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Dieses Thema hat 149 Antworten
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 Film- und Fernsehklassiker international
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patrick Offline




Beiträge: 3.245

11.02.2015 19:36
#61 RE: Die Hammer-Filme. Britische Thriller-, Gothic-, und Gruselperlen Zitat · Antworten

Stop Me Before I Kill / The Full Treatment (Der unsichtbare Schatten)



Directed by Val Guest
Produced by Val Guest
Written by Val Guest
Ronald Scott Thorn
Based on novel The Full Treatment by Ronald Scott Thorn

Starring: Claude Dauphin, Diane Cilento, Ronald Lewis.

Music by Stanley Black
Cinematography Gilbert Taylor
Edited by Bill Lenny
Production
company
Hammer Film Productions
Falcon
Hilary
Distributed by Columbia Pictures
Release dates
October 1960 (UK)
21 June 1961 (New York) (U.S.)
Running time
107 minutes
Country United Kingdom
Language English


Inhalt:

Nach einem Autounfall mit schweren Kopfverletzungen verbringt der Autorennfahrer Alan Colby (Ronald Lewis) mit seiner frisch angetrauten Gattin Denise (Diane Cilento) die Flitterwochen an der Cote`d Azur. Von seinem Schockerlebnis noch nicht wirklich erholt, neigt er zu Wutausbrüchen, nervlicher Angespanntheit und wird immer wieder von einem Drang übermannt, seine Frau zu töten.
Die beiden lernen David Prade, einen wortgewandten und unterhaltsamen Gentleman, kennen, der sie zu sich nach Hause zum Abendessen einlädt. Dort kommen psychologische Themen zur Sprache, durch welche der sensible Alan sich angegriffen fühlt und Prade vor den anderen Gästen mit der Faust niederschlägt. Danach fährt er mit weit überhöhter Geschwindigkeit zum Hotel zurück. Prade outet sich Denise gegenüber als Psychiater, der in London lebt, und bietet seine Hilfe an. Allerdings beschließen Alan und Denise am nächsten Tag, nach Hause zu fliegen. Zurück in London kommt es zu einem Zwischenfall, bei dem Alan Denise fast erwürgt. Diese wendet sich verzweifelt an Prade, der mittlerweile auch in London ist, und es gelingt, Alan zu einer Therapie zu bewegen. Mittels Psychoanalyse, unterstützt von Spritzen und einer CO2 Therapie, wird der Unfall Stück für Stück aufgearbeitet und das belastende Trauma gelöst. Schließlich erklärt Prade ihn für geheilt.
Am nächsten Tag wacht Alan guter Dinge auf, kann aber Denise nirgends finden. Prade kommt in die Wohnung, und auf der Suche nach Denise finden sie das Badezimmer blutverschmiert vor, können aber keine Leiche finden. Ein Koffer mit Sezierinstrumenten zeigt Spuren einer Zerstückelung. Alan kann sich an nichts mehr erinnern und will sich der Polizei stellen, wird aber von Prade überredet, ihn in eine Klinik zu begleiten. Er könne ihn dort heilen und den Fall als „im Zustand der Unzurechnungsfähigkeit begangen“ darstellen, nachdem er genesen sei, was ihm einen lebenslangen Aufenthalt im Irrenhaus ersparen würde. Während der Fahrt greift Alan Prade ins Lenkrad und provoziert einen Unfall. Prade wird bewusstlos. Alan verlässt den Wagen und fliegt an die Cote`d Azur, wo er einen alten Rennkollegen trifft. Dieser ist verwundert, dass 10 Tage später nichts von der Geschichte in der Zeitung steht. Da macht Alan eine völlig unerwartete Entdeckung…

Anmerkungen:

„Stop me before I kill“ hat mit ca. 107 Minuten eine für einen Hammer-Film geradezu monumentale Länge. Allerdings streckt sich die Handlung und hätte meiner Meinung nach um ca. 20 Minuten gekürzt gehört. Erst nach etwa 80 Minuten kommt der Film richtig in Fahrt und verwöhnt den Zuseher mit der Hammer-eigenen Spannung und den lang ersehnten Überraschungen. Auch wenn das Alles nicht so ganz unvorhersehbar ist, sind die finalen 25 Minuten durchaus ein Thriller-Genuss.
Wirklich großartig ist die schauspielerische Leistung des sehr ausdrucksstarken Ronald Lewis (1928 bis 1982). Sein Mienenspiel, seine Ausbrüche und die permanente Bedrohung durch seine gefährliche Unberechenbarkeit werden meisterhaft dargestellt. Man weiß bei ihm nie, wann seine Stimmung kippen wird. Wirklich schade, dass er bei Hammer so selten in Erscheinung trat. Auffallend ist, wie rasch sich Alan nach der Psychoanalyse damit abfindet, dass er durch sein leichtsinniges Fahrverhalten ein Menschenleben auf dem Gewissen hat. Der psychologische Hintergrund für Alans Drang, Denise zu töten wirkt auf mich recht konstruiert.

