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Dieses Thema hat 108 Antworten
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 Film- und Fernsehklassiker international
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Prisma Offline




Beiträge: 7.591

20.03.2016 15:13
#61 RE: Mord auf Zelluloid: Agatha-Christie-Kinofilme Zitat · Antworten

Zitat von Count Villain im Beitrag #58
"Ein Unbekannter rechnet ab" ist von den dreien auch meine meistgeschätzte Version.

Das sieht bei mir ganz genauso aus. Leider hatte ich "Ein Unbekannter rechnet ab" damals als letzen der Beiträge gesehen, was ich rückblickend schade finde. Mit der überraschenden Auflösung im Rahmen einer Erst-Ansicht hätte der Film sicherlich einen noch bleibenderen Eindruck hinterlassen.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

20.03.2016 18:00
#62 RE: Mord auf Zelluloid: Agatha-Christie-Kinofilme Zitat · Antworten

Und hier nun „Towers, Klappe die dritte“. Die einzige offizielle Kinofilm-Fassung, die mir bis dato unbekannt war, stellte sich als angenehme Überraschung heraus:



Tödliche Safari (Ten Little Indians / Death on Safari)

Thriller, GB 1989. Regie: Alan Birkinshaw. Drehbuch: Jackson Hunsicker, Gerry O’Hara (Vorlage „Ten Little Niggers“, 1943: Agatha Christie). Mit: Frank Stallone (Captain Lombard), Sarah Maur Thorp (Vera Claythorne), Donald Pleasence (Richter Wargrave), Warren Berlinger (Mr. Blore), Yehuda Efroni (Dr. Werner), Brenda Vaccaro (Marion Marshall), Herbert Lom (General Romensky), Paul L. Smith (Mr. Rogers), Moira Lister (Mrs. Rogers), Neil McCarthy (Anthony Marston) u.a. Uraufführung (Cannes-Filmfestival): 17. Mai 1989. Uraufführung (BRD): März 1990. Eine Produktion von Breton Film Productions für Cannon Entertainment.

Zitat von Tödliche Safari
Als die feine, aus Engländern und Amerikanern zusammengesetzte Reisegruppe von den Eingeborenen in Richtung eines ohnehin schon abenteuerlichen Safari-Camps im Nirgendwo des afrikanischen Kontinents gebracht wird, kann nur einer von ihnen ahnen, dass das Schicksal – oder besser: dessen menschlicher Vertreter – sich bald gegen sie wenden wird. Abgeschnitten von der Außenwelt müssen die Reisenden mehrere Tage unter sich verbringen, werden jedoch einer nach dem anderen auf brutale Weise dezimiert. Angeblich als Strafe für unentdeckte Morde, die jeder von ihnen in der Vergangenheit begangen hat ...


Warum sollte man einen Running Gag nicht pflegen? Nachdem sich Harry Alan Towers schon in seinen anderen beiden Verfilmungen einen Spaß daraus gemacht hatte, den Schauplatz der Negerlein-Morde abzuändern, steht „Tödliche Safari“ – man mag es bereits dem Titel entnehmen – dieser Tradition in nichts nach. Die menschenleere und dafür vor gefährlichen Tieren und brütender Hitze wimmelnde afrikanische Wildnis bietet einen adäquat unangenehmen Backdrop für Agatha Christies Geschichte und wird optisch ansprechend eingefangen. Von Achtzigerjahreflair ist weit und breit nichts zu entdecken – die Inszenierung gibt sich traditionsbewusst und stilsicher, wenngleich sie (das scheint sie sich beim ein Jahr zuvor herausgekommenen letzten Ustinov-Poirot abgeschaut zu haben) stellenweise etwas apathisch wirkt. Trotz der Versuche, mit allen Spielarten von Exotik-Action und einer gehörigen Prise Gewalt Schwung ins Geschehen zu bringen, mag das Tempo nicht so recht zulegen – die „Negerlein“ mit angezogener Handbremse kranken am Ende kurioserweise doch an der gehobenen Ambition des Streifens, diesmal ein neues Drehbuch zu verwenden, anstatt nur die erprobte Version von 65 und 74 leicht abzuändern.

Ob des beschwerlichen und zwischenfallsreichen, an sich aber schon sehenswerten Weges ins Zeltlager, das für den Rest des Films einen stimmigen Schauplatz abgeben wird, mag man meinen, es hier mit einem Actionfilm oder einer frühen Version des Dschungelcamps zu tun zu bekommen. Tatsächlich jedoch hielten die Autoren Hunsicker und O’Hara mit ihrem Script alle Wesentlichkeiten der Vorlage ein, wenngleich auch sie der Verlockung, an einigen Charakteren die üblichen Änderungen vorzunehmen, nicht widerstehen konnten. So ist das Ehepaar Rogers in „Tödliche Safari“ keine Dienerschaft, was vor allem bei Mrs. Rodgers zu deutlichen Abweichungen vom Original führt, die aber durch Moira Listers bissiges und zugleich schreckhaftes Spiel akzeptabel bleiben. Etwas unzusammenhängend erscheint es dagegen bei Marion Marshall (= Emily Brent), mit einer lesbischen Beziehung und dann trotzdem unerwartet mit der romangetreuen religiösen Keule um die Ecke zu kommen.

