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Dieses Thema hat 1 Antworten
und wurde 769 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker national
Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

22.05.2016 14:12
Banditen der Autobahn (1955) Zitat · Antworten



BEWERTET: "Banditen der Autobahn" (Deutschland 1955)
mit: Eva Ingeborg Scholz, Hans Christian Blech, Wolfgang Wahl, Charles Regnier, Ellen Schwiers, Klaus Kammer, Hans Schwarz jr., Paul Hörbiger, Carl Ludwig Diehl, Wolf Ackva, Carl Ludwig Diehl, Hermann Speelmans, Josef Offenbach, Wolfgang Neuss, Ingrid van Bergen, Karl Walter Diess u.a. | Drehbuch: Robert T. Thoeren, Géza von Cziffra unter Mitarbeit von Wolfgang Neuss | Regie: Géza von Cziffra

Seit geraumer Zeit sorgen Überfälle auf Autofahrer bei Polizei und Bevölkerung für Aufregung. Polizeirat Gerber spricht sich deshalb dafür aus, Straßensperren zu errichten und erteilt seinen Beamten den Schießbefehl, sollte sich ein Wagen der Kontrolle entziehen. Eva Berger und ihr Freund sind mit einem geliehenen Porsche unterwegs und halten nicht an, weil sie die Wagenpapiere vergessen haben. Der Polizist Willi Kollanski feuert daraufhin mit einer Maschinenpistole auf das Auto und trifft den Fahrer tödlich. Zunächst belastet ihn dies nicht, aber als er dann den Vater des Opfers und Eva selbst kennenlernt, gerät er in einen Gewissenskonflikt. Währenddessen werden die Überfälle auf der Autobahn immer brutaler....



Der brisante Stoff muss bei seiner Erstaufführung für reichlich Diskussionen gesorgt haben. Im Zeitalter der Auswertung von persönlichen Daten potenzieller Verdächtiger und einer rigiden Kontrolle bzw. Überwachung an übermäßig gefährdeten Orten, passt das Motto "den Terror mit allen Mitteln bekämpfen", das die Polizei der Fünfziger Jahre beherzigt, gut in unsere Tage. Werden Betroffene heute jedoch umgehend psychologisch betreut, so geht man im Fall des Beamten Kollanski recht pragmatisch mit seinem "Missgeschick" um. Zu zehnt sitzen die Polizisten auf der Wache herum und sprechen von einer privaten Zerstreuung und Resturlaub, der den Vorfall vergessen machen soll. Das anfangs negativ gezeichnete Bild der Polizei relativiert sich jedoch durch die Handlungen des Todesschützen wieder, wobei die meisten Figuren ihrem zunächst vermeintlich eindeutigen Charakterbild entfliehen. Der böse Polizist und die bedauernswerten Hinterbliebenen sind keineswegs so, wie der Zuschauer voreilig schlussfolgert. So sehen wir im Vater des Opfers einen freundlichen Mann, der weder nachtragend, noch rachsüchtig ist, während Eva Berger nicht im stillen Kämmerlein trauert, sondern jede Nacht ausgeht. Der angeblich gleichgültige Polizist reflektiert seine Handlung und versucht alles, um daraus etwas Gutes entstehen zu lassen und in Bedrängnis Geratenen zu helfen. Ebenso geht es mit Franz Möller, dem Inhaber eines Transportunternehmens, der mit den Machenschaften seiner kriminellen Freunde nichts mehr zu tun haben will.

Eva Ingeborg Scholz und Hans Christian Blech stoßen das Publikum mit ihren Handlungen und Aussagen mehrfach vor den Kopf und verhindern damit, dass man sich auf die eine oder andere Seite schlägt. Was in einer bestimmten Situation schicklich oder dem öffentlichen Empfinden nach angebracht wäre, wird durch die Unberechenbarkeit menschlichen Verhaltens widerlegt. Scholz repräsentiert diese Sprunghaftigkeit im Besonderen und gibt sich unangepasst und eigenwillig. Unkonventionell sind auch ihre Erklärungen über die Art, wie sie mit dem Verlust des Freundes umgeht. In wunderbar unsentimentaler Weise fügen sich die weiteren Stadien ihrer Bekanntschaft mit Blech ins Bild, das den harten Krimireißer nie ins Kitschfach gleiten lässt. Wolfgang Wahl steht auf Seite der Gangster im Mittelpunkt und sticht damit den gewohnt unterkühlt aufspielenden Charles Regnier aus. Seine Rolle ist der Dreh-und Angelpunkt der Geschichte um die Autobahn-Bande und durchbricht ebenfalls die Schwarzweiß-Zeichnung eines Kriminalstoffes. Ellen Schwiers als seine Frau setzt mit ihren Bedenken und Vorwürfen Akzente und zeigt sich ebenso geradlinig wie der korrekte Wolf Ackva, der mit flottem Oberlippenbärtchen eine frühe Version seines Oberinspektor Steiner mimt. Die actionreichen Szenen auf den Autobahnen sorgen für Spannung und erleben gerade durch den gesteigerten körperlichen Einsatz im Finale Vitalität, die nichts von ihrer Frische verloren hat. Das gestochen scharfe Bild und der klare Ton - bei einem Film aus dem Jahr 1955 keine Selbstverständlichkeit - erhöhen den Filmgenuss ungemein.

