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Dieses Thema hat 30 Antworten
und wurde 3.058 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker national
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Lord Peter Offline




Beiträge: 621

29.05.2015 21:19
Kommissar Maigret - Radiohörspiele Zitat · Antworten

Angesichts der VÖ der Rupert Davies-TV-Serie habe ich mir mal wieder ein paar Maigret-Hörspiele zu Gemüte geführt, die ich hier - gestaffelt nach dem jeweiligen Maigret-Sprecher - vorstellen möchte. Den Anfang macht Paul Dahlke, der 1961 in insgesamt 6 Hörspielen des BR dem Kommissar seine Stimme lieh:

1. Maigret und seine Skrupel
2. Maigret und der gelbe Hund
3. Maigret und die Bohnenstange
4. Maigret und die Groschenschenke
5. Maigret und sein Revolver
6. Maigret und die Unbekannte

Dahlkes Maigret ist von eher ruhiger, bedächtiger Art, jedoch hartnäckig und kann auch schon mal aus der Haut fahren oder bestimmt werden, wenn es die Umstände erforden. Auf der anderen Seite kann er aber auch durchaus väterlich und verständnisvoll agieren. Dahlke legt die Meßlatte hier sehr hoch, an ihm müssen sich bei mir alle folgenden (und sogar ein früherer) Sprecher messen. Abgesehen davon hätte er wohl auch auf dem Bildschirm einen überzeugenden Maigret abgegeben.
Zur Seite steht ihm ein sorgfältig besetzter Stamm von festen Nebenrollen: Traute Rose (Frau Maigret), Reinhard Glemnitz (Inspektor Lucas), Rolf Boysen (Inspektor Janvier) und Heini Göbel (Bürodiener Jean), so stellt sich auch schnell ein Gefühl der Vertrautheit ein. Doch auch in den Gastrollen wird geklotzt ohne Ende, hier ist auch wirklich jeder zu hören, der damals Rang und Namen hatte: Wolfgang Büttner, Eva-Maria Meineke, Paul Bürks, Klausjürgen Wussow, Wolf Ackva, Benno Sterzenbach, Hans Clarin, Hanne Wieder, Wolfgang Reichmann, Ingrid van Bergen, Horst Frank, Klaus W. Krause, und und und.
Für die Skripte zeichnete kein geringerer als Gerd Westphal verantwortlich, der hier allerdings seine eigenen Bearbeitungen für den SWF von 1959 (dazu später mehr) in leicht bearbeiteter Form recycelte. In jeweils knapp 55 Minuten bleibt wenig Zeit für Abschweifungen, man kann sich auf den Fall konzentrieren und die hervorragenden Sprecherleistungen genießen. Heinz-Günter Stamm (Hörspiel-Fans kennen ihn auch von den Sherlock Holmes-Vertonungen des BR mit Peter Pasetti) inszeniert die Fälle ruhig, aber durchaus spannend. Action-Feuerwerke sind natürlich nicht zu erwarten, die Stärke liegt hier bei den Dialogen und ihren Darbietungen. Die Untermalung mit Geräuschen und Musik fällt dezent, aber durchaus überzeugend aus.

Im Handel erhältlich sind leider nur die ersten vier Hörspiele, innerhalb der Box "Maigret - Die besten Fälle" aus dem Audio-Verlag. Ich kann sie nur empfehlen. Wie nur Rene Deltgen Hörspiel-Paul Temple war, so war Paul Dahlke für mich der einzige Hörspiel-Maigret. Empfehlung, es lohnt sich!

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

29.05.2015 21:28
#2 RE: Kommissar Maigret - Radiohörspiele Zitat · Antworten

Zitat von Lord Peter im Beitrag #1
Im Handel erhältlich sind leider nur die ersten vier Hörspiele, innerhalb der Box "Maigret - Die besten Fälle" aus dem Audio-Verlag.

Die habe ich auch im Regal stehen. Wusste gar nicht, dass es noch weitere Maigret-Hörspiele mit Paul Dahlke gibt. Seltsam, dass man die nicht mit in die Box packte, wenn sie doch vom gleichen Radiosender und sogar aus demselben Produktionsschwung stammen. Gleichzeitig muss ich gestehen, dass ich nicht einmal mit Sicherheit sagen könnte, ob ich alle vier Hörspiele bereits gehört habe. Die Dahlke-Reihe fand ich bisher eher ganz nett so zum nebenbei Abwaschen - die ultimativen Maigret-Hörspiele (oder vielmehr: szenische Lesungen), auf die du später sicher auch noch zu sprechen kommen wirst, sind für mich die mit Christian Berkel und Friedhelm Ptok von 2003. Da sieht man, was Frühgewöhnung (diese acht Titel waren meine ersten Begegnungen mit Maigret) alles bewirken kann.

Lord Peter Offline




Beiträge: 621

29.05.2015 21:59
#3 RE: Kommissar Maigret - Radiohörspiele Zitat · Antworten

Zitat von Gubanov im Beitrag #2
Wusste gar nicht, dass es noch weitere Maigret-Hörspiele mit Paul Dahlke gibt. Seltsam, dass man die nicht mit in die Box packte, wenn sie doch vom gleichen Radiosender und sogar aus demselben Produktionsschwung stammen.