Doch man sollte nicht zagen: Andere Figuren fallen ausgesprochen positiv ins Auge. Zu ihnen zählt die Verkörperung des eingedeutschten und ausgesprochen diabolisch wirkenden Doktors Hans-Joachim Werner ... ausgerechnet durch den israelischen Schauspieler Yehuda Efroni. Auch der an Bud Spencer erinnernde, aber ernsthaft und damit recht einschüchternd auftretende Paul L. Smith als Mr. Rodgers sticht hervor – was in seiner Todesszene, der wohl härtesten Sequenz des Films und vielleicht aller Negerlein-Adaptionen, gekonnt ausgenutzt wird. Schließlich liefern neben Warren Berlingers bärbeißigem Blore und Donald Pleasences agilem Richter auch die beiden jungen Hauptdarsteller sehr solide Performances ab, wobei Frank Stallone tatkräftig von der sympathischen Synchronstimme Gudo Hoegels unterstützt wird. Man bekommt in dieser Fassung das Gefühl, dass die Personen genau in der richtigen Reihenfolge sterben, sodass einem die interessantesten Darstellungen bis kurz vor Schluss erhalten bleiben – das ist leider nicht immer der Fall.

Eine überraschende Parallele zum abschließenden Duell zwischen letztem Negerlein und Mörder der angeblich so originalgetreuen BBC-Fassung wird der Zuschauer im Finale von „Tödliche Safari“ entdecken. Ebenso wie in der neuesten Version des Stoffes nutzten die Autoren schon 1989 die Tötungsart des letzten Reims auf überdramatische Weise aus, was hier durch den generell etwas höheren „Trashfaktor“ allerdings nicht so sehr stört. – Ein anderer Vergleich kann zum „abrechnenden Unbekannten“ gezogen werden, denn in beiden Filmen kommt die Rettung am Ende aus der Luft. „Tödliche Safari“ schafft es im Gegensatz zur 1974er-Version allerdings, dieses Happy-End besser vorzubereiten, sodass es schlüssiger und weniger abrupt wirkt. Wenn man sich darauf einlässt, wird man – passend zum Gesamteindruck – mit dem wohligen Gefühl entlassen, hier ein allgemein eher unterschätztes Guilty Pleasure vor sich zu haben.

Matthew Bunson schreibt in seiner Agatha-Christie-Enzyklopädie: „It would scarcely be possible for a worse film version to be made of this popular and enjoyable novel.“ Dieses harsche Pauschalurteil verwundert, denn „Tödliche Safari“ stellt einen durchaus ernstzunehmenden und solide umgesetzten Anlauf an die Negerlein-Story dar, der stark besetzt ist und lediglich an einer etwas stotternden Dramaturgie krankt. Auch wenn der Schauplatzwechsel nicht jedermann zum Jubeln bringen wird, so macht er sich keineswegs hinderlicher bemerkbar als die der vorherigen Fassungen. Gute 3,5 von 5 Punkten.



Fakten und Trivia zu „Tödliche Safari“

* Wie bei den Towers-Produktionen üblich beginnt der Film mit der Anreise der Negerlein zu ihrem letzten Ausflugsziel. Bevor sie sich auf eine Wanderung durch die Steppe aufmachen, nutzen die zehn Todgeweihten eine historische Garnitur der British East African Railways, wie die kenianische Eisenbahngesellschaft zu Kolonialzeiten hieß. Die gezeigten Haltepunkte Victoria Point und Mkuru Junction sind jedoch frei erfunden.

* Neben der nur zwei Jahre früher produzierten sowjetischen Fassung „Das letzte Weekend“ ist „Tödliche Safari“ die einzige Kinoadaption, die den Negerlein-Stoff nicht in die Gegenwart der Produktionszeit versetzt. Zugleich handelt es sich um die einzige Produktion, die einen Schauspieler einer früheren Version zurückbringt: Herbert Lom, der 1974 den Doktor gespielt hatte, übernahm diesmal die Rolle des Generals.

* Ursprünglich war Christopher Lee für die Rolle des Richters Wargrave vorgesehen. Auch er hatte bereits einen „Negerlein“-Auftritt als Mr. Owens Tonbandstimme in der 1965er-Fassung gehabt.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

20.03.2016 18:08
#63 RE: Mord auf Zelluloid: Agatha-Christie-Kinofilme Zitat · Antworten

Ten Little Indians (Tödliche Safari, 1989)



Ten Little Indians
Directed by Alan Birkinshaw
Produced by Harry Alan Towers
Written by Novel and stage play:
Agatha Christie
Screenplay:
Jackson Hunsicker
Gerry O'Hara

Starring: Donald Pleasence, Frank Stallone, Sarah Maur Thorp, Brenda Vaccaro, Herbert Lom, Warren Berlinger, Yehuda Elfroni, Paul L. Smith, Moira Lister, Neil McCarthy

Music by George S. Clinton

Cinematography: Arthur Lavis
Edited by Penelope Shaw
Distributed by Cannon Films
Release date: 1989 (USA)
Running time: 98 min.
Country: United Kingdom
Language: English


Umsetzung:

So sehr man sich mitunter darauf freut, die bekannte Negerlein-Geschichte vor dem Hintergrund des exotischen Afrika zu erleben, so groß ist dann wohl auch die Enttäuschung, wenn man dieses cineastische Erlebnis hinter sich gebracht hat. Der Streifen funktioniert leider weder als Krimi noch als Abenteuerfilm wirklich. Das Krimierlebnis wird dadurch getrübt, dass die Beengtheit der von Christie erdachten Mausefalle hier nicht wirklich spürbar ist. Andererseits fehlt es am Tempo und den typischen Zutaten eines eindrucksvollen Abenteuerfilms. Ich hätte mir gut vorstellen können, die Gefährdung durch bösartige Eingeborene in die Handlung zu integrieren, oder dass einige Tötungen durch die Zuhilfenahme bedrohlicher Tiere wie Mambas oder Löwen erfolgen würden. Auch wäre wohl eine ganz andere Atmosphäre entstanden, hätte sich die Gruppe irgendwo im Urwald verirrt. Keine dieser Chancen, die ein Afrikaabenteuer angeboten und nahegelegt hätte, wurde genutzt und die Haupthandlung spielt sich lediglich in einem gemütlichen Zeltlager ab, das für diese Story einfach weit weniger geeignet ist, als die Locations der anderen Negerlein-Filme. Der offensichtlich (zumindest in dieser Hinsicht) etwas faule Harry Alan Towers hat bei seinem nunmehr dritten Negerlein-Streich ein weiteres Mal nicht viel mehr geändert als das Setting, wobei das Ganze jetzt noch mal um 3 Klassen schlechter daher kommt. Es erscheinen zwar Eingeborene und auch ein Löwe, aber eben nur am Rande. Die Aufgabe Ersterer ist lediglich, das Seil zu kappen und dadurch den Negerlein den Rückweg zu versperren.

