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Dieses Thema hat 1 Antworten
und wurde 359 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker national
Giacco Offline



Beiträge: 2.519

09.05.2018 16:35
Die junge Sünderin (1960) Zitat · Antworten

Die junge Sünderin - BRD 1960 - Regie: Rudolf Jugert - Produktion: Kurt Ulrich - Herstell.-Ltg.: Heinz Willeg - FSK: 16 - Verleih: Europa
Deutscher Erstaufführung: 28.10.1960
Darsteller: Karin Baal, Vera Tschechowa, Rudolf Prack, Paul Hubschmid, Grethe Weiser, Rainer Brandt, Peter Thom, Lore Hartling, Albert Bessler, Bum Krüger, Peter Vogel, Ralf Wolter



Das Mädchen Eva stammt aus kleinen Verhältnissen, während ihre gleichaltrige Freundin Carola in einer schicken Villa mit Dienstboten lebt. Reichtum und Luxus sind Dinge, die auch Eva gefallen. Deshalb ist ihre Freude groß, als Carola sie einlädt, bei ihr zu wohnen. Sie merkt bald, dass Carolas Vater, ein erfolgreicher Geschäftsmann, der schon länger Witwer ist, ein Auge auf sie geworfen hat. Diese Chance will sie nutzen. Doch während sie von einem Leben an seiner Seite träumt, sucht er nur eine heimliche Affäre. Als Eva dann einen jungen Mann kennenlernt, in den sie sich zum ersten Mal wirklich verliebt, ist es ausgerechnet Carolas Freund.



Der Titel ist mal wieder irreführend, denn darauf, dass Eva zur Sünderin wird, wartet man vergebens. Sie ist ein modernes Mädchen, das sich seiner Wirkung auf Männer bewusst ist. Doch unmoralische Angebote von Vorgesetzten und damit verbundene finanzielle Vorteile lehnt sie entschieden ab. Karin Baal verkörpert ihre Rolle durchaus glaubhaft, kann aber vor allem in den Szenen mit dem Studenten Robert, in den sie sich Hals über Kopf verliebt, überzeugen. Dieser Student ist Rainer Brandt, der hier ausnahmsweise mal keinen windigen Charakter mit krimineller Energie spielt. Vera Tschechowa als Carola verblasst neben Karin Baal, was aber auch der kleineren und uninteressanten Rolle - brave Tochter aus gutem Hause - geschuldet sein mag. Rudolf Prack ist als Carolas Vater zu sehen, der Eva zu seiner heimlichen Geliebten machen will, obwohl er mit einer altersmäßig zu ihm passenden Frau liiert ist. Während Paul Hubschmid als millionenschwerer Industrieller Eva davor bewahrt, vom Wege abzukommen, sorgen Grethe Weiser und Peter Thom als Mutter und Bruder für ein paar Pointen. Und der aus Belgien stammende Tony Sandler trällert dazu einen Schlager mit dem Titel "Es muss ja nicht gleich Liebe sein".
"Die junge Sünderin" ist nicht mehr als Durchschnittsware und folgt den üblichen Schablonen des deutschen Filmschaffens jener Jahre. Ein Wiedersehen mit ein paar Wallace-Stars lässt darüber hinwegsehen.

Die Film-Echo-Kritik konnte dem Film nichts abgewinnen:

"So geschickt und spekulativ wie der Titel, ist auch das Thema für das anspruchslose breite Publikum konstruiert. Der süßlich-faule Cocktail der Gefühle ist dabei nicht ungeschickt für sentimentale Seelen zurechtgemixt. Viel Rührung und am Rande kleine Späße, um die falschen Tränen fortzulachen. Ein Unterhaltungsfilm, der ganz für die Kasse gemacht wurde und der in dieser Hinsicht - aber nur in dieser - die Erwartungen erfüllen dürfte."

Film-Echo-Endnote: 3,7 bei 62 Meldungen (Erstnote: 3,3)

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

26.10.2018 13:18
#2 RE: Die junge Sünderin (1960) Zitat · Antworten

BEWERTET: "Die junge Sünderin" (Deutschland 1960)
mit: Karin Baal, Rudolf Prack, Vera Tschechowa, Paul Hubschmid, Grethe Weiser, Peter Thom, Inge Egger, Rainer Brandt, Lore Hartling, Ruth Nimbach, Georg Lehn, Peter Vogel, Bum Krüger, Hans Richter, Albert Bessler u.a. | Drehbuch: Maria von der Osten-Sacken und Peter Berneis | Regie: Rudolf Jugert

Eva Reck und Carola Ortmann kennen sich seit ihrer Kindheit. Die beiden Mädchen wurden am gleichen Tag geboren, doch während Carola die Tochter des vermögenden Werner Ortmann ist, wuchs Eva ohne ihren im Krieg gefallenen Vater in einfachen Verhältnissen auf. Als Eva kurz vor dem Abitur wegen einer Intrige von der Schule abgeht, trennen sich die Wege der Freundinnen. Während Carola bei ihrem Vater in einer feudalen Villa wohnt und sich heimlich mit einem Astronomen verlobt, arbeitet Eva in einem Büro, bis sie auch dort kündigt, weil ihr der Vorsteher ein unmoralisches Angebot macht. Sie sucht wieder den Kontakt zu Carola und wird zu deren Geburtstagsparty eingeladen. Werner Ortmann ist inzwischen Witwer und findet Gefallen an dem hübschen Mädchen Eva. Doch die Vorstellungen der beiden gehen auseinander und der nächste Konflikt scheint programmiert....



