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Dieses Thema hat 19 Antworten
und wurde 1.446 mal aufgerufen
 Romane
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Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 644

01.11.2019 21:28
Bryan-Edgar-Wallace-Bücher Zitat · Antworten

Der Apex-Verlag bringt erstmals seit langer Zeit wieder ein paar Bücher des Wallace-Erstgeborenen Bryan Edgar heraus. Kennt jemand diese Bücher ? Lohnt es sich vielleicht, diese zu lesen, zu besprechen und auch mal einen Vergleich mit dem darauf aufbauenden Film zu wagen ? Zumindest einige der Bryan-Edgar-Wallace Filme sind ja nach realen Romanen benannt.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

02.11.2019 11:05
#2 RE: Bryan-Edgar-Wallace-Bücher Zitat · Antworten

Einen Blick auf die BEW-Bücher zu werfen, fände ich aus sich heraus und weniger wegen der Verfilmungen sehr interessant. Es ist ja bekannt, dass die CCC damals nur die Titel wegen der Vermarktbarkeit übernahm und die Inhalte neu schreiben ließ, um sie besser an die Mutter- (oder besser: Vater-)Serie anzupassen.

Wie ich sehe, sind aktuell drei Romane verfügbar: ein filmisch adaptierter ("Das Geheimnis der schwarzen Koffer") und zwei eher unbekannte ("Mord im Schlafwagen" und "Der Mann, der nicht schwimmen wollte"). Ich habe in die Leseprobe des ersten Kapitels von "Das Geheimnis der schwarzen Koffer" hereingelesen und fand das ziemlich ansprechend, auch wenn eben nicht kriminalistisch, sondern viel eher in die Agenten-Richtung gehend.

Edgar007 Offline




Beiträge: 2.595

02.11.2019 15:05
#3 RE: Bryan-Edgar-Wallace-Bücher Zitat · Antworten

Ich habe alle auf deutsch übersetzten Romane vor Jahren mal gelesen. Fand sie damals nicht schlecht. Vor allem George und Jojo hat mir damals sehr gut gefallen.

Mr. Wooler Offline




Beiträge: 443

02.11.2019 17:28
#4 RE: Bryan-Edgar-Wallace-Bücher Zitat · Antworten

Ich habe die Bryan-Edgar-Wallace-Bücher seinerzeit auch gesammelt und habe sie noch im Regal stehen. Einige wenige davon habe ich gelesen und fand sie damals (ist sicher mind. 20 Jahre her) nicht übel. Teilweise bin ich sogar auf Stellen gestoßen, die mir aus den Filmen bekannt vorkamen. So beruht z. B. "Scotland Yard jagt Dr. Mabuse" meines Wissens (wenn auch sehr lose) auf dem Roman "Die Welt steht auf dem Spiel". Daher war es ganz amüsant zu lesen.
Bryan Edgar Wallace hat mal behauptet, sein bester Roman sei ungefähr so gut wie der schlechteste seines Vaters. Ich glaube, da hat der Gute etwas tiefgestapelt. Ich fand die Romane durchaus lesenswert und würde mich auch hier über eine Besprechung freuen.

Edgar007 Offline




Beiträge: 2.595

02.11.2019 18:12
#5 RE: Bryan-Edgar-Wallace-Bücher Zitat · Antworten

Auch von der Wallace-Tochter Penelope gibt's vier ins deutsche übersetzte Romane. Die fand ich dmals auch nicht übel.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

03.11.2019 14:17
#6 RE: Bryan-Edgar-Wallace-Bücher Zitat · Antworten

Zitat von Edgar007 im Beitrag #3
Ich habe alle auf deutsch übersetzten Romane vor Jahren mal gelesen. Fand sie damals nicht schlecht. Vor allem George und Jojo hat mir damals sehr gut gefallen.

Das ist ja die Vorlage zum "Henker von London", oder?

Edgar007 Offline




Beiträge: 2.595

03.11.2019 14:43
#7 RE: Bryan-Edgar-Wallace-Bücher Zitat · Antworten

Ja, angeblich soll White Carpet (Originaltitel) die Vorlage zum Henker sein. Kann mich aber nicht daran erinnern, dass der Roman etwas mit dem Film zu tun hat.