Wer sich die Frage stellt, warum Sylvester Stallones kleiner Bruder Frank Stallone (geb.1950), der eigentlich Sänger ist, als Schauspieler nie wirklich von sich Rede machte, braucht sich nur diesen Film anzusehen. Seine Interpretation des Philip Lombard fällt fad, blutleer, nichtssagend und ohne das geringste Charisma aus. Sarah Maur Thorp sieht als Vera Claythorne zwar optisch einigermaßen passabel aus, wirkt aber als Schauspielerin steif und unglaubwürdig. Beide Rollen sind mit optisch attraktiven, aber wenig charismatischen, Darstellern besetzt. Auch kaum einer der übrigen Schauspieler vermag, der Geschichte wirklich Leben und Würze einzuhauchen. Herbert Lom kann sich, bedingt durch das Drehbuch, in seiner Rolle nicht wirklich entfalten. Donald Pleasance allerdings liefert als Richter Wargrave eine ganz passable Leistung ab, kann aber, Dank der schalen Inszenierung , den Film nicht wirklich retten. Auch Paul L. Smith (1936-2012) möchte ich nocht positiv erwähnen, da er als äußerst schwergewichtiger und grimmiger Mr.Rogers eine Interessante Interpretation abliefert. Das Auffinden seiner sitzenden Leiche mit einer Axt im Hinterkopf ist sehr gelungen dargestellt. Dieser Effekt dürfte wohl der Grund sein, wieso man die Rolle mit einem Mann seiner Leibesfülle besetzt hat.

Trotzdem hat man einfach alles schon mehrmals um so vieles besser, spannender und atmosphärischer gesehen. Am Schluss überstürzen sich die Ereignisse dann noch, wobei zahlreiche Möchtegern-Effekte nicht die gewünschte Wirkung haben und sehr holprig daherkommen.

Fazit:

Fades und völlig überflüssiges Remake des Christie-Klassikers, das wenig Eindruck schindet. Dank einiger guter Aufnahmen reichts noch für 2,5 von 5.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

20.03.2016 20:44
#64 RE: Mord auf Zelluloid: Agatha-Christie-Kinofilme Zitat · Antworten

Zitat von patrick im Beitrag #63
Der Streifen funktioniert leider weder als Krimi noch als Abenteuerfilm wirklich.

Vielleicht ist es diese Erwartung, die dich ähnlich wie viele andere Zuschauer enttäuscht hat. Der Schauplatz Afrika wird automatisch mit einem Buschabenteuer gleichgesetzt, mit wilder Dschungelaction, aggressiven Ureinwohnern und einem Großaufgebot giftiger und gefräßiger Wildtiere. Ich finde es sehr dankenswert, dass Towers uns um dieses "Vergnügen" einer kolonialistisch-reißerischen Afrikadarstellung gebracht und sich auf Christies Krimistoff konzentriert hat. Der krankt freilich tatsächlich an Tempoproblemen, aber ich glaube nicht, dass diese ausgerechnet durch das Auftauchen von Schlangen oder giftpfeilschießenden Stammesgruppen ausgeglichen werden müssten.
Zitat von patrick im Beitrag #63
Das Krimierlebnis wird dadurch getrübt, dass die Beengtheit der von Christie erdachten Mausefalle hier nicht wirklich spürbar ist.

Die Beengtheit entfällt unter freiem Himmel, das stimmt. Allerdings finde ich sie für die "Negerlein" relativ irrelevant. Es ist ja auch in den anderen Fassungen nicht unbedingt so, dass sich die Inselbewohner ständig gegenseitig auf die Füße treten. Auch in den größeren Anwesen der anderen Filme entfällt eine ernsthaft klaustrophobische Atmosphäre, wie sie z.B. im steckengebliebenen Orient-Express aufkommt. Was viel wichtiger ist, ist das Gefühl der Ausweglosigkeit, die Unmöglichkeit, den Ort des Geschehens zu verlassen. Und das gefiel mir in "Tödliche Safari" ausgesprochen gut; das Camp liegt mitten in der Einöde; das Kappen der Gondel am Anfang macht eine Rückkehr über den ursprünglichen Weg zur Bahnstation unmöglich; andere Routen dürften sehr lange Wegstrecken mit sich bringen. Da kommt mir im Vergleich die angeblich ausweglose Abgeschiedenheit der 1965er-Negerlein in einem Schloss in den Alpen mitten in einer dichtbesiedelten winterlichen Touristenregion deutlich kurioser und unglaubwürdiger vor. Man hätte z.B. problemlos Signale abgeben können; zusätzlich wäre die Zerstörung der Seilbahn an der Talstation bald aufgefallen.
Zitat von patrick im Beitrag #63
Der offensichtlich (zumindest in dieser Hinsicht) etwas faule Harry Alan Towers hat bei seinem nunmehr dritten Negerlein-Streich ein weiteres Mal nicht viel mehr geändert als das Setting ...

