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Dieses Thema hat 7 Antworten
und wurde 1.566 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker national
Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

21.02.2015 17:45
Die 1970er-"Tatort"-Kommissare: Schäfermann (Manfred Heidmann) Zitat · Antworten

Nach dem Ausscheiden Dieter Epplers als Hauptkommissar Liersdahl ermittelte Manfred Heidmann alias Hauptkommissar Schäfermann für den Saarländischen Rundfunk im Alleingang in vier weiteren Fällen. Diese wurden zwischen 1977 und 1984 gesendet und trugen folgende Titel:

#076 (19.06.1977): Wer andern eine Grube gräbt ...
#098 (08.04.1979): 30 Liter Super
#116 (21.09.1980): Tote reisen nicht umsonst
#162 (04.11.1984): Geburtstagsgrüße

Los geht’s mit dem ersten Fall von 1977:



Tatort: Wer andern eine Grube gräbt ...
Hauptkommissar Schäfermann ermittelt in Saarbrücken


Episode 76 der TV-Kriminalserie, BRD 1977. Regie: Günter Gräwert. Drehbuch: Hans-Peter Kaufmann. Mit: Manfred Heidmann (Hauptkommissar Schäfermann). In Gastrollen: Werner Bruhns, Arno Assmann, Kathrin Ackermann, Xenia Pörtner, Nora von Collande, Ingrid Resch, Dieter Hufschmidt, Karl Josef Cramer, Peter Drescher, Herbert Steinmetz u.a. Erstsendung: 19. Juni 1977, ARD. Eine Produktion des Saarländischen Rundfunks.

Zitat von Tatort (76): Wer andern eine Grube gräbt ...
Während der Beerdigung des Bankdirektors Collnick gelingt Schäfermann der entscheidende Schlag gegen eine Bande von Einbrechern, die sich die Abwesenheit gut betuchter Trauergäste zunutze machten. Der Ruhm, der dem Ermittler für seinen Erfolg zuteil wird, ist nur von kurzer Dauer, denn als die Witwe Collnick ihm einflüstert, dass der Selbstmord ihres Mannes in Wahrheit Mord gewesen sein muss, macht er sich bei weiteren Nachforschungen einflussreiche Feinde. Vor allem der Pharmazeutiker Pallmert sitzt ihm mit seinem Anwalt im Nacken. Doch so leicht lässt sich Schäfermann nicht entmutigen. Wer Collnick tötete und welche Methode dafür ausgetüftelt wurde, wird er schon noch herausfinden ...


Ebenso wie für Schäfermann zerfällt auch für den Zuschauer diese Episode in zwei Teile: Zunächst ein relativ harmloser Einbruchsfall, den Günter Gräwert in einleitenden luftig-leichten Szenen mit dem Idyll eines Parkfriedhofs verwob; dann plötzlich Ermittlungen ohne staatsanwaltschaftliche Interessen auf glattem Parkett. So gemütlich der Einstieg, so ungemütlich der weitere Verlauf – weniger das eigentliche Verbrechen steht im Mittelpunkt des Interesses; vielmehr ist es das Kräftemessen zwischen dem pragmatischen und erfahrenen Schnüffler Schäfermann und dem großspurigen Industriellen Pallmert, der meint, sich Gerechtigkeit über einen teuren Anwalt einkaufen und dem Polizisten auf diese Weise zusetzen zu können. Eine solche Konstellation eröffnet zwar die Möglichkeit, die private Tragödie Schäfermanns (und auch die Pallmerts) groß und breit zu erläutern, drängt aber die eigentlich interessante Frage um den Tod des Bankiers sowie seine Hinterschlagungen an den Rand der Bedeutungslosigkeit.

