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 Romane
Mr. Igle Offline




Beiträge: 127

05.10.2015 14:44
#1 Richter Maxells Verbrechen (1922) Zitat · Antworten

RICHTER MAXELLS VERBRECHEN, Original: Mr. Justice Maxell, 1922, dt. Übersetzung Richter Maxells Verbrechen von Hardo Wichmann für den Scherz Verlag, 1. Auflage 1987.

Inhalt:

In Tanger wollen die ungleichen Freunde Alfred Cartwright und John Maxell Land erwerben, um eine große Goldader auszuheben. Cartwright ist ein mit allen Wassern gewaschener Geschäftsmann, der jeden Kniff nutzt, um ans Ziel zu gelangen. Der biedere Anwalt Maxell ist hingegen aus einem ganz anderen Holz geschnitzt. Cartwright macht die Bekanntschaft der jungen Sadie O`Grady und befreit sie aus einer misslichen Lage. Trotz ihrer charakterlichen Unterschiede sind sich die beiden Junggesellen Cartwright und Maxell enorm sympathisch. Doch ihre Freundschaft wird auf eine harte Probe gestellt: Zurück in London wird Maxell zum Richter ernannt und muss alle gesellschaftlichen und geschäftlichen Beziehungen zu Cartwright kappen. Dieser ist alles andere als begeistert, steckt er doch mittlerweile in argen Schwierigkeiten und könnte seinen Freund nun gut gebrauchen. Doch Cartwright denkt positiv und glaubt, dass er sich wie schon so oft heil aus seinen dubiosen Finanzspekulationen herauswinden kann. Aber er irrt sich. Man erhebt Anklage gegen ihn und dieses Mal sind die Beweise erdrückend. Und ausgerechnet John Maxell ist der vorsitzende Richter, der den aschfahlen Cartwright als Exempel zu zwanzig Jahren Zuchthaus verurteilt. Cartwright schwört Rache. Maxell scheidet bald darauf aus gesundheitlichen Gründen aus seinem Amt und wird geadelt. Neun Jahre später macht Thomas Anderson die Bekanntschaft der jungen Mary Maxell, der Nichte von Sir John Maxell. Eines Nachts geschieht im Haus des Richters ein brutales Verbrechen: Der Safe Maxells ist ausgeräumt und der Richter und seine Gattin sind verschwunden. Aber das viele Blut im Arbeitszimmer lässt keinen Zweifel an ihrem Schicksal ...

Besprechung:

Der Roman unterscheidet sich von den meisten anderen Kriminalromanen von Edgar Wallace durch seine starke Fokussierung auf Geschäftsbeziehungen und Glücksspiel und seine reizvollen Schauplatzwechsel (Tanger, Paris, London, Paris/Südfrankreich, Monte Carlo). Es dauert lange bis die Geschehnisse so richtig ins Rollen kommen. Das fällt allerdings kaum ins Gewicht, da Wallace` plastische Schilderung von Orten, Beziehungen und Charakteren so flott gerät, dass den Leser die häufige Abwesenheit von Spannung und Nervenkitzel kaum stört. Hier fällt das fehlende Tempo nicht so sehr ins Gewicht, da die Geschichte von Anfang an so facettenreich und fesselnd ausfällt (und bis zum Ende bleibt), dass der geneigte Leser dafür erzählerische Gemächlichkeit gerne in Kauf nimmt. Spätestens mit den Vorgängen im Hause Maxell und jener verhängnisvollen Nacht nimmt die Handlung aber reichlich Fahrt auf und wird bis zum Finale von einer guten, wohldozierten Spannung getragen.

Auch dieser Roman ist durch einen Zeitsprung in zwei Hälften geteilt. Stehen im ersten Teil vor allem Alfred Cartwright und John Maxell im Vordergrund, so sind es im zweiten Teil die jungen Liebenden Thomas Anderson und Mary Maxell, während die meisten Nebenfiguren in beiden Zeitebenen eine Rolle spielen. Als Leser stellt man sich vor allem folgende Fragen: Wann werden die früheren Freunde und heutigen Feinde Cartwright und Maxell aufeinandertreffen? Was geschah im Arbeitszimmer des Richters? Welche Rolle spielt die Irin Sadie O`Grady? Und welcher mysteriöser Hintermann verfolgt Thomas Anderson? Auch wenn viele Rätsel schnell zu lösen sind, reißt auch hier die lebhafte Schilderung der Schiffsreise und des Casinos vieles heraus. Es ist eines der atmosphärischsten und, wegen der Handlungsorte, eines der exotischsten Bücher des Altmeisters. Zwar kein Meisterwerk, aber ein rundherum gelungener Roman.

So vielseitig wie die Handlung fällt auch das Figurenensemble aus. Thomas Anderson hat mit den sonstigen Wallace-Helden eigentlich nur seinen guten Charakter gemein, ist ansonsten aber ein frische, teils unverfrorene Person. Dagegen ist Mary Maxell leider etwas lahm geraten. Eine übliche Wallace-Heroine ohne große Besonderheiten oder individuelle Charakterzüge. Sadie O`Grady macht dagegen im Verlauf der Handlung eine interessante und sehr anschaulich beschriebene Wandlung durch und bleibt dadurch ein wunderbar ambivalenter Charakter. Alfred Cartwright und Sir John Maxell sind sehr gegensätzliche Typen und werden von Wallace äußerst detailreich und individuell gezeichnet. Selten bekommen Nebenfiguren vom King of Crime so viel Aufmerksamkeit geschenkt. Bei den sonstigen Nebencharakteren fallen besonders die spleenige Mrs. Renfrew, José Ferreira, Chelwyn, Brown, Don Brigot und die mysteriöse Madame Serpilot ins Auge.

Fazit:

Ein äußerst gelungener Wallace-Roman, den nur wenig von einer Spitzenposition trennt. Spannende Milieuschilderungen, vielseitige Schauplätze und reizvolle Charaktere lassen den Leser oft vergessen, dass der Thrill nur ein seltener Wegbegleiter ist. In den entscheidenden Momenten blitzt er jedoch auf, und diverse Rätsel sowie ein starker atmosphärischer Biss sorgen bis zum Ende für Lesefreude. Insgesamt ein Werk, dass man guten Gewissens zu den gelungensten Wallace-Büchern zählen darf, wenngleich des den allerbesten Werken es Altmeisters sicherlich nicht den Rang ablaufen kann.

Meine Wertung: SEHR GUT

"Entspannen Sie sich, durch Hochspannung!"

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