Mir kam das Drehbuch grundlegend neu vor und nicht wie ein Aufguss der 65er- oder 74er-Version.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

21.03.2016 08:05
#65 RE: Mord auf Zelluloid: Agatha-Christie-Kinofilme Zitat · Antworten

Die Erwartungshaltung, ein Dschungelabenteuer zu erleben, ist ja eigentlich naheliegende, da es irgendwie logisch ist, dass ein Titel wie "Death on Safari" Freunde dieses Genres einlädt. Ausserdem war das Negerlein-Thema 1989 schon derart abgegriffen, dass man das Ganze ruhig in eine etwas andere Bahn hätte lenken können. Ich frage mich, welchen Sinn es macht, die Story nach Afrika zu verlegen, wenn man mehr oder weniger zum x-ten Mal 1:1 auf das Gehabte zurückgreift. Für mich wäre es reizvoll gewesen, hätte sich die Gruppe in einem dunklen Dschungen verlaufen, wo dann einer nach dem Anderen um die Ecke gebracht wird- eine gute Regie und Kameraführung natürlich vorausgesetzt.

Die Tempoprobleme, welche du ja selber ansprichst, sind für mich überdeutlich und machen den Film einfach madig. Dafür kann ich mich nicht begeistern. Auch erscheint mir das Ganze ohne jegliches Gespür für Atmosphäre abgedreht und damit billig und fad inszeniert.

In Punkto Beengtheit meine ich nicht, dass sich die Protagonisten unbedingt auf die Füsse treten müssen, wie im "Orientexpress" oder Hitchcocks "Lifeboat". Die ursprüngliche Handlung auf der verlassenen Insel, wie auch auf dem Alpenschloss, suggeriert allerdings- zumindest für mich- klar: "Hier gibt es keinen Ausweg". Fluchtversuche sind ganz offensichtlich nur unter allerhöchster Lebensgefahr möglich und enden dann auch entsprechend. Dass der Absturz der Seilbahn in der 65er-Version bemerkt hätte werden müssen oder Signale mit Lampen abgegeben werden hätten können, lasse ich mal aussen vor. Schließlich ist das Ganze nur ein Film und da sind solche Logikmängel Gang und Gäbe. Ich hab kein Problem damit, einfach zu akzeptieren, dass der Absturz nicht bemerkt wurde und keine Signale abgegeben wurden oder werden konnten und einfach die Atmosphäre auf mich wirken zu lassen. Auch der Dschungel bietet selbstverständlich ein gefährliches Terrain, trotzdem ist die Beengtheit und Ausweglosigkeit dort einfach weniger spürbar, was eher dazu einlädt, es einfach mit Flucht zu versuchen, bevor man sich im Lager als Nächster abmurksen lässt.

Was am Drehbuch grundlegend neu ist, erschließt sich mir leider überhaupt nicht. Vielleicht kann man den Text hier nicht mehr ganz so mitsprechen, trotzdem werden dieselben Personen in derselben Reihenfolge auf gleiche oder ähnliche Weise ermordet, nur eben in Afrika. Für mich ist das leider gar nicht wirlkich neu sondern ein klarer Aufguss.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

23.03.2016 13:35
#66 RE: Mord auf Zelluloid: Agatha-Christie-Kinofilme Zitat · Antworten



Mindhunters (Mindhunters)

Ebenfalls nicht als offiziell christie-zertifiziert gilt der Thriller „Mindhunters“, den Intermedia und Dimension Films 2004 herausbrachten. Besprechungen von @patrick und mir finden sich im Thread Monster-, Biester-, Bestien- und Psychothriller - damals und heute (2), wo der Film, der eher an großes Actionkino als an eine beschauliche Agatha-Christie-Atmosphäre erinnert, besser aufgehoben ist als hier direkt im Thread.

„Mindhunters“, soviel sei vorausgeschickt, ist nichts für schwache Nerven. Man übernahm hauptsächlich die Ausgangssituation der auf einer Insel gefangenen und von der Außenwelt abgeschnittenen Personengruppe, die einer nach dem anderen dezimiert wird, bereitete den weiteren Verlauf aber so auf, dass er das abgestumpftere Publikum der 2000er-Jahre noch immer in basses Erstaunen versetzt. Eine gute Interaktion der Gruppe mit vielen gegenseitigen Verdächtigungen und spannenden Ermittlungen steht dem Wunsch gegenüber, sich als vollwertiger Slasher auch im Bereich der Effekte und Gewaltdarstellung behaupten zu können.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

27.03.2016 20:25
#67 RE: Mord auf Zelluloid: Agatha-Christie-Kinofilme Zitat · Antworten



Das letzte Wochenende (And Then There Were None)

Thriller, USA 1945. Regie: René Clair. Drehbuch: Dudley Nichols (Vorlage „Ten Little Niggers“, 1943: Agatha Christie). Mit: Louis Hayward (Philip Lombard), June Duprez (Vera Claythorne), Barry Fitzgerald (Richter Francis J. Quincannon), Roland Young (Detective William Henry Bloor), Walter Huston (Dr. Edward G. Armstrong), Judith Anderson (Emily Brent), C. Aubrey Smith (General Sir John Mandrake), Richard Haydn (Thomas Rogers), Queenie Leonard (Ethel Rogers), Mischa Auer (Prinz Nikita Starloff) u.a. Uraufführung (USA): 31. Oktober 1945. Uraufführung (BRD): 10. April 1953. Eine Produktion von Popular Pictures für Twentieth Century Fox.

Zitat von Das letzte Wochenende
Die Hinfahrt zur Insel im engen und schaukelnden Boot fanden Mr. Owens Gäste noch äußerst unangenehm. Doch sobald sie in den Genuss der sonderbaren Gastfreundschaft des Unbekannten gekommen sind, sehnen sie sich nach dem Kahn zurück, der die einzige Verbindung zum Festland darstellt, aber erst nach dem Wochenende wieder anlegen wird. Bis dahin muss die Gesellschaft miteinander und mit der Anschuldigung, es handele sich um eine Gruppe von zehn unentdeckten Mördern, fertigwerden. Ganz davon zu schweigen, dass sich unter ihnen eine Person befindet, die das Morden noch nicht aufgegeben hat, sondern regelrechten Spaß daran findet, einen nach dem anderen für die Missetaten mit dem Tode zu bestrafen ...