Die Ambivalenz des Berufsbildes der Polizei erhält durch den packenden Filmstoff neue Nahrung und schürt Emotionen im Publikum. Das gelungene Zusammenspiel zwischen den Vertretern verschiedener Genres am Schreibtisch und der darstellerischen Umsetzung mit herb-überzeugenden Mimen hebt das Niveau dieser Produktion und lässt an den semidokumentarischen Ernst einer Reihe wie "Stahlnetz" denken. 5 von 5 Punkten

Ray Offline



Beiträge: 1.928

09.06.2017 22:55
#2 RE: Banditen der Autobahn (1955) Zitat · Antworten

Banditen der Autobahn (BRD 1955)

Regie: Géza von Cziffra

Darsteller: Hans Christian Blech, Eva Ingeborg Scholz, Charles Regnier, Wolfgang Wahl, Ellen Schwiers, Paul Hörbiger u.a.



Banditen machen die Autobahnen unsicher. In der Folge werden den Polizisten erhöhte Befugnisse eingeräumt, konkret der Einsatz der Schusswaffe, sobald zwei Straßensperren entgegen dem Haltegebot durch Ordnungshüter durchquert wurden. Diese Maßnahme fordert bald ein unschuldiges Opfer, denn mögliche Irrtümer sind bei dieser strikten Regelung nicht einkalkuliert...

"Banditen der Autobahn" bietet ein brisantes Thema, welches aktueller denn je ist: die (innere) Sicherheit. Sollen Polizisten erhöhte Befugnisse erhalten - auch auf Kosten der Freiheit und ggf. der Gesundheit Unschuldiger? Im Film wächst der öffentliche Druck, es wird eine Regelung getroffen, welche den Polizisten vor Ort keinen Entscheidungsspielraum lässt und macht diese gemeinsam mit dem (unschuldigen) Opfer und seinen Angehörigen zu den Leidtragenden.

Nach dem tödlichen Vorfall folgt der Zuschauer dem Todesschützen Willi Kolanski, der Geliebten des Opfers (Scholz) und den Banditen. Der Verlauf der Handlung sorgt für dramatische Verwicklungen, denn Kolanski sucht nicht nur die Nähe des Vaters des Verstorbenen und seiner Geliebten auf, sondern trifft auf seinem Weg auch einen alten Kriegskameraden, der zu den Banditen gehört, aber gerne alsbald aussteigen möchte.

Nicht die Frage nach dem Täter sorgt im vorliegenden Kriminalfilm aus dem Jahre 1955 für die nötige Spannung, vielmehr jene nach dem Schicksal der Figuren. Wird Kolanski, der später einen Befehl verweigert und in der Folge aus der Polizei austritt, die Bande dingfest machen? Wird die Geliebte des Verstorbenen ihm verzeihen und gar seinen Avancen erliegen? Schafft der abtrünnige Bandit den Absprung?

Dies alles wird im packenden Finale beantwortet, das für das Entstehungsjahr bemerkenswerte Actionsequenzen enthält und den Zuschauer auch heute noch zu fesseln weiß. Blech gibt dem Polizisten Kolanski das nötige Profil, um dieser recht komplexen Figur die nötige Strahlkraft zu geben. Mag der Zuschauer auch nicht alle seine Handlungen verstehen, das Interesse verliert er so schnell nicht. Dazu tragen auch die starke Vorstellung Wolfgang Wahls, der den abtrünnigen Banditen zwischen Streben nach vermögenswerten Gütern und Verantwortung gegenüber seiner Ehefrau glaubhaft porträtiert, sowie Charles Regnier, der schon mal ein wenig für seinen "Dr. Mabuse"-Auftritt üben darf und routiniert wie eh und je agiert, bei. Bis in die Nebenrollen gibt es bekannte Gesichter (z.B. Ingrid van Bergen mit einem kleinen Auftritt), so hat es der Krimifreund gern.

Wer mit Kriminaldramen aus den 1950ern etwas anfangen kann, macht mit dem Film, der durch Pidax in wirklich guter Qualität auf DVD veröffentlicht wurde, nichts falsch.


Inhaltlich brisantes und packend inszeniertes Kriminaldrama mit guter Besetzung. 4,5 von 5 Punkten.

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