Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden Impressum 
Forum Edgar Wallace ,...



Sie können sich hier anmelden
Dieses Thema hat 75 Antworten
und wurde 4.158 mal aufgerufen
 Edgar-Wallace-Forum
Seiten 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6
Jan Offline




Beiträge: 1.753

17.09.2019 13:14
#61 RE: 60 Jahre Edgar Wallace Filme - Sondersendung im Radio Zitat · Antworten

Zudem hat sich die Stilrichtung schon ab 1961 mit Alfred Vohrers Erstling reichlich gewandelt. Die Unterschiede sind ja schon weitgehend diskutiert worden und müssen nicht wiederholt werden. Insofern möchte auch ich Harald Reinl keineswegs zu nahe treten, wenn ich sage, dass er mit Frosch und uMönch wirklich gute Beiträge zur Serie geliefert hat, indes von einem mit dem Frosch initiierten und durchgängig beeinflussendem Stil aus meiner Sicht nicht gesprochen werden kann. Betrachtet man Reinls ersten und seinen letzten Film zur Serie, so finden sich zwar noch einige Parallelen wie beispielsweise die melodramatisch-kitschigen Endsequenzen im "Zuckerbäckerstil". Es finden sich aber auch klare Änderungen, die einerseits dem veränderten Zeitgeist aber andererseits auch den in den sechs dazwischen liegenden Jahren entstandenen Filmen geschuldet sind.

Ein diesbezügliches Merkmal ist sicher die Zeichnung der einzelnen Charaktere. Die in Frosch und Bande existierende Verschleierung und Wandlung von Gut in Böse bzw. von Böse in Gut finden wir beim uMönch letztlich vor allem beim Haupttäter. Die Maske der gesamten Familien-Mischpoke fällt schon, ehe die Credits überhaupt über die Leinwand flimmern. Der uMönch bezieht viel mehr als Frosch und/oder Bande seinen Reiz aus knalligen Effekten wie der skurrilen Mordmethode oder aus der Anhäufung moderner kriminalistischer Verfolgungstechnik à la Hubschrauber, Funkgerät mit Verzerrung, etc. Viel greller und - Nomen est omen - peitschender finden wir den Musikeinsatz vor, viel weniger Zurückhaltung gibt es in der Führung einzelner Schauspieler wie im Falle Hartmut Reck oder Kurt Pieritz.

Scherzhaft habe ich immer gesagt, dass der uMönch der beste Alfred-Vohrer-Film ist, den Harald Reinl je gedreht hat. Dies gilt indes nicht auf allen Gebieten. Die Vohrer'sche Ironie, der tüftelnde Spieltrieb bei den Requisiten oder die letztlich bei Vohrer vor allem ab 1966 anliegende Verballhornung einzelner Elemente gehen Harald Reinl selbstredend vollkommen ab. Auch der uMönch nimmt sich selbst, wie nahezu alle Filme, die ich von Harald Reinl kenne, überaus wichtig. Im vorliegenden Fall darf dies auch zu Recht so sein, denn der uMönch gehört m.E. zu den besten Filmen der Serie.

Was letztlich bleibt, ist die selbe Feststellung, die man hier schon zu früheren Zeiten bei der Fragestellung "Vohrer oder Reinl?" machen musste: Ein Aufrechnen der beiden gegen einander ergibt keinen Sinn. Hier hat jeder seine eigene Definition. Einzelne Vergleiche anzustellen ist in meinen Augen durchaus legitim und auch die Frage, welcher Regisseur die Reihe nun am meisten prägte, mag sich jeder selbst gut beantworten können. Nach meiner Sichtweise ist es natürlich Alfred Vohrer, der die Edgar-Wallace-Serie künstlerisch zu der Marke gemacht hat, die wir heute kennen. Deswegen muss ich Harald Reinl aber nicht zwangsläufig als unbedeutend abstempeln. Er hat seinen Platz bei Wallace ebenso wie Vohrer den seinen bei May hat. Letztendlich dann doch ein künstlerisches Tête-à-Tête, sodass wir der Frage nachgehen können, zu wessen Gunsten die Ganghofer-Verfilmungen der 1970er Jahre als Zünglein an der Waage ausgehen mögen.