Dies führt mich direkt zum nächsten Sprecher - Leonard Steckel.

1959 (also zwei Jahre vor Dahlke) inszenierte Gert Westphal für den SWF bereits dieselben sechs Fälle, in denen später auch Dahlke agierte. Leonard Steckel ist ein abgeklärter, resignierter Maigret, der stellenweise sogar etwas gelangweilt rüberkommt, und aufgrund der recht blassen Stimmen in den Nebenrollen (am bekanntesten dürfte noch Heinz Schimmelpfennig als Inspektor Lucas sein) sowie der behäbigen (später für den BR deutlich gestrafften) Bearbeitungen plätschern die Fälle hier eher so dahin, Heinz-Günter Stamm präsentierte die Geschichten deutlich packender.

Auf CD erschienen die beiden letzten Fälle, "Maigret und sein Revolver" sowie "Maigret und die Unbekannte". Beide wurden in den Boxen "Best of Maigret & Co" und "Maigret - Die spannendsten Fälle" aus dem Audio-Verlag veröffentlicht - womit geklärt sein dürfte, warum man die entsprechenden Dahlke-Vertonungen nicht herausbrachte. Schade, denn für meinen Geschmack sind die BR-Vertonungen deutlich besser gealtert. Glücklicherweise konnte ich die Dahlke-Fassungen inzwischen auftreiben.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

29.05.2015 22:06
#4 RE: Kommissar Maigret - Radiohörspiele Zitat · Antworten

Ah ja, das erklärt die fehlenden Veröffentlichungen. Der Audioverlag bekleckert sich mit seiner Devise, jeden Stoff nur einmal zu veröffentlichen, nicht unbedingt mit Ruhm. Das gleiche Phänomen trat auch bei den Sherlock-Holmes-Hörspielen auf, bei denen diejenigen Titel mit Alexander Kerst nicht veröffentlicht wurden, die auch als Adaptionen mit Peter Pasetti vorliegen, z.B. "Der blaue Karfunkel". Wobei man dort wenigstens "die richtigen" veröffentlichte und "die richtigen falschen" unter den Tisch fallen ließ.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

30.05.2015 01:20
#5 RE: Kommissar Maigret - Radiohörspiele Zitat · Antworten

Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel, wenn ich mich so offensiv an deinen Thread anhänge, aber dein Lob für die Paul-Dahlke-Maigrets verleitete mich umgehend zu einem Griff zu den entsprechenden CDs:



Maigret und seine Skrupel (Les scrupules de Maigret)

Kriminalhörspiel, BRD 1961. Regie: Heinz-Günter Stamm. Vorlage (1957): Georges Simenon. Bearbeitung: Gert Westphal. Mit: Paul Dahlke (Kommissar Maigret), Traute Rose (Frau Maigret), Reinhard Glemnitz (Inspektor Lucas), Rolf Boysen (Inspektor Janvier), Heini Göbel (Bürodiener Jean), Hans Zesch-Ballot (Chef der Kriminalpolizei), Werner Hessenland (Staatsanwalt), Wolfgang Büttner (Xaver Marton), Eva-Maria Meineke (Gisèle, seine Frau), Ingrid Pan (Jenny, seine Schwägerin) u.a. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks.

Zitat von Maigret und seine Skrupel
Eine hübsche Ehe führen die Martons! Er, Spielwarenverkäufer in einem Pariser Kaufhaus, verdächtigt sie, ihn umbringen zu wollen, weil sie neuerdings Rattengift im Hause hat. Und anstatt miteinander zu reden, schwärzt er sie bei Kommissar Maigret an, der sich daraufhin um Xaver Martons Geisteszustand sorgt. Wer wird als Täter, wer als Opfer aus diesem Kräftemessen hervorgehen? Bald taucht neben dem Gift noch eine Pistole und neben der Ehefrau auch noch die Schwägerin im Puzzlebild des Falles auf ...


Es mag ein persönlicher Einspruch sein, aber das Intro zu dieser Reihe fand ich seit dem ersten Hören recht merkwürdig. Die schneidenden Akkorde wirken allzu hart für den routinierten Menschenversteher Maigret – Herbert Jarczyk formte mit seiner Komposition eher das Bild eines im Stechschritt marschierenden Musterbeamten, mit dem die Figur von Simenon ja nun gar nichts zu tun hat. Der sonderbare Titel der BR-Reihe – nicht etwa „‚Maigret’ von George Simenon“, nein: „‚Maigret und’ von George Simenon“ – fügt sich da in das anfänglich etwas un(d)stimmige Bild ein. Ebenso wie ein arg deutschlastiges Flair, wenn aus den fließenden Lauten des französischen „Xavier“ ein bairisch angehauchter „Ksafer“ wird, der Psychiater munter das R rollt und Frau Maigret von einer „Abmagerungskur“ spricht.

