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Dieses Thema hat 6 Antworten
und wurde 332 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker international
Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

26.12.2019 00:30
Der weiße Hai (1975) Zitat · Antworten

Dieses Jahr gibt’s zur Abwechslung ‘mal Weihnachtsunterhaltung der anderen Sorte:



Der weiße Hai (Jaws)

Horrorthriller, USA 1975. Regie: Steven Spielberg. Drehbuch: Peter Benchley, Carl Gottlieb (Romanvorlage, 1974: Peter Benchley). Mit: Roy Scheider (Polizist Martin Brody), Robert Shaw (Quint), Richard Dreyfuss (Matt Hooper), Lorraine Gary (Ellen Brody), Murray Hamilton (Bürgermeister Larry Vaughn), Carl Gottlieb (Meadows), Jeffrey Kramer (Assistent Hendricks), Susan Backlinie (Chrissie Watkins), Jonathan Filley (Cassidy), Lee Fierro (Mrs. Kintner) u.a. Uraufführung (USA): 20. Juni 1975. Uraufführung (BRD): 18. Dezember 1975. Eine Produktion von Zanuck / Brown Productions für Universal Pictures.

Zitat von Der weiße Hai
Haifischattacke vor Amity Island: Nach einer jungen Frau fällt auch ein Kind einem angriffslustigen Meeresräuber zum Opfer. Selbst nach diesen Ereignissen will der Bürgermeister, der um die Einnahmen der Touristensaison besorgt ist, die Strände offenhalten. Er hat die Rechnung ohne ein durchsetzungsfähiges Trio gemacht: den Polizeichef Martin Brody, den urigen Haifischfänger Quint und den Meeresforscher Matt Hooper, die gemeinsam die Initiative übernehmen und auf die Jagd nach der immensen Bestie gehen. Sie setzen dabei trotz persönlicher Differenzen gemeinsam ihr Leben aufs Spiel – nicht alle mit Erfolg ...


In den von Greta Thunberg symbolisierten Zeiten eines alles überragenden Ökobewusstseins könnte es nur wenige unvorteilhaftere Themen für einen Film geben als die gewollte Tötung eines Tieres. „Der weiße Hai“ hat demnach in doppelter Hinsicht Glück: einerseits die Gunst der frühen Entstehung, andererseits den Umstand, dass Steven Spielberg den Hai tatsächlich so bedrohlich und bösartig erscheinen ließ, dass ihm selbst ein eingefleischter Tierschützer keine Träne nachweinen dürfte. Mit einer geschickten Mischung aus echten Haiaufnahmen und qualitativ hochwertigen Attrappen gelang es, die animalische Titelfigur sowohl glaubhaft als auch präsent erscheinen zu lassen. Auch scheuten sich die Drehbuchautoren nicht davor, den fatalen Raubtierinstinkt durch eine rücksichtslose Auswahl der Opfer zu verdeutlichen – darunter eine wehrlose Frau, ein Kind und einer der Helden des Streifens.

Der frotzelnde Werbeslogan „You’ll never go into the water again“ scheint also tatsächlich gerechtfertigt zu sein, zumal die WELT zum 40-jährigen Premierenjubiläum feststellte, „Der weiße Hai“ habe die Gesellschaft „für immer traumatisiert“, Tourismuseinnahmen sinken lassen und „die Angst vor dem Hai [bleibe] immer da, wo das Meer ist“. Die bis zum damaligen Zeitpunkt höchsten Einspielergebnisse der Filmgeschichte und sein anhaltender Ruf als absoluter Thrillerklassiker bestätigen den Erfolg. Dennoch erscheint der Film für das, was er ist – eine wenig komplexe Anhäufung unappetitlicher Todesfälle mit anschließender Abenteuer-Seefahrt –, zu ausladend und überdimensioniert. Spielberg agiert hier schon in dem in Hollywood bis heute beibehaltenen Großfilmduktus, der stellenweise Tempo und inhaltliche Tiefe vermissen lässt.