Gruß
Jan

Tarzan Offline



Beiträge: 1.038

17.09.2019 19:44
#62 RE: 60 Jahre Edgar Wallace Filme - Sondersendung im Radio Zitat · Antworten

Zitat von Mr. Igle im Beitrag #60
Ist es das? Vieles war auch stilistisch bereits schon durch die Romane vorgegeben. Joachim Kramp hat - trotz seiner bekannten "Affenliebe" zu Reinl - stets betont wie wichtig der Einfluss Hummels als Wallace-Kenner und vor allem von Egon Eis als Autor für die frühen Wallace-Filme war. Kramp hat hierbei hervorgehoben, dass der Stil der ersten beiden Wallace-Filme vor allem in Sachen Atmosphäre, Härte und "eiskaltem Touch" konkret durch die Drebücher von Eis vorgegeben wurde. Die haben Reinl und Roland jeweils simultan umgesetzt. ...



Dann frage ich mich, weshalb Bartsch (Reinls Drehbuchmann) beim "Frosch" als Bearbeiter des Eis-Buches genannt ist. Genau jener Herr Bartsch, der, siehe einen Beitrag zuvor, beim Drehbuch zum hochgelobten "Der unheimliche Mönch" beteiligt ist. Reinl hat wegen Bartschs Bearbeitung mit Sicherheit nicht ganz konsequent das Eis-Drehbuch umgesetzt. Das halte ich persönlich für sehr unwahrscheinlich. - Der allerwichtigste Mann bei der Entwicklung der Wallace-Reihe wurde hier bislang noch gar nicht genannt. "Das Wunderkind des deutschen Films", Horst Wendlandt, hat mit ziemlicher Sicherheit, wie später bei Karl May, auch hier die Zügel in die Hand genommen und die maßgeblichen Veränderungen in die Wege geleitet. Alfred Vohrer führte sicherlich die ein oder andere Idee seines Produzenten aus. Vohrer war ein wahnsinnig toller Handwerker, der bei Wallace am Set über sich hinaus gewachsen ist.

Tarzan Offline



Beiträge: 1.038

17.09.2019 19:57
#63 RE: 60 Jahre Edgar Wallace Filme - Sondersendung im Radio Zitat · Antworten

Zitat von Mr. Igle im Beitrag #60
[quote=Tarzan|p7397174] Ich sehe nicht, wo Reinl oder Roland groß inszenatorische Neuerungen gegenüber den Kriminalfilmen von vor 1959 geliefert hätten. Was soll diese einmalige "Handschrift" denn bitte sein? Wenn man sich zum Beispiel "Es geschah am hellichten Tag" (1958) ansieht, ist der auch nicht groß anders inszeniert als "Frosch" oder "Kreis"..."



Dann zitiere ich mal eine Schweizer Filmkritik zum FROSCH MIT DER MASKE, worin schon deutlich wird, was Harald Reinls "neuer Weg", auch gegenüber der genannten Schweizer Co-Produktion "Es geschah...", für eine Stiländerung brachte:
"... Die Spannung führt nie zur Explosion; stets wird sie aufgelockert durch erheiternde Einlagen, hier geliefert von einem ebenso pflichtbewussten wie ,schlagfertigen‘ Butler. Der wichtigste Grund freilich, der diesen Film erst zur (trotz harten Szenen) angenehmen Unterhaltung macht, liegt darin, dass für diesmal sämtliche Darsteller glaubhaft wirken."

Also nichts von Härte und "eiskaltem Touch" stehen für diesen neuen deutschen Krimi. Und das rechne ich persönlich Harald Reinl an. Vielleicht nennt mir aber auch jemand einen deutschen Krimi aus 1958/59, der das auch schon aufzuweisen hatte.

DerHexer Offline



Beiträge: 31

17.09.2019 21:03
#64 RE: 60 Jahre Edgar Wallace Filme - Sondersendung im Radio Zitat · Antworten

Zitat von Tarzan im Beitrag #62
Zitat von Mr. Igle im Beitrag #60
Ist es das? Vieles war auch stilistisch bereits schon durch die Romane vorgegeben. Joachim Kramp hat - trotz seiner bekannten "Affenliebe" zu Reinl - stets betont wie wichtig der Einfluss Hummels als Wallace-Kenner und vor allem von Egon Eis als Autor für die frühen Wallace-Filme war. Kramp hat hierbei hervorgehoben, dass der Stil der ersten beiden Wallace-Filme vor allem in Sachen Atmosphäre, Härte und "eiskaltem Touch" konkret durch die Drebücher von Eis vorgegeben wurde. Die haben Reinl und Roland jeweils simultan umgesetzt. ...



