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Dieses Thema hat 3 Antworten
und wurde 402 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker national
Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

01.05.2015 13:58
Bewertet "Julia, Du bist zauberhaft" (1962) Zitat · Antworten



BEWERTET: "Julia, Du bist zauberhaft" (Adorable Julia) (Österreich/Frankreich 1962)
mit: Lilli Palmer, Charles Boyer, Jean Sorel, Thomas Fritsch, Ljuba Welitsch, Charles Regnier, Tilly Lauenstein, Jeanne Valérie u.a. | Drehbuch: Johanna Sibelius, Eberhard Keindorff nach dem Roman "Theatre" von William Somerset Maugham | Regie: Alfred Weidenmann

Die Schauspielerin Julia Lambert lebt mit ihrem Mann, dem Regisseur Michael Gosselyn, in London. Jeden Abend steht sie auf der Bühne und bezaubert ihr Publikum. In diese perfekt choreografierte Routine bricht der junge Steuerberater Tom Fennel, der sie schon lange verehrt. Julia und er beginnen eine leidenschaftliche Affäre, die der Schauspielerin neuen Auftrieb und dem Mann gesellschaftliche Kontakte bringt. Bald kommen jedoch Gerüchte auf, Tom benutze Julia nur, um Vorteile für sich und eine ihm bekannte Jungschauspielerin herauszuholen....

Unter dem eigennützigen Vorsatz der Täuschung treten die handelnden Personen an, um ihr jeweiliges Gegenüber für sich einzunehmen. Als Schauspielerin lebt Julia davon, die Klaviatur der Gefühle zu bedienen, um ihre Zuschauer in ihren Bann zu ziehen. Weitaus mehr als andere Frauen ist sie von ihrer Wirkung auf andere abhängig, von ihren optischen Reizen und der Kunst, immer den richtigen Ton zu treffen. Die unvorhergesehene Entwicklung ihrer Bekanntschaft mit dem fünfzehn Jahre jüngeren Tom bringt ihr kontrolliertes Gefühlsleben durcheinander, welches seit Jahren aus einem eingespielten Tagesablauf und berechenbar gewordenen Reaktionen ihres engeren Umfelds besteht. Auf ihren Ehemann kann sie sich blind verlassen. Nicht nur sein geschäftliches Urteil, sondern auch seine großzügige Gelassenheit bilden den Ruhepol im Leben der temperamentvollen Frau.



Lilli Palmer ist insofern die richtige Besetzung für die Rolle, als sie verstanden hat, dass das Leben in Wellen kommt. Phasen euphorischer Hochstimmung. Phasen der unentrinnbaren Verzweiflung. Sie weiß nicht, was schlimmer ist. Palmers Biografin Heike Specht hat es in ihrem Buch "Lilli Palmer - Die preußische Diva" zwar auf deren zweiten Ehemann Carlos Thompson bezogen, aber es drückt auch sehr gut die Kadenzen aus, die eine Darstellerin wie Julia Lambert durchlebt. Ihre inneren Monologe, die dem Geschehen eine ironische und amüsante Note verleihen, kennzeichnen die rasche Auffassungsgabe und den Reichtum ihrer Erfahrungen, die sie ihrer jungen Konkurrenz überlegen machen. Sie zerbricht deshalb nicht am Treuebruch ihres Geliebten, sondern interpretiert ihn als Herausforderung an ihre Intelligenz. Sie gibt sich reserviert und zögerlich, was ihre Umwelt als Resignation auffasst.

Doch wie auf der Bühne hat Julia nur auf ihren Einsatz gewartet, um punktgenau und souverän alle Trümpfe auszuspielen und sich den Schlussapplaus zu sichern. Sechsundzwanzig Vorhänge folgen ihrem Sieg über die junge Rivalin, wobei der Vorhang als Symbol des Films gilt. Er markiert nicht nur das Zeichen für das Ende der Vorstellung, sondern auch die Trennung zwischen dem öffentlichen Leben und dem Privaten. Die Tatsache, dass der Rolladen in Toms Wohnung schief hängt, weist auf eine ungleiche Beziehung und eine Disharmonie zwischen den Beteiligten hin. Mit ihm wird es keine Ausgeglichenheit geben wie im Berufsleben von Julia, sondern eine Intimität im Verborgenen, was darauf schließen lässt, dass nicht nur Julia nur im Geheimen liebt, sondern sich auch ihr Liebhaber nur zur Hälfte hingibt.