Dass es trotzdem spannend bleibt – dafür sorgen die charismatischen Hauptdarsteller, deren Dialoge teilweise schon Sprichwortstatus erreicht haben. Passenderweise bedienen sie völlig unterschiedliche Charaktertypen, sodass sich jeder Zuschauer seinen Favoriten unter den Haifängern aussuchen kann: den vernünftigen, aber in Sachen Wasser und Haie amateurhaften Martin Brody, der als Familienvater persönlich von der Gefahr des Hais besonders betroffen ist, den latent hipsterhaften Matt Hooper, der als College-Schnösel ein profundes Theoriewissen über Haie hat und sich trotz junger Jahre von niemandem etwas sagen lassen will, oder den großmäuligen, halsstarrigen Quint mit Haifangerfahrung und großer Portion instinkthafter Bauernschläue. Roy Scheider, Richard Dreyfuss und Robert Shaw ergänzen einander sowohl optisch als auch charakterlich vortrefflich, auch wenn die ursprüngliche Idee, Sterling Hayden in der Shaw-Rolle zu besetzen, ebenfalls sehr reizvoll klingt.

Es ist gängige Interpretation, dass neben den guten Hai- und Wasseraufnahmen (geschossen entweder unter Wasser oder direkt über der Wasseroberfläche mit leichter Anwinkelung, um die Ergebnisse noch schauriger wirken zu lassen) auch die Musik von John Williams wesentlich zur Wirkung und zum Gelingen des „weißen Hais“ beiträgt. Während das Hauptthema, das Unheil verkünden soll, tatsächlich sehr einprägsam und gut gewählt ans Ohr dringt, irritieren andere Teile des Scores, welche das Team auf dem Kutter Orca besonders heldenhaft erscheinen lassen sollen. Sie lassen eher Erinnerungen an ein kindliches Superman-Theme aufkommen und wirken daher unfreiwillig komisch. Auch andere Versuche, die harten Momente des Films mit Humor auszugleichen, sind nicht immer gelungen. Einige Figuren wie etwa die des Bürgermeisters machen einen für die Verhältnisse eines ernstzunehmenden Thrillers überzeichneten bzw. zu grob angelegten Eindruck.

Nachdem der Hai als Hauptgegner über lange Strecken trotz kleinerer Erfolge von Brody, Quint und Hooper unverwundbar erscheint, öffnet Spielberg mit dem gegenüber der Vorlage abgeänderten Ende des Tieres noch einmal die Wunderkiste der Filmknalleffekte. Das Geheimnis der Beliebtheit des „weißen Hais“ dürfte also nicht nur in dessen unheimlichen Qualitäten, sondern nicht zuletzt auch in einem sehr befriedigenden Ende liegen, das sich an eine mustergültige Zuspitzung der Ereignisse anschließt. Spielbergs Einschätzung, dass es dem Publikum nach zwei fesselnden Stunden völlig egal ist, ob der Tod des Hais realistisch ist, geht blendend auf – man ist hauptsächlich am Sieg interessiert und hinterfragt deshalb nicht die zur Anwendung kommenden Methoden und die Höhe des dafür erbrachten Einsatzes. So ähnlich ging es ja schließlich auch den Filmmachern, die vom Roman so begeistert waren, dass sie dessen Adaption schon angingen, bevor sie sich überhaupt Gedanken darüber machen konnten, vor welche logistischen und technischen Herausforderungen das Thema sie stellen würde. Umso höher ist das Endergebnis zu bewerten.

