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Dieses Thema hat 3 Antworten
und wurde 557 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker national
Giacco Offline



Beiträge: 2.499

14.01.2020 12:38
Blutiger Freitag (1972) Zitat · Antworten

BLUTIGER FREITAG
Deutschland/Italien (1972) - R: Rolf Olsen - DE: 28.4.72 - FSK 18/16 - V: Gloria
PR: Lisa (München)/Divina (München)/Daunia 70 (Rom)
Darsteller: Raimund Harmstorf, Gianni Macchia, Amadeus August, Christine Böhm, Horst Naumann, Gila von Weitershausen, Walter Buschoff, Daniela Giordano, Ernst H.Hilbich, Renate Roland, Ernst O.Fuhrmann, Walter Kraus



Vor seiner Verurteilung gelingt dem Gewaltverbrecher Heinz Klett die Flucht aus dem Gerichtsgebäude. Um an das große Geld zu kommen, das ihm ein sorgenfreies Leben im Ausland ermöglichen soll, plant er mit seinem Kumpel Luigi einen Banküberfall mit Geiselnahme. Als dritten Mann holt man Christian, den Bruder von Luigis Freundin Heidi ins Boot. Dieser macht mit, da er als desertierter Bundeswehrsoldat ohnehin auf der Fahndungsliste steht. Vor dem geplanten Coup überfallen die drei Männer einen Waffentransporter der US-Armee und erbeuten Maschinenpistolen und Handgranaten. Damit stürmen sie wenig später eine Münchener Bankfiliale.

Im Januar 1972 wurde der Film unter dem Arbeitstitel "Freies Geleit oder die Geiseln sterben" angekündigt. Die drei weiblichen Hauptrollen, für die ursprünglich Doris Kunstmann, Christine Schubert und Claudia Butenuth vorgesehen waren, wurden kurzfristig umbesetzt. Gedreht wurde ohne Atelieraufnahmen an Originalschauplätzen in München und Umgebung. Ende April kam der Film dann in die Kinos."Knallhart-spannend. Ein Action-Krimi von Format." (Verleihwerbung). Die im Film-Echo veröffentlichten Start-Ergebnisse in München und Köln waren zwar zufriedenstellend (Note 4), aber nicht gut oder sehr gut, wie man es wohl erhofft hatte. Um die FSK-Freigabe auf 16 Jahre herabzusetzen, wurde der Film um ca.4 Minuten gekürzt. "Blutiger Freitag" gilt als einer der "schillerndsten Beiträge des deutschen Exploitation-Kinos". Regisseur Rolf Olsen hatte zuvor schon mit "Das Rasthaus der grausamen Puppen" (1967) oder "Das Stundenhotel von St.Pauli" (1970) gezeigt, dass er ein Händchen für knallig-spekulative Action-Filme besaß, wobei er diesmal sogar ein paar sozialkritische Aspekte in die Handlung einfließen ließ.
Der 1971 als "Seewolf" berühmt gewordene Raimund Harmstorf erweist sich als Idealbesetzung der Figur des Heinz Klett. Der hünenhafte Schauspieler geht in der Rolle des rücksichtslos-brutalen und völlig unberechenbaren Bösewichts, der mit aggressiven Macho-Sprüchen nur so um sich wirft, voll auf. Aber auch die anderen Darsteller zeigen solides schauspielerisches Können. Der Italiener Gianni Macchia kann als Gastarbeiter Luigi überzeugen, der sich eigentlich nur an dem Überfall beteiligt, weil er auf bessere Lebensumstände für sich und seine schwangere Freundin Heidi hofft. Diese wird dargestellt von der damaligen Neuentdeckung Christine Böhm aus Österreich. Sie kam 1979 bei einem Unfall ums Leben. Amadeus August, der später in 2 Folgen der legendären amerikanischen TV-Serie "Dallas" mitwirkte, spielt den fahnenflüchtigen Christian, der sich während der Geiselnahme darum bemüht, dass die Situation nicht völlig aus dem Ruder läuft. Horst Naumann ist in Vertretung des Polizeipräsidenten als Einsatzleiter vor Ort. Walter Buschoff spielt den Kaufhauskönig Lotzmann, dessen Tochter - Gila von Weitershausen - sich unter den Geiseln befindet. Der als Komiker bekannte Ernst H.Hilbich sorgt hier nicht, wie man befürchten könnte, für auflockernde Momente, sondern darf als opportunistischer Jammerlappen sich mal von einer anderen Seite zeigen. Die Regie gibt ordentlich Gas, der Kameramann versteht sein Handwerk und die Musik ist stimmig. Raimund Harmstorf wird hier von Klaus Kindler synchronisiert.