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 644

04.11.2019 08:22
#8 RE: Bryan-Edgar-Wallace-Bücher Zitat · Antworten

Das scheint ja ein lohnendes Betätigungsfeld zu sein…
Muss zu meiner Schande gestehen, dass ich zwar schon alles Erdenkliche an klassischer Kriminalliteratur durchforstet habe, aber die Werke der beiden literarisch ambitionierten Wallace-Sprösslinge sind bisher komplett vorübergegangen. Eigentlich ein unhaltbarer Zustand ! Es war für die beiden bestimmt nicht einfach, aus dem Schatten des berühmten Vaters herauszutreten.

Wenn ich mir die Zusammenfassungen der Bryan-Edgar-Wallace-Bücher ansehe, dann scheinen die Filme ja tatsächlich nur die Titel mit denen gemeinsam zu haben, ähnlich wie bei den späten Edgar-Wallace-Filmen.
George und Jojo (The White Carpet) wollte ich mir immer schon mal antiquarisch besorgen, da ich den Film Der Henker von London innerhalb der B.-E.-Wallace-Reihe für überragend halte. Schade, dass das Buch nun gar nichts damit zu tun haben soll.
Am ehesten scheint ja Die Welt steht auf dem Spiel (The Device) noch mit dem Film Scotland Yard jagt Dr. Mabuse übereinzustimmen.

Bei Bryan Edgar spielen ja wohl tatsächlich mehr Agenten und Weltbeherrschungskomplotte eine Rolle, bei Penelope scheint es mehr so Richtung Familienaffären zu gehen.

Auf alle Fälle wäre eine Betrachtung der Krimis offenbar sehr interessant.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

04.11.2019 16:22
#9 RE: Bryan-Edgar-Wallace-Bücher Zitat · Antworten

Zitat von Dr. Oberzohn im Beitrag #8
Am ehesten scheint ja Die Welt steht auf dem Spiel (The Device) noch mit dem Film Scotland Yard jagt Dr. Mabuse übereinzustimmen.

Auf die Gefahr hin, meine Abneigung zu wiederholen: Das ist dann nicht unbedingt ein Aushängeschild für Bryan Edgar Wallace.

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 644

05.11.2019 15:22
#10 RE: Bryan-Edgar-Wallace-Bücher Zitat · Antworten

Man weiß ja nicht, wie eng sich der Film am Buch orientiert. Ist vielleicht nur die Grundsatzidee übernommen.
Außerdem hat es doch schon was Rührendes an sich, als Agnes Windeck zum Schluss mit einem Koffer voller Hörgeräte anmarschiert und damit die Welt rettet. Das ist wirklich konkurrenzlos...

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 644

17.11.2019 20:05
#11 RE: Bryan-Edgar-Wallace-Bücher Zitat · Antworten

Das Geheimnis der schwarzen Koffer (1961)

Original: Death Packs A Suitcase


Hauptpersonen

Bill Tern: Mitarbeiter des Geheimdienstes
Susan Hallett: seine Freundin
Joe Rank: Chef der Geheimdienstabteilung
Inspektor Quil: Scotand-Yard-Beamter
Phillip Lammert: zwielichtiger Geschäftemacher
John Lammert: sein Bruder; Landwirt
Maureen Cook: attraktive Frau mit wenig Moral
Tom Pringle: Geheimagent und ihr Freund
Harry Hallet: Vater von Susan