Der Titel impliziert beim Publikum die Vorstellung, es hier mit einem gefallenen Mädchen zu tun zu haben, das durch den Namen Eva mit Paradies und Sünde assoziiert wird und in Karin Baal aus den "Halbstarken" die passende Verkörperung gefunden zu haben scheint. Darum vergisst der Zuschauer, dass sowohl "Die Sünderin", als auch "Die Halbstarken" bereits ein paar Jahre zurückliegen und der Verleih gern auf reißerische und zugkräftige Titel zurückgreift, wenn damit Kasse zu machen ist. Dabei hat es die Produktion gar nicht nötig, sich mit falschen Vorstellungen zu schmücken, ist die Thematik doch ansprechend genug. Die weibliche Hauptfigur hat die Kraft, den kompletten Film auf ihren Schultern zu tragen und schafft es, dass die meisten Männer neben ihr furchtbar alt - in Körper und Geist - oder unverbesserlich chauvinistisch wirken. Das Charisma von Karin Baal ist unwiderstehlich, ihr Scharfsinn und ihre Schlagfertigkeit sind es nicht weniger. Ihre jugendliche Begeisterungsfähigkeit bremst den klaren Verstand nur zwischenzeitlich aus, wenn sie sich von ihren Träumen mitreißen lässt und Wünsche antizipiert, die von ihrem Ehrgeiz, einmal reich zu sein, herrühren. Die Enttäuschung darüber, dass ihre Prognosen über die Natur des Menschen auch auf Personen zutreffen, die ihr nahe stehen, lässt sie fortan ernüchtert aus Kalkül handeln, um größeren Schaden abzuwenden. Der Film zeigt die Entwicklung der Figur Eva vom kleinen Mädchen, das sich fragt, warum es sich immer bedanken muss bis zu der kritischen jungen Frau, die Ungerechtigkeiten aufgrund Herkunft oder Geschlecht nicht ausstehen kann und impulsiv dagegen aufbegehrt. Sie spricht demütigende Situationen mit klaren Worten an, was durch Karin Baal eine doppelte Wirkung erhält, entspricht sie doch dem Typ Frau, der gelernt hat, sich zu wehren statt in Demut auf wohlwollende Güte zu hoffen. Vera Tschechowa verkörpert einen weitaus konservativeren Typ, muss sich allerdings auch nichts erkämpfen oder erarbeiten, da ihr Leben Voraussetzungen mitbringt, die es ihr leicht machen, sich darin bequem einzurichten und auf ihre Ausstrahlung zu vertrauen. So bleiben ihre Fähigkeiten weitgehend ungenutzt.

Der Film ist sehr schön fotografiert, das elegante Schwarzweiß betont die urbane Architektur und zeigt Berlin als makelloses Beispiel moderner Bauten. Eine Stadt, die ebenso nach vorne schaut wie seine vitale Hauptdarstellerin. Die hochfliegenden Pläne drücken sich in der Bildsymbolik der Stahlbrücken, Wolkenkratzer und Denkmäler aus, die buchstäblich Gräben überwinden oder nach oben streben. Der Krieg liegt weit zurück, wobei die Familie Ortmann die physischen und psychischen Trümmer weitaus erfolgreicher wegräumen konnte als Familie Reck. Werner Ortmann errichtete darauf die Basis für seinen heutigen Wohlstand, während Eva Reck noch dabei ist, den Staub abzuschütteln und zu beweisen, dass sie es aus eigener Kraft schaffen kann, ohne Anbiederung an die Väter-(und Täter)Generation. Diese findet in Albert Bessler, Bum Krüger und Hans Richter fordernde und lüsterne Vertreter, die darauf vertrauen, dass Versprechungen oder wahlweise Drohungen die erwünschten Ergebnisse liefern werden. Der alltägliche Sexismus wartet auf Eva Reck an Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte ebenso wie ihr zweideutige Angebote gemacht werden, sobald sie das gesellschaftliche Parkett betritt. Paul Hubschmid in Gestalt eines misstrauischen Millionärs hat als männlicher Gegenpart ähnliche Erfahrungen gemacht, da er primär Zielscheibe von Frauen wurde, die nach finanzieller Absicherung strebten. Er ist deshalb der einzige Mann, der Verständnis für Evas zwiespältige Lage mitbringt und ihre Bedenken in Bezug auf die Ehrlichkeit von Bekanntschaften teilt. So vielversprechend die Ausgangslage ist, so hastig scheint die Herbeiführung einer Lösung im Sinne der bürgerlichen Ordnung für alle Beteiligten zu sein. Bedenken, Neuorientierungen und Alleingänge werden mit energischer Vernunft vom Tisch gefegt, als hätte es sie nie gegeben. Die Harmonie siegt über die letzten Zweifel und zementiert die heile Welt, in der nun auch Eva Reck ihren Platz gefunden hat. Es scheint so, als hätte Rudolf Jugert der Mut verlassen, den eingeschlagenen Pfad konsequent zu Ende zu gehen und sich gegen die Erwartungen der Masse zu stemmen. Ein anderes Finale hätte die Luft gereinigt und mehr Glaubwürdigkeit vermittelt.

Ästhetische Unterhaltung mit einer erfrischenden Karin Baal und soliden Leistungen von Prack, Tschechowa und Brandt, die gegen Ende mehr Konsequenz und Mut zum Grundthema des Films vertragen hätte. 4 von 5 Punkten

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