Werner Bruhns ist ein perfekter Gegenspieler für Manfred Heidmann. Das Duell betreiben die beiden mit absoluter Verbissenheit und werten damit die sonst eher spannungsarme Folge enorm auf. „Wer andern eine Grube gräbt ...“ krankt an dem Symptom vieler „Tatort“-Folgen: Sie kommt nicht auf den Punkt. Man wird nach dem Sehen mit dem Gefühl zurückgelassen, dass man das Ganze auch in einer deutlich kürzeren Spielzeit mit weniger Umwegen und engagierter geschnittenen Dialogen hätte unterbringen können. So bleiben zwar Gelegenheiten für Spielereien am Rande (Dienstgrad-Gerangel bei der Polizei, Schäfermanns Überarbeitung, die groß aufgezogene Suche nach Herrn Sannwald mit Hubschrauber und Suchtrupps), aber sie tragen nicht viel zur Weiterentwicklung der Handlung bei. Besonders auffällig ist dies bei der Vater-Tochter-Konstellation der Schäfermanns: Hegt man zunächst den Verdacht, das Mädchen werde ihren Vater bei der Suche nach dem Täter unterstützen, so entpuppt sie sich letztlich als weitgehend überflüssiges Fähnchen im Wind.

Das Finale wurde ebenso wie der Einstieg dynamisch inszeniert, allerdings kommt die Intensität der Szenen nicht an die der mustergültigen Auflösungen in den beiden Liersdahl-Fällen heran. Auch fehlt der lokaltypische Bezug, wie er in den beiden vorherigen Auftritten Schäfermanns mit den Vorgängen nahe der Grenze oder vor der Stahlwerkskulisse gegeben war. Zum Schmunzeln brachten mich dagegen die Szenen mit Gastkommissar Veigl, der in seiner typischen bayerischen Altherren-Präpotenz anmaßend gegen seinen Saarbrückener Kollegen ätzt und doch neben einem Augenrollen damit immer auch ein kleines Lachen entlockt. Ob ich Veigl allerdings für eine ganze Folge ertragen könnte – ich weiß nicht ...

Der gelungene Auftakt rund um die Beerdigung des Bankdirektors weckt Erwartungen, die das erste Schäfermann-Solo auf ganzer Strecke nicht erfüllen kann. Abseits des motivierten Duells zwischen Heidmann und Bruhns hat diese Folge wenig Reiz, weil die Kriminalistik zugunsten des persönlichen Dramas in den Hintergrund tritt. Schäfermann steckt in einem Vorzeige-Schraubstock, während Pallmert als Unsympath so stark auftrumpft, dass seine Überführung wegen dieser oder jener Sache nur eine Frage der Geduld ist. 3 von 5 Punkten.

Georg Offline




Beiträge: 3.263

21.02.2015 18:24
#2 RE: Die 1970er-"Tatort"-Kommissare: Schäfermann (Manfred Heidmann) Zitat · Antworten

Manfred Heidmann als Kommissar war sehr gut und sympathisch. Sein kränkelnder Geliebter im "Tim Frazer-Salinger" hingegen nervte mich immer. Was eigentlich nur einen Schluss zu lässt: ein Klasseschauspieler, der den Netten ebenso gut spielen konnte wie den Unsympathen.
Von den Schäfermann-Folgen ist für mich mit Abstand "30 Liter Super" die Beste, wenn ich mich nicht irre, wird die in den nächsten Woche im SWR auch nochmals wiederholt.

Havi17 Offline




Beiträge: 3.763

22.02.2015 12:32
#3 RE: Die 1970er-"Tatort"-Kommissare: Schäfermann (Manfred Heidmann) Zitat · Antworten

Ich habe mit Manfred Heidmann letztes Jahr einmal telefoniert. Ich halte ihn für einen bescheidenen
erstklassigen Schauspieler. Er fiel mir erstmalig auf bei der Tatort-Folge "Wer andern eine Grube gräbt".
Für mich der insgesamt vom Fall und Privatleben beste Tatort überhaupt. Schäfermann rangiert heute noch
im Tatort-Fundus ganz vorne bei den beliebtesten Kommissaren, obwohl er nur ganz wenige Rollen hatte,
diese gemessen an den vielen Wiederholungen fast überhaupt nicht wiederholt wurden und jahrzehnte an
Jahren zurückliegen

