bruce Willis, eine sehr brutale und schießwütige Geschichte, die man wohl nur mit viel Augenzudrücken als "Neo-Noir" bezeichnen kann. Beide Filme sollen aber auf einen japanischen Film zurückzuführen sein.
Von den Chandler-Verfilmungen hab ich noch keine einzige gesehen, obwohl die mich mal reizen würden. Konnte mich für die Romane nur mit Abstrichen begeistern, war aber auch gutes Zeugs dabei. Welcher Film wäre denn als Einstieg zu empfehlen ?
Habe jetzt nicht alle gesehen und bin wie gesagt auch (noch) kein Roman-Leser, aber am besten hat mir bisher tatsächlich "Lebwohl, mein Liebling" ("Murder, My Sweet") von 1944 mit Dick Powell in der Rolle des Privatdetektivs Philip Marlowe gefallen: Sammelthread "Film Noir" (29)
Ansonsten besitzt "Tote schlafen fest" mit Humphrey Bogart und Lauren Bacall natürlich allgemein einen sehr guten Ruf. Von diesem Film gibt es auch eine sehr gute und günstige Blu-Ray von Warner. Allerdings hat mich persönlich der Film bei bisher zwei Sichtungen nicht wirklich überzeugt.
Ich glaube, den Film "Tote schlafen fest" mit Bogard habe ich doch schon mal gesehen, der war sehr stark an den Roman angelehnt. Das Buch ist leider sehr konfus, konnte damit auch nicht sehr viel anfangen. Der Autor hat ja selber zugegeben, dass er da den Überblick verloren hatte. Entsprechend wirr ist dann auch der Film geworden. Obwohl er doch auf der Habenseite den Charme der Originalzeit hatte. Chandler hat in seinen Anfangsromanen viele Handlungs-Elemente seiner short stories fast wörtlich eingefügt, später hat er es dann besser im Griff gehabt, ab der "kleinen Schwester" ging`s dann wieder abwärts. Aber das ist eine sehr subjektive Ansicht. Als Einstieg kannst Du ja mal wirklich bei Lese-Lust und Laune ein paar seiner Geschichten aus den späten Dreißigern schmökern, ist wie gesagt das meiste aus den Romanen auch schon drin.
Aber die drei Filme aus den Vierzigern (Tote/Liebling/Dame) würde ich mir gern mal wieder oder neu ansehen. Mal sehen, das Jahr ist noch lang...
Zitat von Ray im Beitrag #2[...] Ich persönlich habe noch keinen Chandler-Roman gelesen. "Tote schlafen fest" liegt zwar im Regal, aber Dashiell Hammetts "Die Rote Ernte" hab ich z.B. nicht mal beendet. Irgendwie stilistisch nicht mein Ding und handlungstechnisch sehr kompliziert - zu kompliziert für eine Bettlektüre, müsste man wahrscheinlich im Urlaub in 1-2 Tagen durchlesen. Deshalb und weil mich keine der "Big Sleep"-Verfilmungen vom Hocker gerissen hat, werde ich wohl vorerst auch den Roman nicht lesen. [...]
Chandler wegen der Handlung zu lesen ist auch die falsche Herangehensweise. Es hat seine Gründe, warum er zum damaligen Zeitpunkt zu den handvoll Krimi-Autoren gezählt wurde, die man guten Gewissens als "Literatur" bezeichnet. Wie der Mann mit Sprache Bilder malt, Situationen beschreibt, Figuren entwirft und seinen Blick auf die Gesellschaft in Worte fasst, ist meisterhaft und macht unglaublich viel Spaß zu lesen. Dass die Handlung oft konfus wirkt, bzw. schwer zu durchschauen ist, mag sein. Das ist aber nicht der Kern des Ganzen. Mit Hammett kann ich dann irgendwie wiederum nicht warm werden. Es mag sein, dass seine Stoffe sogar besser aufgebaut sind, aber sprachlich hat mich das nie vom Hocker gerissen.
