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Dieses Thema hat 43 Antworten
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 Film- und Fernsehklassiker international
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Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 643

22.03.2020 20:45
#31 RE: Recht haben und bekommen: Die Fälle von Perry Mason Zitat · Antworten

Episode 9 – Der Fall mit der jungen Anhalterin (1957)

Der Filmproduzent Edgar Ferell nimmt eine scheinbar arglose junge Dame als Anhalterin mit, die kurz zuvor noch mit einem jungen Mann verschwörerisch getuschelt hatte. Ferell führt sie in sein Anwesen am Meer, wo er bald darauf erschossen wird. Die junge Frau, Veronica Dale, flüchtet sich zu einer Tankstelle. Dort nimmt sie bald der „zufällig“ dort vorbeikommende John Addison mit, der Geschäftspartner von Ferell. Bald darauf wird dieser von dem widerlichen Eric Hansell wegen seiner Bekanntschaft mit der jugendlichen Veronica erpresst. Nicht genug damit, auch der Mord an seinem wenig geschätzten Geschäftspartner wird ihm jetzt vorgeworfen. Perry Mason konnte den Erpresser mit einem (scheinbar) gefälschten Scheck selber arg in die Klemme bringen, doch der Mordvorwurf ist nicht so einfach aus der Welt zu schaffen, zumal der Erpresser samt seiner doch nicht so unschuldigen Gefährtin zu Belastungszeugen des Anklägers Hamilton Burger gemacht werden. Weiter tauchen eine falsche und eine richtige Mutter von Veronica auf, die letztere eher eine humoristische Einlage, eine dralle und redselige Person, für die die tägliche Dosis Alkohol und ein kleiner Flirt zum Leben dazugehören, eher ein ungewohnter Anblick in der züchtigen Mason-Welt.
Und was weiß die Personalchefin Myrtle Winthorpe, die ihren unter Anklage stehenden Chef Addison nicht nur beruflich zu schätzen scheint, genauso wie die überhaupt nicht sehr traurige attraktive Witwe des ermordeten Ferell ?
Der Anwalt muss mit seinem üblichen Helferkreis wieder mal ganz schön rotieren, um die verblüffende Wahrheit aufzudecken. Nachdem er den Täter – diesmal außerhalb des Gerichtssaales – gestellt hat, macht er sich bald über dessen Verteidigung Gedanken, denn es ist nicht die unsympathischste Person.

Die Verfilmung des auf Deutsch unter dem Titel Die Unschuld vom Lande erschienenen Buches, das Gardner Ende der vierziger Jahre geschrieben hat, weist diesmal doch erheblichere Abweichungen auf.
Der Ermordete sowie der Hauptverdächtige waren keine Filmmogule, sondern Inhaber des größten Warenhauses am Platz. Der Schauplatz des Mordes war auch keine Traumvilla am Strand, sondern ein verfallenes Gebäude irgendwo in der „Pampa“. Das Verstecken der restlichen Revolvermunition aus der Mordwaffe in Masons Büro durch einen Unbekannten sowie das Auffinden des Revolvers selbst in einem trockenen Flussbett entfiel gänzlich, ebenso wie das wiederholte Auftauchen des Beschuldigten am Tatort vor der offiziellen Entdeckung der Leiche sowie eine eventuelle rothaarige Geliebte des Getöteten und andere Kleinigkeiten. Na gut, das sind halt die üblichen Vereinfachungen und Anpassungen wie in jeder Folge. Dazu kommt wohl auch noch, dass es Mason im Buch nicht nur mit Leutnant (bzw. Inspektor) Tragg zu tun bekommt, sondern auch noch mit seinem Erzrivalen bei der Polizei, Sergeant Holcomb. Auch im Film gibt es einen zweiten Polizeiermittler, doch wesentlich friedlicher als Holcomb. Die beiden nehmen den Anwalt heftig in die Zange, denn entgegen der Passage im Film hat Mason den Scheck zu Händen des Erpressers tatsächlich selber gefälscht, um den Schurken in eine unangenehme Situation zu bringen. Die Polizeioffiziere riechen natürlich den Braten und auch Tragg attackiert Perry ungewöhnlich heftig. Nur Della Streets geistesgegenwärtiges Handeln kann schlimmere Konsequenzen für ihren gar nicht so gesetzeskonformen Chef abwenden. So was wird in den Filmen grundsätzlich immer geglättet – ein Rechtsvertreter, der im Interesse seiner Mandanten allerlei unsaubere Tricks anwendet, passt halt nicht in ein Fernsehformat für die Masse. Weiterhin weiß der Zuseher der Mason-Episode von vornherein, dass die junge weibliche „Unschuld“ ein linkes Ding dreht, während die Sache im Buch lange Zeit offenbleibt und von Perry Mason so nach und nach mühsam aufgedeckt werden muss. Das geht ein wenig auf Kosten der Spannung, doch die Überraschung ist dann am Ende auch größer. Ein wesentliches Element des Romans, eine zerschossene Fensterscheibe im Mordzimmer, wurde im Film leider auch weggelassen, obwohl das eine sehr reizvolle Spurenauswertung zur Folge hatte, die auch gut in die fünfzigminütige Episode gepasst hätte.
Die Handlungsstraffung tut dem Fall mit der jungen Anhalterin einerseits gut, andererseits wurde da eben auch Potenzial verschenkt. In sich gesehen ist es wohl eine gute, doch nicht herausragende Folge.

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 643

25.03.2020 20:01
#32 RE: Recht haben und bekommen: Die Fälle von Perry Mason Zitat · Antworten

Episode 10 - Der Fall mit der verschwundenen Leiche

Mr. Davenport lässt in einem renommierten Institut sein Mittagessen analysieren – mit dem Ergebnis, dass es Arsen enthält. Daran kann nur seine Frau Myrna schuld sein, ist er sich sicher. Zuhause macht er ihr im Beisein ihrer Cousine Vorwürfe, auch schon ihren Onkel vergiftet zu haben, der vor ein paar Monaten gestorben war. Wenig später liegt er krank in einem Motel darnieder, der herbeigerufene Arzt kann nur wieder die beiden Frauen informieren und ihn künstlich beatmen, trotzdem stirbt er bald darauf. Der Doktor teilt der Polizei die Beschuldigungen des kürzlich Verschiedenen gegen dessen Frau mit, die er vor seinem Ableben wiederholt hat. Im Auftrag der Gattin durchsucht der zwischendurch informierte Perry Mason die Geschäftsräume des Toten, ein heimlich geöffneter Brief enthält nur leere Blätter, es sieht so aus, als ob der Anwalt etwaiges Beweismaterial entfernt hat, außerdem hat er sich möglicherweise generell gegen das Gesetz gestellt, denn die angebliche Leiche ist von ihrem Totenbett verschwunden und offenbar doch gar nicht so tot wie gedacht… Was erst wie ein gefundenes Fressen für Staatsanwalt Hamilton Burger aussieht, entpuppt sich als immer verworrenerer Fall, so dass sogar Burger relativ bald die Waffen strecken muss. Mittlerweile ist die verschwundene Leiche vergiftet in einem provisorischen Grab in der Nähe eines Schuttplatzes gefunden worden, auch der verstorbene Onkel wurde exhumiert und war mit Arsen abgefüllt. Es geht um eine Menge Geld, trotz des Verdachtes gegen Myrna wirken auch ihre Cousine sowie die junge attraktive Sekretärin von Davenport alles andere als unschuldig, und dann gibt es da noch einen Privatdetektiv, der von dem späteren Opfer mit allerlei Aufträgen engagiert war…
Perry Mason gelingt es wieder, den Fall mit Unterstützung von Paul Drake und auch seiner unermüdlichen Sekretärin Della zu lösen und einen Mörder aus dem Hut zu zaubern, mit dem man wohl kaum gerechnet hat.