Doch die Dinge entwickeln sich zum Guten im Laufe des Hörspiels. Ob sich die Sprecher bessern oder man sich als Zuhörer einfach an den Charme des Unvollkommenen gewöhnt, sei dabei dahingestellt. Jedenfalls zieht einen die in „Maigret und seine Skrupel“ vorgetragene Geschichte ordentlich in ihren Bann, stellt sie doch ein typisches Simenon’sches Beziehungsdreieck dar, in der vor menschlichen Abgründen ebenso wenig zurückgeschreckt wird wie vor Tabuthemen. Die Impotenz des Mannes ergänzt sich auf vielsagende Weise mit seinem kindlichen Beruf und den Schilderungen der Schwägerin, die Maigret für seine Geliebte hält, die in ihren eigenen Worten aber nicht von Liebe spricht, sondern den naiveren Begriff „Vertrauen“ wählt.

Amüsant gestalten sich die Nacherzählungen der Undercover-Ermittlungen im Kaufhaus und im Unterwäschegeschäft. Was etwas schwierig bei einer Hörspielfassung ist, ist allerdings die von Simenon stets umfangreich gestaltete Staffelung des Polizeiapparats mit Maigrets vielen Kollegen, die akustisch nur schwer voneinander zu unterscheiden sind und sich zumindest in diesem Fall und dessen Adaption durch Gert Westphal so wenig durch individuelle Eigenschaften untereinander abgrenzen, dass man sie problemlos in einer Person hätte zusammenfassen können.

Lord Peter Offline




Beiträge: 621

30.05.2015 11:03
#6 RE: Kommissar Maigret - Radiohörspiele Zitat · Antworten

Zitat von Gubanov im Beitrag #5
Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel, wenn ich mich so offensiv an deinen Thread anhänge, aber dein Lob für die Paul-Dahlke-Maigrets verleitete mich umgehend zu einem Griff zu den entsprechenden CDs:

Aber nein, nur zu, für ausführliche Episodenbesprechungen fehlt mir oft einfach die Geduld. Aber ich kann ja die beiden nicht im Handel erhältlichen Folgen anhängen, sobald Du durch bist.
Zitat von Gubanov im Beitrag #5
Es mag ein persönlicher Einspruch sein, aber das Intro zu dieser Reihe fand ich seit dem ersten Hören recht merkwürdig. Die schneidenden Akkorde wirken allzu hart für den routinierten Menschenversteher Maigret – Herbert Jarczyk formte mit seiner Komposition eher das Bild eines im Stechschritt marschierenden Musterbeamten, mit dem die Figur von Simenon ja nun gar nichts zu tun hat. Der sonderbare Titel der BR-Reihe – nicht etwa „‚Maigret’ von George Simenon“, nein: „‚Maigret und’ von George Simenon“ – fügt sich da in das anfänglich etwas un(d)stimmige Bild ein. Ebenso wie ein arg deutschlastiges Flair, wenn aus den fließenden Lauten des französischen „Xavier“ ein bairisch angehauchter „Ksafer“ wird, der Psychiater munter das R rollt und Frau Maigret von einer „Abmagerungskur“ spricht.

Da muß ich Dir recht geben, beim ersten Hören war ich da auch etwas befremdet, aber man gewöhnt sich dran, und letztendlich überwiegen die positiven Aspekte. Vor 50 Jahren war man anscheinend der Meinung, Krimis müßten alle wie "Paul Temple" orchestriert werden und die Namen der Personen dürften nicht allzu fremdländisch klingen, ein (heute oft störender) Aspekt, der sich auch in vielen zeitgenössischen Synchronfassungen zeigt.
Zitat von Gubanov im Beitrag #5
Was etwas schwierig bei einer Hörspielfassung ist, ist allerdings die von Simenon stets umfangreich gestaltete Staffelung des Polizeiapparats mit Maigrets vielen Kollegen, die akustisch nur schwer voneinander zu unterscheiden sind und sich zumindest in diesem Fall und dessen Adaption durch Gert Westphal so wenig durch individuelle Eigenschaften untereinander abgrenzen, dass man sie problemlos in einer Person hätte zusammenfassen können.

Das hat Westphal selbst wohl auch gemerkt, in den älteren Fassungen vom SWF ist neben Lucas und Janvier auch noch Lapointe dabei, dessen Parts hier unter den beiden Kollegen aufgeteilt wurden. Glemnitz und Boysen finde ich allerdings markant genug, um sie nicht zu verwechseln.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

30.05.2015 11:38
#7 RE: Kommissar Maigret - Radiohörspiele Zitat · Antworten

Zitat von Lord Peter im Beitrag #6
Das hat Westphal selbst wohl auch gemerkt, in den älteren Fassungen vom SWF ist neben Lucas und Janvier auch noch Lapointe dabei, dessen Parts hier unter den beiden Kollegen aufgeteilt wurden. Glemnitz und Boysen finde ich allerdings markant genug, um sie nicht zu verwechseln.