Dass der Schurke in diesem „Monsterfilm“ keine Fantasiekreatur, sondern ein reales Tier ist, spricht die Urängste der Menschen besonders effektiv an. Sie lassen sich vom „weißen Hai“ gern Schauer über den Rücken jagen, auch wenn an Spielbergs Film sicher neben einer etwas flachen, aber vergnüglichen Handlung mit guten Härten und vielen tollen Effekten auch das Marketing einen gewaltigen Anteil am Renommee haben dürfte. 4 von 5 Rückenflossen.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

26.12.2019 15:21
#2 RE: Der weiße Hai (1975) Zitat · Antworten

Bin überrascht, dass du den Film so hoch bewertest. Den tieferen Einstieg in dieses Genre kann ich nur empfehlen. Natürlich werde ich mit meiner Bewertung zu diesem Top-Film nachziehen. Wird aber noch ein Weilchen dauern.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

26.12.2019 18:18
#3 RE: Der weiße Hai (1975) Zitat · Antworten

Zitat von patrick im Beitrag #2
Bin überrascht, dass du den Film so hoch bewertest.

Warum?
Zitat von patrick im Beitrag #2
Den tieferen Einstieg in dieses Genre kann ich nur empfehlen.

Welche weiteren Filme wären denn empfehlenswert? Ich vermute, nicht "weißer Hai" Teile 2, 3 und 4.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

26.12.2019 20:26
#4 RE: Der weiße Hai (1975) Zitat · Antworten

Zitat von Gubanov im Beitrag #3
Zitat von patrick im Beitrag #2
Bin überrascht, dass du den Film so hoch bewertest.

Warum?
Zitat von patrick im Beitrag #2
Den tieferen Einstieg in dieses Genre kann ich nur empfehlen.

Welche weiteren Filme wären denn empfehlenswert? Ich vermute, nicht "weißer Hai" Teile 2, 3 und 4.


Ich dachte, du machst dir nichts aus (Tier)Horror.

Den WH2 kann man sich noch ansehen. Danach ist das Thema ausgelutscht. Die weiteren muss man dann wirklich nicht gesehen haben.

Bei Empfehlungen muss ich etwas vorsichtig sein. Würden dir Fabelwesen oder mutierte Real-Wesen gefallen, würde mir eine ganze Menge einfallen. Nachdem ich aber (noch) keinen Grund habe davon auszugehen, dass sich deine diesbezügliche Haltung geändert hat, würde ich dir für's Erste Hitchcocks "Die Vögel" empfehlen. Sollte das dein Wohlgefallen finden, wäre "Kingdom of Spiders" einen Versuch wert. Es gibt auch recht gute Hai-Filme aus jüngerer Zeit. Aber bei neueren Filmen bist du ja nicht so sehr Fan. Ein älterer Ameisen-Horror-Film, den ich schon ewig nicht mehr gesehen habe, wäre "The Naked Jungle" mit Charlton Heston.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

26.12.2019 20:40
#5 RE: Der weiße Hai (1975) Zitat · Antworten

Naja, Tierhorror ist nicht gleich Tierhorror, würde ich meinen. Haie, Vögel oder auch balkanische Katzenlegenden gehen in Ordnung; Spinnen, Ameisen und Schlangen müssen dagegen nicht unbedingt sein. Hitchcocks "The Birds" habe ich bislang tatsächlich noch nie gesehen. Das erinnert mich wieder an die Dringlichkeit einer Werkschau.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

26.12.2019 20:57
#6 RE: Der weiße Hai (1975) Zitat · Antworten

"The Birds" ist auf jeden Fall eine Bildungslücke, die man ruhig schließen darf. Den würde ich auch wieder neu-besprechen.