Ein interessanter Fall für den Mr. Mason, den er sich da wieder mal an Land gezogen hat. Vielleicht bei genauerer Betrachtung nicht hundertprozentig stimmig, doch die Aufklärung der verworrenen Geschichte gelingt dem Anwalt der letzten Hoffnung wieder einmal bravourös. Das nur wenige Jahre vor der Verfilmung geschriebene Buch hat den deutschen Titel Wohin fuhr der Tote ? bekommen, nicht eben spektakulär. Natürlich kann man auch bei diesem Mordfall einwenden, dass in der Realität Verbrechen kaum so verwickelt und komplex geschehen wie hier. Aber deshalb schaut man ja solche Filme auch oder liest die entsprechenden Bücher. Wie viel diesmal vereinfacht und gekürzt wurde, kann ich nicht sagen, aber es war für fünfzig Minuten inhaltlich immer noch vollgestopft genug. Die gute Della findet diesmal in der Nähe des Fundortes des vergifteten Davenport Reifenspuren, die Perry auf die richtige «Denk»spur bringen, wofür sie sich auch ausgiebig und berechtigterweise loben lässt, wenngleich sich die Herren am Ende ihr gegenüber wenig «gentlemanlike» benehmen und mit einem schiefhängenden Bild kämpfen lassen. Da muss sich ihre Anerkennung eben anders besorgen.
Wieder mal ein sehr guter spannender Kriminalfall, obwohl sich Mr. Burger trotz viel Gepolter am Anfang diesmal außergewöhnlich pflegeleicht gibt.

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 643

29.03.2020 15:00
#33 RE: Recht haben und bekommen: Die Fälle von Perry Mason Zitat · Antworten

Episode 11 - Der Fall mit der schiefen Kerze (1957)

Bei einem Frisörbesuch stehen sich zum angesetzten Termin plötzlich zwei Mrs. Bradfords gegenüber, die auch noch unter den selben Adresse wohnen sollen. Die dunkelhaarige Martha sieht sich einer blonden Kontrahentin, Rita, ausgesetzt, ist ihr Ehemann ein Bigamist ? Wo hat die zweite Mrs. Bradford die ganze Zeit gelebt ? Was treibt ihr Gatte überhaupt so ? Irgendwie ist er wohl auch in Ölgeschäfte verwickelt und spurlos verschwunden. In der Nacht findet Martha nasse Fusspuren in ihrem Haus. Perry Mason beginnt zu ermitteln, wird von dem aufgebrachten griechischen Schafzüchter Nikolides bedroht und findet schließlich den ermordeten Joe Bradford an Bord seiner Jacht, mit der er immer ein wenig aufs Meer hinausschipperte, um seine Ruhe zu haben. Am Tatort findet sich eine schief aufgestellte und benutzte Kerze. Perry ist sich sicher, dass die die Lösung bietet, um die zwischenzeitlich als Mörderin verdächtigte Martha zu entlasten. Was wissen der Sekretär des Ermordeten Jack Harper sowie ein alter Freund der Familie, Larry Sands, welche Mrs. Bradford beide nicht nur rein freundschaftliche Gefühle entgegenzubringen scheinen ? Perry setzt auch Paul Drake in die Spur, der auch ungewohnte romantische Aufwallungen für die zweite und offenbar an Amnesie leidende Mrs. Rita Bradford zu entwickeln beginnt. Doch auch Della hilft wieder tatkräftig mit, man macht einen Versuch an Bord der unheilvollen Jacht, und Mason kann wieder einmal den Täter überführen, wobei auch die namensgebende schiefe Kerze ihre Rolle spielt.

Wer den in den frühen Vierzigern geschriebenen Krimi Perry Mason und die krumme Kerze gelesen hat, der kann sich bei dieser Folge (eigentlich das erste Mal) wirklich nur die Haare raufen über den Unsinn, den das Filmdrehbuch diesmal verzapft hat. Nicht umsonst hat Goldmann zu seinem vierzigsten Taschenkrimi-Jubiläum im Jahre 1992 dieses detektivische Kleinod mit auf die Liste der Jubiläumsausgaben gesetzt. Wenn man sieht, was der Film daraus gemacht hat - oje oje.
Sicher wäre eine detailgetreuere und für den Zuschauer verständliche Umsetzung der literarischen Vorlage sehr schwierig zu machen gewesen. Doch Perry Masons filmische umwälzende Erkenntnis, dass die Gezeiten für einen Lagewechsel der Leiche an Bord des kleinen Schiffes verantwortlich waren, stand nie zur Debatte, die Frage war eher nur, zu welchem Zeitpunkt genau das Ganze erfolgt ist. Hieraus ergaben sich für Anklage und Verteidigung die entscheidenden Punkte.
Die eher hanebüchene und schlecht erklärte Story von den beiden Ehefrauen mit gleichen Namen gab es im Buch gar nicht, das hätte man echt lassen können. Das Opfer des Verbrechens war ein untreuer Geschäftspartner aus dem Ölgeschäft, der auf Bradfords Jacht gefunden wurde. Bradford geriet daraufhin unter Tatverdacht, seine Tochter versuchte, diesen durch ein aufwändig konstruiertes Scheinalibi zu entkräften, machte sich aber letztendlich selber verdächtig. Überhaupt spielen allerlei vorbereitete Alibis der recht zahlreichen Beteiligten eine große Rolle im Buch, fast eine zu große, denn es vergeht eine Menge Zeit mit der Aufklärung von derlei und anderen Nebensächlichkeiten, während das Verbrechen eher am Rande passiert.
Doch die zweite Hälfte hat es dann in sich, auf den Leser prasselt ein ganzes Feuerwerk von Indizien nieder, die in die richtige Anordnung gebracht werden wollen. Blutlachen auf dem Teppich, das Spiel von Ebbe und Flut zu verschiedenen Zeitpunkten, der Eintritt der Totenstarre, ein blutiger Damenschuhabdruck in der Mitte der Kajütentreppe, die Zeitdauer des Blutens bei einer Leiche, das alles sind wichtige Fakten, die sich beim Vergleich der vorgeblichen Alibis aller Verdächtigen mitunter scheinbar gegenseitig auszuschließen scheinen. Dazu kommt noch die „berühmte“ schiefe Kerze, welche aber gleichmäßig abgebrannt ist und deren Winkel anhand eines Tatortfotos geschätzt wird. Man muss schon genau mitdenken, wenn man die Theorien verstehen will, die Perry und seine Mannschaft anhand von Gezeitentabellen ent- und wieder verwerfen. So macht der gewiefte Anwalt auch am Ende mit Della den Selbstversuch an Bord der Unglücksjacht, gruseliger als im Film, da hier noch das Blut des Opfers klebt. Außerdem stattet der Mörder in dieser unheimlichen Nacht dem in tiefem Nebel liegenden Wasserfahrzeug noch seinen Besuch ab, wobei er mit einer Bombe nicht nur dieses, sondern fast noch Perry und Della beseitigt – eine der wohldosierten Thrill-Szenen in den Gardner-Krimis.
Nebenbei sorgt Perry (wieder mal) fast nebenbei und wohl ohne eigenen Profit dafür, dass eine ärmliche ältere Dame, die die Ölspekulanten über den Tisch ziehen wollten, eine unerwartete und großzügige Abfindung bekommt - ein netter Zug.
Am Ende hat Mason den Übeltäter wieder enttarnt, wobei er im Prinzip eine 180°-Drehung der bisherigen Annahmen des Tatablaufes darstellte. Im Film ist von dieser Genialität leider nicht viel zu spüren, wenngleich man sich Mühe gegeben hat, Perry auch hier ein paar gute Kombinationen in den Mund zu legen.
Leider hat man es nicht geschafft, den hervorragenden, wenngleich schwierig zu verstehenden Lesestoff in ein gleichermaßen akzeptables filmisches Pendant umzusetzen, so bleibt die elfte Episode mit der krummen Kerze leider nur bestenfalls Mittelmaß.