Das ist in der Tat schonmal ein Fortschritt. Und stimmt: Glemnitz' Stimme kann man wohl um keinen Preis der Welt mit einer anderen verwechseln. Schaut man sich jedoch die Besetzunglisten aller vier verfügbaren Folgen an, so kommen zu Lucas und Janvier noch Moers, der Bürodiener Jean und der Chef der Kriminalpolizei hinzu. Zusammen mit Maigret und seiner Frau sind das schon sieben Figuren, die außerhalb des Verdächtigenkreises stehen.

Lord Peter Offline




Beiträge: 621

30.05.2015 11:59
#8 RE: Kommissar Maigret - Radiohörspiele Zitat · Antworten

Zitat von Gubanov im Beitrag #7
Schaut man sich jedoch die Besetzunglisten aller vier verfügbaren Folgen an, so kommen zu Lucas und Janvier noch Moers, der Bürodiener Jean und der Chef der Kriminalpolizei hinzu. Zusammen mit Maigret und seiner Frau sind das schon sieben Figuren, die außerhalb des Verdächtigenkreises stehen.

Moers und der Chef treten aber nur ein- oder zweimal auf (genau wie Inspektor "Pechvogel" bzw. "Griesgram" Lognon in "Maigret und die Unbekannte", übrigens von Ulrich Beiger gesprochen). Streng genommen müßte man dann auch noch Dr. Paul, der einmal auftaucht, hinzufügen. Den Bürodiener Jean hätte man allerdings getrost streichen können, wobei der "Running Gag" mit dem Landschinken immerhin etwas zum Wiedererkennungswert beiträgt. Frau Maigret dagegen ist unverzichtbar!

Westphal hat Simenons "Personenflut" eigentlich ganz gut in den Griff bekommen, in den überarbeiteten BR-Fassungen noch etwas besser als beim SWF. Natürlich hilft es sehr,die Romane zu kennen, aber es ist nicht unbedingt notwendig, um den Geschichten folgen zu können.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

30.05.2015 13:05
#9 RE: Kommissar Maigret - Radiohörspiele Zitat · Antworten

Und hier der zweite Teil:

Maigret und der gelbe Hund (Le chien jaune)

Kriminalhörspiel, BRD 1961. Regie: Heinz-Günter Stamm. Vorlage (1931): Georges Simenon. Bearbeitung: Gert Westphal. Mit: Paul Dahlke (Kommissar Maigret), Traute Rose (Frau Maigret), Erik Schumann (Inspektor Leroy), Rolf Boysen (Inspektor Janvier), Bum Krüger (Bürgermeister), Max Mairich (Jean Servieres), Eva L’Arronge (Frau Servieres), Wolf Ackva (Le Pommeret), Klausjürgen Wussow (Dr. Michoux), Karl Lieffen (Albert) u.a. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks.

Zitat von Maigret und der gelbe Hund
Der Mord an einem Weinhändler in einem Küstenstädtchen im Norden Frankreichs stellt die ortsansässige Bevölkerung vor ein Rätsel. Maigret wird hinzugerufen, um zu helfen. Kurz nach seiner Ankunft wird ein Anschlag – ausgerechnet mit vergiftetem Wein – auf ihn und andere Ermittler verübt, der jedoch im letzten Moment auffliegt. Weitere Morde können hingegen nicht verhindert werden. Sie scheinen in Verbindung mit einem gelben Hund zu stehen, über dessen Herkunft niemand Bescheid weiß. Panik geht unter den Ortsbewohnern um ...


Das Abenteuer um den „gelben Hund“ ist eine der früheren Maigret-Geschichten. Ihr fehlt dementsprechend die Tiefe der Charaktere, wie sie vergleichsweise in „Maigret und seine Skrupel“ gegeben ist. Dafür erhält man einen großen Verdächtigenkreis, viele Verbrechen in einem Schwung und mit dem Motiv des herrenlosen Hundes ein Geheimnis, das an alte Sagen und Volkserzählungen erinnert. Für Rätsel ist also in reichlicher Menge gesorgt – das hohe Tempo dieses als uriger „Wirtshauskrimi“ angelegten Falls nimmt den Zuhörer von Anfang an mit.

Paul Dahlke ist eine solide Besetzung für Maigret und wäre das vielleicht sogar optisch in einer Film- oder Fernsehadaption gewesen. Seine Stimme passt gut zu der Selbstsicherheit, die Maigret ausstrahlt, lässt jedoch manchmal dessen Gelassenheit vermissen. Gert Westphals Adaptionen tun das Ihrige, um aus Maigret persönliche Charakteristika herauszukitzeln, z.B. wenn indem sie Maigret neben dem eigentlichen Fall bei der Essensbestellung im Gasthaus zeigen und aufdecken, dass er es mit seiner Spesenabrechnung nicht immer ganz genau nimmt.