Handlung

Der Agent des britischen Geheimdienstes Tom Pringle ist in einem "geliehenen" Flugzeug auf der Flucht aus dem Reich hinter dem Eisernen Vorhang zurück in den Westen. Im Gepäck hat er die neue sowjetische Superwaffe, eine Mini-Atombombe mit großer Zerstörungskraft. Kurz vor Verlassen der "Ostzone" wird er noch von einer russischen MIG angegriffen und muss aufgrund eines seltsamen Funkspruches seine Richtung ändern. Es gelingt ihm mit Mühe und Not, in Westdeutschland zu landen, doch das Glück ist nur von kurzer Dauer, da er von einem Unbekannten erschossen und die Bombe geraubt wird. Nun tritt der Geheimdienst, angeführt durch den ehemaligen Gardeoffizier Joe Rank, auf den Plan. Mit dabei ist auch der noch recht junge Bill Tern, der gerade mal wieder Stress mit seiner Freundin hat, wegen seiner Arbeit, fehlenden Heiratswünschen und überhaupt. Die hübsche junge Dame hat einen in Gelddingen etwas leichtsinnigen Vater, der an solche Leute wie einen gewissen Pillip Lammert gerät, einen unangenehmen Spekulanten mit allerlei dunklen Geschäften. Leider geriet er nicht nach seinem auf dem Lande lebenden Bruder John Lammert.
Doch Bill Tern hat erst mal wenig Zeit für die Nöte seiner Angebeteten, da er Ermittlungen anstellen muss, wobei er immer mal über eine Leiche stolpert, die der geheimnisvolle Unbekannte, der keine "losen Enden" in Form von Mitwissern liebt, zurückgelassen hat, darunter auch so unappetitliche Dinge wie einen Toten in einem Tankwagen. Unterstützung kommt auch durch die reguläre Polizei unter der Führung von Inspektor Quin. Die Herren kommen jedoch nicht so recht vorwärts, derweil der Bösewicht sich auch als skrupelloser Erpresser entpuppt, denn er will für die Massenvernichtungsapparatur von der englischen Regierung eine Millionensumme, andernfalls geht sie irgendwo in London hoch ! Doch da verhält sich plötzlich Bills Freundin Susan höchst verdächtig, ein Feuerzeug aus ihrer Tasche strahlt verdächtig, was Bill zufällig bemerkt, außerdem will sie plötzlich nichts mehr von ihm wissen. Hatte sie oder vielleicht ihr Vater Kontakt mit dem Schurken, oder ist vielleicht Bill Tern sogar auf der falschen Seite, möglicherweise ein Kommunist ? Was bezweckt die verführerische Maureen Cook; ehemalige Freundin des umgekommenen Tom Prigle, mit ihren Annäherungsversuchen auf Bill ?
Allerlei Verdächtigungen liegen in der Luft, Bill Tern unterdrückt seinen Verdacht gegen seine Freundin, selbst als die Bombe samt Lösegeld bei einer gut überwachten Übergabe auf einer Landwirtschaftsausstellung plötzlich verschwindet. Doch da ist er schon in den Blick seines unerbittlichen Chefs Joe Rank geraten, muss fliehen und versuchen, die Bombe selber zu beschaffen und sich und seine abgefallene Freundin wieder reinzuwaschen. Er ist nun selbst zum Gehetzten geworden, der Unbekannte mordet weiter, und auch die Russen versuchen im Hintergrund, ihre Erfindung wiederzubekommen... Es wird zum Ende hin noch einmal sehr dramatisch, aber selbstverständlich geht auch bei Wallace jr. alles gut aus.

Dieser Roman von Wallace-Sohn Bryan Edgar fällt natürlich in eine ganz andere Zeit als die Bücher seines Vaters. Die Helden warten nicht mehr treuherzig bis nach der Hochzeit, wenn sie sich mit einer Dame etwas näher befassen wollen, und auch die Weiblichkeit geht zur Erreichung ihrer Ziele mit vollem Körpereinsatz zur Sache. Es ist die Zeit des Kalten Krieges, die Kommunisten sind natürlich die Bösen und haben überall ihre Spitzel, auch der Westen muss da zu nicht ganz koscheren Methoden greifen. Nach dem fast schon Bond-mäßigen Einstieg fällt die Geschichte dann doch mehr in eine herkömmliche Kriminalstory zurück, wenngleich der geniale Erpresser zwischen den Großmächten auch ein bisschen was vom alten Blofeld hat, doch er kommt hier ohne weiße Perserkatze und ohne Riesenorganisation in unterirdischen Anlagen daher.
Breiten Raum nehmen die manchmal endlos erscheinenden Diskussionen zwischen Bill und Susan ein. Manchmal schimmert durchaus auch etwas vom vielleicht vererbten Humor von Wallace senior durch, wenn der Autor Menschen oder Orte beschreibt. Wenn er wirklich was von Papa übernommen hat, dann die Sorglosigkeit, einen Zufall neben den anderen zu reihen. Dass nun ausgerechnet der schwer fassbare Unhold in der Bekanntschaft der Freundin eines der Hauptermittler zu finden ist, ist schon stark, ebenso die Reise von Bill nach Paris, wo er den schon weiter oben angesprochenen Tankwagen auf der Straße sieht und sofort weiß, dass da was im Argen ist. Die Freundin Susan lässt sich von ein paar Worten eines fast Fremden ein riesiges Misstrauen gegen ihren Verehrer Bill Tern einreden, was nicht sehr glaubhaft ist. Mit der Sinnhaftigkeit des ganzen darf man es nun überhaupt nicht so genau nehmen, wie nun der Täter, eben kein Weltherrschaftsschurke wie Blofeld, einfach mal so von einer streng geheimen Operation des Secret Service erfahren und diese dann genau zur richtigen Zeit auch noch stören kann, bleibt offen. Sein Bestreben, keine "losen Enden" zurückzulassen, gilt leider nicht für die Handlung, die auf den letzten Seiten noch einmal hochdramatisch wird und dann plötzlich endet, ohne dass dem Leser für gewisse Vorgänge eine Erklärung gegeben wird.
Es treten eigentlich neben den angegebenen Hauptpersonen noch eine Vielzahl anderer Charaktere auf, was durchaus ansprechend ist.
Die erste Hälfte des Buches kam mir etwas holprig vor, der Rest war dann schon besser und wirklich spannend. Ist eine merkwürdige Mischung zwischen Krimi und Agentenroman, mit Sicherheit keine hohe Literatur, aber für Zwischendurch durchaus vertretbar.
Der deutsche Titel bezieht sich übrigens auf die Superwaffe in einem schwarzen Koffer als Transportbehältnis, weiterhin auf die vom Obergauner erpressten Diamanten, die auch in einem schwarzen Koffer übergeben werden sollten, was noch einen trickreichen Hintergrund hatte.