Die Rolle der Denise spielt Diane Cilento (1933-2011), die von 1962 bis 1973 Sean Connerys erste Ehefrau werden sollte. Die Australierin gibt einen perfekt klingenden italienischen Akzent zum Besten und wirkt auch optisch recht italienisch. Trotzdem finde ich sie recht austauschbar und werde mit ihr als Zuseher nicht wirklich warm. Auch steuert sie dem Klischee der naiven Blondine einiges bei.

Der Film nimmt sich des zu dieser Zeit recht populären Themas Psychoanalyse an. Der alternde Psychiater Prade hat recht seltsame, stellenweise unsensible Behandlungsmethoden und zeigt ein auffallendes Interesse an Denise. Auch ist er geradezu erpicht darauf, von sich aus seine Hilfe anzubieten. Als hoch intelligenter Analytiker findet er rasch Zugang zu Alans Psyche und hat auf alles eine Antwort.

Fazit: Ein sich viel zu lang dahinziehender und in mancherlei Hinsicht recht vorhersehbarer Plot aus der Vor-„Ein Toter spielt Klavier“-Phase, der dann im letzten Viertel endlich an Tempo gewinnt, im Großen und Ganzen aber recht sauber inszeniert ist.

3,5 von 5.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

11.02.2015 19:38
#62 RE: Die Hammer-Filme. Britische Thriller-, Gothic-, und Gruselperlen Zitat · Antworten



Der unsichtbare Schatten (Stop Me Before I Kill! / The Full Treatment)


Psychothriller, GB 1960. Regie: Val Guest. Drehbuch: Val Guest, Ronald Scott Thorn (Buchvorlage „The Full Treatment“: Ronald Scott Thorn). Mit: Claude Dauphin (David Prade), Diane Cilento (Denise Colby), Ronald Lewis (Alan Colby), Françoise Rosay (Madame Prade), Bernard Braden (Harry Stonehouse), Katya Douglas (Connie), Barbara Chilcott (Baroness de la Vailion), Anne Tirard (Nicole), Edwin Styles (Dr. Roberts), George Merritt (Mr. Manfield) u.a. Uraufführung (GB): Oktober 1960. Uraufführung (USA): 17. Mai 1961. Uraufführung (BRD): 19. April 1963. Eine Produktion der Hammer Film Productions.

Zitat von Der unsichtbare Schatten
Nach einem folgenschweren Unfall verspürt der erfolgreiche Rennfahrer Alan Colby in regelmäßigen Abständen ganz plötzlich das Verlangen, seine Frau zu erwürgen. Auch in der Zwischenzeit geht sein Temperament oft mit ihm durch. Verdächtig interessiert an seinem Fall ist der mysteriöse Dr. Prade, den Alan und Denise in ihren Flitterwochen in Südfrankreich treffen. Es stellt sich heraus, dass er Psychiater ist und Alan helfen will, sein Problem in den Griff zu bekommen. Dafür müssen die beiden die letzten Minuten vor dem Unfall rekonstruieren, die Alan selbst nicht mehr erinnern kann oder will. Wird es Prade gelingen, seinen Patienten zu heilen, oder gibt dieser seinem mörderischen Drang in letzter Minute doch noch nach?


Wieder einmal verschlägt es den Hammer-Freund nach Südfrankreich, einen Schauplatz, der trotz aller Annehmlichkeiten mittlerweile einkonditionierte Befürchtungen nach Angst und Schrecken wachruft. Das elegante Hotel-, Strand- und Villenumfeld sollte wohl ebenso wie die internationale Besetzung und die lange Spieldauer des Films den Eindruck eines A pictures vermitteln, während sich die meisten anderen Produktionen der Hammer Films in ihrer komfortablen B-Zone verhältnismäßig wohl fühlen. Und tatsächlich erweckt es den Eindruck, als habe sich Val Guest bei seinem Versuch, den Thriller eine Nummer größer als üblich zu gestalten, ziemlich böse verhoben: das Milieu kommt eher als Selbstzweck zur Geltung, der Cast zählt sicher nicht zu Hammers ausgeglichensten und die Laufzeit hätte gut und gern um eine halbe Stunde reduziert werden können.