Die Prominenz der Darstellerriege bis hin in die kleineren Rollen stellt sich recht beeindruckend dar; allerdings sollte man Prominenz nicht gleichwertig mit guten Sprechleistungen verstehen. Die Durbridges des WDR überzeugten schließlich auch immer, obwohl hinter René Deltgen nur recht wenige bekannte Personen in der Cast-Liste auftauchten. Umgekehrt bedeutet das nicht, dass die Leistungen in „Maigret und der gelbe Hund“ nicht lobenswert wären; doch manchmal fällt mir erst bei einem nachträglichen Blick ins Booklet auf, dass diese oder jene Rolle z.B. von Klausjürgen Wussow oder Lina Carstens gesprochen wurde. Wolf Ackva und Erik Schumann fallen dagegen gleich „ins Ohr“.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

30.05.2015 18:10
#10 RE: Kommissar Maigret - Radiohörspiele Zitat · Antworten

Maigret und die Bohnenstange (Maigret et la Grande-Perche)

Kriminalhörspiel, BRD 1961. Regie: Heinz-Günter Stamm. Vorlage (1951): Georges Simenon. Bearbeitung: Gert Westphal. Mit: Paul Dahlke (Kommissar Maigret), Traute Rose (Frau Maigret), Heini Göbel (Bürodiener Jean), Reinhard Glemnitz (Inspektor Lucas), Rolf Boysen (Inspektor Janvier), Albert Hehn (Moers), Hanne Wieder (Ernestine, die Bohnenstange), Hans Clarin (Alfred), Hanns Ernst Jäger (Guilleaume Serre), Gertrud Spalke (Madame Serre) u.a. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks.

Zitat von Maigret und die Bohnenstange
Ernestine, die Bohnenstange, wäre beinah in den Untiefen von Maigrets Gedächtnis verschwunden, käme die Prostituierte zehn Jahre nach dem peinlichen Zwischenfall mit dem Kommissar nicht mit einer besonders ausgefallenen Meldung zu ihrem alten Bekannten: Ihr Mann sei bei einem Einbruch im Haus eines respektablen Zahnarztes über eine Leiche gestolpert. Maigrets Nachforschungen ergeben, dass die Frau des Dr. Serre tatsächlich verschwunden zu sein scheint. Sowohl ihr Gatte als auch dessen Mutter haben etwas zu verbergen!


Hanne Wieder ist wirklich eine Traumbesetzung für die schnodderige Ernestine, die den Kommissar Maigret besser im Griff hat als dessen eigene Frau! Man ist zwar froh, die anzügliche Szene in der Rückblende nur in Form eines Hörspiels zu erleben, aber amüsiert sich dabei zugleich ganz fantastisch. Auch später, als Maigret mit Ernestine (bildlich gesprochen) unter einer Decke steckt, um die hochnäsigen Serres in die Pfanne zu hauen, gibt es viele Gelegenheiten zum Schmunzeln. Ebenso perfekt passt Hans Clarin in die Rolle ihres Ehemanns, des Trauerkloß-Einbrechers, der im Hörspiel wie im Roman Alfred heißt, vom Hörverlag und allen Internetquellen aber beharrlich als Albert bezeichnet wird.

Der Roman gehört zu den bekanntesten und am häufigsten umgesetzten. Ich freue mich immer wieder über neue Adaptionen, weil man da immer wieder schöne Vergleichsmöglichkeiten mit bereits bekannten Versionen erhält. Am besten hat mir bisher die Verfilmung mit Bruno Cremer gefallen, wobei das Hörspiel ebenfalls sehr gelungen ausfällt. Die Spannung bleibt durchgehend hoch, die Charaktere sind gut getroffen. Auch die zunehmende Verzweiflung Serres und die Wandlung seiner Mutter (Lob an Gertrud Spalke) hört man heraus. Lustigerweise habe ich aber trotzdem noch immer Christopher Benjamin als Gesicht für den Muttersöhnchen-Zahnarzt im Hinterkopf.

Ein wenig ärgerlich – gerade wenn man die Hörspiele nebenbei hört, statt sich intensiv nur auf sie zu konzentrieren – sind die sehr leise abgemischten Telefongespräche. Gerade Hans Clarin versteht man nur mit Mühe, wenn er von seinem nächtlichen Einbruchsabenteuer erzählt. Hier ist es wirklich von Vorteil, die Geschichte bereits zu kennen. Das ist aber ein verhältnismäßig geringer Einwand. Unterm Strich halte ich dieses Hörspiel für das beste der vier.

Gubanov ( gelöscht )
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31.05.2015 00:25
#11 RE: Kommissar Maigret - Radiohörspiele Zitat · Antworten

Maigret und die Groschenschenke (La guinguette à deux sous)

Kriminalhörspiel, BRD 1961. Regie: Heinz-Günter Stamm. Vorlage (1931): Georges Simenon. Bearbeitung: Gert Westphal. Mit: Paul Dahlke (Kommissar Maigret), Traute Rose (Frau Maigret), Reinhard Glemnitz (Inspektor Lucas), Rolf Boysen (Inspektor Janvier), Heini Göbel (Bürodiener Jean), Wolfgang Reichmann (Kohlenhändler Basso), Horst Frank (James), Ingrid van Bergen (Mado Feinstein), Thomas Braut (Lenoir), Hans Clarin (Victor Gaillard) u.a. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks.

