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 Film- und Fernsehklassiker international
Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

01.07.2018 14:00
The Finishing Line (1977) Zitat · Antworten



The Finishing Line

Informationskurzfilm, GB 1977. Regie: John Krish. Drehbuch: Michael Gilmour, John Krish. Mit: Anthony Carrick, Kevin Flood, Don Henderson, Peter Hill, David Howe, David Millett, Yolande Palfrey, Jeremy Wilkin sowie Schülern der Roebuck Junior School, Watton-at-Stone Primary School und Simon Balle School Hertfordshire. Eine Produktion von British Transport Film.

Zitat von The Finishing Line
Ein Junge sitzt in Tagträumereien versunken auf einer Eisenbahnbrücke ... Er stellt sich ein großes Schulfest vor, das unmittelbar an der Bahnstrecke veranstaltet wird. Die Kinder treten in mehreren Disziplinen in vier Teams gegeneinander an und müssen zum Beispiel Gleise vor dem Zug überqueren, Steine auf eine fahrende Bahn werfen oder durch einen Eisenbahntunnel laufen. Dabei minimiert sich in jeder Runde die Anzahl der Teilnehmer, denn das Spielen an den Gleisen ist eine gefährliche Angelegenheit ...


Abschreckende Lehrfilme für Kinder und Jugendliche wurden und werden zu verschiedenen Themen produziert und gezeigt. Oft stehen zum Beispiel die Prävention von Drogenkonsum oder Gewaltverbrechen im Mittelpunkt. Das Anliegen des 1977 gedrehten Films „The Finishing Line“ ist eine klare Warnung vor dem unbefugten Betreten von oder sogar dem Spielen auf Bahnanlagen. Diese Botschaft vermittelt der Film auf eine derart schockierende Weise, dass er in Großbritannien einen über Generationen anhaltenden berüchtigten Ruf behielt, obwohl er schon zwei Jahre nach seinem Entstehen durch einen weniger expliziten Streifen ersetzt wurde.

„The Finishing Line“ unterstreicht seine Botschaft durch eine solide Menge Filmblut und sich tot oder verletzt stellende Statisten, gewinnt seine fast schon traumatisierende Wirkung jedoch nicht durch die bloße Darstellung von Unfall und Katastrophe, sondern vielmehr durch seine regelrecht groteske Anmutung. Der ganze Film ist als Traumsequenz ausgeführt, welche die übliche neunmalkluge Zeigefinger-Rhetorik gänzlich auf den Kopf stellt. Anstatt zu verteufeln, was Kinder künftig unterlassen sollen, wird es als das Normalste von der Welt gezeigt, ja sogar als Anlass für ein Schulfest, bei dem Eltern und Lehrer eifrig mithelfen, ihre Kinder ins Krankenhaus oder sogar in den Tod zu befördern. Lebensmüde Mutproben werden als gesellschaftlich institutionalisierte Sportdisziplinen vorgestellt, in denen Preise an die Teams mit den geringsten „Spielerverlusten“ vergeben werden. Der Schutz, den Kinder und Jugendliche üblicherweise von Seiten der Erwachsenen erfahren, entfällt völlig ... und damit auch der geheime Anreiz, rebellisch genau das Gegenteil des Erlaubten zu tun. Ein spannender psychologischer Trick, den man fast schon als Kopfstand-Methode bezeichnen kann.



Obwohl man sich die offensichtlichen pädagogischen Hintergründe schnell erschließt, wirkt der Film auch auf den erwachsenen Zuschauer. Seine Schonungslosigkeit bei gleichzeitigem Verzicht auf plumpe Belehrung kommt gerade vor dem Hintergrund seines Einsatzzwecks (z.B. zur Vorführung an Schulen mit Einwilligung der Eltern) überraschend; es sind sogar Horrorfilm-Rezensenten auf den Streifen aufmerksam geworden, die die surrealen Traumqualitäten der „Finishing Line“ hervorheben und auf jene Szene verweisen, in der die ruß- und blutverschmierten Körper der toten Kinder wie die von gefallenen Kriegssoldaten nach der Tunneldurchquerung Seit an Seit nebeneinander gelegt werden und bald mehrere Meter Gleisstrecke füllen. Regisseur John Krish fing diese Szenen – ihrer Wirkung immer bewusst – ebenso wie den vorherigen „Einmarsch“ der jungen Festteilnehmer in den Tunnel in langen, schmerzvollen Kameraeinstellungen ein. Am Ende hallt eine herausfordernde Frage blechern ans Ohr des (kindlichen) Zuschauers: „So – if any of you think that playing on the railway is a good idea, perhaps he or she would care to stand up.“

John Krish erntete für den Film zwar verschiedene Preise, aber auch Gegenstimmen in der öffentlichen Debatte. Heute wäre eine Produktion wie „The Finishing Line“ aus pädagogischer Sicht freilich undenkbar, aber auch in den späten Siebzigerjahren gab es Skeptiker:

Zitat von The Finishing Line (1977), BFI Screenonline, Quelle
Not surprisingly, it immediately generated controversy, even becoming the subject of a Nationwide [...] debate following a television screening of the film. Some commentators and parents worried that children would be traumatised, others that it might actually encourage copycat vandalism. Many defended the film as an appropriately tough response to a serious problem. Nonetheless, in 1979 the film was withdrawn and replaced by the much softer Robbie. At this stage, we can only speculate as to which film better achieved the aim they both shared, of preventing injury and loss of life, but The Finishing Line remains among the most audacious public safety films ever made.


Selbst für seine Zeit präsentiert sich der Aufklärungsfilm „The Finishing Line“ als heftig experimenteller Schocker, der durch Kinderaugen in seiner Intensität noch einmal deutlich zunimmt. Zeitzeugen, die den Film in jungem Alter sahen, berichten von Alpträumen, aber auch davon, dass er seinen Job, Kinder von Bahnanlagen fernzuhalten, perfekt erfüllte. Die Frage, wie weit man dafür gehen darf, darf man getrost zurückstellen, wenn man sich den Film heute rückblickend als verstörende Horror-Vision ansieht.

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