Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden Impressum 
Forum Edgar Wallace ,...



Sie können sich hier anmelden
Dieses Thema hat 0 Antworten
und wurde 116 mal aufgerufen
 Romane
Mr. Igle Offline




Beiträge: 127

24.09.2015 14:21
#1 Die Schuld des Anderen (1916) Zitat · Antworten

DIE SCHULD DES ANDEREN, Original: A Debt Discharged, 1916, dt. Übersetzung Die Schuld des anderen von Edith Walter für den Scherz Verlag, 1. Auflage 1989.

Inhalt:

Durch den mysteriösen Cercle de Crime gelangten vor etlichen Jahren gefälschte Banknoten in Paris in Umlauf. Damals gerieten die Amerikaner Willetts und Bell in Verdacht, verließen Frankreich aber schnell genug, um einer möglichen Strafe zu entgehen. Polizeichef Trebolino ließ den Cercle de Crime daraufhin auflösen. Wenige Jahre später wird Trebolino im Dienst erschossen und sein Nachfolger entdeckt in dessen Schreibtisch den gefälschten Geldschein, der den Skandal um den "Klub des Verbrechens" einst auslöste. Der neue Polizeichef schickt das Beweisstück nach England. Wentworth Gold arbeitet im Auftrag der amerikanischen Regierung mit Scotland Yard zusammen, um einem transatlantischen Fälscherring gigantischen Ausmaßes das Handwerk zu legen. In London tauchen alsbald Blüten verschiedenster Währungen auf. Nach der Nachricht aus Frankreich, ist Gold alarmiert, weilt doch der steinreiche, aber verschwiegene Amerikaner Comstock Bell in London. Und ein gewisser Willetts hat ein Büro in der City angemietet, dass dieser jedoch praktisch nie nutzt. Auch sonst bleibt der Mann weitgehend unsichtbar. Aber noch mehr bereitet dem Ermittler Kopfzerbrechen: Sein Landsmann Cornelius Helder ist alles andere als ein Gentleman, möchte jedoch Zugang zu höchsten Kreisen erhalten. Dafür ist ihm jedes Mittel recht. Was weis er? Und welches Wissen bindet die unterschiedlichen Frauen Mrs. Granger Collack und Verity Maple an den undurchsichtigen Comstock Bell? Und dann verschwindet der Banknotenspezialist Tom Maple auch noch spurlos. Gold ist nicht überrascht, als bald darauf Blüten von nie gekannter Qualität in London auftauchen ...

Besprechung:

Der Roman entstammt dem Frühwerk und zählt wohl zu den unbekanntesten Büchern von Edgar Wallace. Es ist ein sehr unaufgeregter Roman: Es gibt weder unheimliche Maskenmänner oder große Kriminelle, noch einen spektakulären Mord. Die beiden Dreh- und Angelpunkte der Handlung sind die Jagd nach der Fälscherbande und die Sühne eines lange zurückliegenden Verbrechens. Auch wenn Wallace diverse Rätsel streut und falsche Fährten legt: Der Leser durchschaut die meisten Geheimnisse doch recht schnell, weshalb es sich umso drastischer auswirkt, dass Spannungsmomente absolute Mangelware sind. Die Story ist zäh und schleppt sich sichtlich dahin. Allerspätestens nach der Hälfte des Buchs sind die Rollen klar verteilt, aber Wallace lässt trotzdem von seinem schwerfälligen Erzählrhythmus nicht ab und flickt lediglich gegen Ende einen halbherzigen Thrill-Moment ein, der jedoch fast so schnell wieder vorbei ist, wie er begann.

Das ist unterm Strich besonders schade, da dass Fälscherthema durch aus reizbar ist und die Verbindungen der einzelnen Figuren untereinander enger nicht sein könnten. Leider beschränkt sich die Interaktion der Charaktere über weite Strecken nur darauf zu reden, zu reden und zu reden. Zwar sind starke Rededuelle eigentlich eine Stärke von Wallace` Schreibstil, aber selten nehmen sie sich so lahm und gedehnt behäbig aus, wie in diesem Falle. Allein ein halbes Dutzend mal droht Gold dem Hauptverdächtigen, dass er ihn fassen würde, worauf der Andere nur zurückblafft, dass der Ermittler ja keine Beweise habe. Aber anstatt endlich welche zu finden, beschränkt sich Gold fast ausschließlich darauf den Delinquenten immer wieder mit denselben Vorwürfen zu konfrontieren, bis ihm schließlich Gevatter Zufall gleich mehrfach zu Hilfe eilt. Auch wenn ich um die Eigenheiten und Unwahrscheinlichkeiten des wallaceschen Kosmos weis: Einem so blassen, ineffizienten Ermittler bin ich in seinem Dunstkreis selten begegnet. Insgesamt ein Roman mit sehr guten Anlagen, aber doch sehr schwacher Ausarbeitung.

Die einzelnen Personen des Buchs würde ich sehr unterschiedlich bewerten: Während Wentworth Gold und Cornelius Helder zu den schwächsten Figuren ihres jeweiligen Rollentypus gehören, machen die restlichen Haupt- und Nebencharaktere einen besseren Eindruck. Verity Maple ist insgesamt ein runde Persönlichkeit mit Mut und Eigensinn, auch wenn Wallace sich in entscheidenden Situationen dann doch wieder darauf beschränkt, sie als Jungfrau in Nöten zu inszenieren. Über ihre endgültige Fügung kann der aufgeklärte Leser gewiss auch geteilter Meinung sein. Mrs. Granger Collack ist dagegen ein guter, teils über den Dingen stehender Nebencharakter. Tom Maple ist ein typischer Verwandter der weiblichen Hauptfigur mit düsterem Geheimnis, das sich dem aufmerksamen Leser jedoch schnell erschließt. Bleibt der ominöse Comstock Bell, der wohl die gelungenste Person des ganzen Ensembles ist. Eine schwer durchschaubare, widersprüchliche Figur bis zum Schluss. Fast genauso verworren und widersprüchlich wie der gesamte Roman.

Fazit:

Ein eher schwaches Werk aus dem frühen Schaffen des Autors. Fälscherkriminalität, verborgene Geheimnisse und alte Rechnungen bieten Wallace sonst eigentlich genug Stoff für eine spannende Erzählung. Bei diesem Roman nutzt er diese Elemente aber so nachlässig und ineffizient wie selten. Dem Buch fehlt es an Tempo, Thrill und Zielgerichtetheit. Auf der Habenseite stehen immerhin das atmosphärische Szenario, einige gute Figuren und ein halbwegs versöhnliches Ende. Alles in allem jedoch ein Kandidat für die hinteren Ränge.

Meine Wertung: UNTERDURSCHNITTLICH

"Entspannen Sie sich, durch Hochspannung!"

 Sprung  
Xobor Einfach ein eigenes Forum erstellen
Datenschutz