Zitat von Fabi88Um noch einmal zum Thema "Exploitation - Ja oder Nein" zurückzukehren:
Das grundlegende Problem bei Exploitation ist das gleiche, wie auch beim Giallo - die Auslegung der Begriffe ist sehr dehnbar und für einige mit negativem Vorurteil behaftet.
Ich persönliche würde den Gros der Gialli (nach meiner Definition!) nicht dem Eploitation-Kino zuschreiben, weil sie einem eigenständigen Sub-Genre angehören, und nicht nur billig kopieren. Deine Einordnung von Exploitation finde ich persönlich zu weitreichend, da dort dann ja im Grund rund 90% aller Filme drunter fallen würden. Denn für mich liest es sich so, dass du den Begriff Exploitation mit Unterhaltungskino auf eine Stufe stellst.
Anstatt als subtile Provokation einzuordnende Postings zu machen solltest du lieber einen reifen Charakter beweisen und dazu stehen, dass du früher als reuabewu im Forum unterwegs warst. Die Beiweiskette ist ja immerhin eindeutig
Ein Film ist deswegen unterhaltsam, WEIL er den Zeitgeist trifft und dem Zuschauer bereits bekannte Versatzstücke bietet und ihm Dinge vorführt, die er im jeweiligen Genre erwartet. So macht ein Giallo am meisten Spaß, wenn der Mörder schön typisch gewandtet durch die Gänge kreucht und schöne Frauen verfolgt. Die Eigenheiten des Genres werden bedient und ausgeschlachtet und es handelt sich um Exploitation. Wenn, wie beispielsweise bei Malastrana, mit typischen Mustern gebrochen wird, ist der "Exploitation-Faktor" nicht mehr gegeben. Hier handelt es sich zwar noch immer um Unterhaltung und der Film verfolgt das Ziel, den Zuschauer zu unterhalten, aber versucht auf dem Weg zum Ziel neue Wege zu beschreiten und macht sich nicht Altbekanntes zu Nutze. Exploitation bezieht sich in meinen Augen sowieso eigentlich nur auf die 60er und 70er, wo eben alles getan wurde um die Zuschauer vom Fernseher wegzulocken. Sex und Gewalt gab es im biederen Fernsehen (noch) nicht. Daher gehören auch Heimat- und Pauker-Filme nicht zum Exploitation, sondern nur Poliziotti, Gialli, Erotikfilme, Western europäischer Machart und Ähnliches. Aber wie du schon richtig sagtest, man hat es hier mit sehr dehnbaren Begriffen zu tun, weswegen ich mir auch jede andere Deutung mit offenen Augen durchlesen werde.
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Ich kann dir leider nicht mehr ganz folgen Fabi, was aber bitte nicht wieder als Beleidigung aufgefasst werden sollte. Die Erklärung des "Exploitation"-Kinos die du bringst, ist mir vollkommen neu in seiner doch sehr weitreichenden Art.
Verstehe ich es richtig, dass alles, was nicht genreübergreifend und dadurch innovativ ist, gleich zum Exploitation gehört, weil es sich in den festgelegten Mauern bewegt? Oder verfolgst du eher die Begriffserklärung? Denn der Exploitationfilm ist als Genre ist doch zumindest dadurch eingegrenzt, dass es sich dabei um sehr günstig produzierte Titel handelt, die einem erfolgreichen Vorbild nacheifern, um in dessen Fahrwasser möglichst einfach Geld zu machen. Aus erfolgreichen Nachahmern entstehen dabei dann eigene Subgenres, wie z.B. der Sexploitation oder der Nunploitation.
Und die Aussage, dass nur Filme, die den Zeitgeist treffen unhterhaltsam sind halte ich für unhaltbar. Ansonsten würden die Leute nicht über die Jahrzehnte hinweg Edgar-Wallace-Filme schauen, da der Zeitgeist sich über die Jahre einige Mal gewandelt hat
Zitat von Enrico RosseniIch kann dir leider nicht mehr ganz folgen Fabi, was aber bitte nicht wieder als Beleidigung aufgefasst werden sollte. Und die Aussage, dass nur Filme, die den Zeitgeist treffen unhterhaltsam sind halte ich für unhaltbar. Ansonsten würden die Leute nicht über die Jahrzehnte hinweg Edgar-Wallace-Filme schauen, da der Zeitgeist sich über die Jahre einige Mal gewandelt hat
Hier hast Du Fabi88 falsch verstanden. Zeitgeist hat in diesem Falle mit Nostalgie zu tun und genau deswegen werden die Wallace Filme auch heute noch geliebt.