Zitat von Maigret und die Groschenschenke
Madame Maigret fährt schonmal in den Urlaub voraus, während ihr Mann in Paris die letzten Fäden eines Falls zusammenknüpft. So war es zumindest gedacht – denn schon am ersten Zeitungsstand stolpert Maigret über eine Schlagzeile, die ihn auf die Spur des Bandenführers Lenoir setzt. Dieser erzählt Maigret von einem Verbrechen in der Vergangenheit, das in Verbindung mit einer Groschenschenke steht. Die Neugier des Kommissars ist geweckt. Aprikosen und Forellen müssen solange warten, bis Maigret dem zurückliegenden Geheimnis auf den Grund gekommen ist ...


Die Einbindung der Madame-Maigret-Rolle erfolgte in den anderen Stoffen eher pro forma, um der beliebten Tradition, die Frau des Kriminalers zu Wort kommen zu lassen, Rechnung zu tragen. Eine konkrete Funktion erfüllt sie dabei nicht. Hier in „Maigret und die Groschenschenke“ wäre das beinahe auch der Fall, wenn da nicht Madame Maigrets Forderung wäre, ihr Mann solle sich einen neuen Hut zulegen. Diese Kritelei bringt Jules Maigret in einem Hutgeschäft erst auf die Spur der Groschenschenke – seiner Gattin sei Dank!

In allen anderen Punkten kommt mir „Maigret und die Groschenschenke“ recht ziellos und langwierig vor. Die Personen bleiben trotz Stimmen wie Reichmann, Frank und van Bergen blass; die angeblich so angeheizte Stimmung in der Groschenschenke wird ebenso wenig greifbar gemacht. So gibt es für mich zu diesem Fall eigentlich nicht viel zu schreiben: Die ganze Geschichte bleibt so belanglos, wie es ihr Titel vermuten lässt. Amüsant freilich die bereits erwähnten wiederholten Lobreden auf den Landschinken in der Brasserie gegenüber am Quai des Orfèvres.

Die Maigret-Hörspiele des Bayerischen Rundfunks sind solide Kost und gute, weitgehend originalgetreue Adaptionen der Simenon-Bücher. Allerdings ist die Titelauswahl in meinen Augen nicht die beste; die Stimmung bleibt im Vergleich zu z.B. den zu ähnlicher Zeit entstandenen Sherlock-Holmes-Hörspielen steriler. Das mag daran liegen, dass die Maigret-Vorlagen moderner sind und sich mit dem etwas hausbackenen Charme, den die alten Hörspiele gern ausstrahlen, für meine Begriffe ein wenig beißen.

Als persönliche Rangfolge der Episoden würde ich festhalten:

1. (4,0 von 5 Pkt.) Maigret und die Bohnenstange
2. (4,0 von 5 Pkt.) Maigret und seine Skrupel
3. (3,0 von 5 Pkt.) Maigret und der gelbe Hund
4. (2,5 von 5 Pkt.) Maigret und die Groschenschenke

Lord Peter Offline




Beiträge: 621

04.06.2015 11:20
#12 RE: Kommissar Maigret - Radiohörspiele Zitat · Antworten

Maigret und sein Revolver (Le revolver de Maigret)

Kriminalhörspiel, BRD 1961. Regie: Heinz-Günter Stamm. Vorlage (1952): Georges Simenon. Bearbeitung: Gert Westphal. Mit: Paul Dahlke (Kommissar Maigret), Traute Rose (Frau Maigret), Reinhard Glemnitz (Inspektor Lucas), Rolf Boysen (Inspektor Janvier), Heini Göbel (Bürodiener Jean), Bum Krüger (Inspektor Lourtie), Robert Klupp (Untersuchungsrichter Rateau), Fritz Wilm Wallenborn (Dr. Paul), Klaus W. Krause (Lecoeur), Gernot Duda (Lebrez), Kurt Marquardt (Hafenpolizist), Konrad Georg (Mr. Pyke) u.a. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks.

Zitat von Maigret und sein Revolver
Es kommt selten vor, dass Madame Maigret ihren Mann am Quai des Orfèvres anruft. So ist Kommissar Maigret sogleich alarmiert, als seine Gattin von einem Besucher berichtet, der ebenso jung wie aufgeregt ist und dringlich nach dem Kommissar verlangt. Doch als Maigret zu Hause ankommt, ist nicht nur sein Gast verschwunden, sondern auch eine Pistole aus dem Wohnzimmerschrank. In ganz Paris läuft die Fahndung an: Gesucht wird ein junger Mann mit Maigrets Revolver.


Madame Maigret eröffnet den Fall, indem sie sich nervös durch alle Abteilungen des Quai des Orfèvres telefoniert - denn der Besucher ihres Mannes gefällt ihr gar nicht. Dummerweise trifft Maigret beim Verlassen seines Büros einen alten Freund, den er lange nicht gesehen hat, und läßt sich zu ein paar Schnäpschen einladen. Ohne diese Verzögerung wäre der Fall wohl anders verlaufen, und der Kommissar hat, getrieben von seinem schlechten Gewissen, eine noch stärkere Motivation als gewöhnlich.