Buch

Gelesen habe ich die Ausgabe vom Apex-Verlag von diesem Jahr, wo das Ganze ca. 250 Seiten hat. Sicher sehr lobenswert, wenn man wieder mal ein paar jahrzehntealte Klassiker verlegt, das sollte man auf jeden Fall unterstützen. Doch für elf Euronen sollte man doch einen korrekturgelesenen Text erwarten dürfen, besonders von einer "durchgesehenen" Ausgabe. Doch leider wimmelt das Buch vor Druckfehlern, da waren die in China abgetippten Weltbild-Editionen der Edgar-Wallace-Bücher aber echt noch harmlos dagegen.
Kann man nur hoffen, dass das ein Ausrutscher ist, zumal ja interessanterweise neben anderen Bryan-Romanen auch noch offenbar ungekürzte Übersetzungen von Edgar Wallace oder auch Bücher von Weinert-Wilton veröffentlicht werden, wenngleich wohl leider vorerst nur als Kindle.


Verfilmung:

Der gleichnamige Film, den ich das letzte Mal vor vielleicht dreißig Jahren gesehen habe, hat außer dem Titel überhaupt keine Ähnlichkeit mit dem Buch. Da ging es ja um einen Wurfmesser-Killer, der die Mitglieder einer Rauschgiftbande ins Jenseits befördert. Weiß nicht, ob da irgendwelche Namen übernommen wurden.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

17.11.2019 23:18
#12 RE: Bryan-Edgar-Wallace-Bücher Zitat · Antworten

Zitat von Dr. Oberzohn im Beitrag #11
Doch leider wimmelt das Buch vor Druckfehlern, da waren die in China abgetippten Weltbild-Editionen der Edgar-Wallace-Bücher aber echt noch harmlos dagegen.

Sehr schade; ich hatte hier tatsächlich abwechslungsweise einmal mit einer etwas hochwertigeren Edition gerechnet. Danke trotzdem für deine Eindrücke zu den "schwarzen Koffern"!

Count Villain Offline




Beiträge: 4.616

18.11.2019 07:08
#13 RE: Bryan-Edgar-Wallace-Bücher Zitat · Antworten

Zitat von Dr. Oberzohn im Beitrag #11
Weiß nicht, ob da irgendwelche Namen übernommen wurden.


Tern und Rank tauchen in der Filmreihe auf. Allerdings erst/nur in "Scotland Yard jagt Dr. Mabuse".