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 643

16.04.2020 21:31
#34 RE: Recht haben und bekommen: Die Fälle von Perry Mason Zitat · Antworten

Episode 12 – Der Fall mit der verfolgten Meerjungfrau (1957)

Der Beginn der Folge ist recht vielversprechend: Eine Jacht in stürmischen Gewässern, der schrille Schrei einer Frau… Szenenwechsel: Ein zerlumpt aussehender Mann findet eine ans Ufer gespülte Flaschenpost. Der Inhalt ist brisant: Der reiche und unangenehme George Alder soll seine Tante Agatha von Bord ihrer Vergnügungsjacht gestoßen haben, die Zeilen in ihrem Behältnis hat sie kurz vor ihrer Ermordung dem Meer anvertraut. Der Finder Arthur Dorian bringt die Nachricht zu Mr. Alder persönlich, mit dem Hintergedanken, jetzt eine Einnahmequelle für regelmäßige finanzielle Zuwendungen zu haben, wenn er schweigt. Seine Rechnung scheint aufzugehen. Es gibt eine unschöne Szene mit Alders alkoholabhängiger Gattin Karen, die ihren Mann ebenfalls des Mordes an seiner Erbtante beschuldigt, sowie der überaus attraktiven Sekretärin Sally Fenner, welche sich auf Karens Seite schlägt und ihre Stellung kündigt. Später wird sich Miss Fenner noch einmal ins Haus schleichen und in Alders Arbeitszimmer zu schaffen machen, derweil der Hausherr schon tot am Boden liegt. Von einem Wachmann mit scharfem Dobermann verfolgt, flüchtet sich die blonde Schönheit ins Meer, wo sie von zwei aufmerksamen Hobby-Seeleuten in ihrem Angelboot herausgefischt wird. O Wunder, Perry Mason in Matrosenanzug, mit seinem Kumpel Paul Drake an seiner Seite ! Die von der Polizei bald des Mordes verdächtigte Sally hat nun auch den Anwalt in den Fall hineingezogen, er setzt alle Hebel in Bewegung, um die Unschuld seiner Mandantin vor Gericht zu beweisen. Welche Rolle spielen dabei der schmierige Erpresser Dorian, die trinkende Witwe oder auch die ehemalige Bedienstete Nina Santos, welche jetzt in einem mexikanischen Restaurant arbeitet und nicht nur angestellt ist, wie der findige Perry beim gemeinsamen scharf gewürzten Essen mit Paul Drake sofort vermutet ? Hamilton Burger legt sich diesmal besonders ins Zeug, doch auch jetzt behält Mason am Ende hin wieder die Oberhand.

Wieder eine Vorlage von E.S. Gardner (deutsch: Die seltsame Nixe), wieder mal ein paar Änderungen im Film. Einen Angelausflug zum Erholen zu machen, käme dem Arbeitstier Perry Mason wohl genauso wenig in den Sinn, wie einen seiner Mandanten mal ernsthaft der Taten zu verdächtigen, die ihnen vorgeworfen werfen. So rudert der Buch-Mason aus beruflichen Gründen heimlich auf Alders Insel mit Luxusvilla, wobei er eine Frau beobachtet, die es ihm ähnlich gleichtut, in das Arbeitszimmer des unsympathischen Besitzers einschleicht und später Hals über Kopf zurück ins Wasser springt, wo sie vom Herrn Anwalt persönlich gerettet wird. Die beiden sitzen nun sprichwörtlich im selben Boot, denn auch Perry wird von der Polizei mal wieder der Mittäterschaft am später entdeckten Mord an Alder verdächtigt. Die Hintergrundgeschichte ist noch komplexer als im Film, es gibt eine verschollene Schwester des Ermordeten sowie Miss Fenners Cousine Minerva, welche ihn des Mordes an ebendieser Schwester bezichtigte und später unter unklaren Zuständen im Meer ertrank. War das Mordopfer selbst ein skrupelloser Killer?
Miss Fenner, die die ominöse Flaschenpost als Beweis gesucht hat, verstrickt sich immer mehr in Widersprüche, wobei sie diesmal durchaus auch weibliches Interesse an ihrem selber unter Beschuss stehenden Beschützer Perry Mason bekundet – vergeblich allerdings, da dieser ja nur im Gerichtssaal aufzublühen scheint und, wenn überhaupt, nur seine Sekretärin Della Street mit spärlichen Gunstbeweisen verwöhnt.
Aber die Vereinfachung des Geschehens ist nicht unbedingt negativ zu sehen, der Antrieb der „Nixe“ Sally Fenner zur Aufdeckung von Alders vorgeblichen Missetaten bleibt zwar verschwommen, aber diese zwölfte Folge weiß mit einigen dramatischen Szenen vor Gericht zu gefallen. Hamilton Burger, der Ankläger, ist sehr aktiv, es kommt zu einer Diavorführung, um die Tatortumgebung verständlich zu machen und eine Zeugin des Meineides zu überführen. Masons Einsprüche gegen Burgers Verhandlungsführung werden vom Richter ungewöhnlich oft abgewiesen. Wenn er zum Schluss dennoch triumphiert und seine Version der Geschichte zum Besten gibt und den wahren Täter damit überrumpelt, so hat er sich den Sieg gefühlt diesmal mehr erkämpft als sonst.
Der Fall mit der blonden Seejungfrau ist trotz aller Schematismen, welche zum großen Teil auch auf Gardners Roman zurückzuführen sind, immer noch sehr spannend.

Dr. Oberzohn Offline



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09.05.2020 21:16
#35 RE: Recht haben und bekommen: Die Fälle von Perry Mason Zitat · Antworten

Episode 13 – Der Fall mit der Laus im Pelz

Eigentlich sollte es nur ein ruhiger Abend für Perry und Della werden, als sie im Restaurant von Morey Allen Platz genommen hatten. Doch bald schon geht es wieder mal heftig zur Sache, auf eine panisch aus der Lokalität geflohene Kellnerin wird geschossen und die Polizei ist im Hause. Auf Bitten des Betreibers nimmt Della Street einen leicht ramponierten kostbaren Nerzmantel mit nach draußen, Perry kümmert sich um die verletzte Kellnerin, wobei er Leutnant Tragg zur Mitarbeit überredet. Doch schon bald sieht er sich in einen sehr düsteren Fall verwickelt, die Kellnerin Dixie Dayton als auch Allen scheinen in einen nicht lange zurückliegenden Polizistenmord verwickelt. Als sich Mason und sein Unterstützer Paul Drake mit den beiden in einem Absteige-Hotel treffen wollen, finden sie bald einen erschossenen Ganoven auf, den Perry schon in Allens Lokal gesehen hatte. Nun hat sie Leutnant Tragg am Wickel, der noch durch den raubeinigen Sergeant Jaffrey unterstützt wird. Aber in der Gerichtsverhandlung kann der clevere Anwalt wieder mal durch scheinbar nebensächliche Erlebnisse des Hotelportiers wieder ungeahnte Zusammenhänge aufdecken. Zum Schluss wird es für ihn richtig brenzlig, denn mit dem Täter ist nicht zu spaßen, doch diesmal kann ihm der erboste Tragg aus der Klemme helfen.

Ein besonders spektakulärer Fall des bekannten Strafverteidigers. Gleich zu Beginn geht es mit einer eher unüblichen Actionsequenz los, als ein Gangster die fliehende Kellnerin mit dem Wagen verfolgt und auf sie schießt, die Handlung bleibt straff und ohne Leerlauf, und auch am Ende fallen wieder Schüsse.
Vergleicht am den Film mit dem auf unter dem Titel Motten im Nerz erschienen Buch von Gardner, fällt die Komprimierung des Geschehens auf das Wesentliche auf. Vollkommen entfallen sind etwa die die Verteidigung erschwerende Aussage einer starrsinnigen Drake-Mitarbeiterin, eine im Hotelzimmer angebrachte Abhöranlage sowie die Aktivitäten des Ermordeten vor seinem Tod. Vieles wurde vereinfacht, Masons Differenzen mit dem District Attorney Hamilton Burger wurden nicht so herausgestellt. Dafür wurde, wie schon in manchen Folgen vorher, größerer Wert auf eine überzeugende Überführung des Drahtziehers all der kriminellen Machenschaften gelegt. Das Finale im Buch ist bei weitem nicht so aufregend wie im Film, wenngleich man da erfährt, dass Tragg nicht nur auf den Arm des Täters gezielt haben muss.
In Sachen Spannung und Dichte setzt diese (ursprünglich erste) Folge wirklich Maßstäbe.