Danke Fabi! Ich finde auch daß der Film "Tote schlafen fest" nicht ganz klar und geradaus ist. Dennoch für mich, außer daß es mein erster "Gangsterfilm" war, ein Meisterwerk.
Gruss Havi17
Gubanov
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gelöscht
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Beiträge:
21.01.2020 21:04
#8 RE: Die Romane von Raymond Chandler und Dashiell Hammett
Mich bestätigt Fabis Posting eher darin, dass Chandlers Stoffe dann nichts für mich sind. Ich kenne bisher nur "Tote schlafen fest" und fand ihn von der inhaltlichen Warte her einigermaßen katastrophal. Und das ist bei einem Krimi halt eben nicht nicht der Kern des Ganzen, sondern schon der Kern des Ganzen. Wenn Plots nicht das Ding des Herrn waren, hätte er vielleicht lieber Gesellschaftsromane schreiben sollen.
Billy Wilder, der bekanntlich mit beiden Autoren in Berührung gekommen ist, hat glaube ich mal sinngemäß gesagt, dass Christie gute Plots, aber keine guten Dialoge schreiben konnte und Chandler umgekehrt keine guten Plots, dafür gute Dialoge. Da ist was dran, denke ich, wobei meiner oberflächlichen Christie-Lektüre nach die Dialogschwäche Christies weniger stark ausgeprägt war als die Chandlersche Konstruktionsschwäche, wenn man sie so nennen will. Ich glaube auch, dass man das grundsätzlich trennen kann und ein Krimi mit verworrener Handlung auf anderen Ebenen funktionieren kann. Ich persönlich kann mich da aber (noch) nicht so darauf einlassen, d.h. ein (derart) wackliges Storygerüst bleibt bei mir ein Manko. Ist vielleicht aber auch Gewöhnungssache.
Zitat von Gubanov im Beitrag #8Mich bestätigt Fabis Posting eher darin, dass Chandlers Stoffe dann nichts für mich sind. Ich kenne bisher nur "Tote schlafen fest" und fand ihn von der inhaltlichen Warte her einigermaßen katastrophal. Und das ist bei einem Krimi halt eben nicht nicht der Kern des Ganzen, sondern schon der Kern des Ganzen. Wenn Plots nicht das Ding des Herrn waren, hätte er vielleicht lieber Gesellschaftsromane schreiben sollen.
Und das ist der Punkt - Chandler hat keine Krimis geschrieben. Ich will damit sagen, seine Intention war es niemals Agatha Christie oder Gilbert Keith Chesterton nachzueifern - ähnlich wie Hammett wollte er den Mord quasi zurück auf die Straße holen. Dazu kam ein hoher literarischer Anspruch. Es geht sehr primär um Moral und Gesellschaft in seinen Werken, nicht in erster Linie tatsächlich um die Tätersuche oder perfekt konstruierte Plots. Dass das Ganze mit einer weit und breit kaum erreichten Sprache und geschliffenen Dialogen präsentiert wird, setzt dem Ganzen seine Krone auf. Vielleicht sollte man dann besser auch zum Original greifen als zur Übersetzung - auch wenn Wollschläger und Karasek zum Teil recht gute Arbeit geleistet haben. Chandler schreibt Szenen, in denen man leben möchte, bzw. die sich anfühlen, als würde man sie tatsächlich erleben. Es gibt wenige Schriftsteller, die in meinem Kopf auf solche Art Bilder erzeugen. Und dass die Konstrukte völlig labil sind, würde ich dabei nicht einmal unterschreiben. "Die kleine Schwester" oder "Das hohe Fenster" finde ich beispielsweise gut konstruiert. "Der große Schlaf" war sein Debüt-Roman und wohl auch das extremste Beispiel seiner "Ausschlacht"-Technik, bei der er Figuren, Motive und Szenen mehrerer Kurzgeschichten zur Romanhandlung umgestaltete. Das gelang ihm später besser, bzw. von dieser Technik löste er sich später ohnehin ein Stück weit.
