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 Romane
Mr. Igle Offline




Beiträge: 127

29.09.2015 18:44
#1 Die gebogene Kerze (1918) Zitat · Antworten

DIE GEBOGENE KERZE, Original: The Clue of the twisted Candle, 1918, dt. Übersetzung Die gebogene Kerze von Gisela Stege für den Scherz Verlag, 2. Auflage 1985.

Inhalt:

Der berühmte Kriminalautor John Lexman ist ein guter Freund von Chefinspektor T. X. Meredith. So kann der Scotland Yard-Mann dem befreundeten Schriftsteller hin und wieder gute Hinweise und Anregungen für dessen Romane liefern. Doch Meredith ahnt nicht, dass sein Freund in argen Schwierigkeiten steckt. John Lexman hat Schulden bei dem gierigen griechischen Geldverleiher Vassalaro. Dessen Landsmann Remington Kara rät Lexman, sich von dem windigen Halsabschneider nicht bedrohen zu lassen, sondern diesem stattdessen die Stirn zu bieten. Mit fatalen Folgen: Noch am selben Abend erhält T. X. Meredith ein Anruf von seinem Freund. Lexman gesteht den Griechen erschossen zu haben. Meredith kann das nicht glauben, aber alle Beweise sprechen gegen Lexman und dieser wird verurteilt. Meredith aber bleibt unermüdlich und ermittelt weiter. Besonders die Rolle von Remington Kara erscheint dem Chefinspektor dubios, weis er doch um den immensen Einfluss und den schlechten Ruf dieses halbseidenen Lebemannes. Auch Johns verunsicherte Ehefrau Grace kennt Kara von früher und es sind nicht die besten Erinnerungen. Sie fürchtet um das Leben ihres Mannes. Da berichtet man Meredith, dass John Lexman aus dem Zuchthaus geflohen sei. Die Umstände erscheinen dem Kriminalbeamten reichlich mysteriös. Als am selben Tag auch noch Grace Lexman und Remington Kara spurlos verschwinden, ist T. X. alarmiert, aber ihm sind die Hände gebunden. Zwei Jahre später bringt ein brutaler Mord wieder Bewegung in den Fall und eine gebogene Kerze hilft dem Ermittler die Rätsel der Vergangenheit zu lüften ...

Besprechung:

Wieder einmal ein frühes Werk aus der Feder von Edgar Wallace. Der Roman ist allerdings von der Struktur her sichtlich ausgereifter als etwa das rund zwei Jahre zuvor publizierte Buch Die Schuld des Anderen. Es geht um Intrigen, einen gefährlichen Schurken, ein rätselhaftes Verschwinden und einen spektakulären Mord, dessen "unmöglicher" Tathergang die Polizei vor Rätsel stellt. Das Werk hat den Vorteil keinen allzu großen Umfang zu besitzen, wodurch sich die Schilderung über weite Strecken erfreulicherweise auf das Wesentliche beschränkt. Besonders auf den ersten 100 Seiten hat der Roman dadurch einen gutes, zugkräftiges Tempo. Danach wird es leider ein wenig gediegener und Wallace jongliert mit einer recht willkürlich eingestreuten und eher überflüssigen Liebesgeschichte, die den Handlungsverlauf leider ausbremst. Auf den letzten Seiten wird es aber noch spannend, wenn endlich alle Fragen gelöst werden und es zudem für alle Beteiligten noch zu einer handfesten Überraschung kommt.

Die Handlung ist durch einen Zeitsprung von zwei Jahren gewissermaßen zweigeteilt, bleibt aber dennoch sehr linear. Es gibt keine großen Winkelzüge, falsche Fährten oder viele Verdächtige, da der Leser die meisten Personen schnell klar zuordnen kann. Im Wesentlichen spielt sich die Handlung zwischen sechs zentralen Personen ab: T. X. Meredith, John Lexman, Grace Lexman, Remington Kara und den zwei Jahre später hinzustoßenden Geheimnisträgern Miss Holland und George Gathercole. Den Leser beschäftigen vor allem zwei Fragen: Wo befinden sich die Eheleute Lexman und was ist das Geheimnis der gebogenen Kerze? Vielleicht hätte Wallace hier und da noch etwas mehr Verwirrung stiften und den einen oder anderen Nebencharakter verdächtiger machen können. So ist die Geschichte zwar durchaus gelungen und wird in den Details auch sehr geschickt aufgelöst, ist aber zugleich in diversen Punkten auch sehr schnell durchschaubar. Alles in allem ein guter Wallace-Roman, dem es vielleicht ein wenig an Besonderheit und Spektakel fehlt.

Die Figuren des Werks gehören weitgehend zum Wallace-Standardpersonal. T. X. Meredith ist einer von den typischen scharfsinnigen Junggesellen, die man bei Scotland Yard so häufig antrifft. John Lexman ist ein typischer Vertreter der Kategorie "Unschuldig Verfolgter". Bei den Frauen sieht es ähnlich aus. Während Grace Lexman als brave Ehefrau daherkommt, gehört die resolute Miss Holland zu den jungen, aber dickköpfig-verschwiegenen Damen aus dem Wallace-Kosmos. Die Nebenfiguren fallen dagegen nicht so gar stereotyp aus, auch wenn Wallace hier munter allerlei schräge Vorurteile gegenüber dem Balkan und dem Orient ausbreitet. So könnten Remington Kara und Hussein Effendi gewiss auch in gleicher Charakterzeichnung bei Karl May vorkommen. Ersterer ist zudem eine vortrefflich hinterhältige Figur, die auch jedem Karl May-Roman als Schurke zur Ehre gereicht hätte. Interessant sind zudem die Nebenfiguren Vassalaro, Fisher, Mansus und George Gathercole. Aus dem Charakter Fisher hätte man gewiss noch mehr herausholen können. Das wäre der Handlung sicherlich zugute gekommen.

Fazit:

Ein durchaus gelungener, wenn auch unspektakulärer Roman. Harmonisch geschlossen und logisch, dafür aber in vielem sehr vorhersehbar. Manche Sachverhalte hätten sich für eine stärkere Undurchsichtigkeit und Mystifizierung geradezu angeboten. Dennoch sorgen finstere Machenschaften, ein unschuldig Verurteilter und ein unfassbares Verbrechen für ordentliche Spannung. Das Buch ist über weite Strecken klar und temporeich geschrieben. Unterm Strich würde ich Die gebogene Kerze im Gesamtwerk irgendwo in der breiten bis gehobenen Mitte platzieren.

Meine Wertung: GUTER DURSCHNITT

"Entspannen Sie sich, durch Hochspannung!"

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