Gruss
Havi17

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

22.02.2015 18:40
#4 RE: Die 1970er-"Tatort"-Kommissare: Schäfermann (Manfred Heidmann) Zitat · Antworten

Das Lob für Schäfermann kann ich abermals nur bestätigen. „Wer andern eine Grube gräbt ...“ hat zwar eine raffinierte Mordmethode und ordentlich Gegenwind für den Kommissar, ist aber für meinen Geschmack zu schleppend und wenig spektakulär, um auch nur als Heidmanns bester „Tatort“ durchzugehen. Da hat mir persönlich Georgs Tipp, die Episode „30 Liter Super“, mehr zugesagt:

Tatort: 30 Liter Super
Hauptkommissar Schäfermann ermittelt in Saarbrücken und Metz


Episode 98 der TV-Kriminalserie, BRD 1979. Regie: Hans-Jürgen Tögel. Drehbuch: Bruno Hampel. Mit: Manfred Heidmann (Hauptkommissar Schäfermann). In Gastrollen: Günther Maria Halmer, Martin Semmelrogge, Alexander May, Veronika Bayer, Claudia Dermamels, Franz Rudnik, Karl Josef Cramer, Uwe Arndt, Brigitte Dryander, Germain Muller u.a. Erstsendung: 8. April 1979, ARD. Eine Produktion des Saarländischen Rundfunks.

Zitat von Tatort (98): 30 Liter Super
Eine Immobilienspekulation erleichtert Architekten Eckel um 80’000 Mark. In dieser Lage fällt es ihn schwer, für seinen Kompagnon Loderer auf der Bank 150’000 abzuheben und sie ihm einfach so zu überlassen. Tatsächlich wird Loderer erschlagen im Nachtzug nach Paris aufgefunden. Der Mörder muss in Metz während eines Aufenthalts zugestiegen sein. Eckel gerät rasch unter Verdacht, weil er für 200 gefahrene Kilometer und 30 fehlende Liter Super aus dem Tank seines Wagens keine Erklärung hat. Genau diese Werte würde eine Fahrt mit Retour zwischen Saarbrücken und Metz erbringen! Schäfermann legt die Schlinge eng um den Hals des windigen Schnösels, doch dann sagt ein Autowäscher zu dessen Gunsten aus ...


Die Siebziger wirken neben allen ihren bunten und flippigen Eskapaden noch heute ganz pragmatisch als Jahrzehnt der Autovergötterung nach. Der Deutschen liebstes Kind sorgte nach dem Motto „Freie Fahrt für freie Bürger“ für tausende Neubaukilometer mehrspuriger Asphaltpisten und für die zunehmende Verdrängung von Fußgängern und Schienenverkehrsmitteln aus dem Stadtbild und der Alltagsrealität. In gewisser Weise ist es also symptomatisch, dass im vorliegenden Fall auch der „Tatort“ dem allgemeinen PS-Fieber huldigt. Typisch: Dem Ermordeten bricht es das Genick, dass er ahnungslos mit der alten Eisenbahn unterwegs ist. Nur weil die zwischendurch eine Viertelstunde am Bahnsteig steht, ergibt sich für den motorisierten Täter die perfekte Gelegenheit, sein schmutziges Werk zu verrichten. Interessant: Der Mörder wird nicht nur durch sein Auto befähigt, zuzuschlagen, sondern auch gleichermaßen damit überführt. Das Spiel mit Tankfüllständen, Fahrtzeiten und der Frage, wer denn nun hinter dem Steuer saß, wird geschickt und doppelbödig aufgegriffen und stützt den Spannungsbogen gelungen ab. Und zum Schluss bekommt die vierrädrige Blechkiste auch noch den ganz praktischen Nutzen, in einem Rennen um Leben und Tod im wahrsten Sinne des Wortes das Tempo zu erhöhen.