Und nicht zuletzt hat Chandler - gemeinsam mit Dashiell Hammett - den Hardboiled-Roman überhaupt erst aus der Taufe gehoben. Ohne die beiden gäbe es keinen Mickey Spillane, keinen Ross MacDonald und keinen James Ellroy. Wahrscheinlich hätten auch Autoren wie Patricia Highsmith keinen Ansatzpunkt für ihr Werk gefunden.
Zitat von Ray im Beitrag #10Billy Wilder, der bekanntlich mit beiden Autoren in Berührung gekommen ist, hat glaube ich mal sinngemäß gesagt, dass Christie gute Plots, aber keine guten Dialoge schreiben konnte und Chandler umgekehrt keine guten Plots, dafür gute Dialoge. Da ist was dran, denke ich, wobei meiner oberflächlichen Christie-Lektüre nach die Dialogschwäche Christies weniger stark ausgeprägt war als die Chandlersche Konstruktionsschwäche, wenn man sie so nennen will. Ich glaube auch, dass man das grundsätzlich trennen kann und ein Krimi mit verworrener Handlung auf anderen Ebenen funktionieren kann. Ich persönlich kann mich da aber (noch) nicht so darauf einlassen, d.h. ein (derart) wackliges Storygerüst bleibt bei mir ein Manko. Ist vielleicht aber auch Gewöhnungssache.
Bei Christie würde ich eher kritisieren, dass sie literarisch allgemein wenig hergibt - nicht nur in den Dialogen. Das ist nette Urlaubslektüre - literarisch großen Wert würde ich ihr jedoch nicht zubilligen. Der Leser soll bis zur letzten Seite rätseln und Alles ordnet sich der Konstruktion unter - jede Figur ist nur dazu da diese zu stützen. Eine solch architektonische Herangehensweise kann man bewundern, aber mir hat das nie viel gegeben. Dafür sind alle Figuren zu Holzschnitt-artig. Und sprachlich ist das alles andere als ein Genuss. Jedenfalls stellt sich zu keinem Zeitpunkt ein Gefühl ein, wie man es beim Lesen von Hemingway, Dürrenmatt, Salinger oder Kafka hat, wo das "wie" oft gleichwertig oder wichtiger als das "was" ist. Und da zählt ein Chandler ganz deutlich dazu.
Zoe Beck beschreibt es hier sehr gut: http://culturmag.de/litmag/agatha-christie/104769 "Eine Leiche, zehn Verdächtige, und so ab Seite 200 entscheidet sich die Verfasserin bei einem Stück Schokolade für die unwahrscheinlichste Variante. Ausnahmen bestätigen die Regel. Christie wusste in der Tat oft nicht, welcher ihrer Figuren sie den Mord anhängen sollte, und bedachte erst einmal alle großzügig mit diversen Motiven. Der Kriminalfall beschränkt sich für die Leserin also auf fröhliches Rumraten. Schlagwörter wie „psychologische Tiefe“ sind hier ganz falsch.