Zwar läuft alles wieder in recht ruhigen Bahnen ab (wir reden hier immer noch von einer Produktion, die 54 Jahre auf dem Buckel hat), doch die Handlung ist packend, und so folgt der Hörer gespannt Maigrets Suche nach dem potentiellen Mörder, auf dessen Spur sich u. a. dessen wahnsinniger Vater, eine Leiche in einem Schrankkoffer und schließlich eine erpresserische Lebedame finden. Schließlich muß er dem jungen Mann sogar noch bis England folgen, wo er ihn schließlich stellen kann.

Der Showdown (wenn man ihn so nennen will) ist im Grunde nur eine Ansprache Maigrets an den noch unentschlossenen Waffendieb, doch Paul Dahlke bringt ihn so hervorragend, daß man nur gebannt lauschen kann. Er ist verständnisvoll, väterlich und ermahnend zugleich, ohne die große Moralkeule zu schwingen. Man vergleiche mit Leonard Steckel, der hier eher der personifizierte erhobene Zeigefinger ist.

Eine starke Story, in die der Ermittler durch ein persönliches Versäumnis selbst verstrickt ist und sich daher besonders bemüht, das Schlimmste zu vermeiden - was ihm letztendlich auch gelingt. Zudem sind alle Rollen wieder hochkarätig besetzt und gespielt.

Leider ist dieses Hörspiel nicht im Handel erhältlich, aber gelegentlich läuft es mal auf den diversen Regionalradiosendern. Die ältere Steckel-Fassung dagegen findet sich in den Audio Verlag-Boxen "Best of Maigret & Co" und "Maigret - die spannendsten Fälle".

Lord Peter Offline




Beiträge: 621

04.06.2015 11:57
#13 RE: Kommissar Maigret - Radiohörspiele Zitat · Antworten

Maigret und die Unbekannte (Maigret et la jeune morte)

Kriminalhörspiel, BRD 1961. Regie: Heinz-Günter Stamm. Vorlage (1954): Georges Simenon. Bearbeitung: Gert Westphal. Mit: Paul Dahlke (Kommissar Maigret), Traute Rose (Frau Maigret), Ulrich Beiger (Inspektor Lognon), Reinhard Glemnitz (Inspektor Lucas), Rolf Boysen (Inspektor Janvier), Heini Göbel (Bürodiener Jean), Fritz Wilm Wallenborn (Dr. Paul), Hilde Volk (Madame Irene), Carl Lieffen (Albert), Lina Carstens (Frau Marcelle), Alexander Malachovsky (Marco Santoni), Gisela Zoch-Westphal (Janine Santoni) u.a. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks.

Zitat von Maigret und sein Revolver
Die Geschichte dreht sich um eine junge Frau im Abendkleid, die nachts in den Pariser Straßen ermordet aufgefunden wird. Niemand scheint die Tote zu kennen. Doch bevor sich Maigret auf die Suche nach dem Mörder begibt, will er erst das junge Mädchen kennenlernen und ihren Lebensweg im Detail nachvollziehen. Erschwert werden Maigrets Ermittlungen durch seinen alten Bekannten Lognon alias Inspektor Pechvogel. Trotz seiner sprichwörtlich schlechten Laune treibt diesen der Ehrgeiz an, dem Kommissar zuvorzukommen und den Fall im Alleingang zu lösen.


Ein wahrer Klassiker unter Maigrets Fällen, brachte er es doch nicht nur hierzulande auf zwei Hörspiele und eine ungekürzte Hörbuchfassung (in der Neuübersetzung "Maigret und die junge Tote"), sondern wurde u.a. auch von Rupert Davies und Jean Richard in ihren Fernsehserien untersucht.

Am Anfang steht ein totes Mädchen, über das Maigret und Lognon überhaupt nichts wissen, ein Opfer ohne Identität. Aber Maigret wäre schließlich nicht Maigret, wenn er sich nicht immer näher herantasten würde. Schließlich kennt er die Tote wie eine nahe Verwandte, und so umschifft er dann auch die letzte Klippe, an der Inspektor Lognon (sonst in diesem Fall immer einen Schritt voraus) zuvor scheiterte.

Ruhig, aber doch erschütternd wird das Leben einer jungen Frau aufgerollt, die niemand mochte und die nicht aus noch ein wußte. Bittere Ironie, daß sich Besserung anbahnte, diese aber durch das Eingreifen der Mörder bedeutungslos wurde. Ebenso tragisch, wenn auch mit komischen Untertönen ist der einseitig ausgetragene "Wettstreit" der Ermittler, in dem Lognon endlich seine "große Chance" wittert, um letztendlich doch wieder vor die Wand zu laufen.