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 643

17.01.2020 16:16
#7 RE: Der weiße Hai (1975) Zitat · Antworten

Der Weiße Hai hat echt Filmgeschichte geschrieben. Normalerweise kann ich, wie @Gubanov, mit Horrorfilmen auch nichts anfangen, doch es gibt halt auch Ausnahmen. Hab den Film das erste Mal vor dreißig Jahren gesehen, selbst da war er schon ein Klassiker. Seitdem hab ich wirklich immer beim Baden in Naturgewässern ein mulmiges Gefühl, selbst in unseren Süßwasserseen gibt es ja stellvertretend auch große Welse…

Dass Gretas Jünger Sympathien für den Hai-Kill haben, kann ich mich kaum vorstellen. Drei ältere weiße Hetero-Männer auf einem wahrscheinlich dieselgetriebenen (!) Motorboot, die bei der explosiven Tötung des Tieres sicher auch noch jede Menge Treibhausgase freisetzen, dabei Grundregeln des Tierschutzes missachten (Verbot der „Dynamitfischerei“) – das schreit förmlich nach Hai-Scham und Neuansiedlung der niedlichen Geschöpfe in der Ostsee als Wiedergutmachung.
Dabei hat Peter Benchley, der die literarische Vorlage für den Film geliefert hat, seitdem schon ein lebenslanges schlechtes Gewissen gehabt und sich aktiv für den Schutz der Haie eingesetzt.

Aber im Ernst, irgendwie ist es halt auch ein richtiger „Männerfilm“, zumindest im letzten Drittel. Drei Kerle, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten (ist gegenüber dem Buch sogar noch entschärft), raufen sich zusammen, um sich der Gefahr zu stellen. Weib und Rest der Sippe werden einfach daheim gelassen (gut, betrifft nur Brody), denn Papa zieht als Jäger und gleichzeitig Krieger aus, sie zu verteidigen – gegen eine archaische Gefahr, wie aus den guten alten Tagen der Säbelzahntigerzeit. Dabei wird jede Menge Alkohol konsumiert, Narben aus vorhergehenden Kämpfen werden als Souvenir fast schon ritualmäßig herumgezeigt, und auch der eine oder andere nicht gerade über der Gürtellinie angesiedelte Spruch wird abgelassen. Bestimmt kein Feminist*innen-Traum ! Solche Filme würden heute sicher nicht mehr gedreht werden. Dafür kann man sich ja an jeder Menge meist computeranimierten Nachfolgeschrott „ergötzen“ – zwei- und dreiköpfige Mutantenhaie, die genauso viele Personen mit einem Mal auffressen; zum Leben erweckte Megalodons aus der Urzeit, die ganze Schiffe verschlingen; von Sharknado & Co. mal ganz zu schweigen…
Da lobt man sich wirklich noch die gute alte Hausmannskost mit einem wirklich überzeugenden Hai-Modell und passend in das Geschehen eingefügte echte Hai-Aufnahmen, das ist wie mit den alten Bond-Filmen, wo tatsächlich noch echte Autos durch die Luft flogen und richtige Explosionen krachten.
Und die Filmmusik, das „Hai-Thema“, ist auch legendär, wenngleich recht einfach gestrickt, was aber sicher gerade die betreffende Wirkung erzielt hat.
Wie @patrick schreibt, ist der zweite Weißhai-Schocker auch noch annehmbar, der dritte Teil war schon so schlecht, dass man kein Wort drüber verlieren sollte.

Vor gut hundert Jahren gab es an der amerikanischen Ostküste wirklich eine Serie von meist tödlich verlaufenden Haiangriffen auf Badende, allerdings viel weiter nördlich und in einem viel größeren Gebiet verteilt, als es der Film darstellt. Man weiß nicht mal, ob es ein oder mehrere Weißhaie waren, auf alle Fälle sicher ein Irrläufer in jeder Hinsicht, der sogar einen Fluss hinaufschwamm. Schließlich waren es diese unglücklichen Ereignisse, die über den Weg von Benchleys Buch zu Spielbergs Film geführt haben.

Hitchcocks Die Vögel sollte man auch mal gesehen haben. Das erste Mal vor langer Zeit fand ich ihn langweilig, aber beim zweiten Mal wesentlich später hat er mir richtig gut gefallen.
Hat aber nicht dazu geführt, sich vor jeder vorbeifliegenden Taube zu fürchten.
Ist aber in jedem Fall auch mal eine Besprechung wert.

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