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Dieses Thema hat 1 Antworten
und wurde 261 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker international
Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

11.03.2018 09:45
Angst und Schrecken aus Hollywood: US-Gruselklassiker Zitat · Antworten

In Hollywood hatte man recht zeitig entdeckt, dass mit Leinwandgrusel ein gutes Geschäft zu machen war. Das Publikum in Angst versetzten einerseits reinrassige Horrorfilme wie etwa Bela Lugosis „Dracula“-Reihe, aber auch dezentere Schauerfilme, die oft stark auf Krimipfaden wandelten und gerade ab den 1940er Jahren durchaus Parallelen zur berühmten Schwarzen Serie aufweisen. Oftmals als Plüsch- bzw. Kostümfilme im späten 19. oder frühen 20. Jahrhundert angesiedelt, verbreiten sie jedoch eine ganz eigene Art der Spannung, die nicht selten mit (Londoner) Nebel, häuslicher Gewalt oder unheimlichen Experimenten zu tun hat. Beispiele für bekannte Gruselklassiker dieses Strickmusters, die hier diskutiert werden können, sind ...

  • Mord in der Rue Morgue (Murders in the Rue Morgue, 1932)
  • Das Haus des Grauens (The Old Dark House, 1932)
  • Das Geheimnis des Wachsfigurenkabinetts (Mystery of the Wax Museum, 1933)
  • Der Rabe (The Raven, 1935)
  • Das schwarze Zimmer (The Black Room, 1935)
  • Arzt und Dämon (Dr. Jekyll and Mr. Hyde, 1941)
  • Katzenmenschen (Cat People, 1942)
  • Phantom der Oper (Phantom of the Opera, 1943)
  • Scotland Yard greift ein (The Lodger, 1944)
  • Der unheimliche Gast (The Uninvited, 1944)
  • Das Haus der Lady Alquist (Gaslight, 1944)
  • Unter Verdacht (The Suspect, 1944)
  • Scotland Yards seltsamster Fall (Hangover Square, 1945)
  • Der Leichendieb (The Body Snatcher, 1945)
  • Die Wendeltreppe (The Spiral Staircase, 1946)
  • Briefe aus dem Jenseits (The Lost Moment, 1947)
  • Schlingen der Angst (Sleep, My Love, 1948)

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

11.03.2018 20:45
#2 RE: Angst und Schrecken aus Hollywood: US-Gruselklassiker Zitat · Antworten



Arzt und Dämon (Dr. Jekyll and Mr. Hyde)

Gruseldrama, USA 1941. Regie: Victor Fleming. Drehbuch: John Lee Mahin (Romanvorlage, 1886: Robert Louis Stevenson; Vorlage, 1887: Thomas Russell Sullivan). Mit: Spencer Tracy (Dr. Henry Jekyll / Mr. Hyde), Ingrid Bergman (Ivy Peterson), Lana Turner (Beatrix Emery), Donald Crisp (Sir Charles Emery), Ian Hunter (Dr. John Lanyon), Barton MacLane (Sam Higgins), C. Aubrey Smith (Bischof), Peter Godfrey (Poole), Sara Allgood (Mrs. Higgins), Frederick Worlock (Dr. Heath) u.a. Uraufführung (USA): 12. August 1941. Uraufführung (D-West): 13. Mai 1949. Eine Produktion von Loew’s Incorporated für Metro-Goldwyn-Mayer.

Zitat von Arzt und Dämon
Der ehrgeizige Arzt Dr. Jekyll nimmt einen unangenehmen Zwischenfall beim Gottesdienst zum Anlass, sich mit Feuereifer einem sensiblen Forschungsthema zu widmen: Er will untersuchen, wie sich das Gute und das Böse im Menschen stets gegenseitig bekämpfen. Als er Tinkturen entwickelt hat, welche die beiden Charakterextreme zum Vorschein kommen lassen, tritt er ein folgenschweres Experiment an: Er konsumiert seine Mittel selbst und verwandelt sich in den bestialischen Mr. Hyde! Als solcher zwingt er die Bardame Ivy in eine brutale Beziehung, während er bei Tage die ahnungslose Beatrix Emery umwirbt ...


