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Dieses Thema hat 6 Antworten
und wurde 367 mal aufgerufen
 Romane
Der schwarze Abt Offline



Beiträge: 3.879

23.06.2013 20:24
#1 Gangster in London (1932) Zitat · Antworten

Gangster in London

Ein sehr kurzweiliges Spätwerk des Altmeisters, sehr actiongeladen und für Wallace-Verhältnisse gibt es auch ganz schön viele Leichen! Jetzt weiß ich endlich, wo sie den guten alten Sir John nach Schürenberg'scher Art herhaben. Er hatte ja seinen ersten Auftritt im Film „Die Tür mit den sieben Schlössern“, welcher direkt nach der Umsetzung dieses Romans produziert wurde. Man lese nur diese Textstelle von Seite 62 (Goldmann-Ausgabe von 2000):

Zitat von Gangster in London, S. 62
Zu jener Zeit war Sir Jonathan Goussie Polizeipräsident von London, ein Mann, der aus der militärischen Laufbahn hervorgegangen war und sich sein ganzes Leben lang nach Vorschriften und Verordnungen gerichtet hatte. Zu dem hohen Posten war er gekommen, weil er es sorgfältig vermied, irgendwie aufzufallen oder eine Verantwortung auf sich zu nehmen. Er war ein nervöser Mensch, der die Kritik der Presse fürchtete.


Also wenn das nicht Sir John Schürenberg ist, lese ich den gesamten Roman gleich nochmal durch!

Kleiner Spoiler zu „Gangster in London“:
In der Filmreihe hält er sich aber erheblich länger in seiner Position als in diesem Roman.
Spoiler Ende

Ich bewerte diesen Roman als sehr gut.



Hier nun noch meine aktuelle Liste nach dem ausführlicheren Gubanov-Muster:

Gigantisch:
Der Zinker

Sehr gut:
Die Bande des Schreckens
Der Frosch mit der Maske
Der rote Kreis
Der Hexer
Neues vom Hexer
Die Tür mit den sieben Schlössern
Der grüne Bogenschütze
Der Banknotenfälscher
Die toten Augen von London
Der unheimliche Mönch
Das indische Tuch
Gangster in London
Bei den drei Eichen

Guter Durchschnitt:
Das Geheimnis der gelben Narzissen
Der schwarze Abt
Der Engel des Schreckens
Die blaue Hand
Die gelbe Schlange

Unterdurchschnittlich:
Das Gasthaus an der Themse
Die seltsame Gräfin

Misslungen:
-

horatio Offline




Beiträge: 577

25.06.2013 09:00
#2 RE: Gangster in London (1932) Zitat · Antworten

Seit Jahren hab ich Gangster in London nicht mehr gelesen. Lag vielleicht daran, dass er nicht die typischen Wallace-Elemente aufweist. Soweit ich mich erinnern kann, spielt der Roman in Chicago. Oder, Schwarzer Abt?

horatio
"Irgendeiner muß es ja gewesen sein!"

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

25.06.2013 10:41
#3 RE: Gangster in London (1932) Zitat · Antworten

Soweit ich mich erinnern kann, spielt "Gangster in London" schon in London (daher auch der Titel). Speziell im Hinterkopf geblieben ist die Lesung von Tommi Piper, bei dem aus dem Stadtteil Rotherhithe 'mal eben Rotherheathy wird.

Der schwarze Abt Offline



Beiträge: 3.879

25.06.2013 16:41
#4 RE: Gangster in London (1932) Zitat · Antworten

Kurz: „Gangster in London“ spielt in London und nicht in Chicago.

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 644

12.11.2020 18:56
#5 RE: Gangster in London (1932) Zitat · Antworten

Gangster in London


Originaltitel: When the Gangs Came to London
Erscheinungsjahr: 1932


Hauptpersonen:

Terry Weston – Chefinspektor bei Scotland Yard
Leslie Ranger – adrette Sekretärin
Jiggs Allerman – Captain der Chicagoer Polizei
Edwin Tanner – Gangsterboss Nr. 1
Kerky Smith – Gangsterboss Nr.2
Cora Smith – seine (etwas dumme) Ehefrau
Elijah Decadon – zweifelhafter Geschäftsmann
Alan Wembury – Stellvertretender Commissioner
Jonathan Goussie – Polizeipräsident von London
Inspektor Tetley – verdächtiger Polizeibeamter
Cuthbert Drood – robuster Forschungsreisender
Bomben-Pouliski - Gewohnheitsverbrecher
Mr. Morris – Bankprokurist
Mr. Danes - Diener