Alles beginnt in England mit einem seltsam surrealen Schwenk über den Schauplatz jenes Unfalls, der seinen „unsichtbaren Schatten“ über den gesamten Film werfen wird. Der Zusammenstoß des Sportwagens mit dem LKW ist bereits geschehen – der Zuschauer befindet sich folglich auf dem gleichen Wissensstand wie die Akteure; die (alp-)traumartig arrangierte Ausgangssituation wird von der sich langsam entfernenden Kamera genüsslich in Szene gesetzt. Das Lob für die Fotografie gilt auch diversen späteren Szenen, in denen teilweise mit raffinierten Tricks – Zoomen durch Fenster, Spiegelungen in Ferngläsern, POV-Einstellungen – gearbeitet und der ständige Schauplatzwechsel einigermaßen stolperfrei übertüncht wird.

Zitat von Britmovie.co.uk: „The Full Treatment“, Quelle
Val Guest travelled to France for this satisfyingly-plotted film from Hammer’s period of psycho-thrillers. Adapted from Ronald Scott Thorn’s novel by the author and Val Guest, the film echoes Alfred Hitchcock’s Spellbound and received an X certificate due to some brief nudity, but on release The Full Treatment was greeted by a lacklustre critical and commercial reception.


Als Hauptproblem von „Stop Me Before I Kill!“ kristallisiert sich schon nach kurzer Zeit seine Schwatzhaftigkeit heraus, die gerade in Gestalt der naiven weiblichen Hauptrolle (Diane Cilento) teilweise unangenehme Ausmaße erreicht. Fraglich ist, warum sie überhaupt mit einem ausländischen – manchmal französischen, manchmal italienischen – Einschlag sprechen musste, wenn ihre Herkunft für die Handlung nicht die geringste Bedeutung hatte. Auch diverse Dialoge zwischen Alan und Dr. Prade hätten an einer Einkürzung keinen Schaden genommen, zeichnen sie sich doch weniger durch Prägnanz als vielmehr durch ein unermüdliches, repititives Katz-und-Maus-Spiel ab, das relativ schnell die wahren Absichten der Protagonisten durchscheinen lässt. Dennoch geraten die Szenen auf der Couch des Psychiaters zu den Höhepunkten des Films, weil sie von packender atmosphärischer Dichte sind und immerhin eine spektakuläre Aufklärung erwarten lassen (die sich dann zum Leidwesen aller Beteiligten eher als herbeikonstruierte Belanglosigkeit entpuppt). Ab da verliert der Film noch einmal merklich an Tempo, denn das in schlafwandlerischer Manier inszenierte Verschwinden Denises und den angeblichen Mord an ihr durchschaut jeder geübte Krimizuschauer binnen weniger Augenblicke.



Eine Möglichkeit, das Finale noch einmal vernünftig aufzuheizen, wurde nur halbherzig gelöst. Nachdem zu Beginn die kleine Seilbahn, die das Hotel mit dem Strand verbindet, so ausführlich und vielversprechend als potenzielle Gefahrenquelle eingeführt wurde, war es nur schlüssig, dass sie im Finale noch einmal zu einem Auftritt kommen würde. Doch anstatt zwischen den zwei Widersachern ein spannendes Duell in luftiger Höhe zu inszenieren, nutzte der Regisseur die wackeligen Kabinen der Bahn lediglich für eine überstürzte Flucht ins Verderben, die sich auf den zufälligen Umstand einer Reparatur statt auf ein verdientes Ausfechten der Überlebensfrage stützt. Das ist ein Ende, das eines Charakters vom Format und der Diabolik eines Dr. Prade kaum würdig erscheint ...

Auch Claude Dauphins markante Darstellung des mit allen Wassern gewaschenen Seelenklempners rettet einen sehr verworrenen, unausgereiften Hammer-Thriller nicht vor seinen zahlreichen Schwächen. 2,5 von 5 Punkten für ein Psychospiel in Überlänge, das reizvolle Ansätze in Richtung Hitchcock’scher Doppelbödigkeit oder Simenon’scher Figurenzeichnung bietet, sie aber unausgereift umsetzt und nur in vereinzelten Szenen wirklich überzeugen kann.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

15.02.2015 18:16
#63 RE: Die Hammer-Filme. Britische Thriller-, Gothic-, und Gruselperlen Zitat · Antworten

Maniac (Die Ausgekochten)



Originaltitel: Maniac
Alternativtitel: The Maniac
Herstellungsland: Großbritannien
Erscheinungsjahr: 1963
Regie: Michael Carreras

Darsteller:

Kerwin Mathews: Jeff Farrell, Nadia Gray: Yvonne Beynat, Liliane Brousse: Annette Beynat, Donald Houston: Georges Beynat, George Pastell: Inpsector Etienne, Arnold Diamond: Janiello, Norman Bird: Salon, Justine Lord: Grace, Jerold Wells: Giles, Leon Peers: Blanchard

Genre: Hammer-Filme, Thriller

Inhalt:


Camargue, Frankreich. Die Schülerin Annette Beynat wird von einem Mann vergewaltigt, der ihr eine Mitfahrgelegenheit anbietet. Ihr Vater nimmt blutige Rache und ermordet den Täter mit einem Schneidbrenner . Er wird für unzurechnungsfähig erklärt und in eine Irrenanstalt eingewiesen.

4 Jahre später. Annette ist mittlerweile zur Frau herangereift und bedient in der Bar ihrer Stiefmutter Eve Beynat (Nadia Gray). Dort strandet der Amerikaner Jeff Farrell, der sich gerade von seiner Freundin getrennt hat und eine Art Glücksritter ist. Annette wirft ein Auge auf ihn, was von Jeff durchaus erwidert wird. Allerdings versteht Stiefmutter Eve es, die Aufmerksamkeit des Amerikaners auf sich zu lenken und beginnt zum Leidwesen der eifersüchtigen Annette eine leidenschaftliche Affäre mit ihm. Dies führt schließlich dazu, dass in dem Pärchen die Idee reift, dem Gatten zur Flucht zu verhelfen, damit er sich in`s Ausland absetzt und Eve mit Jeff eine unbeschwerte Zukunft verbringen kann. Eines Nachts wird der Plan tatsächlich in die Tat umgesetzt und der Gatte zu einem Schiff gebracht, dass ihn außer Landes bringen sollte.
Im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen erfahren Jeff und Eve jedoch, dass in der besagten Nacht noch ein zweiter Mann aus der Irrenanstalt verschwunden ist, nämlich einer der Bediensteten. Kurz darauf finden Eve und Jeff diesen tot im Kofferraum ihres Wagens liegen. Er wurde offensichtlich vom Gatten ermordet. Das Pärchen sieht keinen anderen Ausweg, als den Toten in einem Fluss zu entsorgen.
Kurz darauf werden 2 Gasflaschen an die Adresse der Beynats geliefert, woraus niemand sich einen Reim machen kann. Der Einzige, der dafür Verwendung hätte ist der geflüchtete Mr.Beynat. Ist dieser noch im Lande und auf Rache aus?
Später erfährt Anette, dass Ihr Vater ein Treffen mit ihr wünscht, bei dem sie mit ihm fortgehen sollte. Sie wird dabei von Eve begleitet, die sehr besorgt ist, da ihr Mann als gefährlicher „Maniac“(Verrückter) gilt. Jeff bleibt zu Hause und entdeckt im Schuppen Licht, dass von einem Schneidbrenner erzeugt wird. Als er nachsieht, findet er die Leiche, die eigentlich im Fluss sein sollte vor und wird im selben Moment überwältigt und an eine Gasflasche gefesselt. Er sollte durch eine Sprengung ermordet werden, verursacht durch den Schneidbrenner, der auf den Behälter gerichtet wird. Plötzlich erscheint eine weitere Person am Fenster...

...Annette und Eve finden Mr.Beynat nicht am ausgemachten Treffpunkt vor und kommen zurück. Sie entdecken die brennenden Überreste des Schuppens, der in die Luft gesprengt wurde. Polizei und Feuerwehr sind schon vor Ort und erklären, sie hätten eine Leiche und einen Schwerverletzten geborgen. Ab hier folgen dann zahlreiche Twists nach dem Strickmuster von „Ein toter spielt Klavier“.

Anmerkungen:

Maniac ist ein sehr spannender Thriller. Zugegebenermaßen greift er, wie auch einige bereits besprochene Streifen, auf das bewährte Rezept von „Ein toter spielt Klavier“ zurück. Dennoch muss ich sagen, dass, Dank der Phantasie der Hammer-Drehbuchautoren, immer wieder neue Überraschungen geboten werden, die kaum zu durchschauen sind und den Suspense würdig zu pflegen verstehen.
Der Film entwickelt sich zwar eher langsam, ist aber nie langweilig. Der Schluss bietet eine ganz große Überraschung.

