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Dieses Thema hat 3 Antworten
und wurde 712 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker national
Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

15.08.2015 13:18
Der Schleier fiel ... (1960) Zitat · Antworten

BEWERTET: "Der Schleier fiel" (Deutschland 1960)
mit: Vera Tschechowa, Hartmut Reck, Karl Lieffen, Monika John, Hans Reiser, Franziska Kinz, Edgar Wenzel, Peter Sandner, Hans Elwenspoek, Gernot Duda, Sybille Brunner u.a. | Drehbuch: Heinz Werner John und Alexander Golling nach einer Idee von Gisela John | Regie: Paul May

Robert Freitag arbeitet als Kraftfahrzeugmechaniker, möchte sich aber lieber als professioneller Motorradrennfahrer sein Geld verdienen. Seine Freundin Lisa, die als Arbeiterin in einer Möbelfabrik tätig ist, unterstützt ihn dabei. Die beiden jungen Leute glauben fest an eine gemeinsame Zukunft und setzen sich gegen die Bedenken ihres Umfelds durch. Als Robert eines Nachts im Nebel einem LKW ausweichen muss und dabei einen Fußgänger rammt, flieht er vom Unfallort und lässt den Verletzten auf der Straße liegen. Ein nachkommender Lastwagen überfährt den Mann und tötet ihn. Nun wird Robert wegen Verkehrsmordes gesucht und gerät immer tiefer in den Sog aus Vertuschung, Verleugnung und Erpressung....



Die beiden gebürtigen Berliner Vera Tschechowa (*1940) und Hartmut Reck (1932-2001) zeichnen ein Liebespaar, das in seiner Münchner Umgebung fremd und isoliert wirkt. Neben bayerischen Darstellern wie dem Lausbuben Peter Sandner und der Schnatterliesel Monika John (beide "Funkstreife Isar 12") zeichnet sich früh ab, dass das reservierte Paar in gegenseitiger Unterstützung und Loyalität stark ist, jedoch anfällig für verzweifelte Unüberlegtheit. Die Nerven spielen beiden einen Streich, wenn es darum geht, Ruhe zu bewahren und bei den richtigen Leuten Rat zu holen. So verrennen sie sich immer mehr in Widersprüchen, bis ihre Beziehung zu zerbrechen droht. Die Intensität, mit der Tschechowa und Reck ihren Rollen Nachdruck verleihen, lässt auf die Innigkeit schließen, in der beide auch im privaten Leben verbunden waren. Da gibt es keine Koketterie, kein launisches Hin und Her aus gekränkter Eitelkeit oder einem Kräftemessen der Geschlechter.

Dem Endprodukt sieht man an, dass die Ideen mehrerer Kreativer umgesetzt wurden. Deshalb kommt es immer wieder zu Stimmungswechseln, die den geradlinigen Kriminalplot aufbrechen und die Handlung verzögern. Das ist im Besonderen in den Szenen mit Karl Lieffen und seiner Verbrechergefolgschaft der Fall, die oft in düsteren Tanzlokalen spielen und der sich keiner Peinlichkeit zu schade gebenden Monika John ausreichend Platz einräumen. Hans Reisers sensibler Gestaltung des Kaplans wird nur am Rande die Möglichkeit größerer Entfaltung gegeben. Hier zeigt sich erneut, dass es dem Drehbuch zumeist schadet, wenn eine Vielzahl von Einfällen und Wünschen untergebracht werden soll. Der Güte der Zusammenarbeit der Hauptdarsteller tut dies jedoch keinen Abbruch. Ebenso weisen die nächtlichen Szenen auf den Straßen eine hohe atmosphärische Dichte auf. Die Dialoge zwischen Reck und Tschechowa werden zudem von einer großen Natürlichkeit bestimmt. Das Paar wirkt dadurch noch authentischer und angenehmer in seiner Erscheinung.

Kompromisslos und ausführlich erzählt "Der Schleier fiel" die Konsequenzen einer Fahrerflucht, die den großen Traum eines jungen Paares zerstört. In eindringlichen Bildern lassen Tschechowa und Reck den Zuschauer an der Momentaufnahme ihres Lebens teilhaben, die schonungslos ehrlich ausfällt und noch lange nach dem Abspann nachhallt. 4 von 5 Punkten.

Georg Offline




Beiträge: 3.263

15.08.2015 14:19
#2 RE: Der Schleier fiel ... (1960) Zitat · Antworten

Lange nicht gesehen, aber schauspielerisch habe ich den Film v.a. wegen Hartmut Reck und Karl Lieffen sehr gut in Erinnerung. Mays Inszenierung fand ich etwas behäbig.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

15.08.2015 14:24
#3 RE: Der Schleier fiel ... (1960) Zitat · Antworten

Positiven Einfluss auf die Handlungselemente hatte sicher Regieassistent Hans Stumpf. Ich fand die Folgen innerhalb der Reihe "Kommissar Freytag", welche von ihm inszeniert wurden, vom kriminalistischen Standpunkt aus immer spannender als jene von Michael Braun.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

12.10.2015 20:45
#4 RE: Der Schleier fiel ... (1960) Zitat · Antworten

Zitat von Georg im Beitrag #2
Lange nicht gesehen, aber schauspielerisch habe ich den Film v.a. wegen Hartmut Reck und Karl Lieffen sehr gut in Erinnerung. Mays Inszenierung fand ich etwas behäbig.

Diesem Urteil möchte ich mich im Wesentlichen anschließen.



Der Schleier fiel ...