Nur zehn Jahre zuvor – bei der Oscar-Verleihung 1931 – hatte Fredric March für seine Verkörperung von Jekyll und Hyde in Rouben Mamoulians Paramount-Film einen Goldjungen als bester Hauptdarsteller erhalten. Als MGM den Klassiker-Stoff von Robert Louis Stevenson schon 1941 wieder auflegen wollte (eine Idee, die mit der Zerstörung vieler Kopien des 1931er-Films verbunden war), zögerte Spencer Tracy verständlicherweise, in diese enormen Fußstapfen zu treten. Er sagte dann doch zu, den besessenen Wissenschaftler zu spielen, als er erfuhr, dass Victor Fleming Regie führen und ihm die Möglichkeit einräumen würde, die Doppelrolle nicht so theatralisch maskenhaft anzulegen wie March ein Jahrzehnt zuvor. Im Gegensatz zu ihm verwandelt sich Tracys Dr. Jekyll bei Einnahme seiner Wunderflüssigkeit nicht in einen halben Neanderthaler. Sein Mr. Hyde unterscheidet sich trotz des Einsatzes einiger ihn optisch entstellender Maßnahmen hauptsächlich durch sein Verhalten von seinem alter ego, was durch die umfangreiche Exposition mit dem traumatisierten Kirchgänger und Jekylls dadurch motivierten Studien eindrucksvoll unterstrichen wird.



Weniger dezent als bei der Jekyll-Hyde-Transformation ging man bei Momenten der Rage des menschlichen Monsters Hyde zu Werke, der der Bardame Ivy Peterson aufs Schlimmste zusetzt. Verständlicherweise sieht der Zuschauer nicht, wie diese von ihm missbraucht wird, das intensive Spiel der Unterdrückung und Angst von Tracy und Bergman in ihren gemeinsamen Szenen lässt jedoch wenig Raum für Fantasie. Bemerkenswert vor dem Hintergrund strenger Production Code-Regelungen sind auch die „Traumsequenzen“, mit denen Victor Fleming bei der Verwandlung des guten Doktors in sein wildes Gegenstück arbeitete. In kunstvollen Collagen werden hier Sinnbilder des Guten und Bösen miteinander verwoben, wobei die Dinge auf einmal sehr explizit werden, als Tracy als wütend um sich peitschender Kutscher zu sehen ist und die Köpfe seiner Pferde sich plötzlich in die von Bergman und Turner verwandeln.

„Arzt und Dämon“ zeichnet Jekyll einerseits als Arbeitstier, andererseits auch als Mann zwischen zwei Frauen – ein Versatzstück, das nicht der Buchvorlage, sondern deren erster Theaterbearbeitung durch Thomas R. Sullivan entspringt. Es handelt sich jedoch um eine willkommene Ergänzung, die der Stevenson’schen Geschichte nicht nur die verhalten erotische Komponente der Befriedigung verbotener Lüste verleiht, sondern auch in effektiven Gruselszenen um die beiden Damen fürchten lässt. Ingrid Bergman sollte zunächst die tugendhafte Beatrix spielen, setzte sich jedoch dafür ein, zum ersten Mal eine verkommene Frauenrolle porträtieren zu dürfen. Noch recht am Anfang ihrer Hollywood-Karriere, ringt Bergman mit den komplexen Anforderungen an diesen Part; insgesamt gerät Lana Turners Darstellung des good girl with angelic qualities überzeugender, was sogar positiv ist, weil dies den Film als melancholisches Drama eines übereifrigen Menschen noch wirkungsvoller macht und den Zuschauer bis zum traurigen Finale mitfiebern lässt. Hohen qualitativen Ansprüchen genügt auch die deutsche Synchronisation von 1949, in der René Deltgen Spencer Tracys Doppelrolle spricht und den Kontrast zwischen sanfter Gutmütigkeit und exzentrischer Kauzigkeit treffend einfängt.

Vielleicht handelt es sich nicht um die gruseligste Verfilmung von „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“, wohl aber gelingt dem MGM-Drama eine mit typischen Insignien des 1940er-Jahre-Kostümschockers gespickte spannende Unterhaltung, die von einer starken Liebesgeschichte begleitet wird. Tracy und Turner spielen hervorragend, Bergman ist mit Abstrichen sehr effektiv in ihrer Rolle. Die hochwertige Umsetzung lässt sich viel Zeit, nutzt diese aber, um die wesentlichen Aspekte der Geschichte tiefgründig zu beleuchten. 4 von 5 Punkten.

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