Zu Beginn gestaltet sich Der Streifen wie ein Liebesdrama, welches allerdings Dank des gelungenen Schwarzweiß immer von einer gewissen Düsternis begleitet wird, die erahnen lässt, dass der Film diese Schiene bald verlassen wird. Die Darsteller Kerwin Mathews (1926-2007) und Nadia Gray (1923-1994) tun das Ihre, um der Handlung den nötigen Drive zu geben. Die in Rumänien geborene Nadja Gray ist auch in zahlreichen deutschen Filmen aufgetreten, wobei ich gestehen muss, sie sonst nur aus „Old Firehand“ zu kennen. Sie wird hier durchaus von der Aura einer verruchten Femme Fatale umgeben.

Das Spiel rund um Mr. Beynat, auf den sich der Titel „Maniac“ bezieht, ist sehr schön ausgetüftelt, auch wenn die Idee des Pärchens, sich der Beihilfe zur Flucht schuldig zu machen, obwohl der Gatte ihnen nicht mehr wirklich im Wege steht, sehr an den Haaren herbeigezogen erscheint.

Jeff ist recht flexibel, was die Damenwelt betrifft, verlagert er seine Leidenschaft doch nur zu bereitwillig von Annette zu Eve.

Die landschaftlichen Vorzüge der südfranzösischen Camargue wurden schön eingebracht, wesentlich mehr als jene, in den bereits besprochenen Filmen, die auch in Frankreich handelten. In der Prätitelsequenz heißt es: " Camargue, a remote place in Southern France, were wild horses roam, fighting bulls are bred an violance is never far away". Der Schauplatz verleiht dem Thriller einen Hauch abenteuerlichen Flairs.

4,5 von 5.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

15.02.2015 18:17
#64 RE: Die Hammer-Filme. Britische Thriller-, Gothic-, und Gruselperlen Zitat · Antworten



Die Ausgekochten (Maniac)


Kriminalfilm, GB 1963. Regie: Michael Carreras. Drehbuch: Jimmy Sangster. Mit: Kerwin Mathews (Geoff Farrell), Nadia Gray (Eve Beynat), Donald Houston (Henri), Liliane Brousse (Annette Beynat), George Pastell (Inspektor Etienne), Arnold Diamond (Janiello), Norman Bird (Salon), Justine Lord (Grace), Jerold Wells (Giles), Leon Peers (Blanchard) u.a. Uraufführung (GB): 20. Mai 1963. Uraufführung (BRD): 26. Juli 1963. Uraufführung (USA): 30. Oktober 1963. Eine Produktion der Hammer Film Productions.

Zitat von Die Ausgekochten
Ein kleines Dorf in der gottverlassenen südfranzösischen Camarque-Region erregt internationales Aufsehen durch einen brutalen Rachemord: Werkstattbesitzer Beynat verbrennt den Mann, der seine Tochter vergewaltigte, bei lebendigem Leibe mit einem Schweißbrenner. Man erklärt ihn für unzurechnungsfähig und weist ihn in eine geschlossene Anstalt ein. Jahre später lernen Mutter und Tochter Beynat den amerikanischen Touristen Geoff kennen und lieben. Die Mutter überzeugt den Fremden, beim Ausbruch ihres Mannes mitzuhelfen, um diesen endlich loswerden zu können und für eine neue Ehe frei zu sein. Geoff stimmt dem Plan liebestrunken zu, wird allerdings noch mehrere Überraschungen erleben ...


Wilde Pferde, eine karge, weite, menschenleere Landschaft, die Hitze der glühenden Mittagssonne und eine Dorfbevölkerung, die ihre Gesetze seit Jahrhunderten selbst schreibt, lassen „Maniacs“ Prämisse eher wie einen Western als wie einen Krimithriller erscheinen. Wenn Beynat in seinem Geräteschuppen kaltblütig die brutale Waffe zückt und Geoff wenige Szenen später in der Bar der Beynat-Frauen einen Cognac nach dem anderen verdrückt, fehlen nur noch Pistolenhalfter, Sporenstiefel und Saloon-Schwingtüren zur Perfektion des sehr amerikanisch wirkenden Bildes. Dieses transatlantische Strickmuster bleibt auch im späteren Handlungsverlauf gewahrt, in dem die Story eher die Pfade eines klassischen Film-Noir-Dreiecks einschlägt: Der von keiner Seele vermisste Fall Guy Geoff begibt sich auf heißes Terrain, als er sowohl der Unschuld Annette als auch der Femme Fatale Eve schöne Augen macht und damit in Konflikt mit dem Tough Guy Beynat zu kommen droht. Klassischer geht’s kaum.