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 643

04.06.2020 21:59
#36 RE: Recht haben und bekommen: Die Fälle von Perry Mason Zitat · Antworten

Episode 16 - Der Fall mit der anonymen Mandantin

Der erste Namensgeber der Investmentgesellschaft Tydings & Dawson ist ein nicht ganz koscherer Bursche, sein Partner mit dem zweiten Namen will ihn anzeigen, da er 80.000 Dollar im anvertrauten Vermögen der jungen Carol Stanley vermisst. Tidings gibt die Veruntreuung kaltblütig zu, erpresst aber nun Dawson mit einem Geheimnis, das er von ihm weiß. Wenig später setzt er seinen Angestellten Ellis unter Druck, der ebenfalls für einen Teil des fehlenden Geldes verantwortlich ist. Danach macht er seine sehr attraktive und in ihn offenbar verliebte Sekretärin noch ein bisschen und wohl nicht das erste Mal eifersüchtig - Gründe genug sind also vorhanden, dass er am Abend tot in seinem Büro am Schreibtisch sitzt, wo ihn die hübsche Carol Stanley dann auch findet. Sie ruft gleich Robert Dawson an, der mehr als nur ihr Finanzberater zu sein scheint, und spät in der Nacht bekommt Perry Mason einen Anruf, in dessen Folge ihn Dawson und eine verschleierte Dame besuchen. Das Treffen findet in seiner Wohnung statt, er bekommt eine passable Anzahlung sowie die Hälfte einer Zehntausenddollernote, deren Rest er in seiner Eigenschaft als Strafverteidiger erhalten soll, wenn es die Situation für die verhüllte Lady erfordert. Der mit allen Wassern gewaschene Anwalt geht auf diese seltsamen Bedingungen ein (das Geld scheint ihn also doch zu locken). Am nächsten Tag platzt eine ältere Matrone, Abigail Leeds, in seine Praxis hinein, die die junge Carol Stanley im Schlepptau führt. Carol ist so eine Art Ziehtochter von ihr, die sie von polnischen Kriegsflüchtlingen anvertraut bekommen hat, wie sie sagt, und die über den Umweg eines ungesetzlich handelnden Waisenhauses mit illegaler Adoption schließlich zu Geld gekommen ist, welches ihr der verbrecherische Tydings aber gestohlen haben soll. Mason nimmt sich des Falles an, wobei ihm der unehrliche Finanzmakler in seiner Wohnung schön malerisch aus dem Schrank entgegen gekippt kommt. Es bleibt nicht das letzte Mal, dass sich Mason, mit Paul Drake oder Della als Gefährten, ziemlich sorglos in fremde Wohnungen oder Büros einschleicht, einmal kann ihn nur ein Anruf von Drake im letzten Moment vor Lieutenant Tragg retten. Wer hat Tydings ermordet, wer hat ihn von seinem Büro in die Wohnung transportiert, wer ist die verschleierte Mandantin, was hat es mit Carols Vergangenheit auf sich, und wohin ist Peter Dawson verschwunden, dessen Auto aus einem Teich gezogen wurde ? Eine Menge Fragen, die Perry im Laufe der Zeit löst (manche allerdings nicht überzeugend). Am Ende hat er wieder den Täter überführt, das Motiv (so recht und schlecht) ermittelt und verspricht sogar, die ihm gar nicht so unsympathische Person zu verteidigen. Die typischen Gerichtsszenen fehlen in dieser Episode völlig, genauso wie sein ewiger Widerpart Hamilton Burger.

Perry Mason - der Mann der abstrusen Klienten. Eine verschleierte unbekannte Mandantin mit einem halben Zehntausendollar-Geldschein gibt es auch in dem unter dem deutschen Titel Der goldene Köder erschienenen Kriminalroman. Die Besitzerin der zweiten Hälfte des Geldscheins soll ihm noch eine Menge Kopfzerbrechen bereiten, da er sie lange Zeit nicht kennt und Auswahl unter mehreren Zierden des weiblichen Geschlechtes hat - etwa eine geprellte Erbin, eine scheidungswillige Ehefrau oder eine verliebte Freundin. Im Film, wo eigentlich alle Handlungsträger andere Namen haben, war es übrigens der Einfachheit halber eine andere Lady als im Buch, die die schlecht verbergende Maskerade auftrug. Auch sonst hat es Perry nicht leicht. Eine Menge derartig schmieriger und charakterlich unsympathischer Figuren hat es wohl selten in einem Mason-Krimi gegeben. Das Opfer, Tidings, war schon recht widerwärtig, aber auch sein erpresserischer Sekretär Mattern oder ein noch kriecherisch-gemeiner Exbuchhalter eines schlechtbeleumdeten Waisenhauses, der im Film zu der nicht mal übel getroffenen Figur des untreuen Angestellten Ellis verschmolzen wurde. Die dominante Mrs. Leeds hieß im Buch Tump, auch eine geizige und wenig einnehmende Walküre. Daneben noch ein Konsortium von Aktienspekulanten, die auf ihren unbedingten Vorteil bedacht waren, sowie weitere Personen, zwischen denen sich Mason mit strahlendem Selbstbewusstsein bewegt. Seine Hauptnahrung scheint bei diesem Fall nur aus Zigaretten zu bestehen, offenbar ist er wohl wegen seiner nervlichen Belastung süchtig nach dem blauen Dunst.
War es im Roman noch die russische Oktoberrevolution, die ursprünglich den Stein für das Rätsel um die junge und reiche Erbin angestoßen hat, so hat der Film das auf den Beginn des zweiten Weltkriegs verlegt, die Zeit, in dem das Buch veröffentlicht wurde. Wie @Gubanov in seiner Besprechung der Folge schon sehr richtig angemerkt hat, sind manche Vorlagen aus Gardners Feder recht sperrig geschrieben, was auf den Fall mit dem Köder durchaus zutrifft. Jede Menge neue Personen und Handlungssprünge bzw. Umstände, die irgendwann unentwirrbar werden und dem getreuen Leser schon Geduld abfordern. Der eigentliche Fund der blutverschmierten Leiche in einem Bungalow außerhalb der Stadt gerät zeitweise fast etwas aus dem Focus, doch auch hier wieder schöne kriminalistische Arbeit des Anwalts hinsichtlich des Todeszeitpunktes des Ermordeten. Der Autor hat, neben Autowracks in Straßengräben, vertauschten Revolvern und anderen Sperenzchen unzweifelhaft auch eine Vorliebe dafür gehabt, seinen Protagonisten die Polizeiversion der Tatzeit ändern zu lassen, meistens vorzuverlegen.
Doch leider hat der Schriftsteller hier den Fehler begangen, einfach zu viel in seinen Schmöker hineinzupacken, ein bisschen weniger und dafür besser erklärt wäre mit Sicherheit viel besser gewesen. Kein Wunder, dass das Drehbuch vieles weggelassen hat, etwa auch Perrys seltsamen Einfall, einen Verschwundenen durch das Vortäuschen eines Verbrechens aus der Reserve zu locken. Allerdings befriedigt die Auflösung des Mordes im Film nicht wirklich, da das Motiv nicht so recht ersichtlich ist. Die mörderische Person war auch bei weitem nicht so nett am Ende, sondern, wie die meisten anderen im Buch, von Gier getrieben. Wirklich schon noir-Züge. Wenn man die Folge wegen des fehlenden courtroom-Dramas kritisiert, so ist das allerdings nicht ganz gerecht, denn Mason hat auch literarisch keinen großen Auftritt vor Gericht, wird allerdings aufgrund einer Verschwörung vor Hamilton Burger zitiert, der ihm Begünstigung im Mordfall vorwirft - eine schwere Anschuldigung, von der sich Perry wieder mal im letzten Moment reinwaschen kann. Der Fall ist auch der letzte mit seinem Intimfeind Sergeant Holcomb von der Kripo als alleinigen Gegner, danach kommt dann eine zeitlang erstmal Leutnant Tragg. Immerhin gibt Mason Holcomb eine Chance, einer großen Blamage zu entgehen und den Fall zu lösen, worauf der dem Anwalt wohl zum ersten und einzigen Mal anerkennend die Hand schüttelt.
Die 16. Episode der Mason-Serie hat verständlicherweise vieles von der Vorlage weggelassen, aber man hätte die stattdessen eingebauten Elemente, wie die hübsche Sekretärin des Opfers, lieber besser dramatisieren sollen. Es bleibt vieles offen, die Auflösung befriedigt nicht sehr, wie immer mehr Heimeligkeit statt "schwärzerer" Atmosphäre.