Zitat von Enrico RosseniDenn der Exploitationfilm ist als Genre ist doch zumindest dadurch eingegrenzt, dass es sich dabei um sehr günstig produzierte Titel handelt, die einem erfolgreichen Vorbild nacheifern, um in dessen Fahrwasser möglichst einfach Geld zu machen. Aus erfolgreichen Nachahmern entstehen dabei dann eigene Subgenres, wie z.B. der Sexploitation oder der Nunploitation.
Das hätte ich als weitere Eingrenzung dazuschreiben sollen. Allerdings gibt es einige absolut klischeehafte Italo-Western oder Polizeifilme, die über ein hohes Budget verfügen.
Zitat von Enrico RosseniUnd die Aussage, dass nur Filme, die den Zeitgeist treffen unhterhaltsam sind halte ich für unhaltbar. Ansonsten würden die Leute nicht über die Jahrzehnte hinweg Edgar-Wallace-Filme schauen, da der Zeitgeist sich über die Jahre einige Mal gewandelt hat
Man muss einen Film immer in Bezug auf die Zeit sehen, in der er entstanden ist. Viele Leute finden die Filme unterhaltsam, weil durch den Retrolook ein ganz neuer Moment in den Film kommt, oder weil die jeweilige Person den Film noch von früher kennt. Dementsprechen kann ein Film auch gerade deshalb unterhaltend sein, weil er dem Zeitgeist NICHT entspricht. Aber ein Unterhaltungsfilm wird ja gedreht um zum jeweiligen Zeitpunkt zu unterhalten und sein Geld einzuspielen, nicht erst 40 Jahre später mit seiner DVD-VÖ. Wenn man einen alten Film schaut, unterhält er, weil das Gezeigte noch immer Bestand hat, oder weil man mit nostalgischen Gefühlen darauf schaut. In diesem Fall hat eben der Zuschauer einen anderen Geist. Die Allgemeinheit will in den Filmen, die sie besucht, den Zeitgeist wiedergespiegelt sehen.
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[quote="Fabi88In diesem Fall hat eben der Zuschauer einen anderen Geist. Die Allgemeinheit will in den Filmen, die sie besucht, den Zeitgeist wiedergespiegelt sehen.
[/quote]
Ich verbessere Fabi mal:
.....Die Allgemeinheit will in den Filmen, die sie besucht, den "aktuellen" Zeitgeist wiedergespiegelt sehen.
Zitat von Enrico Rosseni[...]Hat aber trotzdem für mich nix mit Exploitaton zu tun
Hat es wohl. In den 60ern und 70ern waren es zum Beispiel die Italo-Western, die von der Allgemeinheit gesehen wurden und zumindest in Italien waren auch die Gialli das, was die Allgemeinheit gesehen hat. Der Begriff "Exploitation", beziehungsweise, weit passender, der Begriff "Europloitation" wurde ja erst später für diese Art von Filmen verwendet.
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Aber nicht zwangsläufig. Es trägt dazu bei, ist aber kein Muss. Nicht alles, was den Zeitgeist wiedespiegelt ist zwangsläufig auch Exploitation. Deine Erklärung kann ich deshalb nicht ganz unterstützen, weil der Verzicht auf künstlerische Aspekte und der geringe Qualitätsanspruch darin nicht vorkommen.
Aber wie schon gesagt, die Grenzen sind nicht in Beton gemauert und werden individuell anders gesteckt.
