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Dieses Thema hat 1 Antworten
und wurde 205 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker national
Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

07.10.2018 14:30
Mit 17 weint man nicht (1960) Zitat · Antworten

BEWERTET: "Mit 17 weint man nicht" (Deutschland 1960)
mit: Heinz Drache, Barbara Frey, Matthias Fuchs, Gisela Uhlen, Michael Verhoeven, Ann Smyrner, Georg Kostya, Claus Wilcke, Erica Beer, Hans Epskamp, Fritz Schmiedel, Joseph Offenbach, Jochen Busse, Dorit Oliver | Drehbuch: Janne Furch und Joachim Wedekind | Regie: Alfred Vohrer

Der Abiturient Horst Döring und die Apothekengehilfin Karin haben vor wenigen Monaten geheiratet. Von Karins kleinem Gehalt können sie sich keine eigene Wohnung leisten und so leben sie bei Horst' Eltern. Dessen Mutter ist in zweiter Ehe mit dem Rechtsanwalt Dr. Kurt Wegener verheiratet, den Horst nicht leiden kann. Es gibt deswegen immer wieder Spannungen, erst recht, als der 18-jährige kurz vor dem Abitur hinwirft und auf eigenen Füßen stehen will. Eine Reise nach Oberammergau endet damit, dass dem Ehepaar das Auto gestohlen wird und Dr. Wegener sie abholen muss. Doch Karin fährt allein mit ihrem Schwiegervater zurück. Während eines Zwischenstopps knistert es zwischen den beiden und man gesteht sich Gefühle ein....



Viele Filme aus der damaligen Zeit entstanden nach populären Zeitschriftenromanen oder Tatsachenberichten, um aktuelle Stoffe zeitnah umsetzen zu können und den Geschmack des Publikums zu treffen. "Mit 17 weint man nicht" wurde in der Illustrierten "Frau im Spiegel" nach einem Roman von Heinz Gärtner veröffentlicht. Die Besetzung mit etablierten Schauspielern und jungen Talenten unterstreicht die Ambition, hier eine glaubwürdige, packende Geschichte zu erzählen, die den Nerv der Zeit traf. Alfred Vohrer inszenierte den Film, der in Österreich unter dem Verleihtitel "Tagebuch einer Verführten" in den Kinos lief, mit den Edgar-Wallace-Darstellern Drache, Uhlen, Beer und Epskamp, die sich stimmig in die Riege der Jungschauspieler fügten, die den maßgeblichen Beitrag am Gelingen der Produktion lieferten. Barbara Frey, deren Porträts junger Frauen in schwierigen Situationen stets gelungen und überzeugend sind ("Ich kann nicht länger schweigen", "Geständnis einer Sechzehnjährigen"), schafft es, ihrer Zerrissenheit Ausdruck zu verleihen und transportiert ihre Emotionen mit gleichbleibender Intensität, die sich fast bis zur Selbstzerstörung steigert. Matthias Fuchs hat es schwer, über sich hinauszuwachsen und verharrt lange in der Rolle des Schuljungen, der mit seinem Leben hadert und unüberlegte Schritte unternimmt. Ein erfahrener Mann wie Heinz Drache hat es hier leicht, den Platz des verständnisvollen Zuhörers einzunehmen, der die richtigen Worte findet und der jungen Frau dort Unterstützung zusagt, wo ihr Ehemann scheitert. Einmal mehr kann sich Drache als überlegen und weltmännisch in Szene setzen, selbst Formulierungen wie "liebes Kind" - an die Adresse der jungen Frau gerichtet - fehlen nicht. Die gefährliche Mesalliance lässt keinen Zweifel, dass er sich am Ende zurückziehen wird, um seinen Status nicht zu gefährden, während Barbara Frey vergebens darauf hofft, er könnte es ernst meinen. Dennoch ist er noch nicht so abgebrüht wie in seinen Rollen als Edgar-Wallace-Ermittler und spürt den Druck durch Erpressung einerseits und Schuldgefühlen andererseits noch sehr präsent. Seine Performance ist deshalb durchaus für positive Überraschungen gut.