Handlung:

Die gutaussehende junge Leslie Ranger bewirbt sich bei dem kauzigen alten Mr. Decadon als Privatsekretärin und wird eingestellt. Neben dem Diener Danes und anderen Angestellten zählt noch Decadons Neffe Eddie Tanner zum Haushalt, der ein extra Zimmer im Obergeschoss bewohnt und einem unbekannten Erwerb nachgeht. Chefinspektor Terry Weston wird ab und an mal in dem Anwesen am Berkeley Square wegen harmlosen Dingen vorstellig, doch mit der kurzen scheinbaren Idylle ist es bald vorbei. Elijah Decadon wird wegen Schutzgeld erpresst. Zu der Zeit befindet sich gerade der knallharte Captain Jiggs Allerman vom Polizeihauptquartier aus Chicago in London. Geradezu ein Fachmann für das amerikanische Gangsterunwesen, der auch schon einen alten Bekannten in London getroffen hat, einen gewissen Albuquerque „Kerky“ Smith, Chef einer organisierten Bande in den USA. Aber auch Eddie Tanner ist ihm kein Unbekannter. Es dauert nicht lange, da wird Decadon an seinem Schreibtisch erschossen. Ganz in der Nähe findet man die Leiche eines ebenfalls erschossenen Landstreichers. Hat der den Alten umgebracht und anschließend Selbstmord begangen ? Die Theorie stimmt hinten und vorne nicht, erste Spuren weisen stark auf den Neffen Edwin Tanner hin, doch stellt sich schon bald heraus, dass diese „gefakt“ sind. Eddie bleibt auf freiem Fuß, allerdings wird jetzt die schöne Leslie entführt und wieder freigelassen, während das Testament des Ermordeten verschwunden ist und nach kurzer Zeit offensichtlich alles andere als zufällig gefunden wird. Viel Zeit zur Klärung all dieser mysteriösen Ereignisse bleibt Terry Weston nicht, denn nun beginnt eine Zeit, wie sie London noch nie erlebt hat. Die wohlhabenden Bürger der Stadt werden mit Erpresserbriefen traktiert, die teilweise in grüner, teilweise in blauer Schrift gedruckt sind. Die Warnungen des mit den Methoden des Organisierten Verbrechens vertrauten Captain Allerman werden von Scotland Yard in den Wind geschlagen, mit der Folge, dass eine Maschinengewehrattacke ihre ersten Opfer findet. Wenig hilfreich ist hier auch der Polizeipräsident Goussie, offensichtlich mit der Situation überfordert, der mit einer ungeschickten Pressenotiz das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Polizei nachhaltig erschüttert. Ein Bekannter von ihm wird ebenfalls brutal ermordet.
Der nun vorübergehend als stellvertretender Commissioner fungierende Alan Wembury ist etwas mehr bereit, auf Allermans Ratschläge zu hören, welcher wiederum von Terry Weston voll unterstützt wird.
Aber der mit allen Wassern gewaschene Jiggs fordert immer wieder drastische Maßnahmen gegen Smith und Tanner, die Häupter der Gangsterbanden, sowie deren Mitglieder, doch schließlich ist Großbritannien ja ein Rechtsstaat, wo sich derlei schlecht durchsetzen lässt.
Leslie Ranger ist mittlerweile umgezogen. Sie wird nicht nur von dem tadellosen Terry Weston begehrt, sondern wohl auch vom nicht ganz so ehrenrührigen Eddie Tanner, obwohl auch der sich stets korrekt verhält. In der Nähe der neuen Wohnung wohnt Cuthbert Drood, ein ehemaliger Offizier und aktiver Abenteurer, der Drohbriefe von beiden Banden bekommen hat und sich den Verbrechern entgegenstellt. Doch nun überschlagen sich die Ereignisse, ein klassischer Gangsterkrieg um Einflussgebiete bricht aus…
Viele Aufregungen sind noch zu bestehen, Leslie bekommt einen neuen Job in einer scheinbar altehrwürdigen Bank und wird von der eifersüchtigen Cora Smith entführt, dann wieder mal wird die Regierung erpresst, und zum Ende gibt es zwischen einigen der Hauptbeteiligten einen bleihaltigen Showdown. Doch Edgar Wallace müsste nicht Edgar Wallace sein, wenn sogar dieser Großangriff auf die englische Polizei nicht ein gutes Ende nehmen würde.


