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 Romane
Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 644

30.10.2018 21:19
Der Detection Club Zitat · Antworten

Im Jahre 1928, als Edgar Wallace seine Glanzzeit als Krimiautor hatte, wurde in London der Detection Club gegründet. Mitglieder waren (und sind) bekannte Kriminalschriftsteller, zu den Gründungsmitgliedern gehörten unter anderem Agatha Christie und Dorothy Sayers. Der heute wohl zu Unrecht vergessene Ronald Knox stellte bald darauf innerhalb des Zirkels Die zehn Regeln für einen fairen Kriminalroman auf.
Edgar Wallace war wohl kein Mitglied dieser Vereinigung, die aufgestellten Regeln könnten zum Teil sogar als Abgrenzung gegenüber seinen zahlreich produzierten Thrillern, die mehr auf Dramatik als auf Logik setzten, aufgefasst werden.
Hier mal die Regeln (nach Wikipedia) und ein Vergleich mit Wallace:

1.Der Verbrecher muss bereits zu Beginn der Geschichte Erwähnung finden, aber es darf niemand sein, dessen Gedanken der Leser folgen kann.

Nun gut, die kaum schwer zu erratenden Haupttäter werden bei E.W. tatsächlich häufig auf den ersten Seiten eingeführt. Hier verhält er sich konform.


2.Übernatürliche Kräfte oder Mächte sind selbstverständlich untersagt.

Mysteriöse Kräfte oder Geister gibt es im Wallace' Stories nicht, wenn so etwas mal anklingt, dann hat es eine natürliche Erklärung zur Folge.


3.Es darf nur eine Geheimkammer respektive nicht mehr als ein Geheimgang verwendet werden, und dies auch nur dann, wenn sich die geschilderte Umgebung dazu eignet.

Das ist nun mal eindeutig ein Element, das Edgar Wallace überreichlich und sorglos verwendete. Möglich, dass es den Mitgliedern des Detection Clubs förmlich ein Gräuel war.


4.Weder sind bis jetzt unbekannte Gifte gestattet noch irgendeine Art der Verabreichung, die am Ende eine lange wissenschaftliche Erklärung erfordert.

Zumindest von unbekannten schnellwirkenden Giften träumte wohl auch Edgar Wallace (etwa bei "Die Drei von Cordova"). Die kritisierte umständliche Verabreichung mit langer Erklärung fällt wohl mehr in das Ressort von Agatha Christie, wie bei ihrem Erstling "Das fehlende Glied in der Kette".


5.Chinesen haben in der Geschichte nichts zu suchen

Diese Passage zielt wohl mit am nachdrücklichsten gegen Edgar Wallace, der die geheimnisvollen Chinesen sehr oft in seine Handlung einbaute, mal als rettende Helfer des Detektivs, mal als willfährige Gehilfen des Schurken.


6.Weder darf der Zufall dem Detektiv zu Hilfe eilen, noch darf er unerklärliche Eingebungen haben, die sich als richtig herausstellen.

Auch das ist eine klare Aussage gegen Wallace' literarisches Schaffen, denn von Zufällen wimmelt es nur so bei ihm, sie sind quasi der Kitt für seine Handlungen.


7.Der Detektiv darf das Verbrechen nicht selbst begehen.

Das ist wohl eher weniger auf Wallace gemünzt, auch wenn der "Rote Kreis" teilweise von dieser Regel abweicht und es auch eine Menge korrupter Polizisten als Helfer des Verbrecher gibt.


8.Alle Spuren, auf die der Detektiv stößt, müssen dem Leser unverzüglich vor Augen geführt werden.

Hm, da es sich bei den Romanen von E.W. in den seltensten Fällen um reine Rätselkrimis handelt, Spurensicherung im Prinzip auch nur selten vorkommt, so geht dieser Punkt eher an seinen Büchern vorbei. Allerdings ist er schon recht sorglos damit, seine Detektive irgendwelches Wissen über Personen oder Handlungen ausschütten zu lassen, wobei nie erklärt wird, woher diese Kenntnisse stammen, etwa bei dem förmlich allwissenden Mr. Reeder.


9.Der beschränkte Freund des Detektivs, sein Watson, darf keinen seiner Gedankengänge verschweigen; sein Intelligenzquotient muss leicht, aber nur ganz leicht, unter dem des durchschnittlichen Lesers liegen.

Das Element, dem Hauptermittler einen Partner zur Seite zu stellen, welcher dann meist noch in der Ich-Form berichtet, verwendet Wallace meines Wissens nach überhaupt nicht. Dieser Punkt bezieht sich dann doch auf andere Schriftsteller.


10.Zwillinge und Doppelgänger dürfen erst auftreten, nachdem wir gebührend auf sie vorbereitet worden sind.

Das abgedroschene Element eines Zwillings oder Doppelgängers wird auch von Edgar Wallace eingesetzt, wie bei den Romanen "Der Doppelgänger" oder "Das Steckenpferd des alten Derrick". Das kommt doch wenig überzeugend daher, aber das trifft wohl auf alle derartige Geschichten zu.


Zusammenfassend kann man mal vermuten, dass Edgar Wallace als einer der zur damaligen Zeit Hauptvertreter des literarischen Mordes teilweise schon ungewollt Pate für die nach Ansicht der Clubmitglieder größten Unsitten im Kriminalroman gestanden hat. Allerdings haben sich auch Christie und Co. nicht immer an diese Regeln gehalten, mitunter sogar damit "gespielt".
Möglicherweise waren die zehn Regeln sowieso nur als Scherz gemeint.

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