Der Unterschied zu den Höhepunkten der Schwarzen Serie besteht in dem äußerst gemächlichen Tempo, das „Maniac“ in der Schilderung des Romantik-Teils an den Tag legt. Auf diese Weise wird der eigentlich interessantere Thriller-Teil des Films unnötig weit nach hinten verschoben und macht dann aufgrund des selbst geschaffenen Zeitdrucks einen stellenweise etwas unsauberen, überhetzten Eindruck. Auch stellt sich die Frage, ob „Maniac“ seinem Titel gerecht wird oder ob hier – beinahe ein einmaliger Fall im Hammer-Œuvre – der deutsche Titel, der sich auf Eve und ihren Kollaborateur im Stil von Henri-Georges Clouzots „Teuflischen“ bezieht, nicht eigentlich treffsicherer ausfällt. Um tatsächlich als formidabler Wahnsinniger im Stil eines Hammer-Ungetüms durchzugehen, fehlt es Donald Houston an Unberechenbarkeit und Bedrohlichkeit – ohne sein Mordinstrument wird aus dem „raving maniac“ beinah ein Schoßhündchen. Die Aussage des Schauspielers, er fände seine Rolle so beängstigend, dass sie ihn nachts wach gehalten habe, erscheint vor diesem Hintergrund eher wie eine pflichtgemäß einstudierte Werbefloskel.

Die gebürtige Rumänin Nadia Gray (geborene Nadia Kujnir – der amerikanische TCM-Artikel leistet sich den Fauxpas, Bukarest mit Budapest zu verwechseln und sie als Ungarin zu bezeichnen) füllt ihre Rolle vergleichsweise breiter aus und überzeugt sowohl als verliebte Frau in Not als auch als hintertriebene Strippenzieherin hinter dem wendungsreichen Verbrechen.

Zitat von Denis Meikle: A History of Horrors, Scarecrow Press, Lanham 2009, S. 112
The focus of its narrative is a typically seductive Sangster femme fatale, appropriately named Eve [...]. Sangster wrote Maniac mostly on spec, during a trip with Michael [Carreras] to scout locations, and both men were clearly marking time for Hammer at this point in their respective careers. The thriller elements are efficiently handled through claustrophobic close-ups, but the human drama is less effective [...] Even the spooky goings-on in the Beynt woodshed, lit mysteriously by the flame from a phantom blowtorch, carry no frisson and echo palely of a similar contrivance in Paranoiac.




Mit dem Fortschreiten der Laufzeit zieht „Maniac“ sein Publikum allerdings immer stärker in seinen Bann, bis der Film nach diversen mehr oder minder überraschenden Kursänderungen mit einem finalen Clou aufwartet, den man beim besten Willen nicht hätte vorausahnen können (wenngleich er augenscheinlich durchaus von einem ähnlichen Handgriff in einem anderen Hammer-Thriller inspiriert wurde). In einer beeindruckenden Schlusssequenz stehen die Protagonisten nicht nur den Abgründen ihrer eigenen Handlungen, sondern auch ganz realen, tödlichen Stolperfallen gegenüber. Carreras erweist sich in diesen Schlussminuten des Films als goldrichtiger Regisseur für „Maniac“, weil er sich nicht scheut, Action- und Spannungsszenen zu ihrer vollen Wirkung auszukosten. „It’s a long way down, Annette!“

Noiresker Thriller im Mantel wilder Gesetzlosigkeit und naturbelassener Einsamkeit. Was sich zunächst nur schleppend entwickelt, nimmt mit jeder Enthüllung an Faszination zu. „Maniac“ ist weit von cinematografischer Perfektion entfernt, aber dafür ganz nah an der Essenz, die einen stimmungsvollen Hammer-Film ausmacht. 4 von 5 Punkten. Mit einer stärkeren Verkörperung der Titelrolle hätte die Wertung besser ausfallen können. Ob die bereits 1960 anlässlich der ersten „Maniac“-Ideen angedachte Alternativ-Besetzung mit Peter Cushing und George Sanders Abhilfe geschaffen hätte?

Mark Paxton Offline




Beiträge: 347

20.02.2015 16:46
#65 RE: Die Hammer-Filme. Britische Thriller-, Gothic-, und Gruselperlen Zitat · Antworten

Für Hammer-Freunde dürfte das von Interesse sein:
HAMMER HOUSE OF HORROR

Kenne ich noch nicht, macht mich aber rasend gespannt. Im Mai von Pidax! Der Text macht mich sehr neugierig:

Die „Gefrierschocker“ bieten Gänsehaut vom Feinsten: Die 13 Geschichten drehen sich nicht nur um Übernatürliches wie Hexen, Geister, Besessenheit oder Werwölfe. Der Schrecken hat hier aber teilweise auch ein durchaus „weltliches“ Gesicht, ob es um Serienmörder oder Kannibalismus geht. So versetzt eine Hexe aus dem 17. Jahrhundert die Bewohner eines alten Bauernhofs in Angst und SchreckenIn einer weiteren Geschichte ist die Adoption eines Jungen der Auslöser für schreckliche Ereignisse. Oder wie wäre es mit der jungen Familie, die in ein Haus zieht, das Schauplatz eines grausamen Mordes war und die Hölle erlebt. Das sind nur einige der hochspannenden Geschichten dieser Horror-Anthologie.