Schäfermann tritt auch diesmal mit merklicher persönlicher Abneigung gegen einen eingebildeten Taugenichts auf. Der Hauptkommissar führt damit seine Charakterisierung als bescheidener Mann der Tat gegenüber den geschwollenen Preisgockeln aus der Vorgängerfolge lückenlos fort. Günther Maria Halmer wurde mit dem Posten des Antagonisten vertaut, und er füllt ihn mit Energie und Spielfreude aus. Sein Herr Eckel ist mehr noch als Werner Bruhns’ Unternehmer Pallmert eine abgerundete und vielschichtige Figur, nicht nur ein Ekelpaket nach Malen-nach-Zahlen-Manier. Dass ihm zudem zu verschiedenen Punkten in der Handlung von unterschiedlichen Seiten aus das Messer an die Kehle gesetzt wird, lässt ihn dauernd unter Zugzwang stehen und gewissermaßen wie eine Zeitbombe ticken.

Ich bin persönlich kein Semmelrogge-Freund, aber in die Rolle des schleimigen und strunzblöden Erpressers passt der Schauspieler gut hinein. Blass dagegen Herr Loderer, überflüssig seine Frau. Weder ihre falschen ehelichen Absichten noch ihre frühere Beziehung mit Eckel tragen irgendetwas zur Sache bei und strapazieren zu Beginn ein wenig die Geduld des Zuschauers. Glücklicherweise zieht das Tempo rasch an, sodass es sich im Folgenden über „Tatort“-Durchschnitt einpegelt – passt ja auch zum Sujet der Folge. So dynamisch fällt „30 Liter Super“ aus, dass einige Auffälligkeiten im Präsidium nur am Rande zur Kenntnis genommen werden können: Die etwas surrealen Assistenten aus „Wer andern eine Grube gräbt ...“ bekommen diesmal sogar etwas zu tun und machen auch ’mal ihren Mund auf; Schäfermanns Vorgesetzter hat schon wieder gewechselt; und die Vorwürfe, die gegen den Kriminaler – erneut von anwaltlicher Seite aus – erhoben werden, verhallen Gott sei Dank weitgehend ungehört.

Vielleicht ist „30 Liter Super“ nicht unbedingt der Porsche unter den „Tatorten“, wohl aber gelang Hans-Jürgen Tögel mit seinem einzigen Beitrag zur Reihe eine vergnügliche Spritztour zwischen Saarbrücken und Metz. Der Fall ist solide, die Täterfigur gut ausgearbeitet. Der Auftritt des krimitypischen Trittbrett-Erpressers sorgt für blankliegende Nerven und ein rasantes Ende. 4 von 5 Punkten.

Havi17 Offline




Beiträge: 3.763

22.02.2015 20:16
#5 RE: Die 1970er-"Tatort"-Kommissare: Schäfermann (Manfred Heidmann) Zitat · Antworten

Unsere Einschätzungen hinsichtlich Qualität von Filmen ist sicherlich sehr unterschiedlich und liegt bei mir nicht mit Prio 1 auf dem Krimi und dessen
WhoDoneIt. Was die schauspielerische Leistung in "Wer andern eine Grube gräbt" betrifft und wie authentisch und nahe hier an der Realität gespielt wird
bleibt leider meist gegenüber der Story und dem Tempo z.B. von 30 Liter Super unbeachtet. Echte Tatort Entusiasten legen z.B. besonderen Wert auf
die Feststellug, daß ein Kommissar auch ein interessantes Privatleben hat, was heutzutage schon oft wieder die eigentliche Handlung schmälert.
Einer der Gründe für den Erfolg von Heidmann liegt in der Folge "Wer andern eine Grube gräbt"
http://www.tatort-fundus.de/web/ranglist...ten-folgen.html

Gruss
Havi17

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

22.02.2015 23:54
#6 RE: Die 1970er-"Tatort"-Kommissare: Schäfermann (Manfred Heidmann) Zitat · Antworten

So ist es, unsere Prioritäten sind einfach recht verschieden. Diese unterschiedlichen Betrachtungsweisen der "Tatort"-Fälle sind doch spannend zu beobachten.