Dann frage ich mich, weshalb Bartsch (Reinls Drehbuchmann) beim "Frosch" als Bearbeiter des Eis-Buches genannt ist. Genau jener Herr Bartsch, der, siehe einen Beitrag zuvor, beim Drehbuch zum hochgelobten "Der unheimliche Mönch" beteiligt ist. Reinl hat wegen Bartschs Bearbeitung mit Sicherheit nicht ganz konsequent das Eis-Drehbuch umgesetzt. Das halte ich persönlich für sehr unwahrscheinlich. - Der allerwichtigste Mann bei der Entwicklung der Wallace-Reihe wurde hier bislang noch gar nicht genannt. "Das Wunderkind des deutschen Films", Horst Wendlandt, hat mit ziemlicher Sicherheit, wie später bei Karl May, auch hier die Zügel in die Hand genommen und die maßgeblichen Veränderungen in die Wege geleitet. Alfred Vohrer führte sicherlich die ein oder andere Idee seines Produzenten aus. Vohrer war ein wahnsinnig toller Handwerker, der bei Wallace am Set über sich hinaus gewachsen ist.


Wendlandt hat mit Vohrers Stil herzlich wenig zu tun - Vohrers typische Stilmittel ziehen sich durch sein gesamtes Werk, egal, wer produziert hat.

Der Frosch profitiert von dem wirklich guten Drehbuch, der weitgehend exzellenten Besetzung und der handwerklichen Kompetenz von Reinl, der das Geschehen in passende Bilder umsetzt und den richtigen Rhythmus findet. Keiner der vier weiteren Reinl-Wallaces kommt an den Erstling ran, ich halte sie sogar bis auf den "Fälscher" für ziemlich durchschnitlich. Jürgen Roland schlägt mit dem Kreis in eine ähnliche Kerbe wie Reinl beim Frosch und macht seinen Job genau so gut. Der verunglückte Bogenschütze ist natürlich ein anderes Thema, so einen (verhältnismäßigen) Ausfall hatte Reinl bei Wallace nicht. Frosch und Kreis sehe ich als Prototypen für spätere Werke, die noch ein wenig in der Tradition von Fritz Lang stehen, gepaart mit einer gewissen Wirtschaftswunder-Hemdsärmeligkeit und einem Blick nach England. Das funktioniert wunderbar und ergibt tolle Filme, aber den wirklichen stilistischen Startschuss haben Vohrers Augen gegeben, der zu Recht immer wieder als bester deutscher Wallace-Film genannt wird.
Alle Wallace-Klischees, die gern zitiert und parodiert werden, gehen auf die typischen Vohrer-Trademarks zurück.

Karl May sollte man hier ausklammern, das ist klar Reinls Baustelle. Vohrers Filmen merkt man an, dass er mit dem Blutsbrüder-Kitsch arg hadert. "Old Firehand" ist dafür sicherlich der stärkste und interessanteste Beleg. Man merkt immer wieder ein Schielen Richtung Italien, aber letzten Endes kämpft Vohrer nur gegen Drehbuch und Figuren, die in diesem Falle Windmühlen sind. Ein schönes Scheitern, sozusagen.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

17.09.2019 21:05
#65 RE: 60 Jahre Edgar Wallace Filme - Sondersendung im Radio Zitat · Antworten

Ich muss gestehen, dass ich zu Mr.Igle's Vergleich mit den anderen deutschen 50er-Jahre Krimis nur bedingt mitreden kann. Ich habe die Filme "Es geschah am hellichten Tag", "Am Tag als der Regen kam", "Der Greifer" und "Klettermaxe" alle einmal gesehen - nur ist es sehr lange her, vermutlich in den 80er-Jahren. Ich weis aber mit Sicherheit, dass mich absolut keiner dieser Film in Punkto Spannung und Atmosphäre nur annähernd so faszinierte wie der "Frosch". Ich konnte mich für die Prä-Frosch-Filme der 50er nie ernsthaft begeistern. Die waren einfach alle weniger.