Dr. Oberzohn Offline



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21.06.2020 08:48
#37 RE: Recht haben und bekommen: Die Fälle von Perry Mason Zitat · Antworten

Episode 15 - Der Fall mit dem blutigen Rächer (1957)

In der ersten Einstellung sieht man einen Mann, fast ein Cowboy, in ein ländlich gelegenes Haus einbrechen. Er wird vom Wächter entdeckt und flüchtet mit einem Pferd, wobei auf ihn geschossen wird. Als nächstes ist Perry Mason mit seiner treuen Sekretärin im Auto unterwegs, als plötzlich vor ihnen ein Unfall geschieht. Die beteiligte Mexikanerin ist unverletzt, aber unter Schock stehend. Ein Paar Fächer aus Straußenfedern bleibt in Masons Besitz, er gibt eine verschlüsselte Annonce in der Zeitung auf, um sie der Besitzerin wieder zurückzugeben. Es melden sich plötzlich bei ihm eine Fächertänzerin, die aber auf ein vermisstes Pferd scharf ist, ebenso wie ein herrischer und anmaßender Farmbesitzer. Dieser heißt John Callender. Pikanterweise wird er einige Zeit später von Perry Mason und Paul Drake ermordet in einem Hotelzimmer aufgefunden - mit einem Samuraischwert erstochen. Noch pikantererweise hatte Drake das Zimmer durch Mitarbeiter seiner Agentur im Auftrag des befreundeten Anwaltes beobachten lassen. Perry ist wieder mittendrin in Scherereien, da gibt es eine äußerst verführerische Fächertänzerin namens Cheri-Chi-Chi, bei der sogar der ansonsten kühle Rechtsvertreter seine Hormone in Schach halten muss, sowie eine andere Dame aus diesem Gewerbe namens Loise Fenton, wobei sich die erstere ebenfalls mit Wissen der zweiten als Lois Fenton ausgegeben hatte (sie sahen sich zumindest körperlich sehr ähnlich, worauf bei diesem Job ja besonders geachtet wird...). Weiterhin ist da noch die Sache mit dem Pferd, welches Perry samt Reiter wieder auftreibt, der sich als der vorbestrafte Bruder der Tänzerin Fenton erweist. Und es gibt noch ein zweites Zimmer in einer Absteige, das von Lois' Freund Arthur Sheldon gemietet worden war, mit verdächtigen Blutspuren. Mittlerweile steht die Fächertänzerin Lois Fenton, die mit dem Opfer sehr unglücklich verheiratet war, unter Mordverdacht. Allerlei zeitliche Berechnungen über die Personen, die am Tatort waren, und deren Alibis werden durchgeführt. Doch es hilft nichts. Ausgerechnet die Mitarbeiter von Drakes Detektivagentur müssen vor Gericht unter Eid als Belastungszeugen für den triumphierenden Staatsanwalt Hamilton Burger auftreten, aber ein kleines Detail bei der zur Sprache gekommenen Gegenüberstellung der Verdächtigen bei der Polizei macht den gewieften Verteidiger stutzig und kann ihm schließlich den Weg zeigen, die Unschuld seiner Mandantin nachzuweisen, wobei dann der wahre Täter im Nachgang quasi nebenbei benannt wird.

Sollte es einen Preis für die am genauesten verfilmte Perry-Mason-Geschichte im Hinblick auf die Vorlage geben, dann hat diese Folge wohl die allerbesten Aussichten darauf. Der Titel mit dem "blutigen Rächer" ist natürlich an Dämlichkeit genauso wenig zu überbieten. Gardners Krimi Perry Mason und die Fächertänzerin erschien nicht lange nach dem zweiten Weltkrieg, als diese Form des erotischen Tanzes noch populär war, aber schon vom aufkommenden Striptease verdrängt wurde. Für Gardnersche Verhältnisse geht es recht freizügig zu,die Vorzüge der tanzenden Künstlerinnen werden recht liebevoll beschrieben. Der Verfilmung hat es imponierenderweise geschafft, die wie immer sehr verwickelte Story aus dem Buch ohne wesentliche Kürzungen oder Änderungen in eine Fünfzig-Minuten-Folge zu pressen. Das ging natürlich nur, indem man viele Informationen in die Gespräche und Dialoge der Darsteller packte. Immer wieder erstaunlich, wie inhaltsreich diese Filmchen waren, besonders im Vergleich zu heutigen mega-seichten Krimiserien, oft mit doppelter Sendezeit. Ausgerechnet Sergeant Holcomb musste als nicht sehr positiv gezeichneter Polizist auftreten, obwohl der diesmal im Buch nicht vorkam und durch einen anderen seiner Zunft vertreten wurde. Dabei ist der Plot von einiger Brisanz. Ein Versehen bei der Zeugen-Gegenüberstellung, das nicht zu den von Polizei und Staatsanwaltschaft geführten Ergebnissen geführt hätte und somit vertuscht wurde, was die unschuldige Angeklagte ihren Kopf hätte kosten können - ein Skandal von schon geradezu kriminellen Ausmaßen !
Wirft nicht unbedingt das beste Licht auf das amerikanische Justizsystem, nur gut, dass es Perry Mason und seine Mitarbeiter gibt.
So ist auch diese Folge gut ausgegangen, die ruhig ein paar Minuten mehr Sendezeit hätte haben können. Aber das gilt eigentlich für alle Folgen.

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 643

28.06.2020 10:35
#38 RE: Recht haben und bekommen: Die Fälle von Perry Mason Zitat · Antworten

Episode 16 - Der Fall mit dem Tyrannenmord

Die nette Nadine Marshall hat sich mit dem Chemiker John Locke verlobt. Doch ihr Onkel Martin Wellman ist gegen die geplante Hochzeit. Er ist ein sehr kranker, aber auch sehr bösartiger alter Mann, ein richtiges Ekelpaket, welcher die in seinem Haushalt lebende und Dienstbotentätigkeiten ausführende Nadine demütigt, wo er kann. Er droht ihr damit, ihrem Zukünftigen Unterlagen zuzuspielen, woraus hervorgeht, dass ihr Vater als Verbrecher im Irrenhaus gestorben ist. Die verzweifelte junge Frau entwendet daraufhin aus dem Labor ihres Verlobten ein Fläschchen mit Zyankalipillen. Für ihren Selbstmord, wie sie später angeben wird ? Die Giftpillen gelangen in die Küche ihres tyrannischen Onkels, wo auch das Ehepaar Lester und Marian Newburn zugange ist. Die Newburns, entfernte Verwandte des Onkels, sind in eindeutig erbschleicherischer Absicht zugange, doch auch sie führt der Alte an der Nase herum. Weiter ist da noch Captain Hugo, ein Original, der im Hause Wellmann handwerkliche Tätigkeiten ausführt und der unglücklichen Nadine sehr zugetan ist. Als Wellmann nach dem Genuss seiner abendlichen heißen Schokolade unter Krämpfen stirbt, beschuldigt er seine Nichte, ihn vergiftet zu haben. Die leidet unter schlimmen Schuldgefühlen und Schlaflosigkeit, macht eine Hypnosesitzung bei einem Dr. Denair, bei welchem sie unter Einfluss eines Wahrheitsserums ein Schuldgeständnis macht, das auf Tonband aufgenommen wird. Sie habe ihren Onkel vergiftet und den Giftbehälter in einen See geworfen. Der Doktor befindet sich nun in einer moralischen Zwickmühle und fragt den befreundeten Perry Mason um Rat. Doch mittlerweile hat die Polizei Wind von der Sache gekriegt, der Anwalt findet zwar ein Pillenfläschchen mit harmlosen Saccharintabletten im See, doch auch die Polizei lässt noch einmal nachsuchen - mit gravierenderen Ergebnissen. Wieder mal steht der Anwalt unter Verdacht, falsche Spuren gelegt zu haben, um seiner Klientin aus der Klemme zu helfen. Es kommt zu einem dramatischen Auftritt vor Gericht, wo es wieder mal sehr eng für die Beschuldigten wird, aber die Sache geht natürlich gut aus, und der Täter wird quasi im Nachgang ermittelt.