Neben den üblichen Hauptsprechern gesellt sich in dieser Folge Ulrich Beiger als ehrgeiziger Inspektor "Pechvogel" Lognon dazu, schade, daß es bei diesen 6 Folgen blieb, ich hätte mir noch weitere Einsätze von ihm gewünscht. Bemerkenswert auch die Besetzung von Lina Carstens als Vermieterin des Opfers, denn sie sprach diese Rolle auch schon in der SWF-Fassung zwei Jahre zuvor - jedoch in völlig anderer Interpretation. Handelt es sich bei Frau Marcelle im Buch um eine noch relativ junge Frau, die allerdings schon ein paar Kinder um sich hat, ist Carstens' erste Interpretation eine zwar betroffene, aber letztlich gleichgültige ältere Frau. Heinz-Günter Stamm dagegen läßt sie mit fortschreitender Erzählung immer stockender sprechen, bis sie am Ende sogar zu weinen anfängt. Mag die SWF-Fassung auch etwas näher am Original sein, wirkt die BR-Fassung realistischer, ohne zu kitschig zu werden.

Ernster Krimi mit vielen melodramatischen Untertönen, zwar nicht so spannend wie andere Maigret-Fälle, dafür auf der psychologischen Ebene umso packender.

Leider ist auch dieses Hörspiel nicht im Handel erhältlich, aber gelegentlich läuft es mal auf den diversen Regionalradiosendern. Die ältere Steckel-Fassung dagegen findet sich in den Audio Verlag-Boxen "Best of Maigret & Co" und "Maigret - die spannendsten Fälle".

Mein persönliches Ranking der BR-Produktionen mit Paul Dahlke:

1. Maigret und sein Revolver
2. Maigret und die Bohnenstange
3. Maigret und seine Skrupel
4. Maigret und die Unbekannte
5. Maigret und die Groschenschenke
6. Maigret und der gelbe Hund

Lord Peter Offline




Beiträge: 621

04.06.2015 12:10
#14 RE: Kommissar Maigret - Radiohörspiele Zitat · Antworten

Nächster Sprecher - Ernst Wilhelm Borchert

Nur ein Einsatz, aber dafür einer, der im Handel erhältlich ist: "Maigret und die schrecklichen Kinder", zusammen mit den ersten vier Dahlke-Hörspielen in der Box "Maigret - Die besten Fälle" aus dem Audio-Verlag erschienen.

1958 für den RIAS entstanden (und damit noch älter als die SWF-Vertonungen), präsentiert sich Borchert hier als sehr routinierter Maigret, an dem sich Leonard Steckel anscheinend orientiert hat, denn er wirkt über weite Strecken doch eher abgeklärt-desinteressiert, lediglich in den Szenen mit den Kindern (die allerdings weniger schrecklich, als allenfalls etwas verlogen sind) taut er endlich auf.

Die Hauptcrux ist allerdings die Bearbeitung. 75 Minuten sind doch deutlich zuviel, und es wird mehr herumgeschwafelt, als es die Story eigentlich hergibt, da helfen dann auch große Namen wie Walter "Mr. Stringer" Bluhm, Horst Niendorf, Eduard Wandrey, Herbert Weißbach und Frank Glaubrecht (hier noch als Kind unter seinem Geburtsnamen Nimbach) nur bedingt weiter.

Deutlich schwächer als die BR-Vertonungen, aber immer noch solide Krimi-Unterhaltung für Freunde des Pariser Kommissars.

Lord Peter Offline




Beiträge: 621

05.06.2015 14:37
#15 RE: Kommissar Maigret - Radiohörspiele Zitat · Antworten

The Next One - Charles Brauer

Zwei Einsätze für den WDR: "Maigret läßt sich Zeit" (1988) und "Maigret zögert (1989)".

Leider ist mir nur das zweite Hörspiel bekannt, andererseits reißt mich das auch nicht gerade vom Hocker. Brauer klingt deutlich zu jung und nicht "wuchtig" genug für einen Maigret, und seine ziemlich profillose Interpretation reiht sich nahtlos ein zwischen anderen nichtssagenden Maigrets.

Das Hörspiel selbst setzt den (sehr psychologischen) Stoff adäquat, aber auch recht gehetzt um, ungewöhnlich ist, daß die eigentlichen Ermittlungen - angestachelt durch anonyme Briefe - bereits vor dem Mord durchgeführt werden, welcher erst kurz vor Ende passiert. Woher Maigret dann aber fast sofort alles weiß und den Täter direkt überführen kann, bringt die Hörspielfassung nicht wirklich rüber, da ist der Roman schlüssiger.

"Maigret zögert" erschien bereits 2001 im Verlag Naumann und Goebel auf MC, eine CD-VÖ ist bislang nicht in Sicht. Die Kassette ist aber antiquarisch oft recht günstig zu kriegen, sofern man also noch ein Tapedeck hat, kann man zugreifen. Etwas befremdend wirkt, daß das Hörspiel recht abrupt (es gibt keinen Abspann) in der Mitte der zweiten Seite aufhört, weil man ein 90-Minuten-Band verwendet hat, obwohl ein 60er gereicht hätte.

Kann man hören, muß man aber nicht. Da es allerdings ein eher unbekannterer Stoff ist, können Hörspielfreunde mal ein Ohr riskieren.

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