Jan Offline




Beiträge: 1.753

17.09.2019 21:34
#66 RE: 60 Jahre Edgar Wallace Filme - Sondersendung im Radio Zitat · Antworten

Dass Horst Wendlandt bei Wallace künstlerisch-inszenatorischen Einfluss genommen haben soll, halte ich auch für einigermaßen abwegig. Sicher erhielten die Regisseure eine konkrete Aufgabenstellung und Produktion sowie Verleih gaben die grundsätzliche Linie vor. Auch gab es Drehbuchbesprechungen im Vorfeld. Dazu gibt es ja auch Fotos. Getränke im Klavier, ein Totenkopf mit Zigaretten, Reptilienbesetzungen, hysterisch kreischende Mädchen, wild gestaltete Zooms, die Möhre im Mund oder die ganzen übrigen Liebenswürdigkeiten sind aber bestimmt nicht das Werk des Produzenten. Wendlandt hat sich doch am Set nie sehen lassen. Matthias Wendlandt erinnerte sich mir gegenüber, dass Papa Horst seinem Freund Freddy (und damit ganz bestimmt auch Harald Reinl) völlig freie Hand bei den Inszenierungen ließ. Und selbst wenn Vohrer mal daneben langte, konnte Wendlandt das im Nachgag alles schönbeten.

Gruß
Jan

Tarzan Offline



Beiträge: 1.038

17.09.2019 22:00
#67 RE: 60 Jahre Edgar Wallace Filme - Sondersendung im Radio Zitat · Antworten

Von künstlerisch-inszenatorischem Einfluss war ja auch nicht die Rede. Das hat Wendlandt nie gemacht! Aber doch wohin die Reise der Serie gehen sollte. Das bedeutet ja schon, wie der Stil sein soll, etc.

Jan Offline




Beiträge: 1.753

17.09.2019 23:03
#68 RE: 60 Jahre Edgar Wallace Filme - Sondersendung im Radio Zitat · Antworten

Zitat von Tarzan im Beitrag #67
Von künstlerisch-inszenatorischem Einfluss war ja auch nicht die Rede. Das hat Wendlandt nie gemacht! Aber doch wohin die Reise der Serie gehen sollte. Das bedeutet ja schon, wie der Stil sein soll, etc.

Finde ich nun weniger, denn der Stil ist für mich dann doch eher der inszenatorische Stil, den ich dem fertigen Film ansehen kann und der, wird er häufig wiederholt, so eine Serie tatsächlich zur Marke werden lassen kann. Inszenatorische Kontinuität war es dann auch wohl, die Horst Wendlandt dazu verleitet hat, Alfred Vohrer in der Farbphase 1966 bis 1968/9 ausnahmslos zu engagieren. Warum hat er das gemacht, wenn er derjenige gewesen wäre, der diesbezüglich die Zügel in der Hand gehalten haben sollte? Da hätte ja jeder andere Regisseur, von denen im Übrigen der eine oder andere auch für weniger Geld zu haben gewesen wäre, gewählt werden können, da dieser ja ausschließlich ausführendes Organ gewesen wäre. Daran glaube ich nicht so wirklich. Alfred Vohrer erhielt meiner Überzeugung zufolge Regieauftrag um Regieauftrag, weil Produktion und Verleih damit sichergehen konnten, dass die Marke Wallace nicht in Gefahr geraten würde. Andere Regisseure hätten Vohrers Stil schon arg kopieren müssen. Insofern ist ja auch erklärlich, warum es mit dem Abschied Vohrers zu so einem harten Bruch kam. Mitnichten hat Wendlandt nach jemandem gesucht, der im Vohrer'schen Stil einfach weitermacht. Wendlandt suchte sein Heil im "Umlabeln" bei den Italienern. Der klägliche Versuch, unter der Regie Harald Philipps dann doch noch einen Nachklapp zum "klassischen Wallace" zu machen, gibt dem Produzenten ja letztlich sogar Recht, denn als besonders glücklich empfinde ich dieses Revival nicht.

In den 1970er Jahre kam es bei Simmel/Waldleitner zu einer vergleichbaren Situation: Nach sechs Simmel-Filmen, die ganz unverkennbar die Handschrift Alfred Vohrers trugen, musste Luggi Waldleitner dann bei "Bis zur bitteren Neige" die Regie an Gerd Oswald übertragen, der trotz unverkennbarer Versuche daran scheiterte, den eingefahrenen Stil fortzuführen.

