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Dieses Thema hat 1 Antworten
und wurde 236 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker international
Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

17.06.2018 15:30
Kronzeuge gesucht (1956) Zitat · Antworten

BEWERTET: "Kronzeuge gesucht" (Original: Eyewitness) (Großbritannien 1956)
mit: Muriel Pavlow, Donald Sinden, Belinda Lee, Michael Craig, Nigel Stock, David Knight, Avice Landone, Ada Reeve, Gillian Harrison, Leslie Dwyer, Susan Beaumont, Nicholas Parsons u.a. | Drehbuch: Janet Green | Regie: Muriel Box

Das Ehepaar Lucy und Jack Church gerät über einen auf Raten gekauften Fernsehapparat in Streit, woraufhin Lucy wütend das Haus verlässt. Sie begibt sich in ein naheliegendes Kino, doch die Auseinandersetzung mit ihrem Mann lässt ihr keine Ruhe. Als sie beschließt, ihn anzurufen, beobachtet sie, wie im Büro des Managers der Tresor leergeräumt und der Direktor getötet wird. Sie läuft um ihr Leben, da ihr die beiden Räuber folgen, um die Augenzeugin in ihre Gewalt zu bringen. In ihrer Panik stürzt sie vor einen anfahrenden Bus und wird ins Krankenhaus gebracht. Doch auch dort ist sie nicht sicher; der Mörder ist fest entschlossen, sie für immer zum Schweigen zu bringen....



Muriel Box (1905-1991) war eine der wenigen britischen Frauen im Regiesessel. Für ein von ihr verfasstes Originaldrehbuch bekam sie den "Oscar"; insgesamt führte sie fünfzehn Mal Regie, wobei die Arbeit an "Kronzeuge gesucht" ihre fünfte Spielleitung darstellt. Im Verleih der J. Arthur Rank Film entstand 1956 der Kriminalfilm um eine junge Frau, deren Zeugnis zwei Räuber zu Fall bringen könnte - sobald sie nach einem Unfall wieder aussagefähig ist. Für die weibliche Titelrolle wählte man Muriel Pavlow, die fünf Jahre später in "Murder She Said" (besser bekannt als "16 Uhr 50 ab Paddington") an der Seite der unverwüstlichen Margaret Rutherford spielte. Der Suspense rührt daher, dass sie sich wegen ihrer Gehirnerschütterung und der teilweisen Bewusstlosigkeit kaum verständlich machen kann, während die beiden Räuber auf dem Gelände des Krankenhauses darauf lauern, sie unschädlich zu machen. Parallel sucht Michael Craig, der den Ehemann von Lucy spielt, verzweifelt nach seiner Frau, die bei ihrer Einlieferung in die Klinik keine Papiere bei sich hatte. Die Handlung beginnt temporeich mit dem häuslichen Streit, an den sich bald der Raubüberfall im Kino anschließt, der in die Flucht vor den Tätern mündet. Donald Sinden und Nigel Stock sind das ungleiche Gangstergespann, wobei sich Sinden als der weitaus gefährlichere Part herausstellt. Kaltblütig und nur auf den eigenen Vorteil bedacht, geht er buchstäblich über Leichen und nutzt die Ergebenheit seines gutmütigen, hörgeschädigten Komplizen für seine finsteren Zwecke aus. Die permanente Bedrohung, welche er für Lucy Church darstellt, wird konsequent verfolgt. Sein zielstrebiges Handeln, die mehrmaligen Versuche, die Augenzeugin mit einem Kissen zu ersticken und die latente Bedrohung auch des Krankenhauspersonals sorgen für gleichbleibende Spannung, während nebenbei auch die Sorgen und Freuden der Krankenschwester Mary Louise gezeigt werden. Mehr Gewicht erhält auch die Rolle der Patientin Mrs. Hudson, deren Schlaflosigkeit die Station auf Trab hält und deren Beobachtungen die Täter mehrfach vom finalen Schritt abhalten können. Nicholas Parsons spielt den Arzt, der später in "Mörder ahoi!" ebenfalls als Doktor tätig ist. Das britische Flair der typischen Straßen samt am Rande aufgestellter Telefonkabinen ist unverkennbar und sorgt für eine Mischung aus gemütlicher Herbstlaubstimmung und düsterer Bedrohung aus dem Hinterhalt.

Guter alter Kriminalfilm aus der zweiten Hälfte der Fünfziger Jahre mit einem attraktiven und authentischen Cast, sowie einem stringenten Drehbuch und einer straffen Regieführung. Gefühl, Humor, Rache und Verzweiflung finden ausgewogen ihre Ventile und lassen den Zuschauer zum jeweils Dritten im Bunde werden. 4 von 5 Punkten

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

15.07.2018 21:30
#2 RE: Kronzeuge gesucht (1956) Zitat · Antworten



Kronzeuge gesucht (Eyewitness)

Kriminalfilm, GB 1956. Regie: Muriel Box. Drehbuch: Janet Green (Vorlage: Janet Green). Mit: Donald Sinden (Wade), Muriel Pavlow (Lucy Church), Michael Craig (Jay Church), Belinda Lee (Schwester Penny Gladstone), Nigel Stock (Barney), Ada Reeve (Mrs. Hudson), Avice Landone (Nachtschwester), David Knight (Mike), Allan Cuthbertson (Inspektor), Susan Beaumont (Schwester auf Probe) u.a. Uraufführung (GB): 14. August 1956. Eine Produktion der J. Arthur Rank Film.