Zeitgeist = Exploitation istschon zu einem Großteil richtig, wenn man auf die zweite Hälfte der sechziger Jahre und auf die 70ies blickt. Bedenkt man das in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre eine weltweite Wende stattfand, die den Muff und die Prüderie der 50er Jahre und auch Anfang 60er Jahre abstreifen wollte, ist der Zeitgeist, was Filme betrifft schon auf Exploitation in Form von Sex und Gewalt ausgerichtet. Genauso spürbar im deutschen und ganz besonders im italienischen Kino dieser Zeit. Man wollte Sex und Gewalt sehen! Das war der Wunsch der Masse! Man kannte sowas zuvor nicht. Ein Film ohne Sex hatte fast keine Chance, was sich speziell im deutschen Kino der siebziger Jahre zeigt. Gruppensex und "freie Liebe" hatten Hochkonjunktur. Das Fernsehen war mittlerweile eine harte Konkurenz fürs Kino geworden und "der Film" musste mit diesen Sex und Gewalt Schauwerten kontern. Mit diesen Zutaten konnte/durfte das TV dieser Zeit natülich nicht mithalten. Man ist ins Kino gegangen um Sexfilme zu sehen. Dass wäre in den frühen sechziger Jahren unmöglich gewesen. Letztendlich wurde die Gewalt und die Sexschraube auch im Mainstream Kino immer weiter hochgeschraubt in den siebziger Jahren. Das Ende dieser "Exploitationrichtung kam schleichend Anfang der 80er Jahre als alles "brav" wurde. Man konnte sich plötzlich in Form von VHS jedes Pornofilmchen heimlich nachhause holen. Mit dem Aufkommen von AIDS begann auch eine neue Art der Prüderie/ Monogamie, die sich sogar auf die Bondfilme in der zweiten Hälfte der 80er auswirkte. Bond/Timoty Dalton legte plötzlich nicht mehr reihenweise Frauen flach. Plötzlich hielten die bösen gewaltreichen Filme der siebzieger Jahre Einzug in die Wohnzimmer und Papa, Mama, Oma und Opa merkten plötzlich was sich ihre Kinder ansahen. Plötzlich kam in den 80ern auch der Begriff "Video Nasty" auf, was teilweise mit öffentlichen Verbrennungen der sogenannten Exploitation VHS Kassetten endete. Das waren halt die 80ies. Ich gebe Fabi88 Recht, wenn er sagt, das das Mainstream Kino der Ende 60er und 70er Jahre, Senations Elemente im Form von Sex und Gewalt ausschlachtett, und dies zieht sich wie ein roter Faden durchs Kino dieser Zeit zieht. @Enrico Ich kenne Fabi88 im Net sehr lange und weiß das er sich nicht nur damit beschäftigt, Filme zu konsuimieren, sondern sich auch Gedanken macht, "warum" die hübsche Frau z.B im Giallo erstmal ihre "Möpse" zeigt, bevor sie bestialisch umgebracht wird? Weil man auch immer die zeitgeschichlichen Hintergünde kennen muss um eben die Machart dieser Filme zu verstehen. Wenn jemand ein Problem damit hat, das wie im Wallace Film "Das Geheimnis der grünen Stecknadel" ein Schulmädchen ein Messer in die Vagina gestochen bekommt, verstehe ich jeden der es nicht sehen will. Das so etwas gezeigt wurde ist halt typisch für diese Jahre und ist letztendlich dem Zeitgeist zuzuordnen. Im Bezug auf Trash kann ich Fabis Ansicht aber nicht ganz teilen. Es gab genügend Filme, die in ihrer Machart die Exploitation Elemente enthielten aber keinesfalls Trash sind, weil sie einfach zu perfekt gemacht wurden und sich nur aus kommierziellen Aspekten dieser Elemente bedient haben.
Wenn Du mit den "Extremen" dieser Zeit im Bezug auf Filme nichts anfangen kannst, ist es absolut in Ordnung, nur sollte Dir bewusst sein, das Edgar Wallace ebenfalls ab Mitte der sechziger Jahre zu derber Exploitation mutiert. Man hat natürlich auch hier dem "Zeitgeist" Rechnung getragen.
Die zeitliche Einteilung die du machst würde ich ähnlich sehen und reflektiert zweifelsohne zu weiten Teilen die Einflüssen, denen das Kino ausgesetzt war und von denen es geprägt wurde.
Ich glaube ein Problem bei der ganzen Diskussion ist, dass wir keine klare Unterscheidung zwischen Explotation-Elementen im Film und Exploitation als Filmgenre gemacht haben. Wenn man Exploitation als Bestandteil eines Films sieht, würde Fabis Erklärung sicherlich zu 100% passen, während das Genre wiederum die von mir genannten Einschränkungen hinsichtlich der Ansprüche beinhaltet. Nimmt man z.B. einen Film wie "Mission:Impossible 3", so beinhaltet dieser sicherlich zahlreiche Exploitation-Elemente, die dem Zeitgeist entsprechend versuchen, den Durst des Publikums nach rasanter, übertriebener Action zu erfüllen. Ein Exploitation-Film ist er aber trotzdem nicht, da zu viel Geld und Mühen darauf verwendet wurden, um größeren Qualitätsansprüchen gerecht zu werden. Die "Story" mal ganz außen vor gelassen.