Bewertung:

Als Edgar Wallace im Jahre 1929 auf seiner Reise im Lande der unbegrenzten Möglichkeiten auf eine persönliche Bitte hin auch nach Chicago kam, hatte es ihm eine „Sehenswürdigkeit“ besonders angetan. Das Hotel Lexington als Stammsitz des berühmt-berüchtigten Gangsterbosses Al Capone sowie ausgiebige Recherchen in den Polizeiarchiven der Stadt hinterließen einen ungewöhnlich starken Eindruck auf ihn. Wieder daheim in London, veröffentlichte er in kurzer Zeit sein Theaterstück und später auch den Roman um den „König der Unterwelt“ von Chicago, Tony Perelli. Auf Deutsch erschien das Buch meist unter dem Titel In den Tod geschickt. Ein für Wallace eher ungewöhnlicher Stoff, die Verhältnisse des organisierten Verbrechens werden mit beträchtlichem Realismus beschrieben, die obligatorische zarte Liebesgeschichte nimmt ein tragisches Ende, ebenso wie schließlich auch der kriminelle „Held“ des Stückes, wirklich schon Noir-Atmosphäre und sicher eines der reifsten Stücke des Autors. Aber auch seine in England spielenden Krimis wurden seitdem häufig von den USA-Eindrücken beeinflusst, am meisten mit Sicherheit in dem vorliegenden Band, einem seiner letzten Bücher.