Zitat von Kronzeuge gesucht
Weil sie sich mit ihrem Mann gestritten hat, besucht Lucy Church die Nachtvorstellung im örtlichen Kino. Dort wird sie Zeugin eines Raubüberfalls, bei dem zwei Safeknacker den Geschäftsführer des Kinos zunächst überfallen und schließlich erschießen. In heller Aufregung flüchtet Lucy vom Tatort und rennt geradewegs vor einen Bus. Sie wird in ein Krankenhaus eingeliefert und ist selbst dort vor den Einbrechern, die wissen, dass sie sie gesehen hat, nicht sicher. Der abgebrühtere von ihnen, ein Mann namens Wade, will sie noch in der gleichen Nacht umbringen, um die einzige Belastungszeugin auszuschalten. Dabei geht jedoch so manches schief ...


Britische Krimis aus den 1950er Jahren lassen die Dinge gern ein wenig kleiner und überschaubarer ablaufen. So zeigt auch „Kronzeuge gesucht“ keine Superverbrecher mit Anspruch auf den perfekten Coup, sondern ein sehr menschliches Duo mit einem finsteren „Chef“, dem alles, was er anpackt, missglückt, sowie einem von Skrupeln übermannten Amateur-Safeknacker mit Hörgerät, der gern wieder seiner ganz normalen Schlossertätigkeit nachgehen würde (am liebsten im fernen Neuseeland). Donald Sinden und Nigel Stock verkörpern dieses ungleiche Gespann auf eine sehr nachvollziehbare Weise: der eine als kühler Strippenzieher und Planer, dem der andere wie ein treues Hündchen hinterherläuft. Erst als es zu einem ernsthaften Streit zwischen den beiden Männern ob ihrer ausufernden Vertuschungsversuche kommt, verlaufen ihre Wege in unterschiedliche Richtungen.

Auch sonst ist „Kronzeuge gesucht“ geprägt von einer für einen Krimi ungewöhnlichen Alltäglichkeit. Streit über finanzielle Sorgen, nächtliche Schlaflosigkeit, despektierlicher Umgang mit alten Leuten und verhinderte Liebe sind Motive, die neben dem eigentlichen Krimiplot angerissen werden. Dabei verweilt der Film von Muriel Box aber nie zu lang auf diesen Kleinigkeiten, sondern behält angesichts seines engen 80-Minuten-Regimes stets das eigentliche Erzählziel im Blick. Dies besteht hauptsächlich in der Gefährdung der ins Spital eingelieferten Augenzeugin, die eine belastende Aussage machen könnte, wenn sie wieder zu Bewusstsein kommt. Warum die beiden Diebe sich deshalb in so prekäre Situationen begeben, die die Chance, gefasst zu werden, deutlich steigern, sollte man lieber nicht hinterfragen, denn weder kennt die verletzte Lucy Church die Schurken (könnte also nur eine vage Beschreibung liefern), noch hat sie den eigentlichen Mord gesehen, der erst begangen wurde, als sie schon von Barney durchs Treppenhaus verfolgt wurde. Auch anderweitig fallen kleinere Logiklücken auf, die aber zugunsten des Spannungsbogens vernachlässigbar erscheinen. Dass Muriel Pavlow der von Donald Sinden ausgehenden Gefahr aufgrund teilweise wirklich dummer Zufälle aber immer wieder von der Schippe springt, ärgert den Zuschauer, der mit dem zielstrebigen Gangster mitfiebert, jedoch zusehends.

Im Gegensatz zu Muriel Pavlow, die von der ersten bis zur letzten Minute mit Inbrunst die goody two-shoes mimt, zeichnet Belinda Lee auf der Seite des weiblichen Cast ein interessanteres Bild, das allerdings auch in den etwas prüden Rollenanforderungen der damaligen Zeit steckenbleibt. Dies wird auch durch die deutsche Synchronfassung unterstrichen, die bereits im Entstehungsjahr des Films angefertigt wurde und in der sie statt auf Penny auf den Namen Marieluise (!) hört. Immerhin aber gesteht man Lees Rolle zu, sich in ihrem Dienst als Krankenschwester auch einmal außerhalb der Paragrafen der Krankenhausordnung zu bewegen. Dass sie dadurch manche brenzlige Situation erst ermöglicht, nimmt man als Zuschauer billigend in Kauf, weil dies das närrische Spiel von Ada Reeve als aufdringlicher Patientin im Großmutteralter initiiert, die sowohl Lee als auch Sinden offenbar merklich auf den Wecker geht. Man merkt an ihrer Rolle, dass es britischen Produktionen oft besser gelang, einen spannenden Krimi organisch mit Komikeinlagen zu verbinden, ohne dass diese als peinlich wahrgenommen werden.

Aus der Perspektive der Gangster, deren Identität man von Anfang an kennt, erzählter Krimi mit hohem Nervenkitzelpotenzial. Die Szenen im Krankenhaus lassen den Zuschauer mitfiebern und erwecken ungeahnte Verbrüderungserscheinungen mit dem von Donald Sinden gespielten Raubmörder. 4 von 5 Punkten.

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