Die auf Slapstick gebürstete Einstiegsszene, in der sich die Passagiere auf dem Kutter von Fred Narracott gegenseitig in die Quere kommen, erfüllt elegant zwei Funktionen: Sie stellt die Figuren mit ihren Eitelkeiten, Eigenheiten und Gemütsverfassungen vor, ohne auch nur ein gesprochenes Wort zu erfordern, und lässt schon im ersten Moment keinen Zweifel daran aufkommen, mit welcher Art von Herangehensweise – nämlich mit einer amüsant-unaufgeregten – an Christies Mörder-Puzzle man es im weiteren Verlauf zu tun bekommen wird. René Clair drehte hier eine Fassung, in der nicht viel schockiert und gelitten wird, in der man gefasst, latent snobistisch und immer mit kessem Lächeln das Unausweichliche erwartet, während eine zunehmende Anzahl von Leichen in ihren Zimmern auf den Abtransport von der Toteninsel wartet. Er positioniert sich damit deutlich in der Tradition der englischen Krimikomödie, anstatt auf die gerade im Herstellungsland in Mode gekommene Noir-Welle aufzuspringen.

Dennoch profitiert „Das letzte Wochenende“ indirekt von der Existenz des Film Noir, dessentwegen amerikanische Krimis der 1940er Jahre filmwissenschaftlich und populärmedial einen sehr viel höheren Rang einnehmen als etwa ihre in den Folgejahrzehnten produzierten europäischen Gegenstücke. Zieht man „Das letzte Wochenende“ in einem nüchternen Vergleich etwa mit den Anläufen, die Harry Alan Towers bezüglich der Dramatisierung der „Zehn kleinen Negerlein“ unternahm, so lässt sich der Ruf der hier vorliegenden Verfilmung als „bester ihrer Art“ kaum durch ihre tatsächlichen Meriten erklären und muss folglich auf diesen allgemeinen Bewertungsunterschied der Dekaden zurückgeführt werden. So meint etwa der Katholische Filmdienst, Clairs Version, die sich ja eher durch ihre nostalgische Gemütlich- und Harmlosigkeit für das entspannte Sonntagnachmittagskino anbietet, als „exzellent“, „rasant“ und „unheimlich“ empfehlen zu können, wohingegen man Pollocks Fassung „mangelnde Sorgfalt“ und „schwache Inszenierung“ vorwirft.

Stark fällt in „Das letzte Wochenende“ vor allem die Identifikation mit den Hauptfiguren Philip Lombard und Vera Claythorne aus, die davon profitieren, dass man allen Anwesenden ihre Schuld nicht wirklich zutraut. Während das mancher bitterbös angelegten Nebenrolle das Genick bricht (der trunksüchtige Arzt verkommt zu einem grimmassierenden Tölpel, der hinterlistige Butler zu einer beleidigten Leberwurst und die sittenstrenge Miss Brent zu einer verwirrten alten Jungfer, der nicht einmal die sonst gern mit kaltem Funkeln agierende Judith Anderson die geringste Gerissenheit verleihen kann), fiebert man mit dem in der Theaterfassung der Geschichte, auf der dieser Film basiert, ohnehin positiv gezeichneten Liebespaar mehr mit als in jeder anderen Fassung. Es ist auch die einzige, die das Ende dergestalt umformt, dass weder der Zuschauer noch Vera zu keinem Moment an das „eine übriggebliebene Negerlein“ aus dem Kinderreim glaubt. Für ein Happy End kann dies nur von Vorteil sein kann, da die Absprache zwischen Lombard und Claythorne ihr gegenseitiges Vertrauen beweist und damit im Gegensatz zu späteren Fassungen, in denen die Zwei entkommen, eine solide Grundlage für eine Beziehung besteht.

Grusel und Angst der Inselbewohner werden kaum bzw. nur in sehr verhaltenem Maße zum Ausdruck gebracht. Die ruhige Gestalt des Richters formt die Gruppe zu einer gutmütigen Einheit, in der Paranoia oder Reuegefühle keinen Platz finden. Dem stehen einige Nachtaufnahmen gegenüber, die optisch gut gelungen sind, atmosphärisch aber nicht jenes Maß an Spannung aufkommen lassen, das erforderlich wäre, um ein ausgewogenes Gegengewicht zum sehr deutlich ausgeprägten und teilweise auch plumpen Humor des Films auszuloten. So ragt „Das letzte Wochenende“ immer wieder weit ins komische Fach hinein und man fragt sich, ob das Ergebnis und damit auch die Mehrheit der Folgeverfilmungen signifikant anders (= ernsthafter) ausgesehen hätte, wenn die Entstehungsodyssee des Films, dessen Konzepte mehrfach die Produktionsfirma wechselten, an einem anderen Punkt geendet wäre.

Harmlose Serienmorde in fröhlich-unbedachtem Milieu: Das sind nicht gerade die „Zehn kleinen Negerlein“ in ihrem vollen Potenzial. Wohl aber handelt es sich um eine handwerklich solide und kreative Inszenierung mit teilweise etwas schwächelnder, weil klischeehafter und persiflierender Figurenzeichnung. 3 von 5 Punkten scheinen ein angemessener Spagat im Vergleich zu den anderen, substanzielleren Verfilmungen des Stoffes.