Gisela Uhlen wird von den Entwicklungen innerhalb der Familie jeweils überrascht, weil falsche Rücksichtnahme und Scham ihr viele Neuigkeiten erst spät zuteil werden lassen. Dabei wahrt sie wie immer ihre Contenance und demonstriert ihre unbeugsame Würde. Sie überlegt still und entscheidet schnell, alle Konsequenzen in Kauf nehmend. Ein strafender Blick von ihr bringt selbst einen Heinz Drache zum Schweigen und ihre Autorität setzt sich am Ende immer durch. In ihrer Rolle als Mutter und Schwiegermutter bleibt sie auf Distanz, obwohl sie Emotionen bewegen. Sie weiß, dass ihre Erwartungen nicht immer erfüllt werden, lässt es sich jedoch nicht nehmen, ihre Missbilligung auszudrücken. Michael Verhoeven fällt die Aufgabe zu, als Bindeglied zwischen den beiden Seiten zu fungieren. Er entwickelt sich zur wichtigen Schlüsselfigur, die den kriminalistischen Gehalt der Geschichte offenlegt und Abläufe vorantreibt, die dazu führen, dass plötzlich alles in Frage gestellt wird. Ann Smyrner spielt die verschlagene Intrigantin, deren Ränkespiele den naiven Matthias Fuchs an neue Chancen glauben lassen, wobei er erneut an eine sorgenfreie Zukunft ohne Einhaltung des Familiencodex glaubt. Erica Beer stellt die mütterliche Anlaufstelle in der Apotheke dar und ersetzt Barbara Frey die fehlende Ratgeberin innerhalb der Familie. Sie strahlt Vertrauen aus, ein Aspekt, welcher der verzweifelten Karin verlorengegangen ist und der sie zu angstmotivierten Handlungen treibt. Die Spannungs- und Temposchraube wird noch einmal ordentlich angezogen und setzt Energie frei, die Alfred Vohrer gekonnt in Bahnen lenkt, bevor er dann wie von einer unsichtbaren Bremse zur Ordnung gerufen wird. Auf der Zielgeraden scheint die FSK Pate gestanden zu haben, um den anklingenden Kolportagecharakter noch rasch abzuwenden. Deshalb wirkt das Ende ein wenig arg konstruiert und die erläuternden Worte vor Gericht doch sehr gestelzt, was den sonst guten Gesamteindruck ein wenig schmälert. Der Film liegt in einer um vier Minuten gekürzten Fernsehfassung vor, die Kinoauswertung erhielt eine Freigabe ab 16 Jahren.

Familiendrama mit hochkarätig besetztem Ensemble, das seinen Illustriertencharakter nicht immer verleugnen kann, durch eine straffe Regieführung und engagierte Darsteller jedoch überdurchschnittlich unterhaltsam ist. 4 von 5 Punkten

Giacco Offline



Beiträge: 2.519

07.10.2018 18:32
#2 RE: Mit 17 weint man nicht (1960) Zitat · Antworten

Ein Auszug aus der Film-Echo-Kritik:

"Keine maßgeschneiderten Helden stehen hier parat, um mit den Problemen dieses Stoffes fertig zu werden, sondern es sind Menschen aus Fleisch und Blut mit großen und kleinen Fehlern, die Alfred Vohrer präsentiert. Ganz von den sonst üblichen Klischeetypen abweichend, benehmen sich diese Menschen immer anders, als man erwartet. Das gilt auch für die Handlung selbst. Der Regisseur übertrug das Drehbuch mit Hilfe des effektvoll und präzise geführten Schnitts und der mit sicherem Gefühl eingesetzten Kamera wirksam auf die Leinwand. Barbara Frey bezaubert in ihrer ungekünstelten Darstellung der jungen Ehefrau. Als ihr Film-Ehemann kann Matthias Fuchs wieder beweisen, wie begabt er ist, zumal er hier nuancenreich und mit Erfolg gegen sein eigenes Naturell anspielt. Erfreulich ist das Wiedersehen mit Gisela Uhlen als aparter Mutter. Heinz Drache agiert in der Rolle des Anwalts mit charmanter Lässigkeit und zieht alle Register seiner Sprech- und Schauspielkunst.
Ein überdurchschnittlicher Film mit großartigen darstellerischen Leistungen und guten geschäftlichen Aussichten."

Die "Filmwoche" schrieb:

In diesen Film ist soviel auf einmal hineingepackt worden, dass selbst vom Problem betroffene keine Parallelen zu sich ziehen werden. Und das ist schade, weil der Film ehrlich bemüht ist aufzurütteln."

Film-Echo-Note: 3,7 (bei 61 Meldungen).

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