Perry Mason und das Geständnis im Dunkel
, wie es als deutscher Titel erschien, wurde nur kurze Zeit vor seiner Verfilmung von Gardner geschrieben. Die Vorgeschichte des Falles wird im Film sehr ausführlich gespielt, während das Buch mit der verhängnisvollen Hypnosesitzung beginnt und Perry alles mühsam aufrollen muss. Folgt man dem Roman und auch dem Film, dann sollten die mit Hilfe von Drogen gemachten Selbstbezichtigungen der Angeklagten eine rechtliche relevante Aussagekraft besitzen. Irgendwie schwer vorstellbar, und auch ein rechtlich nicht genau zu definierender Grenzfall, der durch weitere Fakten noch untermauert werden muss. Aber die Anklagebehörde ist hier erbarmungslos, obwohl Mason alle juristischen Tricks versucht, die Beschuldigungen zu entschärfen. Das im See von ihm gefundene Glasfläschchen mit dem Saccharin wird als Beweisfälschung ausgelegt, seine berufliche Existenz steht zum wiederholten Male zur Disposition. Er macht den meineidigen Flaschenwerfer ausfindig, was ihm vorerst nicht viel nützt, doch glücklicherweise gibt es auch medizinische Fakten, mit denen er die Tatversion der Anklage anzweifeln kann. Der Tote wurde einbalsamiert, worauf Giftspuren bei einer Exhumierung interessanterweise nicht mehr feststellbar sind. Der behandelnde Arzt des Opfers, der zuerst einen natürlichen Tod durch Herzanfall angegeben hatte und später unter Druck der Polizei auf Vergiftung durch Zyankali angenommen hatte, wird deswegen von Mason vor Gericht erbarmungslos ins Kreuzverhör genommen. Das ist vielleicht einer der größten Abweichungen von Buch und Verfilmung, in Episode 16 geht es da immer noch recht kurz und fast schon versöhnlerisch zu, während im Buch der zweifelhafte Arzt von dem kämpferischen Anwalt über Seiten förmlich auseinander genommen wird und nur als ein Häufchen Unglück übrigbleibt. Aber es geht ja auch um den Kopf seiner Mandantin. Wenngleich deren Unschuld irgendwann nach vielen Wendungen erwiesen werden kann, so wird der eigentliche Schuldige auf den letzten Zeilen ermittelt. Ein sympathische Person, deren Auslieferung an die Justiz im Roman von Perry Mason nicht ganz so entschieden in Angriff genommen wird wie in der wie immer an diesbezüglicher Korrektheit vorgenommenen Verfilmung.
Ein interessanter und verwickelter Kriminalfall.

Dr. Oberzohn Offline



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30.06.2020 21:23
#39 RE: Recht haben und bekommen: Die Fälle von Perry Mason Zitat · Antworten

Episode 17 – Perry Mason und die undankbare Mandantin (1958)

Einer attraktiven jungen Frau, die in der Nähe eines Golfclubs dem Sonnenbaden frönt, wird der Wohnwagen gestohlen. Besonders pikant ist die Tatsache, dass Miss Arlene Dowling außer ihrem Evaskostüm nur noch ein Handtuch besitzt. Sie bittet Perry Mason telefonisch um Hilfe, dessen Sekretärin Della auch eine entsprechende Notbekleidung zusammenstellt. Später stellt sich heraus, dass Arlene die Tochter eines Mannes ist, der als Bankmitarbeiter in den Verdacht gekommen war, 400.000 Dollar an Bargeld während eines streng gesicherten Transportes oder kurz davor gestohlen zu haben. Die Beute wurde nie gefunden, der alte Dowling wurde zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilt, seine Tochter will unter allen Umständen seine Unschuld beweisen. Doch sie steht bei der Polizei selber in Verdacht, das Geldversteck zu kennen und wird auf Schritt und Tritt überwacht. Ihr Onkel George Ballard war Präsident der betroffenen Bank und ebenfalls suspekt geworden, doch er konnte seine Unschuld vor Gericht darlegen, genauso wie der Fahrer des Transportfahrzeuges Bill Emory. Weiterhin gibt es in der Handlung noch Arlenes guten Freund Dr. Chandler, dessen eifersüchtige Sprechstundengehilfin Helen sowie ein vorbestraftes Individuum namens Sackett, welcher auch bald schleunigst das Weite sucht.
Mason findet den gestohlenen Wohnwagen, der unter anderem ein geheimes Tagebuch seiner Besitzerin beinhalten soll, bei einem Gebrauchtwagenhändler wieder. Die junge Dame entlässt den Anwalt, ein wenig zickig, aus ihren Diensten, doch Perry macht noch weiter, führt ein paar Interviews mit diversen Leuten, unter anderem auch mit dem Ex-Präsidenten Ballard, der kurz nach Masons Besuch in seinem Haus ermordet wird. Beim Verlassen des Hauses wird der Anwalt von zwei Zivilpolizisten erkannt, zumindest behaupten die das, ferner wurde gleich darauf die verdächtige Miss Dowling gesehen, wie sie sich durch ein Fenster Eintritt in das Haus verschaffte. Wenn Perry Mason nicht der Mörder war, kann es ja nur Arlene gewesen sein, die mittlerweile wieder seine Mandantin ist. Mason gerät selber in Verdacht, durch Herabziehen und Hochschnellenlassen des Rollos der Verdächtigen ein Zeichen gegeben zu haben und wird wegen des Verdachts auf Beihilfe vor Hamilton Burger zitiert ! Dabei wollte er nur schnell 1.500 Dollar aus dem Diebesgut loswerden, die man ihm zugespielt hatte. Die Sache endet wieder mal nach einigem Hin und Her vor der Hauptverhandlung, wobei der findige Rechtsanwalt dem Geschehen eine neue Wendung geben kann und den tatsächlichen Mörder feststellt. Mr. Burger ist mal wieder der Gelackmeierte.

Eine interessante Story, die als Buch den etwas nichtssagenden Titel Das Mädchen vom Golfplatz trägt. Hier wurde mal wieder einiges umgeschrieben. Besonders Paul Drakes Leistung, den gestohlenen Wagen am Anfang schnell mit einigem Detektivaufwand zu ermitteln (den er seinem Freund auch recht bescheiden aber ausführlich schildert), wird im Film recht grob herabgesetzt, da muss Perry Mason nur eine Annonce aufgeben, und schon ist alles geklärt. Wie immer, standen die Personen im Roman nicht in einem so herzlichen Verhältnis zueinander, und der alte Ballard war auch nicht Arlenes Onkel. Die Observierer vor Ballards Haus waren auch keine Polizisten, sondern, wieder mal, ausgerechnet Mitarbeiter von Paul Drake, der zum wiederholten Male in einen argen Zwist gestürzt wird. Weiterhin gab es noch einen leutseligen Taxifahrer, der von der Polizei und Anklage ziemlich stark manipuliert wurde, sowie eine streng geheime FBI-Liste mit den Nummern der gestohlenen Banknoten darauf, die im Film komplett wegfiel, sowie diverse andere Abweichungen. Macht aber nichts, die filmische Episode ist dadurch nur genießbarer geworden, positiv muss erwähnt werden, dass die Auflösung des Rätsels für den Zuschauer besser und ausführlicher erklärt wurde als für den Leser. Gerade der eigentliche Clou mit dem Rollo geht im Buch fast unter, das wurde hier in der Serie besser gehandhabt. Ein starker Fall mit überraschender Auflösung, klar im oberen Bereich der ersten Box.