[ Weitere Besprechungen des Films finden sich in diesem Thread. ]

Fakten und Trivia zu „Das letzte Wochenende“

* „Das letzte Wochenende“ war zwar die erste Negerlein-Verfilmung, keineswegs aber der früheste Agatha-Christie-Film. Diese Ehre kann „The Passing of Mr Quin“ von 1928 für sich beanspruchen, auf den ein Jahr später die deutsche Verfilmung des Romans „Ein gefährlicher Gegner“ unter dem Titel „Die Abenteurer-G.m.b.H.“ als zweiter und letzter Christie-Stummfilm folgte.

* Der ursprüngliche Plan der Produzenten sah vor, die New Yorker Theaterbesetzung von „And Then There Were None“ als Darsteller für den Film zu verpflichten.

* Der Selbstmord des Täters am Ende des Films wurde von den Zensurbehörden nur erlaubt, wenn eindeutig klargestellt wird, dass der Hauptzweck die Inkriminierung von Vera Claythorne ist.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

27.03.2016 20:25
#68 RE: Mord auf Zelluloid: Agatha-Christie-Kinofilme Zitat · Antworten

And Then There Were None (Das letzte Wochenende, 1945)



And Then There Were None
Directed by René Clair
Produced by René Clair
Harry M. Popkin
Written by Dudley Nichols
Based on 1939 Novel: Agatha Christie

Starring: Barry Fitzgerald, Walter Huston, Louis Hayward, June Duprez

Music by Mario Castelnuovo-Tedesco
Cinematography: Lucien N. Andriot
Edited by Harvey Manger
Distributed by Twentieth Century Fox Film Corporation
Release date: October 30, 1945
Running time: 97 minutes
Country: United States
Language: English


Umsetzung:

Die vorliegende, nur sechs Jahre nach Erscheinen des Romans entstandene, erste Inszenierung des Stoffes kann wohl nur im Kontext ihrer Entstehungszeit wirklich fair beurteilt werden. Nachdem das ausgesprochen bekannte Negerlein-Thema in den folgenden 70 Jahren immer wieder verfilmt, verändert und vor allem eben auch verbessert wurde, kommt der Genre-Kenner nicht umhin, Vergleiche zu ziehen, was den, nicht unbedingt gut gealterten, Streifen sehr ausgereizt erscheinen lässt. Obwohl die Grenze zur Komödie nie wirklich überschritten wird, kommt die Geschichte etwas zu locker daher. Die Atmosphäre der bekannten Universal-Grusel-Klassiker der 30er- und frühen 40er-Jahre wäre hier wohl angebrachter gewesen. Die Besetzungliste kann mit kaum irgendwelchen, zumindest aus heutiger Sicht, sonderlich eindrucksvollen Darstellern aufwarten. Als Ausnahme möchte ich die recht ansprechende, wenn auch nicht wirklich herausragende, June Duprez (1918-1984) als Vera Claythorne herausheben. Lombard-Darsteller Louis Hayward (1909-1985) ist ein typischer Hollywood-Darsteller aus der zweiten oder sogar dritten Garnitur, wie es sie in den 30er- und 40er-Jahren zur Genüge gab. Völlig fehlbesetzt sehe ich die Rolle des Judge Quincannon (in der Vorlage Judge Wargrave) durch den optisch ausgesprochen unpassenden Barry Fitzgerald (1888-1961), der keinem seiner Nachfolger das Wasser reichen kann. Auffallend ist, dass bereits hier mehrere Namen der vorkommenden Charaktere verändert wurden. Auch die Verbrechen einiger Protagonisten wurden gegenüber der Vorlage abgeändert, was der damals sehr strikten Zensur geschuldet war. Trotzdem möchte ich den Streifen keineswegs als schlecht verteufeln, sondern eben nur als ausgereizt und mittlerweile mehrfach übertroffen, aber als ersten Negerlein-Schritt einigermaßen gelungen, gelten lassen.

Fazit:

Erstverfilmung des Negerlein-Themas, deren Charme gegenüber zahlreichen späteren Inszenierungen stark verblasst ist und die allenfalls noch einen nostalgischen Reiz ausübt. 3 von 5.

kaeuflin Offline




Beiträge: 1.259

28.03.2016 14:10
#69 RE: Mord auf Zelluloid: Agatha-Christie-Kinofilme Zitat · Antworten

Ich verstehe die allgemeine Abneigung hier im Forum gegen die 1945er-Version nicht. Ganz klar: Der Film ist ein Kind seiner Zeit, aber als solches ein durchaus solider Vertreter. Manchmal erinnert er stark an die in den 1930er Jahren so beliebten Mysteries.

Hab' ihn sowohl auf Englisch als auch auf Deutsch gesehen und muss sagen: Schöner Film für einen lockeren Kriminachmittag oder -abend.

Happiness IS the road! (Marillion)

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

28.03.2016 20:45
#70 RE: Mord auf Zelluloid: Agatha-Christie-Kinofilme Zitat · Antworten

Es gibt sicher auch hier viele Leute, die „Das letzte Wochenende“ sehr schätzen. Ein schlechter Film ist es ja auch keineswegs, nur vielleicht ein bisschen bieder.



„Ten little soldier boys – there were ten of them and ten of us ...“

Unseren Negerlein-Marathon der letzten Wochen wollen wir nicht ausklingen lassen, ohne die gesichteten Versionen gegeneinander aufzuwiegen. Welche überzeugte am meisten, wo wären Steigerungen möglich gewesen? Nach der ausführlichen Rezension von neun verschiedenen Fassungen, denen ich, um die zwei Hände zu vervollständigen, als zehnte noch das offensichtliche Wallace-Christie-Rip-off „Das indische Tuch“ hinzufügen möchte, hier also die Übersicht meiner persönlichen Lieblinge nach Schwere ihrer Schuld:

Ten little soldier boys went out to dine,
one choked his little self, and then there were nine.


