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Dieses Thema hat 1 Antworten
und wurde 288 mal aufgerufen
 Giallo Forum
Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

23.07.2017 20:45
Phenomena (1985) Zitat · Antworten

Dieser Argento-Kracher hat zwar, wenn man sich die Suchergebnisse durchliest, durchaus Anhänger im Forum, aber noch kein eigenes Thema, weshalb ich mit meinen Gedanken zur Erstsichtung die Diskussion anstoßen möchte:



Phenomena (Phenomena / Creepers)

Horrorfilm, IT 1985. Regie: Dario Argento. Drehbuch: Dario Argento, Franco Ferrini. Mit: Jennifer Connelly (Jennifer Corvino), Donald Pleasence (Professor John McGregor), Patrick Bauchau (Inspektor Rudolf Geiger), Daria Nicolodi (Frau Brückner), Fiore Argento (Vera Brandt), Federica Mastroianni (Sophie), Fiorenza Tessari (Gisela Sulzer), Dalila di Lazzaro (Schuldirektorin), Mario Donatone (Morris Shapiro), Kaspar Capparoni (Karl, Sophies Freund) u.a. Uraufführung (IT): 31. Januar 1985. Uraufführung (BRD): 17. Februar 1988.

Zitat von Phenomena
Dass Jennifer die Gabe hat, mit Insekten zu kommunizieren, macht sie an ihrer neuen Schule, einem abgelegenen Schweizer Internat, in dessen Umgebung in den letzten Monaten immer wieder Mädchen spurlos verschwanden, zu einer Außenseiterin. Sie freundet sich mit dem einsam lebenden Professor John McGregor an, der davon überzeugt ist, dass alle verschwundenen Mädchen tot sind und es sich beim Mörder um einen Wahnsinnigen handelt, der die Leichen in seiner Nähe behalten möchte. Jennifer soll ihren außerordentlichen Umgang mit dem Tierreich dazu nutzen, der Wahrheit hinter den Taten auf die Spur zu kommen. Dies stellt sich als gefährliches Unterfangen heraus ...


Die telepathischen Fähigkeiten von Insekten sind offenbar eine Thematik, die Dario Argento nachdrücklich fasziniert. Schon in „Profondo Rosso“ ließ er Professor Giordani dieses Phänomen in einem Nebensatz erwähnen, zehn Jahre später baute er es dann zur Grundidee für einen ganzen Film aus. Einen Film, der auf einem kuriosen Grat zwischen vorgegaukelter Wissenschaftlichkeit und offenkundiger Esoterik balanciert und als solcher wohl ohne jede Geringschätzung als eine der „märchenhaftesten“ Arbeiten des Regisseurs bezeichnet werden kann. Tatsächlich wandelt die Heldin in „Phenomena“ nicht nur schlafwandlerisch durch die furchteinflößenden Schweizer Mondnächte, sondern wirkt das gesamte filmische Erlebnis wie ein surrealer Alptraum. Strudelhaft zieht der Streifen sein Publikum in den Bann, nachdem er zwar heftig, aber doch eher argento-traditionell beginnt, um sich dann in immer kuriosere Sphären hinaufzuschwingen, bis ein dem Ungläubigen vielleicht etwas allzu abgedreht erscheinendes Finale kredenzt wird, in dem Argento an keinem Effekt, der heute zum Standard-Handwerkszeug des Horrorfilms zählt, spart.

Es ist fast schon bedauerlich, dass am Ende mit Blut, Ekel und Action nicht gegeizt wird, weil das zuvor gezeigte Experimentelle, Melancholisch-Traumhafte eigentlich einen etwas distinguierteren Ausgang der Geschehnisse erwarten ließ. Seine besondere Wirkkraft erhält der Film nicht durch mutierte Killerkinder, deren Haut von Fliegen bis auf die Knochen abgenagt wird, oder von Schimpansen, die beherzt mit dem Rasiermesser schwingen, sondern vielmehr von den düsteren Andeutungen und stimmungsvollen Nachtszenen, die diesem Exzess vorangehen. Verschwundene Mädchen in verwunschenen Alpentälern, ein ungezeigtes Ungeheuer, das seine Ketten abstreift, verschwimmende Konturen zwischen Wachen und Schlafen, zwischen Gesundheit und Wahnsinn, zwischen Grenzbegabung und Einsamkeit – mit diesen Pfunden wuchert „Phenomena“ im Wesentlichen. Wie auch die frühen Argentos zehrt die größte Spannung von der Ungewissheit des Zuschauers, von Vermutungen, die sich vor dem inneren Auge abspielen, und von einer Gefahr, die jederzeit für die Person vor dem Bildschirm eher spürbar ist als für den Gefährdeten auf der anderen Seite der Mattscheibe.