Dr. Oberzohn Offline



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02.07.2020 17:50
#40 RE: Recht haben und bekommen: Die Fälle von Perry Mason Zitat · Antworten

Episode 18 – Der Fall mit dem doppelten Alibi (1958)

Die hübsche Elaine Barton trägt sich mit der Absicht, ihren älteren begüterten Liebhaber Ross Hollister zu heiraten. Doch da gibt es ein Problem: ihr verdrängter Noch-Ehemann Harry Pitkin erpresst sie um viel Geld. Gerne möchte sich die hübsche Blondine dieses Problem vom Hals schaffen, aber wie ? Hollister hat heimlich ein Detektivbüro (allerdings nicht das von Paul Drake) mit der Beschattung seiner Zukünftigen betraut, deren ständigen Ausflüchte ihm nicht geheuer vorkommen. Nebenher wird Hollister noch von seiner langjährigen Bekannten und Vertrauten Sheila Cromwell (allerdings unbemerkt) angeschmachtet, der die jüngere Rivalin ein Dorn im Auge ist. Der erpresserische Pitkin ist auch noch der Chauffeur von Steven Argyle, dem Geschäftspartner von Hollister. Perry Mason wird auf die Gesellschaft das erste Mal aufmerksam, als er bei einem Fall von Fahrerflucht im Interesse seines dabei verletzten Mandanten auf die ramponierte Limousine von Argyle stößt, der zusammen mit Pitkin auch noch Verschleierungsversuche unternommen hat. Und es wurde ihm noch ein Schlüssel zugespielt, der direkt in die Wohnung der sich scheinbar arglos im Bett rekelnden Elaine Barton führt. Eine Zeugin des Unfalls ?
Doch wenig später findet sich der schlechtbeleumundete Pitkin tot in Elaines Appartement auf, erschossen mit deren Pistole. Für Leutnant Tragg und Hamilton Burger ist der Fall klar. Mason übernimmt das Mandat für die junge Frau, muss die Attacken der eifersüchtigen Sheila abwehren und ist auf der verzweifelten Suche nach Ross Hollister, der wie vom Erdboden verschluckt scheint. Neue finstere Tatsachen kommen ans Tageslicht, und am Ende gelingt es dem cleveren Anwalt, dem Täter eine Falle zu stellen und der Polizei auszuliefern.

Die schwarze Limousine heißt der etwas unheilvoll klingende deutsche Titel von Gardners Roman aus den späten Vierzigern. Die Verfilmung fängt eigentlich recht vielversprechend an, verflacht aber leider gegen Ende zu auf geradezu schon kitschige Weise. Wie immer, so hat man hier einiges aus der komplexen Buchvorlage gestrichen, leider aber auch im Prinzip wesentliche Dinge. Dass der Täter nicht alleine gehandelt, sondern noch einen Kumpan hatte, ist sicher verschmerzbar, ebenso das Auffinden der Leiche in Sheilas Wohnung statt in einer Garage oder auch das Einführen der missgünstigen Mrs. Cromwell, die es so gar nicht gab. Das Auffinden der Fingerabdrücke von Perry Mason auf der Tatwaffe wurde im Film zwar auch angeschnitten (ohne ihn aber zu identifizieren), aber dann offensichtlich vergessen. Pikanterweise gab es dann im Buch den paradoxen Fall, für die Fahrerflucht zwei in Frage kommende Schuldige ermittelt zu haben, die alle beide diesen Vorfall gestanden hatten – das entfiel leider völlig im Film, obwohl sich ja auch der irgendwie missratene deutsche Titel auf diesen Fakt zu beziehen schien. Das Buch kann mit jeder Menge mehr Personen und Verwicklungen aufwarten, gerade in diesem Werk Gardners legt der Autor am Ende eine eher ungewöhnliche Sorgfalt an den Tag, die Geschehnisse aufzuklären und die konstruierten Fake-Alibis der Beteiligten über viele Seiten lang zu entwirren. So was nachvollziehbar in ein Filmdrehbuch zu packen ist wohl schlecht möglich, trotzdem hätte man sich vielleicht etwas Besseres einfallen lassen können als den eher plumpen Trick im Stile von Hart aber Herzlich am Ende der Episode, der den Täter überführen sollte. Im Roman hat Mason dem Mörder übrigens auch eine Falle gestellt, was den zur Flucht veranlasste, wobei Leutnant Tragg Mason kurzerhand zum Hilfssheriff ernannte, auch nicht das einzige Mal. Der Schluss mit dem veräppelten Versicherungsagenten ist etwas albern geraten, wiewohl der literarische Mason und mit ihm sein Schöpfer an den Vertretern dieser Branche auch kein sonderlich gutes Haar lassen. Auch hier trickst Perry im Interesse seines angefahrenen Nebenrollen-Mandanten die oberschlauen Versicherungsleute gehörig aus.
Leider ist der 18. Fall der Serie etwas flach geraten, da wäre wohl mehr zu machen gewesen, allerdings ist es immer noch eine unterhaltsame Sache.

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 643

03.07.2020 16:29
#41 RE: Recht haben und bekommen: Die Fälle von Perry Mason Zitat · Antworten

Episode 19 – Der Fall mit dem verfolgten Verfolger

In der letzten Folge der ersten Perry-Mason-Staffel gerät wieder mal eine junge Frau in Nöte. Anhalterinnen leben gefährlich, das bekommt auch Claire Olgar zu spüren, der der betrunkene Führer eines Wagens während der Fahrt an die Wäsche will. Dabei kommt es zu einem Crash mit einem Lastwagen, dessen Fahrer tödlich verunglückt, während sich die bewusstlose Claire am Steuer des unfallverursachenden Autos wiederfindet, vom fremden Belästiger keine Spur… Hamilton Burger, vom Schicksal des zu Tode gekommenen Familienvaters auch (seltenerweise) menschlich berührt, klagt die verletzte Miss Olgar wegen Totschlags an. Claires beste Freundin Doris Stephanek setzt sich sehr engagiert bei Perry Mason für die Beschuldigte ein, der übernimmt die Verteidigung und stößt bald auf den Filmproduzenten Jerry Heywood, dem der vermeintlich gestohlene Unfallwagen gehörte. Heywood ist nicht sehr kooperativ, der Dieb des Autos, ein gewisser Michael Greeley, wird bald aufgefunden, allerdings ermordet, und dazu auch noch in Clairs Appartement. Nun hat sie auch noch eine Mordanklage am Hals, ihre Freundin Doris bemüht sich nach Kräften, Perry Mason zu unterstützen, der Greeleys Witwe ausfragt, solange diese noch nicht von der Polizei verhört wurde. Derweil macht sich die inkognito ermittelnde Doris an Heywoods nicht sonderlich liebenswerten Diener Tanner heran, und findet in einem Hotelzimmer den nächsten Toten, kurz vor Perry Mason. Perry hat alle Mühe, seine eigenen Spuren zu verwischen und den Täter zu finden, was ihm dann aber trotz allerlei Tricks der Anklage vor vollem Gerichtssaal wieder bravourös gelingt.

Der deutsche Titel des hier verfilmten Krimis lautet Der Mann im Smoking und bezieht sich auf den geflüchteten Unfallverursacher am Anfang. Denn, wie Perry Mason nachdenklich feststellt, was hat ein Mann im feinsten Zwirn spätabends auf einer abgelegenen Landstraße zu suchen ? Für Anmachversuche an einsamen Anhalterinnen hat er sich bestimmt nicht so chic angezogen. Das soll aber nicht das einzige Rätsel bleiben, auch dieser 1941 erschienene Roman ist wieder voll von Mysterien, Personen und Spuren. Hier muss sich Mason in Punkto Frauenpower nur auf seine Sekretärin Della verlassen, denn eine helfende beste Freundin der Angeklagten gab es in dieser aktiven Form nicht. Möglicherweise hat man aus deren Roman-Namen Stephane Claire die Beschuldigte Claire Olgar und deren Freundin Doris Stephanek gemacht. Eine phantomhafte Gestalt namens Spinney sowie eine ähnlich nebulöse Frau hat man lieber gleich weggelassen, genau wie andere ausschmückende Details im Buch. Paul Drake hat das gewohnte Schicksal, von dem korrekten aber unnachgiebigen Leutnant Tragg in die Mache genommen zu werden, da seine Mitarbeiter wieder mal die ersten am Tatort waren, was gar nicht selten vorkommt und stets die gleichen Komplikationen mit sich bringt, aber hier nicht weiter erörtert wird. Aber zwei bedeutsame Sachverhalte des Kriminalromans hat man dankenswerterweise übernommen: ein lippenstiftverschmiertes Herren-Oberhemd sowie eine Feder aus einem Kopfkissen, das als Schalldämpfer verwendet wurde. Diese im Zusammenhang mit der Handlung im ersten Moment irreführenden Indizien ergeben nach den Schlussfolgerungen des umtriebigen Strafverteidigers ein stimmiges Bild, das direkt zum Täter führt.
Die 19. Folge ist zusammen mit der Vorgängerepisode bisher die einzige, in der noch im Laufe der Handlung ein weiterer Mord geschieht. Außerdem ist besonders im Buch sehr deutlich zu spüren, wie sehr in den USA die Polizei mit der Anklagebehörde zusammenarbeitet und mitunter auch Fakten unterdrückt, die zur Entlastung der Beschuldigten führen könnten, was Wunder, wenn die Verteidigung auch mal zu unsauberen Tricks greifen muss.
Das Geheimnis um den Smokingträger ist noch einmal eine starker und kriminalistisch recht ausgefeilter Film-Fall der Erlebnisse von Mason und seinen Getreuen.