Platz 10: Zehn kleine Negerlein (1969) – Man kann dem ZDF beileibe nicht vorwerfen, es habe sich unnötige Freiheiten in den Bezug auf den Handlungsverlauf herausgenommen. Wohl aber staffierte Quest das Konstrukt der beklemmenden Mordserie mit lapidaren Dialogen und gutbürgerlicher Sechzigerjahregemütlichkeit aus. Im penibel nach Theatervorgaben arrangierten TV-Studio wickelt sich eine äußerst unspektakuläre und mit einigen schwerwiegenden schauspielerischen Missgriffen ausgestattete Version des Klassikers ab, die im Schatten kreativerer und kompromissloserer Inszenierungen steht. (2/5)

Nine little soldier boys sat up very late,
one overslept himself, and then there were eight.


Platz 9: Five Dolls for an August Moon (Cinque bambole per la luna d’agosto, 1970) – Mit hypermoderner Ausstattung und verschwenderischer Farbpalette versucht „Five Dolls for an August Moon“, die Unzulänglichkeiten des nihilistisch gedachten und katastrophal geschriebenen Drehbuchs zu kaschieren. Der renommierte Name des Regisseurs Mario Bava verspricht mehr, als letztlich eingehalten wird, denn trotz der Bemühungen, mit ungewöhnlichen Einfällen aus dem Rahmen zu fallen, kommt nie wirklich handfeste Spannung auf. Durchwachsene darstellerische Leistungen, wobei Sex weitgehend den Tiefgang ersetzt. (2,5/5)

Eight little soldier boys travelling in Devon,
one said he’d stay there, and then there were seven.


Platz 8: Mindhunters (Mindhunters, 2004) – Vielversprechend startende, aber auf Teufel-komm-raus mit Blut und Action versetzte Neuinterpretation des Christie-Klassikers, die als einzige auf „unschuldige“ Protagonisten setzt. Die Gruppe zeichnet sich durch besonderen Lebenswillen und damit durch entsprechende Panik und gegenseitige Beschuldigungen aus, die alle glaubhaft und dramatisch gespielt werden. Die Regie schafft es jedoch nicht, aus den zeitaktuellsten Negerlein mehr als Standardware mit Knalleffekt zu machen. (3/5)

Seven little soldier boys chopping up sticks,
one chopped himself in halves, and then there were six.


Platz 7: Das letzte Wochenende (And Then There Were None, 1945) – Selbst in den heute gern bemühten „Kultstatus“ erhoben, kann die erste Negerlein-Verfilmung, die schon zwei Jahre nach Entstehen der Theaterfassung gedreht wurde, nicht alle an sie gestellten Erwartungen einlösen. Zu harmlos kommt René Clairs komödienhafte Interpretation daher, gerade weil das US-Kino der damaligen Zeit auch wesentlich stärkeren Tobak kannte. Dennoch zeichnet sich der Film durch die für die Produktionen seiner Zeit typische Sorgsamkeit und ansprechende Bildsprache aus, die über manche Albernheit der teilweise eigentümlich besetzten Protagonisten hinwegblicken lässt. (3/5)

Six little soldier boys playing with a hive,
a bumblebee stung one, and then there were five.


Platz 6: Tödliche Safari (Ten Little Indians / Death on Safari, 1989) – Trotz exotischen Settings beschert auch diese Fassung Krimispannung in traditionellem, sogar historisch korrektem Gewand. Leider verfügt „Tödliche Safari“ über verschiedentliche Längen, die dem sonst solide, wenngleich (vielleicht aufgrund des Herstellungsjahres) etwas preiswert wirkenden Film einige deutliche Dämpfer geben. Dennoch muss man die vielen guten Ideen der Drehbuchautoren, die Stimmigkeit des Schauplatz-Experiments und die größtenteils hochwertige Besetzung anerkennen. (3,5/5)

Five little soldier boys going in for law,
one got in Chancery, and then there were four.


Platz 5: Geheimnis im blauen Schloss (Ten Little Indians, 1965) – Als Harry Alan Towers sich zum ersten Mal an den Stoff wagte, verwandelte er ihn in eine weiß überzuckerte Wohlfühlfassung mit einem Sixties-Charme, der nicht wehtut, aber auch nicht als besonders engagiert heraussticht. Das Setting ist hier eher eine Schwäche, da die erforderliche Abgeschiedenheit nicht gewährleistet scheint; dafür versammelt sich eine Schar vertrauter und kompetenter Gesichter, die sich zeitlich und textlich gut abgestimmte tödliche Duelle ohne eine Sekunde Leerlauf liefern. Besonders gut gelungen ist auch die Vorstellung des Kinderreims am Klavier. (3,5/5)

Four little soldier boys going out to sea,
a red herring swallowed one, and then there were three.


Platz 4: And Then There Were None (2015) – Beim Unterfangen, die Geschichte originalgetreu wiederzugeben, rutschten der BBC eine Prise zu viel (Melo-)Dramatik und etwas zu lang geratene und teils verfälschende Rückblenden in die Gewürzmischung. Dafür entschädigt die ausgefeilte Optik des Mehrteilers, der zudem von einer der stimmigsten Besetzungen getragen wird. Auch bekam man die Härte gut in den Griff: Wo einige Adaptionen Konsequenz vermissen lassen und andere mit gewissem Ekelfaktor aufwarten, wirken die Geschehnisse auf der modernen Soldateninsel bedrohlich, aber nicht stillos. (4/5)

Three little soldier boys walking in the zoo,
a big bear hugged one, and then there were two.