Hintergrundinformationen:
Wenn es für britischen Horrorkult einen Namen gibt, dann ist es jener des berühmten Hammer Studios, das diese Serie für das Fernsehen mitproduzierte. Sie erzählt geheimnisvolle, mysteriöse und Gänsehaut erregende Geschichten. Mit von der Partie sind in den einzelnen Episoden unter anderem Hammer-Legende Peter Cushing (“Dracula“, „Der Hund von Baskerville“) und der spätere James-Bond-Darsteller Pierce Brosnan. Regie führten erprobte Hammer- Regisseure wie Don Sharp („Der Kuss des Vampirs“), der auch zwei Filme der Reihe um „Dr. Fu Man Chu“ inszenierte), Robert Young („Zirkus der Vampire“) oder Peter Sasdy („Comtesse des Grauens“) und Alan Gibson („Dracula jagt Mini-Mädchen“).

http://www.pidax-film.de/product_info.ph...7t7jq1ueun4md03

patrick Offline




Beiträge: 3.245

21.02.2015 10:04
#66 RE: Die Hammer-Filme. Britische Thriller-, Gothic-, und Gruselperlen Zitat · Antworten

Zitat von Mark Paxton im Beitrag #65
Für Hammer-Freunde dürfte das von Interesse sein:
HAMMER HOUSE OF HORROR

Kenne ich noch nicht, macht mich aber rasend gespannt. Im Mai von Pidax! Der Text macht mich sehr neugierig:




Ich habe diese Serie auch noch nie gesehen. Klingt interessant. Solltest du sie bestellen, würde mich ein Feedback freuen.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

28.02.2015 09:24
#67 RE: Die Hammer-Filme. Britische Thriller-, Gothic-, und Gruselperlen Zitat · Antworten

The Mummy's Shroud (Der Fluch der Mumie)



Filmdaten:
Deutscher Titel: Der Fluch der Mumie
Originaltitel: The Mummy's Shroud
Produktionsland: Großbritannien
Originalsprach: Englisch
Erscheinungsjahr: 1967
Länge: 90 Minuten

Stab

Regie: John Gilling
Drehbuch: John Gilling
Anthony Hinds
Produktion: Michael Carreras
Musik: Don Banks
Kamera: Arthur Grant
Schnitt: Chris Barnes

Besetzung:

André Morell: Sir Basil Walden, John Phillips: Stanley Preston, David Buck: Paul Preston, Elizabeth Sellars: Barbara Preston, Maggie Kimberly: Claire de Sangre, Michael Ripper: Longbarrow
Tim Barrett: Harry Newton, Richard Warner: Inspector Barrani, Roger Delgado: Hasmid, Catherine Lacey: Haiti, Dickie Owen: Prem, Bruno Barnabe: Pharaoh, Toni Gilpin: Frau des Pharaoh
Toolsie Persaud: Kah-to-Bey, Eddie Powell: Die Mumie, Andreas Malandrinos: Kurator


Handlung:

Ägypten, 2000 v.Chr.: Kah-to-Bey, der Sohn des Pharao, muss nach dem Sturz und der Ermordung seines Vaters durch dessen Bruder mit dem stärksten und treusten Sklaven Prem in die Wüste flüchten, wo er stirbt und von dem loyalen Prem bestattet wird.