Gruß
Jan

Mr. Igle Offline




Beiträge: 127

17.09.2019 23:17
#69 RE: 60 Jahre Edgar Wallace Filme - Sondersendung im Radio Zitat · Antworten

Zitat von Tarzan im Beitrag #62
Dann frage ich mich, weshalb Bartsch (Reinls Drehbuchmann) beim "Frosch" als Bearbeiter des Eis-Buches genannt ist. Genau jener Herr Bartsch, der, siehe einen Beitrag zuvor, beim Drehbuch zum hochgelobten "Der unheimliche Mönch" beteiligt ist. Reinl hat wegen Bartschs Bearbeitung mit Sicherheit nicht ganz konsequent das Eis-Drehbuch umgesetzt. Das halte ich persönlich für sehr unwahrscheinlich. [...] Dann zitiere ich mal eine Schweizer Filmkritik zum FROSCH MIT DER MASKE, worin schon deutlich wird, was Harald Reinls "neuer Weg", auch gegenüber der genannten Schweizer Co-Produktion "Es geschah...", für eine Stiländerung brachte:
"... Die Spannung führt nie zur Explosion; stets wird sie aufgelockert durch erheiternde Einlagen, hier geliefert von einem ebenso pflichtbewussten wie ,schlagfertigen‘ Butler. Der wichtigste Grund freilich, der diesen Film erst zur (trotz harten Szenen) angenehmen Unterhaltung macht, liegt darin, dass für diesmal sämtliche Darsteller glaubhaft wirken."

Also nichts von Härte und "eiskaltem Touch" stehen für diesen neuen deutschen Krimi. Und das rechne ich persönlich Harald Reinl an. Vielleicht nennt mir aber auch jemand einen deutschen Krimi aus 1958/59, der das auch schon aufzuweisen hatte.

Kramp schreibt als Kenner der Drehbuchinternas deutlich, dass im Wesentlichen Eis die filmische Vorstellung für den ersten Wallace-Film in seine Fassungen entworfen hat; mit teils präzisen Anweisungen für die Umsetzung. Mit Härte und "eiskaltem Touch" meine ich die sehr direkten Mordszenen wie etwa an Lolita oder Lady Doringham und beispielsweise die morbide präsentierte Hinrichtungsthematik in den ersten beiden Filmen (siehe auch die abweichenden Henker-Versionen zum "Kreis" im "Hallo!"-Buch). Sieht man sich die Arbeiten von Eis für Epigonen wie "Wirtshaus" und "Spinne" an, so wirken diese auch brutaler und "eiskalter" als die Arbeiten anderer Autoren in diesem Bereich. Den Butler haben laut Kramp Eis & Bartsch wechselseitig erarbeitet. Die Produzenten waren von Bartschs finaler Fassung nicht überzeugt und haben das Script in den Wochen vor Drehbeginn selbst drehfertig geschrieben. Reinl hat den Film dann im Wesentlichen so gedreht, wie die Produzenten ihm das Drehbuch in die Hand gedrückt haben. Und wie er für "Frosch" und "Bande" Bartsch mitbrachte, so brachte Roland für "Kreis" und "Bogenschütze" Wolfgang Menge mit. Und da sie einander nicht kopierten (bestes Beispiel die Paar-Szenen - Reinl: "stimmungsvoll romantischer"; Roland: "britisch unterkühlter"), zeigt, dass Reinl und Roland die Reihe mit zwei Doppelarbeiten simultan ins Laufen brachten. Arent ist auch im "Kreis" humorvoll (aber auf eine trockenere Art) und auch hier sind alle Darsteller glaubhaft. Die zeitgenössische Kritik könnte man folglich genauso auf Rolands "Kreis" anwenden und auf den "Bogenschützen" (Stichwort: Auflockerung) sogar noch viel mehr...

Zitat von patrick im Beitrag #65
Ich muss gestehen, dass ich zu Mr.Igle's Vergleich mit den anderen deutschen 50er-Jahre Krimis nur bedingt mitreden kann. [...] Ich konnte mich für die Prä-Frosch-Filme der 50er nie ernsthaft begeistern. Die waren einfach alle weniger.