Platz 3: Das indische Tuch (1963) – Man nehme einen sterbenden Lord, eine zerstrittene Verwandtschaft, ein altes Gemäuer und eine mit markantem Werkzeug verübte Mordserie – fertig ist die perfekte Kombination aus Wallace-Action und Christie-Rätsel. Mit vielen Lieblingsschauspielern der German Wallace Wave garniert, gelingt dem „indischen Tuch“ eine stimmige, atmosphärisch dichte und mit Schwung und Pfiff erzählte Verschmelzung der Romane von King und Queen of Crime, die bei geringem Herstellungsaufwand große Wirkung erzielt. (4,5/5)

Two little soldier boys sitting in the sun,
one got frizzled up, and then there was one.


Platz 2: Ein Unbekannter rechnet ab (Ten Little Indians, 1974) – „Ein Unbekannter rechnet ab“ atmet den Geist der Hochzeit europäischer Koproduktionen, in denen Anspruch und Effekt, Stars und Schund nah beieinander lagen. Die edle Kulisse und die wertigen Aufnahmen im stilistischen Gemisch aus schillernder Klassikerproduktion und stilbewusstem Giallokino lassen den Film immer zur richtigen Seite der Extreme tendieren und bescheren auch einem Kenner zahlreicher Versionen dieser Geschichte ein erfrischend anderes Filmvergnügen, das zur wiederholten Entdeckung einlädt. (4,5/5)

One little soldier boy, left all alone,
he went out and hanged himself, and then there were none.


Platz 1: Das letzte Weekend (Desyat negrityat, 1987) – Die Sichtungsreihe hat mich in der Auffassung bestätigt, dass nur diese eine Fassung als beste Verfilmung von Agatha Christies „Zehn kleinen Negerlein“ bezeichnet werden kann. Die sowjetische Adaption spiegelt die Atmosphäre des Romans akkurat wider, ist in allen Rollen stimmig besetzt und bietet das von Christie vorgeschriebene Drama, ohne überkandidelt oder kitschig zu wirken. Die Inszenierung – die Produktion fällt für den gängigen Massengeschmack wohl zu schnörkellos und kantig aus – zeugt von gerechtfertigtem Selbstbewusstsein. (5/5)

Count Villain Offline




Beiträge: 4.615

28.03.2016 20:47
#71 RE: Mord auf Zelluloid: Agatha-Christie-Kinofilme Zitat · Antworten

@kaeuflin: Allgemein ist die Abneigung nicht. Ich mag den Film auch sehr gerne. Ein wunderbarer, heimeliger Oldschool- / Golden Age-Hollywoodfilm.

Das Problem ist eher der Vergleich mit den anderen Versionen, gepaart mit dem eigenen Anspruch an den Stoff.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

28.03.2016 20:57
#72 RE: Mord auf Zelluloid: Agatha-Christie-Kinofilme Zitat · Antworten

Hier noch meine Präferenzreihenfolge der Negerlein und Negerlein-Epigonen, wobei meine Präsentation etwas schlichter ausfällt. Die "Five Dolls" und die 69er-TV-"Negerlein" lasse ich außen vor, da ich sie nicht kenne.

1: Das indische Tuch
Toller Christie-Wallace, der sich von der Geschichte wunderbar inspirieren ließ und einfach mein Liebling zu dem Thema ist.

2: And Then There Were None (Teile 1 bis 3, 2015)
Für mich die mit Abstand beste echte Negerlein-Verfilmung.

3: Mindhunters (Mindhunters)
Superspannender, atmosphärischer Epigone.

4: Geheimnis im blauen Schloss (Ten Little Indians)
Die beste Soft-Ending-Verfilmung.

5: Das letzte Weekend (Desyat negrityat)
Besticht dadurch, dass erstmals gewagt wird, das Romanende zu präsentieren.

6: Ein Unbekannter rechnet ab (Ten Little Indians)
Aufguss der 1965er-Version, aus der mehr hätte werden können.

7: Das letzte Wochenende (And Then There Were None, 1945)
Nicht unbedingt am besten gealterte Version, allerdings bei der Erstsichtung ganz unterhaltsam.

8: Tödliche Safari (Ten Little Indians / Death on Safari)
Fad und größtenteils schwach gespielt.

kaeuflin Offline




Beiträge: 1.259

28.03.2016 21:02
#73 RE: Mord auf Zelluloid: Agatha-Christie-Kinofilme Zitat · Antworten

An den neuen Mehrteiler habe ich mich noch nicht herangetraut nach dem Desaster mit "Partners in Crime". Aber demnach sollte ich ihm doch noch eine Chance geben ...

Happiness IS the road! (Marillion)

patrick Offline




Beiträge: 3.245

28.03.2016 21:14
#74 RE: Mord auf Zelluloid: Agatha-Christie-Kinofilme Zitat · Antworten

Zitat von Count Villain im Beitrag #71
Das Problem ist eher der Vergleich mit den anderen Versionen, gepaart mit dem eigene Anspruch an den Stoff.

Genau so ist es. Der Film wurde von uns zwar sehr kritisch betrachtet, aber nicht wirklich verrissen. 3 von 5 Punkten heißt bei mir, dass ich einen Film zwar nicht superduper finde, aber zumindest akzeptabel und sehenswert. Auch wenn ich dem von Gubanov hervorgehobenen Thread folge, kann ich keinen Verriss des Films finden.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

28.03.2016 21:17
#75 RE: Mord auf Zelluloid: Agatha-Christie-Kinofilme Zitat · Antworten

Zitat von kaeuflin im Beitrag #73
An den neuen Mehrteiler habe ich mich noch nicht herangetraut nach dem Desaster mit "Partners in Crime". Aber demnach sollte ich ihm doch noch eine Chance geben ...

Wenn du ein Roman-Purist bist, wirst du dich vermutlich der kritischen Haltung gegenüber der 2015er-BBC-Version anschließen. Wenn nicht, wirst du sie, wie ich, lieben. Give it a try, I dare you.

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