Kriminalfilm, BRD 1960. Regie: Paul May. Drehbuch: Heinz Werner John, Alexander Golling. Mit: Vera Tschechowa (Lisa Roth), Hartmut Reck (Robert Freitag), Hans Reiser (Kaplan Rieder), Franziska Kinz (Frau Freitag, Roberts Mutter), Monika John (Betty), Karl Lieffen (Populescu), Edgar Wenzel (Karli Specht), Sibylle Brunner (Lisas Kollegin), Peter Sandner (Peter), Gernot Duda (Schorsch) u.a. Uraufführung: 26. April 1960. Eine Produktion der Astra-Filmkunst im Bavaria-Filmverleih.

Zitat von Der Schleier fiel ...
Für Robert Freitag sind seine Rennfahrer-Ambitionen ein Ausweg aus der Misere des kleinbürgerlichen Lebens. Auch seiner Braut Lisa ist daran gelegen, den eintönigen Alltag hinter sich zu lassen. Die Seifenblasen der jungen Leute zerplatzen allerdings an der bitteren Realität: In einer Nebelnacht fährt Bobbi mit seinem Motorrad einen Fußgänger über den Haufen und begeht Fahrerflucht. Zunächst behalten die beiden das Geheimnis für sich, doch schneller, als ihnen lieb ist, kommt ihnen der Erpresser Populescu auf die Schliche ...


Die Liebesgeschichte, die im Zentrum des Films steht, entbehrt insofern nicht gewisser Parallelen zur klassischen Tragödie, als sich Robert und Lisa durch ihre träumerischen und unüberlegten Persönlichkeiten von Anfang an dafür anbieten, dass der rauhe Alltag ein Exempel an ihnen statuiert. In einer Abwärtsspirale gefangen, kämpfen beide nicht nur um die zu zerbrechen drohende Zuneigung zueinander, sondern auch um ihre Auffassungen von Freiheit und Unschuld. Anstatt sich jedoch freizustrampeln, verheddern sie sich mit jeder Reaktion auf das Geschehene nur weiter in einem unheilvollen Netz aus Erpressung und Verrat, Hoffnungslosigkeit und Resignation. „Der Schleier fiel ...“ fügt dem eine realistische Milieuzeichnung hinzu, die zwischen Fabrikarbeit und Hinterhofwohnung den passenden drückenden und deprimierenden Rahmen für das Drama liefert.

Stark in ihrer Verzweiflung und Kurzsichtigkeit geben sich Hartmut Reck und Vera Tschechowa. Vielleicht überzeugen die beiden Jungdarsteller, weil das, was man auf dem Bildschirm sieht, nicht auf Drehbuch und Zelluloid beschränkt war: Einer Romanze der beiden im Jahr des Filmdrehs entstammt der gemeinsame Sohn Nikolaus; eine vor allem von Vera beabsichtigte Heirat kam dennoch nach Intervention ihrer Mutter, die Reck für einen unberechenbaren Gewalttäter und Trinker hielt, nicht zustande. Auch die Filmhandlung schreibt Robert Freitag und Lisa Roth ein ständiges Auf und Ab vor, einen Verlust und ein Wiedergewinnen von Vertrauen und Loyalität, eine verhängnisvolle Abhängigkeit voneinander. Von diesen beiden Rollen lebt der Film, auch wenn Karl Lieffen, Edgar Wenzel und Franziska Kinz ebenfalls einprägsam spielen. Monika John strapaziert hingegen die Nerven des Zuschauers, während dieser sich fragt, welche Funktion eigentlich der von Hans Reiser gespielte Kaplan haben soll. Wurde seine Rolle zwischendrin einfach vergessen?

Mit überzeugender Story und Schauspielerei hätte „Der Schleier fiel ...“ weit springen können, wenn die Regie nicht in die Hände des oft sehr betulich inszenierenden Paul May gelegt worden wäre. Hierin liegt der Grund, dass der Film trotz guter Voraussetzungen – und das ist bei seiner Thematik auch im wahrsten Sinne des Wortes eine Schande – zu keinem Zeitpunkt an Fahrt aufnimmt. Die Szenen ziehen sich, sodass sie manchmal direkt unangenehm anzuschauen sind; Dynamik möchte nie aufkommen; Schlüsselszenen werden kaum von Füllmaterial abgegrenzt und Letzterem ohnehin merklich zu viel Rampenlicht geboten. Dies ist vor allem deshalb bedauernswert, weil durch die Längen der Produktion auch deren B-Film-Charakter betont wird, der sich in relativ nichtssagenden, eher televisionären Außenaufnahmen sowie dem Fehlen wirklich großer Starnamen manifestiert.

Hätte es nur an Tschechowa und Reck gelegen, wäre „Der Schleier fiel ...“ (genau wie Bobbis Rennfahrerkarriere) ein Erfolg auf ganzer Linie geworden. Ironischerweise scheitern ihre Rollen genauso wie die Hauptdarsteller selbst an widrigen Umständen, die auf filmischer Ebene vor allem in der unambitionierten Herangehensweise des Regisseurs zu verorten sind. Eindringlich ist der Krimi fürwahr – ein wirklich beeindruckendes Filmdokument sieht jedoch anders aus. 3 von 5 Punkten.

Von leichter Spoileritis befallen (bei dem vorhersehbaren Ende weniger schlimm), urteilt der Filmdienst:

Zitat von Filmdienst.de: Der Schleier fiel ...
Ein junger Motorradfahrer überfährt im Nebel einen Fußgänger und findet nicht den Mut, sich um den Verletzten zu kümmern. Aus der alltagsnah geschilderten Fahrerflucht entwickelt das Drehbuch einen Erpressungsroman, der bis zur tödlichen Verfolgungsjagd am Schluss deutsches Durchschnittskino bleibt.

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