Da sprichst du einen wichtigen Punkt an. Der Unterschied liegt in der größeren Action (Schießereien, Attentate und Co.) und dem allgemein größeren pulphaften Unterhaltungsfaktor der Wallace-Streifen, während die 50er-Kriminalfilme wie etwa "Es geschah am hellichten Tag" bodenständiger, psychologischer und seriöser konzipiert waren. Mein Punkt ist: Ich kann nicht erkennen, inwieweit Reinl und/oder Roland in ihren ersten beiden Filmen in der reinen Inszenzierung Stilmerkmale geprägt haben, die für die weitere Entwicklung der Serie prägend und unausweichlich waren. Beide haben die Filme kompetent, auf der Höhe der Zeit und sehr gewissenhaft gedreht, aber rein stilistisch sehe ich die Reihe 1959-1961 noch in einer Findungsphase ohne dominanten Kurs. Der erste durch und durch typische Wallace-Film wäre für mich sogar erst die "Gräfin", die dann zu den deutlich formelhafteren 62er- und 63er-Filmen überleitet. Hier ist der "Wallace-Stil" dann wirklich vollständig ausgeprägt.

"Entspannen Sie sich, durch Hochspannung!"

Tarzan Offline



Beiträge: 1.038

17.09.2019 23:34
#70 RE: 60 Jahre Edgar Wallace Filme - Sondersendung im Radio Zitat · Antworten

Die Musik prägte ja auch den Stil. Und Böttcher und Thomas hat Wendlandt beigebracht. Ob der alleinige Vohrer in der Farbphase die richtige Lösung war, sei dahin gestellt. Jedenfalls hat Reinl für mich zunächst die Wallace-Filme geprägt und auch einen Stil hineingebracht. Roland hat sich ja auch am Frosch bei seiner ersten Arbeit orientiert. Die Inszenierung haben ja auch nicht Hummels oder Eis besorgt. Vohrer hat erstklassige Schwarz-weiß-Filme mit viel Action gemacht, mit allen möglichen Einflüssen. Ohne ihn wären die Wallace-Filme sicher früher ganz fertig gewesen, aber spätestens 1968 war doch auch mit Vohrer die Reihe gegessen. Das Band lief noch, aber wie? Die Italiener und Philipp waren dann der letzte, gescheiterte Versuch.

Mr. Igle Offline




Beiträge: 127

18.09.2019 09:11
#71 RE: 60 Jahre Edgar Wallace Filme - Sondersendung im Radio Zitat · Antworten

Zitat von Tarzan im Beitrag #70
Jedenfalls hat Reinl für mich zunächst die Wallace-Filme geprägt und auch einen Stil hineingebracht. Roland hat sich ja auch am Frosch bei seiner ersten Arbeit orientiert. Die Inszenierung haben ja auch nicht Hummels oder Eis besorgt.

Aber daran sieht man, dass viele Dinge im Einflussbereich der Produktion lagen und auch den Drehbuchautoren zu verdanken sind, die man immer schnell leichtfertig dem Regisseur als "Film-Magier" zuschreibt. Kramp betont explizit, dass er unbedingte Wille/Perfektionsdrang aller Beteiligten und die sorgfältige Vorbreitung/Auswahl der Schauspieler usw. den Erstling zum Erfolg brachten. Da war Reinls Regie wichtig, aber eben auch nur ein Baustein. Wäre das anders gewesen, hätte Kramp - als Reinl-Fan - dessen Rolle deutlich stärker hervorgehoben. Im Falle der Betonung der unbeachteten Bedeutung Hummels ist ihm das seinerzeit ja sehr negativ ausgelegt worden. Auch im Sinne Reinls kann ich nicht mit der Einschätzung mitgehen, Roland habe sich an Reinl orientiert. Roland hatte im Gegensatz zu Reinl seine ganz filmische Ausbildung in England absolviert und er war ein junger, aufstrebender Regisseur, der sein eigenes Ding machen wollte. Das merkt man an der sehr nüchternen, bodenständig-britischen Art, wie er den "Kreis" und auch beim "Stahlnetz" inszenierte. Dadurch wirkt der "Kreis" auch britischer als der "Frosch". Viele Fans und Zuschauer finden den "Kreis" im Vergleich deswegen ja auch langweiliger bzw. biederer als den "Frosch". Dagegen wird beim "Frosch" Reinls energiegeladene, melodramatische und effektheischende Inszenierung hervorgehoben. Dieses Gleichsetzen wird folglich auch Reinl nicht gerecht. Gerade weil Reinl und Roland unterschiedliche Ansätze verfolgten und diese jeweils - meiner Meinung nach - ab 1961 keinen großen Einfluss mehr auf den Stil der Reihe hatten, stelle ich diese angeblich unausweichliche Stilbeeinflussung infrage. Das ändert nichts daran, dass diese Herrschaften kompetent inszenierten und exzellente Filme lieferten. Aber anders als bei Karl May halte ich Reinls kolportierte stilistische Vormachtstellung bei Wallace für weitgehendes Wunschdenken der Reinl-Fans.