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 644

09.12.2019 18:40
#14 RE: Bryan-Edgar-Wallace-Bücher Zitat · Antworten

George und Jojo (1963)

Original: The White Carpet


Hauptpersonen

John Hillier : Landwirt
Jock MacDonald : Geschäftsmann im Ruhestand
Joan MacDonald : seine Tochter
Harriet MacDonald : seine zweite Frau
Frank Dodson : Inspektor der Ortspolizei
Henry Kaler : ehemaliger Geschäftpartner
Marcus Delapon : belgischer Bekannter der MacDonalds
George : Häuptlingssohn der afrikanischen Azande
Jojo : afrikanischer Bediensteter


Handlung

In einem Dorf in Südengland steht das Herrenhaus Harley Manor. Dort wohnen seit einiger Zeit die MacDonalds. Jock MacDonald hatte mit seiner Tochter, mittlerweile eine junge Frau, lange Zeit in Zentralafrika gelebt, bevor er nach Europa zurückkam und seine wesentlich jüngere zweite Frau Harriet ehelichte. Schließlich ließen sie sich in Harley Manor nieder. Zum Hausstand gehört auch afrikanisches Personal, besonders der alte Jojo (ein Azande), der die Funktion eines Butlers erfüllt, im Prinzip aber „Mädchen für alles“ ist. Die Verhältnisse im Hause MacDonald sind nicht einfach, Joan mag ihre Stiefmutter nicht, die beiden Ehepartner streiten sich, Jock stellt sich bald als nicht gerade mit Skrupeln behafteter Geschäftsmann heraus, seine attraktive Frau als ziemliches Luder, nur die Tochter ist nett und wunderhübsch. Das findet zumindest John Hellier, der Held und Ich-Erzähler des Romans, der als Landwirt auf seinem ererbten Gut in der Nachbarschaft arbeitet und gerne mit der jungen Dame näher bekannt wäre. Obwohl nicht gerade ein Draufgänger, lädt er Joan zum Tanzen ein und die beiden werden tatsächlich vertrauter. John kennt das Haus noch von Kindheitstagen an und ist erstaunt über den Wandel der inneren Ausstattung. Einmal das Arbeitszimmer des Hausherrn mit allerlei heidnischen Exponaten aus seiner Zeit auf dem schwarzen Kontinent, dazu als Gegensatz das von Harriet eher luxuriös eingerichtete Wohnzimmer mit einem großen weißen Teppich auf dem Fußboden, der eine unbewusst unpassende Ausstrahlung hat.
Es gibt Gerüchte im Dorf um zwei Schwarze, die in der Nähe ein Häuschen angemietet haben. Hellier kann sich selber bald davon überzeugen, dass die beiden im Wald verstörende Rituale abhalten, mit denen sie offensichtlich jemanden, wahrscheinlich MacDonald, verfluchen. Einer ist der riesige George, ein aristokratischer Azande-Krieger, der andere der Medizinmann N’Garo.
Doch nun passiert es. Eben noch hat Hellier mit seiner Angebeteten Joan auswärts getanzt, schon steht er der Leiche ihres Vaters gegenüber, der tot -erstochen- auf dem großen weißen Teppich liegt. Er muss woanders getötet worden sein, da kein Blut festzustellen ist. Dafür finden sich viele afrikanische Fetische am Tatort, die auf die beiden neu zugezogenen Schwarzen hindeuten. Doch Inspektor Dodson, ein Jugendfreund von Hellier und intelligenter als dieser, bleibt skeptisch. Ist das alles nur gestellt ?
Es stellt sich heraus, dass die beiden Afrikaner von MacDonald betrogen worden waren, doch das trifft auch auf Mr. Kaler, den ehemaligen Geschäftspartner, zu. Jojo, der afrikanische Bedienstete, lebte fast als Sklave bei seinem Herrn und sollte über dessen Tod nicht traurig sein. Was ist mit Ehefrau Harriet, die zahllose Männerbekanntschaften hat, etwa den Belgier Marcus Delapon, einen Bekannten auch ihres verstorbenen Mannes ? Und da ist auch noch Tochter Joan, die möglicherweise enterbt werden sollte…
Zwar haben alle irgendwie Alibis, doch Inspektor Dodson forscht weiter, seinen alten Kumpel John meist an seiner Seite, der sich mittlerweile restlos in Joan verliebt hat und sie schützen will.
Plötzlich verschwinden die beiden Afrikaner, ebenso wie wenig später Mrs. MacDonald, die Lage spitzt sich zu, bis es die überraschende Aufklärung gibt.