Zitat von Havi17 im Beitrag #5
Echte Tatort Entusiasten legen z.B. besonderen Wert auf die Feststellug, daß ein Kommissar auch ein interessantes Privatleben hat, was heutzutage schon oft wieder die eigentliche Handlung schmälert.

Genau das macht mir immer so ein bisschen Angst, weil es mittlerweile Ausmaße angenommen hat, die vom Kern einer Krimiserie ablenken und eher einen gewissen "Lindenstraßen"-Charme verbreiten. Von Krankheiten über gescheiterte Beziehungen bis hin zum Clash of Cultures müssen die "Tatort"-Ermittler ja alles mögliche über sich ergehen lassen. Was beim Kommissar und bei Derrick, den völlig isolierten Arbeitstieren, stellenweise als weltfremde Berufsaskese auffällt, wird im "Tatort" gewissermaßen ins umgekehrte Extrem verkehrt. Bei Schäfermann gelingt die Einbindung von Privatem für Klassiker-Verhältnisse umfänglich, aber doch einigermaßen selbstverständlich und somit nicht allzu störend, wobei "Wer andern eine Grube gräbt ..." in dieser Beziehung mit dem Kompetenzgerangel und der anhänglichen und letztlich halt irgendwie zwecklosen Tochter bei mir schon eine gewisse Penetranz-Schwelle überschritten hat.

Havi17 Offline




Beiträge: 3.763

23.02.2015 08:42
#7 RE: Die 1970er-"Tatort"-Kommissare: Schäfermann (Manfred Heidmann) Zitat · Antworten

Bzgl. der heutigen Tatorts, volle Zustimmung, abgesehen davon daß die meisten Drehbücher ihren Namen
nicht verdienen, wenn man sich einmal die Mühe macht erkennen zu wollen, welche Handlung überhaupt besteht.

Die ganze Dramaturgie der Handlung in "Wer andern eine Grube gräbt" beschreibt den Kommissar Mensch und
da ist das Privatleben nicht wie heutzutage dazugedichtet, sondern ein unbedingtes Muß. Hier wird haarklein
inzeniert was Schäfermann antreibt über seine gesundheitlichen Grenzen hinweg zu handeln, wer und wenn es
auch nur ein Strohhalm ist ihn versteht (seine Tochter) und die Kraft gibt weiterzumachen. Dieser Tatort
ist vielmehr schon ein Melodram mit glücklichem Ausgang und zeigt einen Trend der gesellschatlichen Entwicklung
in Person des mutlosen neuen Vorgesetzten der seinen Weg nach vorne über Mobbing erreicht. In dieser Handlung
steckt bei weitem mehr als nur ein belangloser Krimi mit 3 Punkten.

Gruss
Havi17

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

11.04.2015 11:00
#8 RE: Die 1970er-"Tatort"-Kommissare: Schäfermann (Manfred Heidmann) Zitat · Antworten

Tatort: Tote reisen nicht umsonst
Hauptkommissar Schäfermann ermittelt in Saarbrücken und Frankreich


Episode 116 der TV-Kriminalserie, BRD 1980. Regie: Rolf von Sydow. Drehbuch: Hans Dieter Schreeb, Hans Georg Thiemt. Mit: Manfred Heidmann (Hauptkommissar Schäfermann). In Gastrollen: Rüdiger Weigang, Dirk Galuba, Corny Collins, Beatrice Kessler, Uwe Arndt, Renate Böhnisch, Bibi Jelinek, Germain Müller u.a. Erstsendung: 21. September 1980, ARD. Eine Produktion des Saarländischen Rundfunks.