Der in London gedrehte Film wirkt sehr französisch, was London wie Paris wirken lässt und vor allem durch die Darsteller Boyer und Sorel bedingt ist. Die Kosmopolitin Palmer und der ebenfalls französischstämmige Regnier geben dem Film Tiefe und zeigen, dass die Tragik des Lebens in uns selbst liegt. Die Romanvorlage von W. Somerset Maugham ist seit undenklichen Zeiten faszinierend und erzählt von Abenteuern und Alltag, von Einsatz und Leidenschaften, Fehlern, die unverzeihlich, unvergesslich und unüberlebbar sind (und mit denen wir manchmal lange leben müssen), wie Rudolf Nissen in seinem "Neuen Almanach" über die "Short Stories" des in Frankreich geborenen Autors schreibt.

Die zauberhafte Lilli Palmer entblättert die Facetten ihres Könnens in einem Melodrama, das mehrmals durch unerwartete Twists neuen Schwung erhält und in ein Finale mündet, das so prosaisch wie augenzwinkernd ist und dem Credo der vielseitigen Künstlerin entspricht. 5 von 5 Punkten

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

01.05.2015 14:31
#2 RE: Bewertet "Julia, Du bist zauberhaft" (1962) Zitat · Antworten


Lilli Palmer   Jean Sorel   Charles Boyer   in



● JULIA, DU BIST ZAUBERHAFT / ADORABLE JULIA (A|F|1962)
mit Ljuba Welitsch, Tilly Lauenstein, Charles Regnier, Thomas Fritsch, Herbert Fux und Jeanne Valérie
eine Produktion der Wiener Mundus-Film | Production de l'Etoile | im Constantin Filmverleih
ein Film von Alfred Weidenmann





»Wollen wir leugnen oder wollen wir frech die Wahrheit gestehen?«


Julia Lambert (Lilli Palmer) ist der große Star eines Londoner Theaters, in dem sie seit zwanzig Jahren spielt und das ihrem eigenen Mann und Regisseur Michael (Charles Boyer) gehört. Julia ist glücklich verheiratet bis der gut aussehende Steuerberater Tom Fennel (Jean Sorel), der für ihren Mann arbeitet, in ihr Leben tritt. Der agile junge Mann umwirbt die bekannte Schauspielerin und sie lässt sich schließlich auf das aufregende Spiel ein, bis mehr daraus wird. Julia beginnt eine Affäre, die sie förmlich aufblühen lässt und bei dieser Gelegenheit bemerkt sie erst, wie eintönig ihre eigene Ehe geworden ist. Doch es scheint, als suche Tom in Julia nur ein Sprungbrett, um in die gehobene Gesellschaft zu kommen. Julia steht zwischen beiden Männern, doch für welchen Weg wird sie sich entscheiden..?

Die Vorstellung ist so gut wie beendet und man sieht den gefeierten Star Julia Lambert bei dem, was sie am besten kann. Sie gibt den Leuten das, was sie lieben, folglich was sie sehen und hören wollen. Zwischen Tür und Angel bekommt sie von ihrem Mann einen jungen Herrn vorgestellt und ganz im Stile einer Schauspielerin von Welt betreibt sie kurze Konversation und greift zu obligatorischen Höflichkeiten und aufgesetzten Gesichtsausdrücken. Jedoch kann der Zuschauer ihre inneren Gedanken hören, so dass man nach kürzester Spieldauer schon stockt: »Mir jetzt so ein Würstchen anzuschleppen. Manchmal benimmt sich Michael wie ein Trottel!« Die Idee, bei der Protagonistin hinter die schillernde Fassade blicken zu können ist ein hervorragender Einfall, und zieht sich wie ein roter Faden durch die turbulente Geschichte, die aufgrund dieser inneren Monologe und teilweise spitzen Kommentare sehr erfrischend und geistreich wirkt. Das aktuelle Stück hat Julia bereits 247 mal gespielt, ihre Ehe ohne große Überraschungen geht auch schon in das achtzehnte Jahr, es ist Zeit für Veränderungen, oder wenn man so möchte, eine Verjüngungskur. Jedoch braucht die attraktive Schauspielerin, die innerhalb der ganzen Oberflächlichkeit in der Glitzerwelt gedanklich immer mehr abschaltet und genau so wie in ihren Stücken einen passenden Text herunter betet jemanden, der ihr einen frischen Impuls gibt, oder besser gesagt einen unkonventionellen Tritt in den Hintern. So schafft es ihr junger Verehrer mit viel Charme und allerlei Tricks, sie zu verführen. Wenn sich ab sofort die schiefe Jalousie des kleinen Liebesnestes schließt, weiß der Zuschauer genau, was die Stunde geschlagen hat, Star-Allüren und Eitelkeiten werden nun an der Garderobe abgegeben, oder besser gesagt zunächst. Alfred Weidenmann inszenierte den Stoff sehr heiter und im Sinne einer unbeschwerten Komödie so gut wie ohne moralisch getränkte Untertöne. Die Situation, die immer mehr zu einem Tauziehen wird, könnte daher nicht unterhaltsamer sein. »Es wird über mich geklatscht, zum ersten Mal in 20 Jahren«, hört man Julia mit einem stolzen Unterton sagen, und das dazu gehörende Versteckspiel scheint die aufregendste Situation seit Jahren zu sein. Gewiss ist nur, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt die Realität wieder einkehren wird, egal bei welchem der Beteiligten.