Christies Werk ist absolut humorfrei, mal abgesehen von der unfreiwilligen Komik, die die heutige Rezeption mit sich bringen mag. Natürlich drängt sich die Frage auf, ob man sie heute unter literarischen Aspekten noch ernst nehmen kann. Oder damals schon konnte. Stilistisch zum Beispiel kann man sie sich nicht zum Vorbild nehmen. Christie pflastert ihre Texte mit groben Adjektiven zu und verläuft sich in Redundanzen. Die Dialoge sind häufig nur funktional. Über die Figurenzeichnung muss man auch nicht viel sagen, da reicht das Stichwort „Stereotype“. Sie stereotypisierte gern Ausländer (vollbärtig, dunkel, böse), von Juden und „Zigeunern“ ganz zu schweigen. Die waren dann zwar nicht die Täter, aber allein schon durch ihre bloße Existenz höchst verdächtig und als falsche Fährte ausgesprochen hilfreich. Für ihre Landsleute hatte sie zwar ein paar Schubladen mehr zur Verfügung, aber von einer allzu großen Bandbreite kann man kaum sprechen. Der Moralkatalog war dabei stets sehr klar: Ehebrecher waren grundböse Menschen, Hausmädchen, die schon mal was geklaut hatten, der Verdammnis nahe, und so weiter. Hinzu kommt außerdem eine schier unglaubliche Verharmlosung des Mordens, was sich angesichts der beiden Weltkriege, die Christie erlebte und in denen das Massentöten systematisiert und industrialisiert wurde, nur dadurch erklären lasst, dass Christie deutlich auf Eskapismus setzte. Und dann ist da der Plot. Die Formel, eigentlich. Christie hält sich streng daran, ohne vom Pfad der Formeltugend nennenswert abzuweichen. Die viel gepriesenen Regelverletzungen – in „Alibi“ (The Murder of Roger Ackroyd) ist etwa der Erzähler der Mörder – sind nette Varianten, aber keine Erweiterung des Genres. Nein, da war sie, um es liebevoll zu formulieren, Puristin."
Gubanov
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Beiträge:
23.01.2020 14:30
#13 RE: Die Romane von Raymond Chandler und Dashiell Hammett
Liest sich etwas überheblich, aber es ist andererseits auch lustig, dass Fabi sich besser mit Literatur auskennt als die erfolgreichste Autorin der Welt.
Zitat von Fabi88 im Beitrag #12[quote=Ray|p7398094]Der Leser soll bis zur letzten Seite rätseln und Alles ordnet sich der Konstruktion unter - jede Figur ist nur dazu da diese zu stützen. Eine solch architektonische Herangehensweise kann man bewundern, aber mir hat das nie viel gegeben. Dafür sind alle Figuren zu Holzschnitt-artig. Und sprachlich ist das alles andere als ein Genuss. Jedenfalls stellt sich zu keinem Zeitpunkt ein Gefühl ein, wie man es beim Lesen von Hemingway, Dürrenmatt, Salinger oder Kafka hat, wo das "wie" oft gleichwertig oder wichtiger als das "was" ist. Und da zählt ein Chandler ganz deutlich dazu."
Vielen Dank Fabi, solche Analysen sind gut und sehr wichtig und müssen nicht etwaigen Geschmäckern genüge tun. Sie erweitern den Horizont und überlassen es dem Leser seine Einschätzung zu überdenken, auch in Frage zu stellen und ggf. auch mal eine neue Sicht zu finden und etwas in seinen jungen Jahren dazuzulernen. Da halte ich es ganz mit Dieter Pfaff, der das sehr anschaulich in einem Interview kundtat. Weiter so!
Den Artikel von Frau Beck habe ich schon mal vor einiger Zeit gelesen und mich damals schon maßlos über den Unsinn geärgert, den sie da verzapft hat. Mal ehrlich, hat sie tatsächlich schon mal mehr als vielleicht zwei Christie-Bücher gelesen, überhaupt verstanden, was sie da gelesen hat, oder ihre Weisheiten lieber doch gleich von Wikipedia abgekupfert und noch schnell mit ein paar unverständlichen Fremdwörtern garniert, um ihre intellektuelle „Meisterleistung“ noch ins rechte Licht zu setzen ?
Grundsätzlich kann man alles, was sie der Autorin ankreidet, in dieser oder leicht abgewandelter Form auch Chandler vorwerfen (sogar über die Stilistik kann man sich streiten), im Prinzip jedem vergleichbaren Kriminalschriftsteller. Tut mir leid, aber eine derartige Ansammlung von voreingenommenen Plattitüden als Literaturkritik ist wenig hilfreich.