Was noch relativ klassisch mit einem privaten Verbrechen beginnt, dem gewaltsamen Dahinscheiden des obligaten reichen Erbonkels mit einer durchaus cleveren Spurenverwischung des Täters, mündet bald in eine wahrhaft mörderische Angelegenheit mit organisierten amerikanischen Verbrechererbanden. Deren Chefs tarnen sich nicht mit Froschmasken oder ähnlich liebgewonnen Kuriositäten, sondern gehen ganz ungeniert in den besten Hotels und Clubs der Stadt zum Essen. Dabei gibt sich Altmeister Wallace alle Mühe, die Burschen samt ihrer Helfer so gangsterklischeehaft wie möglich zu zeichnen. Trotz oder gerade wegen allem Knallbumm sind seine Geschöpfe nicht ganz die großen Fische, die sie zu sein vorgeben. Auch protzige Großgangster wie Al Capone waren schließlich zu ihrer Zeit bald schon Anachronismen, die häufig nicht ganz freiwillig von einer neuen Generation abgelöst wurden, welche sich ein durch ein mehr businessmen-hafteres Auftreten unterschied und tatsächlich auch gerne in legale Unternehmen investierte, die ebenfalls großen Gewinn einbrachten. Davon sind Eddie Tanner und Kerky Smith noch weit entfernt. Ihren Widerpart aus den USA finden die beiden in Jiggs Allerman, trotz seiner Zugehörigkeit zum headquarters in Chicago eher so ein Bursche, wie ihn Edgar Hoover sicherlich als FBI-Agent und G-Man gerne gesehen hätte – hart, clever und unbestechlich, dabei für den guten Zweck das Gesetz gerne mal sehr weit beugend und immer den Finger am Abzug. Er hat auch kein Problem damit, Eddie Tanners Schwäche für Miss Ranger zu deren Schutz auszunutzen, als diese von der Kerky-Bande bedroht wird, und die bösen Buben gegeneinander auszuspielen.
Die englischen Polizisten, die doch durch die Aktivitäten der Roten Hand und später des Roten Kreises mit Geld-oder-Leben-Erpressern doch eigentlich schon hätten Erfahrungen sammeln müssen, sind für die brutalen Verbrechertypen aus Amiland hoffnungslos altmodisch, gerade der Polizeichef, ein alter starrsinniger Ex-Militär, kommt nicht sonderlich gut weg – vielleicht die literarische Vorlage für den leicht vertrottelten Sir John aus den Filmen, der aber im Gegensatz zum gefeuerten Goussie mit allen Ehren in Pension gehen durfte (?). Typischerweise ist Goussies besonderer Liebling der von allen ungeliebte Inspektor Tetley, welcher sich als schwarzes Schaf in der Herde verdächtig macht und ein kompromisslos schlechtes Ende nimmt.
Dabei fordert der resolute Allerman bei der Bekämpfung der Bandenkriminellen die Engländer zu allerlei Methoden auf, die er nicht mal in den USA durchsetzen könnte (die ja noch den „Dritten Grad“ bei Verhören und andere verschärfte Maßnahmen anwenden) einschließlich der wirkungsvollsten Maßnahme, die Anführer „auf der Flucht“ zu erschießen.
Allerdings wirken die Personen in diesem Buch irgendwie besonders zweidimensional. Wiedermal ist es die Frauenfigur, die daraus etwas hervorsticht, an deren persönlichem Leben man Anteil nehmen kann, die immer wieder in die kriminellen Machenschaften verwickelt wird und sich sorglos und unbeschadet inmitten der purzelnden Toten bewegt. Sie erscheint im übrigen aber besonders unabhängig. Als leitende Angestellte in Dorries Bank führt sie de facto die Firma - wenn das nicht das Feministenherz jubeln lässt … :-) Aber das in Ehren ergraute Unternehmen ist auch nicht das, was es scheint, der Begriff „Geldwaschanlage“ trifft es wohl am besten.
Die sich entspinnende Liebesgeschichte zwischen Leslie Ranger und Terry Weston wirkt sehr verhalten, der Chefinspektor hat aber auch wirklich viel um die Ohren. Es ist wohl der blutrünstigste Krimi des Autors, die Opferzahl geht locker auf die Dreißig zu. Al Capones Valentinstag-Massaker wirkt ja im Vergleich zum Londoner Gangsterkrieg noch harmlos, es gibt in Brand geschossene Autos, und auch die Polizei ballert mal so ein verdächtiges Flugzeug vom Himmel. Zustände, Zustände !
Um der Sache eine scheinbare Authentizität zu geben, werden einige Namen von damals real existierenden amerikanischen Mobstern ins Geschehen geworfen, zu denen der alte Non-Gentleman und Alkoholschmuggler en masse Elijah Decadon von England aus sehr rührige geschäftliche Beziehungen getätigt hatte.
Demgegenüber wirkt der Schluss halt gewollt optimistisch, die Bösen sind alle tot, weil letztlich auch die Chefs der Gangs sich trotz einer äußerlichen Einigung weiterhin misstrauen. Im guten alten England haben Kriminelle eben auf Dauer keine Chance, das ist die wie immer übliche Kernaussage dieses Krimis, der zwar vom Plot her etwas flach geraten ist, aber mit jeder Menge action entschädigt.

Trotz des eher ausgefalleneren Themas ein waschechter Wallace.


Buch:

Im Magic Bookworld Verlag ist eine ungekürzte Neuübersetzung dieses Klassikers mit so ca. 180 Seiten erschienen. Wie der Verlagsname andeutet, hat man es wohl nicht so mit dem deutschen Mutter-Idiom. Der als für die Übertragung Verantwortliche Heinrich Sues scheint wohl ein Tarnname für den Google-Übersetzer zu sein, dessen allerschlimmste Verzerrungen bestenfalls etwas geglättet wurden. Aber die Verbrechen, die hier an der deutschen Sprache begangen wurden, sind kaum weniger grausam als die Untaten der literarischen Schurken des Romans. Neben vielen Dreckfuhlern gibt es auch jede Menge „Stilblüten“. Aus einer Operette wird etwa eine „musikalische Komödie“, bei Scotland Yard gibt es den ehrsamen Berufsstand des „Fingerabdruckmannes“, und Verdächtige erhalten keine Anklage, sondern eine "Gebühr" (???). Das sind nur sehr wenige Beispiele eines begrenzten Textabschnittes. Hoffentlich nicht das Niveau, das die heutige Leserschaft befriedigt (?). Leider sind manche Passagen sinngemäß kaum verständlich.
Eine Wohltat ist dagegen wirklich die erstmalige Übersetzung von Hans Herdegen alias Ravi Ravendro, dem man in Unkenntnis des Kommenden mitunter damals schon Schluderigkeit bei seiner Tätigkeit vorgeworfen haben soll. Doch auch hier gibt es eigentlich wenig Ersprießliches zu berichten. Hatte die deutsche Erstausgabe von Goldmann 1933 noch gut 250 Seiten, so war die Neuauflage nach dem Krieg nur noch um 70 Seiten schmaler bestückt, was sicher auch an einem anderen Druckbild lag. Doch von da an ging es nur noch abwärts, die Goldmann-Jubiläumsausgabe von 1990 ist auf grade mal 150 Seiten geschrumpft. Die Kürzungen und Vereinfachungen im Text sind enorm.
Was wird dem Leser da verschwiegen ?
Jahresangaben und viele zeitliche Bezüge sind komplett entfallen. Ebenso ein paar politische Anspielungen, genauso wie ein eher ungewöhnlicher Sarkasmus an den sich sonst so herrenhaft gebenden und nun vor den Gangstern kuschenden Briten. Ein Mordanschlag auf Jiggs (den es in diesem Zusammenhang so ähnlich sogar im Rialto-Film gab) ist weggekürzt, auch das Ende eines auf Eddie Tanner angesetzten Smith-Spitzels. Und die Beschreibung einer Folterung eines Ganovenliebchens in den USA fehlt, ebenso die eher verstörenden Gedanken, die die auf Leslie eifersüchtige Cora Smith wälzt und die sich da an ein paar drastischen (realen ?) Beispielen orientiert. Besonders die immer wieder zitierten Zeitungsmeldungen sind vakant. Und halt viele ausführlichere Sätze zwischendurch. Wobei es in der neuen Übersetzung auch einige Ausdrücke aus der Fäkalsprache gibt, welche doch eher für den Schriftsteller untypisch sind, aber möglicherweise sogar im Original vorkommen.
Seltsamerweise sind sich die beiden Übersetzungen irgendwie uneinig, wer nun zu den "Grünen" und wer zu den "Blauen" gehört...

Alles in allem ist wie bei den meisten Wallace-Kriminalromanen außerhalb der Weltbild-Edition wohl der beste Kompromiss, sich antiquarisch die erste Nachkriegsausgabe zu beschaffen.


Verfilmung:

Gangster in London, ein durchaus vielversprechender Titel, wurde durch das harmlos klingende Das Rätsel der roten Orchidee ersetzt, der damit an einen gemessen an den Besucherzahlen erfolgreichen Vorgängerfilm anknüpfen wollte, welcher ebenfalls eine bekannte Blumensorte im Titel hatte.
Im Forum erfreut sich der Film des österreichischen Regisseurs Helmuth Ashley keiner sonderlichen Beliebtheit. Zu albern sei das Ganovenstück geraten, die Hauptdarsteller zu farblos, die Atmoshäre zu untypisch usw. Der biedere Inspektor Terry Weston wird einmalig vom Österreicher Adrian Hoven gespielt, kein heißgeliebtes Mitglied der „Wallace-Familie“. Ebenso wenig die Darstellerin der Leslie Ranger, Marisa Mell. Dafür ein wie stets hartgesottener Christopher Lee, diesmal kein Chinese, sondern als Jiggs Allerman Amerikaner. Fritz Rasp als reicher Elias Tanner nimmt ein vorzeitiges Ende im äußerlich nicht so sichtbaren Kugelhagel aus Maschinenpistolen, trotzdem offenbar so nachhaltig, dass er in keinem weiteren Wallace-Film mehr auftrat.
Pinkas Braun hat hier den Part des orchideensammelnden Neffen von Tanner, Edwin, der aber nicht nur diesem Zeitvertreib frönt, wie sich eigentlich jeder sollte denken können. Denn entgegen der Buchvorlage gibt es hier noch einen etwas krampfigen Whodunit, der als (hinzugedichteter) Oberhäuptling der einen Verbrecherbande fungierende „Schöne Steve“ ist nur die rechte Hand für einen eigentlich schon im Totenreich weilenden Gangsterboss. Eine gute Rolle für Klaus Kinki. Der Gangsterboss der anderen Seite, hier Kerky Minelli genannt (damit der Mafia-Hintergrund auch dem Letzten deutlich wird) wird von Eric Pohlmann verkörpert, auch ein einmaliger Wallace-Einstand. Dagegen ist die ebenfalls erfundene Figur des „Todesbutlers“ Parker für das Urgestein Eddi Arent wieder Anlass für allerlei mehr oder auch mal weniger gelungene Komik.
Im Großen und Ganzen hält man sich schon an die Vorlage des seligen Edgar W. Besonders der Flugzeugangriff auf Colonel Drood, der unmittelbar darauf entflammte Krieg zwischen den beiden Banden (allerdings ohne so hohe Verluste wie im Buch), sowie die Rolle der Dorries-Bank als auch die Figur des „Hard-boiled-Cops“ Allerman entsprechen dem, wenngleich es auch etliche Abweichungen gibt.
Der Streifen ist, da muss man sich nichts vormachen, nicht unbedingt ein Highlight der Film-Serie, der aber, das muss man zu seiner Verteidigung sagen, das Grundthema des Thrillers von Wallace durchaus aufnimmt und entsprechend umsetzt. Über die Gelungenheit kann man nun geteilter Auffassung sein. Aber schlechtere derartige Filme gibt es allemal.