"Entspannen Sie sich, durch Hochspannung!"

Tarzan Offline



Beiträge: 1.038

18.09.2019 11:24
#72 RE: 60 Jahre Edgar Wallace Filme - Sondersendung im Radio Zitat · Antworten

Viele Köche haben da einen guten Brei abgeliefert. Das Reinl für die Startphase hinsichtlich der Gestaltung keine besondere Rolle spielte, halte ich indes für Wunschdenken. Alleine schon bei der Auswahl der Drehorte hat er doch schon den Stil der Umsetzung des Drehbuches mitverantwortet. Das sieht man ja bei allen seinen ersten Filmen. Roland hat sich das doch bewusst angesehen... und dann natürlich auf seine Weise gearbeitet. Weniger Effekte, mehr Dokumentarisches. Reinl hat aber doch Keine 90%+ Auflagen erhalten. Es sind leider keine detaillierten Äußerungen von Reinl zu dem Thema bekannt. Gegenüber „Klettermaxe“ oder „Der Greifer“ hat er doch einen Stil selbst auf die Leinwand gebracht, wo später in der Serie von Vohrer noch mehr mit Effekten drauf aufgebaut wurde und die Sache sich immer weiter entwickelte (inkl. der wichtigen Musik). Auch ich bin der Meinung, dass man Reinl und Vohrer gar nicht insgesamt miteinander vergleichen kann. Aber Reinl hat doch die ersten Filme der Reihe mitgeprägt und einen Stil gehabt, der für mich einzigartig für Wallace steht. Glaubhafte Krimi-Märchen.

Mr. Igle Offline




Beiträge: 127

18.09.2019 12:45
#73 RE: 60 Jahre Edgar Wallace Filme - Sondersendung im Radio Zitat · Antworten

Deine Ausführungen klingen absolut plausibel. Wie eingangs erwähnt, liegt es mir fern, Reinls Rolle bei Wallace kleinzureden. Natürlich war er für die inszenatorische Gestaltung in der Frühphase der Serie enorm wichtig und hat den Stil auf diese Weise entscheidend mitgeprägt. Nur war er es eben nicht alleine und auf so dominante Art wie bei den Winnetou-Filmen; um diese Unterscheidung ging es mir.

"Entspannen Sie sich, durch Hochspannung!"

Havi17 Offline




Beiträge: 3.763

18.09.2019 18:17
#74 RE: 60 Jahre Edgar Wallace Filme - Sondersendung im Radio Zitat · Antworten

Bei Produktionen hat in erster Linie der Geldgeber etwas zu sagen. Das ist in jeder Branche üblich.
Natürlich kann auch ein Regisseur seine Vorstellung bei der Umsetzung einbringen. Dcch letztlich
entscheidet der Produzent den Gesamteindruck, der sich in barer Münze auszahlen soll. Dazu gehört
viel Gespür für das was das Publikum mag und oder Mut auch neues zu wagen was das Publikum so
nicht kennt. Im Marketing nennt man das "Alleinstellungsmerkmal". Wenn man die Doku auf Youtube
zu Horst Wendtland insbesondere die mit Volker Schlöndorf aufmerksam verfolgt, erkennt man
Wendtlands Vorstellungen. Schlöndorf analysiert dabei punktgenau Wendtlands Ziele und seine
Begeisterung, was sich in seinen Antworten unmittelbar widerspiegelt. https://www.youtube.com/watch?v=OExgEZgICwM

Gruss
Havi17

DanielL Offline




Beiträge: 4.155

28.09.2019 00:14
#75 RE: 60 Jahre Edgar Wallace Filme - Sondersendung im Radio Zitat · Antworten

Zitat
Bei Produktionen hat in erster Linie der Geldgeber etwas zu sagen. Das ist in jeder Branche üblich.
Natürlich kann auch ein Regisseur seine Vorstellung bei der Umsetzung einbringen. Dcch letztlich
entscheidet der Produzent den Gesamteindruck, der sich in barer Münze auszahlen soll.