Die Titelrolle wurde mit Lilli Palmer ebenso beeindruckend, als dem Empfinden nach auch vollkommen logisch besetzt. Ob als Darstellerin oder als Frau, man bekommt erwartungsgemäß stets deutliche Konturen geboten, die gleichbedeutend mit Glaubwürdigkeit und Originalität sind. Freunde ihres Overacting werden auch hier eine gerne gesehene Performance zu sehen bekommen, die mit ihrer Leichtfüßigkeit, Eleganz und Leidenschaft in Perfektionismus gipfelt. Die immer wiederkehrenden Zwischenbemerkungen sind getönt von Sarkasmus, Wortwitz, Schlagfertigkeit und führen zu einer sehr schönen Situationskomik, in "Julia, Du bist zauberhaft" hatte sie definitiv wieder eine Paraderolle gefunden. Ebenfalls hervorragende Leistungen präsentieren Charles Boyer als umsichtiger Ehemann von Julia Lambert, den Erfahrung und Alter sichtlich milde gemacht haben, und der immer gerne gesehene Jean Sorel. Das geschickte an der Inszenierung ist, dass jede Person in dieser Dreieckskonstellation sympathisch ist, und auch sympathisch bleibt, egal zu welchen Umständen es kommt. In weiteren guten, oder zumindest angenehm gestalteten Nebenrollen sieht man beispielsweise Tilly Lauenstein, Charles Regnier oder Ljuba Welitsch, die zu einem runden Gesamtergebnis beitragen können. Die interessante Frage für den Zuschauer stellt sich insgesamt in der Form, wer letztlich mit einem Triumph aus dieser Situation hervorgehen kann, was sich zu einer recht spannenden Angelegenheit herauskristallisiert, da der Verlauf alles offen hält. Erwähnenswert ist noch unbedingt die Beteiligung der immer großartigen Jeanne Valérie, die hier als Gegenspielerin von Julia, und gleichzeitig als Pendant von Tom aufgebaut wird. Die Inszenierung ist durchzogen mit feinster Ironie und gibt ein sehr hochwertiges Bild ab, etliche Ortswechsel und charakteristische Schauplätze begünstigen zusätzlich die Aufmerksamkeit, und auch die flexiblen bis klassischen musikalischen Beiträge wissen zu überzeugen. Insgesamt präsentiert sich "Julia, Du bist zauberhaft" auf hohem Niveau, konzentriert sich gestochen scharf auf die Hauptpersonen und findet einen guten Mittelweg zwischen Unterhaltungskost und Komödie, außerdem lassen sich hin und wieder sogar Spuren von gesellschaftskritischen Ansätzen ausfindig machen. Empfehlenswert in jeder Beziehung!

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

01.05.2015 14:55
#3 RE: Bewertet "Julia, Du bist zauberhaft" (1962) Zitat · Antworten

Ich finde es interessant, dass Du den Film als waschechte Komödie bezeichnest, während ich mehrere tragische Noten oder wenigstens Untertöne ausmachen kann. Ich denke, dass die Enttäuschung auf beiden Seiten des Liebespaars je nach Alter und Charakter doch vorhanden war - wenigstens zeitweise.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

01.05.2015 15:15
#4 RE: Bewertet "Julia, Du bist zauberhaft" (1962) Zitat · Antworten

Zitat von Percy Lister im Beitrag #3
Ich finde es interessant, dass Du den Film als waschechte Komödie bezeichnest, während ich mehrere tragische Noten oder wenigstens Untertöne ausmachen kann.

Was ich wiederum interessant finde. Mir kam es zu keinem Zeitpunkt so vor, dass Weidenmann seinem Film hauptsächlich diese Richtung mitgeben wollte, was vielleicht weniger der Verlauf, als aber das Fazit der Geschichte unterstreicht. Als Komödie sehe ich "Julia" deswegen, da für mich eben das tragische Element vollkommen fehlt, denn schließlich endet die Geschichte sozusagen mit einem Triumph.

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