Zitat von Tatort (116): Tote reisen nicht umsonst
Wie das Schicksal spielt: Unternehmer Manfred Ottmann kann nicht ahnen, dass der Motorradunfall seines Angestellten Messel ihm die Polizei schon auf die Spur bringt, noch bevor Ottmann den geplanten Raubmord an seiner Frau begehen kann. Er ist so sehr damit beschäftigt, sich ein kompliziertes Alibi zu verschaffen, dass es seiner Geliebten nicht mehr gelingt, ihn vor Begehen der Tat auf die unerwarteten Verfolger hinzuweisen. Nun hilft nur noch Improvisationstalent. Denn es steht sogar die Behauptung im Raum, Ottmann könne auch am Tod Messels beteiligt gewesen sein. Zwischen Ottmann und seiner Affäre Christine Boyer keimt Misstrauen auf ...


Hauptdarsteller in diesem „Tatort“ ist nicht Kommissar Schäfermann, sondern der Verbrecher Ottmann, der von Dirk Galuba mit Engagement und vollem Einsatz verkörpert wird. Galuba ist ein altbekanntes Krimi-Gesicht – man weiß, dass finstere Machenschaften nie weit weg sind, wenn er sein schurkisches Lächeln aufsetzt. So verhält es sich auch in „Tote reisen nicht umsonst“, wobei man auf ernsthaft kriminelle Begebenheiten eine gefühlte Ewigkeit warten muss. In ihrer Behäbigkeit erinnerte mich die von-Sydow-Inszenierung wieder einmal empfindlich daran, weshalb „Tatort“ in meiner Gunst weit hinter den ZDF-Konkurrenzserien wie „Derrick“ angesiedelt ist und ich die Serie nur in homöopatischen Häppchen goutieren kann: Die meisten der ARD-Sonntagabendkrimis geraten weniger zu aufregenden und temporeichen Mördersuchen als vielmehr zu in ihrer Genauigkeit und Realitätsnähe langatmigen Charakterstudien von Verbrecherfiguren oder sozialen Milieus. Und so liegt auch hier der Fokus auf der Affäre zwischen Galuba und Kessler, der verkappten Ehe zwischen Galuba und Collins sowie den Frankreich-Impressionen, die im SR-Output mittlerweile zum Standardprogramm gehören.

Erst nach einer Stunde findet der lang ersehnte Mord statt. Von da an kann die Handlung noch einmal deutlich an Fahrt aufnehmen, doch das Problem, dass vorher zu viel Zeit auf das Vorbereiten der Alibis und auf das Hin- und Herfahren auf französischen Autobahnen vergeudet worden ist, kann damit nicht aus dem Weg geschafft werden. Es hallt in einer Auflösung nach, die einem „Tatort“ eher unwürdig ist, weil Schäfermann sie nicht durch Beharrlichkeit oder Kombinationsgabe erzielt, sondern durch bloßen Zufall.

Positiv vermerkt werden muss der Umstand, dass die Autoren dem anfangs eingeführten Schäfermann-Problem, in der Grenzregion kein Französisch zu sprechen, treu blieben. Dieses Mal ist es besonders häufig nötig, dass dem Hauptkommissar Übersetzer in Form seines in Mundart parlierenden Assistenten oder des bilingualen französischen Commissaire zur Seite stehen. In dieser Eigenschaft tritt Schäfermann z.B. in die Fußstapfen Jules Maigrets, der in „Die Keller des Majestic“ auch einigermaßen aufgeschmissen ist, als er es plötzlich mit Amerikanern zu tun bekommt. Manfred Heidmann gelingt das Kunststück, trotzdem nicht die Oberhand über seine Szenen abzugeben, von denen es bedingt durch die ungewöhnliche Konstruktion aber eindeutig zu wenige gibt.

Schön, aber unglaublich träge präsentiert sich ein „Tatort“, der über weite Strecken eher zum Roadmovie getaugt hätte. Heidmann und Galuba spielen stark auf, doch die Folge krankt daran, dass die beiden kaum eine Szene miteinander haben. Aufgrund des augenfälligen Verbesserungspotenzials verteile ich für eine immerhin ganz abwechslungsreiche Idee (die Polizei sucht den Täter vor der Tat) 2,5 von 5 Punkten.

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