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 643

04.07.2020 08:36
#42 RE: Recht haben und bekommen: Die Fälle von Perry Mason Zitat · Antworten

Betrachtung zur ersten Staffel:

Die ersten 19 Fälle des bekannten Strafverteidigers Perry Mason sind eine durchweg gute Unterhaltung. Besonders lobend muss hervorgehoben werden, dass die von dem sehr arbeitsamen Autor Erle Stanley Gardner erfundene Hauptfigur durch die Darstellung von Raymond Burr wirklich wie eine hundertprozentige Verkörperung wirkt. Da hätte man wohl kaum einen Besseren finden können, was das Aussehen, aber auch das Spiel betrifft. Barbara Hale als Della Street hat einen eher recht spröden Charme, der der Buch-Della meines Erachtens nach nicht ganz entspricht, die dort viel weiblicher gezeichnet wird. Paul Drake mit seiner ewig schlaffen Gestalt findet durch William Hopper sicher auch nicht das genaue Ebenbild, während Perrys größter Kontrahent vor Gericht, der Ankläger Hamilton Burger, im Original ein großer massiger Mann mit Stiernacken ist, der Mason offenbar persönlich verabscheut. So weit geht der eher schlankere William Talman in den Filmen eigentlich nie, manchmal findet sich sogar noch Gelegenheit für ein privates Gespräch mit seinem Kontrahenten. Sicher ist die größte äußerliche Abweichung bei Ray Collins alias Leutnant Tragg zu finden, der wesentlich älter und verschiedener als Burr ist, obwohl er nach den wenigen Hinweisen in den Büchern vom Alter und auch vom Aussehen her dem Anwalt sehr ähnlich ist. Na, sei es drum, die Schauspieler machen ihre Sache alle gut.
Wie schon immer mal bemerkt, sind die Filme für Perry Mason selber eigentlich nie so dramatisch wie die Romanvorlagen, wo es für ihn meist auch um Kopf und Kragen geht, weil er sich häufig außerhalb der Legalität bewegt. Das tut Burr so richtig leidenschaftlich eigentlich nur mal in der zehnten Episode, wo er vom unbefugten Eindringen in fremde Wohnungen gar nicht lassen kann.
Der Ton der Romane ist nie so liebenswert versöhnlerisch wie in den Filmen, mit dem stets humoristischen «familiären» Ende, das für amerikanische Serien wohl Standard ist. Auch die mitunter sehr heftig und verzweifelt ausgetragenen Rededuelle im Gerichtssaal zwischen Anklage und verteidigung sind stark abgemildert und auf das Wesentlichste beschränkt. Positiv ist zu vermerken, dass ab und zu eine verständlichere Erklärung für die Taten am Schluss erfolgt, als es mitunter bei Gardners Werk der Fall ist.
Obwohl Mason und seine Sekretärin Della in keinem der Romane miteinander je etwas tun, was man nicht auch unbesorgt beim Priesterseminar vorlesen könnte, ist ihre Beziehung doch trotzdem von großer Vertrautheit auch über das Büro hinaus und sicher auch einer unterschwelligen erotischen Anziehung gezeichnet, die sich hin und wieder auch mal vorsichtig artikuliert. Film-Della lässt sich demgegenüber aber nur mal kurz in einer der letzten Episoden zu einem Küsschen für ihren Chef hinreißen, für die andere Wange gibt es dann schon nichts mehr… Natürlich sind die Moralvorstellungen in Amerika auch besonders hoch.
Im Prinzip wurden alle Folgen der Serie im Hinblick auf die Bücher vereinfacht, was bei deren häufig sehr verschachtelten Handlung kein Wunder und schlicht notwendig ist; die Einführung gänzlich neuer Personen oder Sachverhalte ist dagegen meiner Ansicht nach meist nicht sonderlich gelungen.

Richtig schlechte Folgen gibt keine, meine Einschätzung für ein Ranking würde wohl ähnlich wie die von @Gubanov sein.
Die besten Folgen wären, mal subjektiv festgelegt:

-Episode 13: Der Fall mit der Laus im Pelz (sehr spannende Handlung)
-Episode 15: Der Fall mit dem blutigen Rächer (hohe Vorlagentreue – allerdings zugegebenermaßen nicht Gardners bestes Werk)
-Episode 19: Der Fall mit dem verfolgten Verfolger (kriminalistisch sehr interessant)

Am unteren Ende rangieren eher:

-Episode 4: Der Fall mit der ertrinkenden Ente
-Episode 11: Der Fall mit der schiefen Kerze
-Episode 18: Der Fall mit dem doppelten Alibi

Hier wurden die durchaus starken Romane leider sehr abgeändert und verflacht, so dass nicht mal der Titel der Folgen richtig im Bezug zum eigentlichen Geschehen steht. Übel sind die Filme deswegen aber noch lange nicht.

Bis jetzt eine schöne Reihe, die ja noch viele Nachfolger fand.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

04.07.2020 10:55
#43 RE: Recht haben und bekommen: Die Fälle von Perry Mason Zitat · Antworten

Vielen Dank, @Dr. Oberzohn, für deine interessante Aufarbeitung der ersten "Perry Mason"-Halbstaffel. Ich habe die Texte gern und mit großem Interesse gelesen, weil mir selbst das Hintergrundwissen zu Gardners Romanen völlig fehlt und ich so detaillierte Infos zur Umsetzung der Buchvorlagen auch nirgendwo anders gefunden habe, obwohl sonst schon viel über Perry Mason geschrieben wurde. Da hast du wirklich Pionierarbeit geleistet.


Machst du später mit den nächsten Folgen weiter? Bzw. bis wann konnte man für die Serie eigentlich überhaupt auf Gardner-Vorlagen zurückgreifen, bevor diese ausgingen und man sich komplett neue Stoffe ausdenken musste?

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 643

04.07.2020 23:05
#44 RE: Recht haben und bekommen: Die Fälle von Perry Mason Zitat · Antworten

Zitat von Gubanov im Beitrag #43
Machst du später mit den nächsten Folgen weiter? Bzw. bis wann konnte man für die Serie eigentlich überhaupt auf Gardner-Vorlagen zurückgreifen, bevor diese ausgingen und man sich komplett neue Stoffe ausdenken musste?


Ich hatte eigentlich gehofft, dass du mal bei der zweiten Staffel von Teil Eins eine ähnlich gelungene Vorarbeit leistet wie bei dem ersten Teil und ich mich dann sozusagen an den Zug dranhänge... Oder, wir machen es im Duett, immer mal, wenn Zeit ist ?

Wenn man dem Internet glauben kann, dann besteht der gesamte erste Teil (39 Folgen) bis auf drei Ausnahmen nach Vorlagen von Gardner, die Ausnahmen müssten jetzt in der zweiten Staffel zu finden zu sein.
In Teil Zwei, ebenfalls 39 Folgen, ist der Anteil der Gardner-Originale schon auf ein Drittel zusammengeschrumpft. Aber so weit sind wir ja noch nicht...

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