Der wichtigste Geldgeber war in diesem Fall der Verleih. Constantin garantierte 80% der vorab - von Produzenten/ Herstellungleitern - kalkulierten Kosten. 20% und die Gefahr von Mehrkosten hatten die Produzenten zu tragen. Der Verleih hat auch erwiesenermaßen ordentlich in der Vorbereitung mitgeredet (Buchabnahme, Auswahl publikumswirksamer Hauptdarsteller,...). Ein Aspekt, der meiner Ansicht nach immer etwas verkannt wird. Der Produzent bestimmte natürlich bei dieser Art Kommerzfilme auch mit, insbesodere solange das ganze Projekt in der Findungsphase ist. Zu sagen "auch ein Regisseur" könne "seine Vorstellung bei der Umsetzung" einbringen, ist aber schon eine kuriose Untertreibung. Im obliegt ja schon die kreative Gesamtverantwortung für die Umsetzung.

Zitat
Dcch letztlich entscheidet der Produzent den Gesamteindruck, der sich in barer Münze auszahlen soll. Dazu gehört
viel Gespür für das was das Publikum mag und oder Mut auch neues zu wagen was das Publikum so
nicht kennt. Im Marketing nennt man das "Alleinstellungsmerkmal". Wenn man die Doku auf Youtube
zu Horst Wendtland insbesondere die mit Volker Schlöndorf aufmerksam verfolgt, erkennt man
Wendtlands Vorstellungen.



Interessant, dass du Wendlandt hier nennst. Wendlandt arbeitete bis 1961 bei Brauner als Herstellungsleiter. Ihm gebührt der Dank und die Ehre, maßgeblich dazu beigetragen zu haben, aus drei bis vier erfolgreichen Filmen eine legendär erfolgreiche Kinofilmreihe gemacht zu haben. Und dazu immer wieder die richtigen Strategien und Leute an den Start gebracht zu haben. Nun kann man auch darüber streiten, ob er mit Leuten wie Vohrer den "Wallace-Filmstil" ermöglicht hat. Gewiss ist aber, dass er mit seinem Eintritt in die Rialto - noch geprägt von Philipsen - bereits auf Wallace-Erfolg aufbauen konnte. Wie es zum ersten Film kam ist ja ausreichend geschildert, v.a. in Joachims Buch. Philipsen, Constantin-Chef Barthel und Constantin-Berater Hummel haben das ausgedealt. Und Philipsen sicherte bereits nach dem ROTEN KREIS umfangreiche Exklusivrechte bei Penelope Wallace.

Zur vorhergehenden Diskussion mit Reinl und Vohrer: Ich finde Vohrer prägte die Reihe visuell sehr entscheidend, sein Stil ist ja sehr markant mit all seinen Überzeichnungen und verrückten Details. Reinl hat trotzdem den Cocktail in seinen Grundzügen zuerst gemixt.Kann man ja an den zeitgenössischen Kritiken mühelos ablesen, dass die Journalisten der Story, aber auch in der atmosphärischen Bildwelt des "Krimimärchens" Neues entdeckten. Innovatoren sind sie beide. Reinl ist ein guter Handwerker, der den Krimi verlässlich beherrscht. Vohrer ist ein atmosphärisches Genie, stets davon bedroht, dass die nächste Idee, der nächste Witz auch mal nach hinten losgehen könnte oder die Geschichte stört. Reinl Fan hin oder her, natürlich hat er den Stil mitgeprägt. Vohrer hat so hohe Qualitäten, dass ihm dieses Zugeständnis nicht schadet.

Gruß,
Daniel

Seiten 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6
 Sprung  
Xobor Einfach ein eigenes Forum erstellen
Datenschutz