Nun hat Bryan Edgar Wallace einen nahezu klassischen Kriminalroman abgeliefert, der mit einigen exotischen Details angereichert wurde. Die Protagonisten aus dem fernen Afrika, die Angehörige des tatsächlich existierenden Azande-Stammes sind, sollen wohl sicher eine Reminiszenz an die Afrika-Romane seines berühmten Vaters sein. Der Handlungsverlauf ist durchgängig ohne größere Sprünge.
Der Ich-Erzähler erscheint als bodenständiger und sympathischer, geistig nicht sehr beweglicher Kerl.
Die Frauen machen es ihm nicht sonderlich leicht, obwohl er ehrliche Gefühle für die eigenwillige Joan hegt, kann er sich den üppig zur Schau gestellten Reizen ihrer Stiefmutter auch nicht ganz entziehen, die solche schlichten Gemüter wie ihn mühelos um den Finger wickeln kann. Sie ist so eine richtige fast schon klischeehafte femme fatale. Doch wie hätte sie ihren Mann auf den weißen Teppich schleppen sollen ?
Solche Kräfte hat eigentlich nur George, der heftig seine Unschuld beteuert, obwohl auch er ein starkes Motiv hat. Oder ist doch der aalglatte Kaler der Täter, wie es dessen betrogene Ehefrau dem Inspektor genüßlich suggerieren will ? Von Joan mal ganz abgesehen, die nun auch nicht das Idealbild einer trauernden Tochter ist.
Alle Haupt- und Nebenfiguren sind ein wenig stereotyp, aber liebevoll gezeichnet, auch Helliers Haushälterin Mrs. Walter, ein Schlachtschiff von Frau, oder die Postmeistersfrau Mrs. Boyle, welche noch nach guter alter Sitte die Telefongespräche vermittelt und stets mithört, oder auch der immer missgelaunte Gutsgehilfe Harry… Das Dorf erscheint als intakte, wenngleich nicht perfekte kleine Welt.
Der weiße Teppich erklärt sich als Schlüssel des Ganzen, und Hellier trägt einen wichtigen Mosaikstein zur Lösung mit sich herum, ohne sich dessen bewusst zu sein. Die Aufklärung der Mordgeschichte kommt plötzlich und überraschend, wenngleich das Teppich-Rätsel nun doch nicht so riesig war wie gedacht.
Leider ist die Auflösung nach dem recht sorgfältigen Aufbau der Story sehr kurz und unbefriedigend geraten, ein wenig mehr Erklärung wäre schon gut gewesen, man muss sich viel dazu denken.
Trotzdem hat mir diese Erzählung besser gefallen als die Agentengeschichte vorher, ein solider Kriminalroman mit ein paar red herrings und der üblichen Love Story, ohne zu kitschig zu sein, nicht mehr und nicht weniger.


Buch

Gelesen habe ich die Goldmann-Ausgabe von 1963 mit festem Einband. Sie soll ungekürzt sein. Die Schwarzen werden noch unbekümmert „Neger“ genannt, und das recht häufig. Was es der Übersetzung an politischer Korrektheit gebricht, kann sie an genauer Kenntnis der deutschen Sprache zusetzen. Keine Buchstaben- und Sonderzeichen-Wüste wie bei der nagelneuen Buchausgabe neulich, sondern ordentlich redigiert. Auch ein Grund, lieber zu antiquarischen Büchern zu greifen, die zudem meist noch günstiger zu haben sind.


Verfilmung

Der an sich sehr gute Film Der Henker von London soll ja nach dem Roman The White Carpet gedreht worden sein. Doch außer dass der ermittelnde Inspektor den Namen des Ich-Erzähler trägt und der frauenmordende Bösewicht den Namen des Mordopfers im Roman, sind keine Übereinstimmungen feststellbar.

Count Villain Offline




Beiträge: 4.616

09.12.2019 19:37
#15 RE: Bryan-Edgar-Wallace-Bücher Zitat · Antworten

Zitat von Dr. Oberzohn im Beitrag #14
George und Jojo (1963)

Original: The White Carpet



Was ist denn jetzt das Geheimnis des Teppichs bzw. die Auflösung? Deine Rezension hat mich echt neugierig gemacht. Spoiler gerne auch per PM.

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