Edgar007 Offline




Beiträge: 2.595

12.11.2020 19:51
#6 RE: Gangster in London (1932) Zitat · Antworten

Kleine Anmerkung: Der Roman Gangster in London (When the Gangs came to London) hat nichts mit dem Roman In den Tod geschickt (On the Spot) zu tun!

Savini Offline



Beiträge: 756

20.07.2021 15:25
#7 RE: Gangster in London (1932) Zitat · Antworten

Zitat von Dr. Oberzohn im Beitrag #5
Alan Wembury – Stellvertretender Commissioner

Da ich den Roman schon lange nicht mehr gelesen habe: Ist der Inspektor aus dem "Hexer" hier auf der Karriereleiter aufgestiegen? Oder handelt es sich um eine zufällige Namensgleichheit?

Zitat von Dr. Oberzohn im Beitrag #5
Auch protzige Großgangster wie Al Capone waren schließlich zu ihrer Zeit bald schon Anachronismen, die häufig nicht ganz freiwillig von einer neuen Generation abgelöst wurden, welche sich ein durch ein mehr businessmen-hafteres Auftreten unterschied und tatsächlich auch gerne in legale Unternehmen investierte, die ebenfalls großen Gewinn einbrachten. Davon sind Eddie Tanner und Kerky Smith noch weit entfernt.

Dazu passend bringe ich mal ein Zitat aus dem erstmals 1959 in den USA erschienenen Roman "Alles Gute aus Chicago" ("Too hot to hold") von Day Keene, der in der Zeit seines Ersterscheinens spielen dürfte und in dem zu Beginn der Gangsterboss Lew Dix an die Zeit früherer Bandenkriege zurückdenkt und diese mit seiner Zeit vergleicht. Die Zeiten von Gangstern wie Al Capone erscheinen ihm dabei geradezu märchenhaft:
"Der Daschungel von Chicago existierte nicht mehr. Eine neue Zeit war angebrochen. Eine gut funktionierende Organisation mit peinlich genauer Bezirkseinteilung hatte das frühere Chaos abgelöst. Es gab keine offen zur Schau getragenen Patronengurte mehr und nur noch ganz selten Straßenschlachten. Was erledigt werden mußte, wurde in aller Stille von Fachleuten erledigt. Nur ein paar rauhbeinige Neulinge versuchten, die alte Tradition am Leben zu erhalten. Manchmal glaubte er selbst schon fast daran, daß die wilden Geschichten, die er doch aus eigenem Erlebnis kannte, nur Märchen waren, wie sie alte Männer bei einem Gläschen erzählten.
Nun war alles viel besser. Früher hatte man das Geld mit vollen Händen für Sauforgien, kugelsichere Cadillacs und Hotelsuiten ausgegeben. Jetzt brachte es beachtliche Dividenden ein, wenn man es in Hotels und Schnellreinigungen investierte; in Wäschereien und Brauereien; in Schnapsfabriken, Rundfunkstationen und die verschiedenen Sparten des Bankgeschäftes."

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