Argento lag viel an der Besetzung der Hauptrolle mit der nur 14-jährigen Jennifer Connelly – wohl um die Verletzbarkeit der Protagonistin besonders zu betonen. Ihr Gespür für Insekten stempelt sie von Anfang an zur Außenseiterin, deren einzige Hilfe von einem väterlichen Freund kommt, dem Donald Pleasence ein sehr überzeugendes Gesicht verleiht. Als es ihm dann an den Kragen geht, weiß man, dass die Dinge für Jennifer nicht zum Besten stehen, dass sich nun bald das große Spektakel entfalten wird. Leider ist dabei allein schon durch die Frage der Besetzung schnell klar, aus welcher Richtung die Gefahr tatsächlich droht. Andere Verdächtige werden nur ansatzweise ausgebaut, was Argento in seinen früheren Filmen, die stärkeren Wert auf eine komplexe Entwicklung der Handlung legten, besser gelang. Doch gerade diese Mosaikform, diese Bruchstückhaftigkeit einiger Szenen, Spuren und Figuren macht die übersinnliche, unheimliche Atmosphäre des Films aus. Wir haben es hier nicht mit einem plot-, sondern einem stimmungsgetriebenen Film zu tun, der auf die Wirkung von Emotionen und im Wesentlichen die von Angst setzt. Aus dieser wird man nur stellenweise von sehr exaltierter Rock- und Heavy-Metal-Musik herausgerissen – einem Score, der den Zeitgeist der Achtzigerjahre sehr viel deutlicher verrät als der restliche stilvolle, zeitlose Look des Films.

Zurecht für seine Spezialeffekte gelobt, zeigt „Phenomena“, dass Argento auch im Jahr 1985 noch für sehr überzeugende Großproduktionen stand, deren Machart sich klar auf A-Klasse-Niveau bewegt, dabei aber auch keine Angst davor hatte, die gewohnten Konventionen facettenreich zu variieren (wenn schon nicht unbedingt neuzuerfinden). Der Review des Portals EatMyBrains trifft mit seinem Urteil durchaus den Nagel auf den Kopf:

Zitat von EatMyBrains: Phenomena (1985), Quelle
Phenomena is the kind of movie that has many great moments, but they’re often followed by unfathomable plot twists or random new plot devices. And typical of Giallos, characters bounce in and out of the plot at will, with a few red herring characters sneaking off early and many key characters disappearing for half the film and only surfacing in time for the end. And what an ending it is. You have to take your hat off to the fact that Phenomena has one of the most protracted end sequences you’ll ever see. What starts off feeling like the natural end of the movie really isn’t, in fact you’re probably about ten minutes and four or five life threatening sequences from the actual credits.


Aus dem ambitionierten Filmneuling der frühen 1970er Jahre ist ein ausgewachsener Horror-Regisseur geworden, der sich in „Phenomena“ an einer Collage zahlreicher ungewöhnlicher Elemente versucht. Dass man das Endergebnis allerdings nur dann wirklich wertschätzen kann, wenn man sich vom Schwall der Eindrücke ohne Nachfragen und Zweifel berieseln lässt, lässt „Phenomena“ hinter den simpleren und dadurch effektiveren Frühwerken zurückstehen. Für einen Argento-Fan gibt gerade wegen der Überladenheit des Filmerlebnisses so viel zu entdecken, dass sich auch mehrfache Sichtungen lohnen dürften. Zunächst 4 von 5 Punkten.



Die DVD von Arrow Video (UK-Import): Wieder eine sehr lobenswerte Auswertung, die den Film aussehen lässt, als wäre er erst vor Kurzem gedreht worden. Besonders die schönen Blau- und Grüntöne des Films kommen gut zur Geltung, das Bildformat 1,66:1 stimmt auch. Englischer und italienischer Ton (letzterer stellenweise etwas unausgewogen mit sehr lauten Musikeinsätzen und Effekten und leiseren Dialogen) werden von zwei optionalen zu den jeweiligen Spuren passenden Untertiteln begleitet. Drei Featurettes, darunter ein 50-minütiges interessantes Making-of, runden das typische Arrow-Paket ab.

Ray Offline



Beiträge: 1.930

23.07.2017 23:37
#2 RE: Phenomena (1985) Zitat · Antworten

Kann jetzt nicht mehr in Einzelheiten gehen, weil meine einzige Sichtung des Films etwa ein Jahr zurückliegt, aber mir hat "Phenomena" nicht gefallen. Die ersten zwei Drittel bzw. drei Viertel sind noch "okay", wenngleich für mich persönlich schon zu esoterisch angehaucht. Aber das Finale hinterlässt einen extrem fiesen Beigeschmack, der für mich den Gesamteindruck ganz entscheidend prägt. Die Krönung ist echt dieses "Killerkind". Allenfalls 2 von 5 Punkten von meiner Seite. Glaube nicht, dass ich ihn mir nochmal anschauen werde.

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