"Einerseits ist "Blutiger Freitag", für den der Regisseur selbst das Drehbuch geschrieben hat, eine knallige "Sex and Crime"-Story. Andererseits wird mit Motivationen gearbeitet, die der bestehenden Gesellschaftsordnung ganz direkt an den Kragen gehen und zeitkritisch gemeint sind. Das führt zu keinem politischen Bewusstsein, aber zu undifferenzierter Opposition. Dass bei dem Bankraub mehr oder weniger zufällig eine Menge Leute ihr Leben lassen müssen, strapaziert die Dramaturgie ganz gewaltig, ohne der Geschichte, die erzählt wird, sonderlich voran zu helfen. Viel interessanter wird Olsens Film immer dann, wenn der Regisseur psychologisch arbeitet. Der Schluss der Geschichte freilich repetiert die alte Krimi-Weisheit, dass Verbrechen sich nicht lohnen, ungeachtet der hohen Quote ungeklärter Schwerverbrechen in diesem Land. (Film-Echo 1972)

greaves Offline




Beiträge: 583

15.01.2020 18:13
#2 RE: Blutiger Freitag (1972) Zitat · Antworten

Werd ich mir zulegen

Georg Offline




Beiträge: 3.259

15.01.2020 18:37
#3 RE: Blutiger Freitag (1972) Zitat · Antworten

In der sehr lesenswerten und unterhaltsamen Biographie des Produzenten Karl Spiehs (Die Supernase - Karl Spiehs und seine Filme) steht darüber auf Seite 114:

"Banküberfälle und eine Welle von Gewaltverbrechen in der BRD haben Regisseur Rolf Olsen zu diesem Film inspiriert. "Ich hab nicht spekuliert. Jetzt drehen wir mal eine Blutoper. Der Film hat a bisserl Ambitionen, er leuchtet die Hintergründe aus, die Abgründe dieser Leute", meinte Olsen zu Vorwürfen über die bis dahin im deutschen Film ungewohnten Gewaltszenen. Die Actionszenen und den großen Showdown inszenierte Olsen mit Hilfe des Pyrotechnikers und "Spezial-Effekte"-Professors Karli Baumgartner im Stile von Sam Peckinpahs "The Wild Bunch" und Arthur Penns "Bonnie und Clyde". Baumgartner zauberte Einschüsse und Filmleichen, die den Film zum Kultobjekt unter Actionfans erhoben."

Ray Offline



Beiträge: 1.929

28.04.2021 00:45
#4 RE: Blutiger Freitag (1972) Zitat · Antworten

Blutiger Freitag (BRD/I 1972)

Regie: Rolf Olsen

Darsteller: Raimund Harmstorf, Gila von Weitershausen, Amadeus August, Gianni Macchia, Christine Böhm, Daniela Giordano, Horst Naumann u.a.



Heinz Klett gelingt mithilfe von Komplizen eine spektakuläre Flucht aus den Händen der Justiz. Anschließend taucht er nicht etwa für längere Zeit unter, sondern plant mit seinen Kollegen einen Banküberfall, der das nötige Kleingeld für die Flucht ins Ausland einbringen soll…

„Blutiger Freitag“ knüpft an ähnlich gelagerte Fälle der damals jüngeren Vergangenheit an und macht sich die zeitgenössische politische Stimmung zunutze, um daraus einen spektakulären Reißer zu machen. Olsens Werk ist auf Sprach- wie auf Handlungsebene ausgesprochen derb. Gleich zu Anfang bei Kletts Flucht fließt eine Menge Blut, als er einen Justizbeschäftigen mit dem Kopf gegen die Wand der Gerichtstoilette knallt. Bei späteren Tötungsszenen spritzt das Blut nur so, ebenso, wenn eine Handgranate unter dem Körper eines Polizisten explodiert. Die teilweise überzogenen Härten wie auch andere exploitative Elemente machen den Film mitunter zu einem absurden Treiben, was aber kaum darüber hinwegtäuscht, dass man es über weite Strecken mit überzeugendem Genrekino „made in Germany“ zu tun hat. Olsen gönnt dem Zuschauer kaum eine Verschnaufpause: Nach dem Ausbruch und der kurzen, aber sehr effektiven Einführung der zentralen weiteren Figuren dauert es nicht lang, bis zum „Coup“ übergegangen wird. Auch diesen Teil schlachtet Olsen nicht zu sehr aus, sondern geht rechtzeitig zur Flucht über und hält so die Spannung konstant aufrecht. Von technischer Warte ist der Film absolut gelungen. Dies verdankt er nicht zuletzt der hervorragenden Kameraarbeit von Franz X. Lederle, der viel per Handkamera arbeitet, wodurch ein ums andere Mal ungewöhnliche Kameraperspektiven und Einstellungen hervorgebracht werden und der Zuschauer mitten ins Geschehen gezogen wird. Auf Seiten der Darsteller ist zunächst Raimund Marmstorf hervorzuheben, der dem raubeinigen Bankräuber eine Menge Charisma verleiht. Eine echte Entdeckung ist zudem die leider viel zu früh verstorbene Christine Böhm, die die interessante Rolle der Freundin von Kletts Komplizen Luigi und zugleich Schwester des weiteren Komplizen Christian sehr überzeugend ausfüllt. Gegen sein damaliges Rollenklischee kämpft zudem erfolgreich Horst Naumann an, der hier auf Seiten des Gesetzes steht. Unterm Strich ist „Blutiger Freitag“ ein auch heute noch sehr gut funktionierender Krimi-Reißer. Schade, dass der Film nicht den Erfolg hatte, der weitere Filme dieser Art provoziert hätte.

Die Blu-Ray von Subkultur zeigt den Film in exzellenter Qualität. Unter den zahlreichen Extras hervorzuheben ist ein rund zweistündiges (!) Making-Of, in dem zahlreiche Mitwirkende von vor und hinter der Kamera zu Wort kommen.


Wer vor etwas derberer Krimi-Unterhaltung nicht zurückschreckt, sollte sich diesen Reißer nicht entgehen lassen. 4,5 von 5 Punkten.

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