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Dieses Thema hat 1 Antworten
und wurde 865 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker national
Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

10.06.2016 21:15
Geständnis unter vier Augen (1954) Zitat · Antworten



Geständnis unter vier Augen (Treffpunkt Kanalstraße)

Kriminaldrama, BRD 1954. Regie: André Michel. Drehbuch: Hugo M. Kritz, Werner Jörg Lüddecke, Answald Krüger. Mit: Hildegard Knef (Hilde Schaumburg-Garden), Carl Raddatz (Dr. Prigge), Ivan Desny (Gregor Marmara), Werner Hinz (Jorga), Franz Schafheitlin (Chefredakteur Dr. Kopp), Stanislav Ledinek (Carol), Ursula Grabley (Reporterin), Hans-Christian Blech (Tscheche), Ursula von Bose, Willy Maertens u.a. Uraufführung: 15. September 1954. Eine Produktion der Deutsche London-Film Hamburg.

Zitat von Geständnis unter vier Augen
Ein Juwelenraub beim Farbenproduzenten Gregor Marmara ist Anlass zur Bekanntschaft zwischen Reporterin Hilde und dem Industriellen, die sich in Anbetracht der gemeinsamen Vergangenheit – beide sind rumänische Flüchtlinge – schnell in Zuneigung verwandelt. Von einem weiteren Schicksalsgenossen erfährt Hilde, dass ihr Vater zu Kriegszeiten von einem schurkischen Dunkelmann namens Negrezzu betrogen wurde. Die Anzeichen mehren sich, dass dieser Negrezzu auch heute noch eine wichtige Rolle in Hildes Leben spielt ...


Keinen reinen Kriminalfilm erwarten sollte man sich bei diesem Melodram des französischen Regisseurs André Michel, dessen Verpflichtung ungewöhnlich erscheint, da sie seine einzige Verbindung zum bundesdeutschen Kino in den 1950er Jahren darstellt. Die Entstehungsgeschichte von „Geständnis unter vier Augen“ mutet allerdings insgesamt eher diffus an, lässt sich doch z.B. keine Produktionsfirma mehr ausfindig machen – nur die Hamburger Deutsche London-Film als Verleih kann man noch den Unterlagen entnehmen.

Der Film erzählt die etwas konstruiert wirkende Geschichte der Beziehung zwischen Hilde und Gregor, zweier Rumäniendeutscher, mit gehörigem Einfühlungsvermögen. Gerade die erste Hälfte, in der sich auf die wachsende Zuneigung der beiden Protagonisten konzentriert wird, ist spannend in Szene gesetzt, da hier die Möglichkeiten, welche Richtung die Handlung einschlagen könnte, noch weitgehend offen sind. Interessanterweise kulminiert die Produktion dann jedoch in dem vom Alternativtitel in den Mittelpunkt gestellten nächtlichen Treffen des „Mörders“ Negrezzu mit einem alten Mitwisser in der Kanalstraße. In dieser Szene spielt die Produktion ihren größten Spannungshöhepunkt aus, woraufhin sich die anschließende Suche Hildes nach den Schatten der Familiengeschichte ein wenig schleppend und umwegreich gestaltet. Man hätte sich gewünscht, an der Stelle André Michels einen versierteren Kriminalregisseur zu wissen, der den roten Faden konsequenter aufwickelt. Inhaltlich ergeben sich deutliche Parallelen zu „Ein Alibi zerbricht“, wobei es Alfred Vohrer 1963 wesentlich besser gelang, den Konflikt der Hauptdarstellerin mit dem Bedürfnis des Publikums nach typischem Krimisuspense zu kombinieren.



Dennoch weiß „Geständnis unter vier Augen“, gelungene Akzente zu setzen. Hilde, Marmara und Jorga wirken besonders plastisch. Hildegard Knef verkörpert eine moderne Frau, die die Weite der Welt sucht und sich als eigene Herrin behauptet, bis sie dann doch einen Haken schlägt und im Stil der Fünfzigerjahre in romantisch-bourgeoise Sicherheiten flüchtet, die sie schlussendlich enttäuscht zurücklassen werden. Ivan Desny nutzt die Gelegenheit, zwei Charaktere in einer Figur zu verbinden, exzellent und stellt seinen düsteren Liebhaber stellenweise zärtlich und ruppig dar, wobei er in mehreren Dialogen mit Knef und vor allem mit Ledinek formidables Rumänisch spricht. Werner Hinz drängt sich als Mitwisser vergangener Untaten wie ein Keil zwischen das romantische Paar. Besonders als er und Knef im Lokal über Negrezzu sprechen, fällt die aufwendige Untermalung des Dialogs auf, der sich gegen das banale Alltagsgeschehen und die Neugier des Kellners behaupten muss.

Ein zweites Mal spielt der teilweise wenig repräsentative Nachkriegsalltag eine Hauptrolle, als die Leiche Jorgas von Negrezzu in das Flüchtlingslager verbracht wird, wo das entbehrungsreiche Leben der Insassen ungeschönte Aufmerksamkeit findet. In diesen Szenen droht „Geständnis unter vier Augen“ sogar zeitweilig, in das Sujet eines Sozialdramas umzukippen – glücklicherweise besinnt sich die Handlung dann jedoch wieder aufs Wesentliche und geht nicht weiter auf die Bandenkriminalität im Lager ein.

Als vorbildlich zu bezeichnen ist Helmuth Ashleys atmosphärische Schwarzweißkamera, die dem Film ein edles Aussehen verleiht, sich aber auch in die klamme nächtliche Stimmung des Altonaer Sandbergs einfühlt und die Gedanken der Protagonisten in leinwandfüllenden Großaufnahmen optisch nachvollziehbar macht. Die musikalische Untermalung des Geschehens von Werner Eisbrenner hingegen fällt sehr zurückhaltend, um nicht zu sagen: karg, aus. Mit ausgewogenerem Orchestereinsatz, wie er schon recht effektiv in der abendlichen Konfrontation zwischen Knef und Desny sowie in der letzten Filmeinstellung demonstriert wird, hätten auch andere Momente stärkere Wirkung entfalten können.

Unter Berufung auf einen Magazin-Roman aus dem „Stern“ gelang André Michel ein facettenreiches Drama, das sein kriminalistisches Potenzial nicht immer ausnutzt, aber sehr gut gespielt und fotografiert ist. 3,5 von 5 Punkten.

Georg Offline




Beiträge: 3.263

27.06.2016 17:41
#2 RE: Geständnis unter vier Augen (1954) Zitat · Antworten

Deine Kritik ist ja mehr als schmeichelnd für diesen Langeweiler, der - wie Du richtig bemerkst- seinen einzigen Trumpf mit der frühen Demaskierung Negrezzus verspielt. Danach fehlt es dem Film an dem, was er dem Genre nach am dringendsten bräuchte: an Spannung.
Gefallen hat mir lediglich Helmuth Ashleys Bildgestaltung. Schauspielerisch ist er natürlich auch in Ordnung. Aber ich kann mir nicht helfen: ich werde einfach kein Fan von Answald Krügers Drehbüchern...

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