1920: Im Auftrag von Stanley Preston findet eine, von Sir Basil Walden (Andre Morel) geführte, Expedition Kah-to-Beyˋs Überreste. Diese sind in ein Tuch gehüllt, welches mit mystischen Worten versehen ist. Der Grabwächter Hasmid ist erzürnt über die Eindringlinge, wird aber von diesen nicht ernst genommen. Sir Basil Walden, dessen Gesundheit schon länger angeschlagen ist, wird von einer Schlange gebissen, kann die Wunde aber aufschneiden und säubern. Dennoch wird er später ohnmächtig und seltsamerweise in eine Irrenanstalt eingeliefert, aus welcher er flieht. Hasmid gelingt es, das Leichentuch zu entwenden und mit den magischen Worten, die darauf stehen, Prems Mumie zum Leben zu erwecken. Diese tötet zuerst den flüchtigen Sir Basil Walden und in Folge drei weitere Mitglieder der Expedition, darunter Stanley Preston, der versucht, ein Schiff nach England zu erreichen. Sein Sohn Paul Preston und die, der arabischen Sprache kundige, Claire de Sangre sind als Mitbeteiligte ebenfalls zur Zielscheibe des Fluchs geworden und wollen der Sache auf den Grund gehen. Die Wahrsagerin Haiti erklärt Claire, sie hätte die Chance, Prem in der Sprache der Pharaonen um Vergebung für die Entweihung Kah-to-Beys Grabstätte zu bitten. Hasmid versucht allerdings, dies zu vereiteln, indem er die Mumie dazu bringen will, Claire , so wie zuvor die anderen, zu töten. Paul und die Polizei eilen zur Hilfe, wobei Hasmid erschossen wird. In letzter Sekunde kann Prem durch die, von Clair ausgesprochenen, magischen Worte gestoppt werden und zerfällt zu Staub.

Anmerkungen:

John Gillings "The Mummyˋs Shroud" bietet nach Hammers beiden früheren Mumien-Filmen keine wirklich neuen Ideen. Dennoch stört dies wenig, da der Streifen, wie auch schon seine Vorgänger, recht gut gelungen ist. Die Inszenierung ist ansprechend und der Unterhaltungswert groß. Sowohl die passende, stimmungsvoll monumentale, Musik, als auch die handwerklichen Vorzüge machen diesen Film zu einem, zwar nicht im Übermaß originellen, aber kurzweiligen Genre-Beitrag. Michael Ripper wird als Expeditionsteilnehmer Longbarrow von der Mumie um die Ecke gebracht. Ebenso Andre Morell, der hier, im Gegensatz zu seinen hervorragenden Darstellungen in "Cash on Demand" und "Plague of the Zombies", diesmal wieder recht eindimensional angelegt ist.

Fazit: Ein sauberer und ansprechend inszenierter Mumien-Film. 4 von 5.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

04.03.2015 21:37
#68 RE: Die Hammer-Filme. Britische Thriller-, Gothic-, und Gruselperlen Zitat · Antworten

The Curse of the Werewolf (Der Fluch von Siniestro)



Filmdaten:

Deutscher Titel: Der Fluch von Siniestro
Originaltitel: The Curse of the Werewolf
Produktionsland: Großbritannien
Originalsprache: Englisch
Erscheinungsjahr: 1961
Länge: 90 Minuten
Altersfreigabe: FSK 16

Stab:

Regie: Terence Fisher
Drehbuch: Anthony Hinds
Produktion: Anthony Hinds
Michael Carreras
Musik: Benjamin Frankel
Kamera: Arthur Grant
Schnitt: Alfred Cox

Besetzung:

Clifford Evans: Don Alfredo Corledo, Oliver Reed: Leon Corledo, der Werwolf, Yvonne Romain: Leons Mutter, Catherine Feller: Cristina Fernando, Anthony Dawson: Marqués Siniestro, Hira Talfrey: Teresa, Richard Wordsworth: Bettler



Inhalt:

Spanien im 18 Jahrhundert. Ein armer Bettler wird bei den Hochzeitsfeierlichkeiten des grausamen Marques Siniestro verspottet, gedemütigt und schließlich für den Rest seines Lebens in ein Verließ geworfen. Dort bringt ihm ein stummes Mädchen (Ivonne Romain) jahrelang das Essen, bis sie eines Tages selbst den Unmut des mittlerweile gealterten und verwittweten Marques auf sich zieht, nachdem sie dessen Annäherungsversuche nicht erwidert. Sie wird zu dem, inzwischen völlig verwahrlosten und verrohten, Bettler in die Zelle geworfen, der die Situation ausnutzt und das Mädchen vergewaltigt.

Am nächsten Tag wird sie erneut zum Marques gebracht, den sie kurzerhand ersticht. Danach flüchtet sie in den Wald und wird später von dem gutherzigen Gelehrten Don Alfredo Corledo aus einem Teich gefischt. Zusammen mit seiner Haushälterin Teresa nimmt er sie bei sich auf, wo sie einen Sohn zur Welt bringt. Dieser wurde bei der Vergewaltigung gezeugt. Die junge Mutter stirbt allerdings bei der Geburt. Alfredo und Teresa nennen den Jungen Leon und sorgen für ihn, als wäre er ihr eigenes Kind.

Jedoch ereignen sich nach ein paar Jahren seltsame Vorfälle, bei denen mehrer Schafe offensichtlich von einem Wolf gerissen werden. Dieser wird bei einer dieser Gelegenheiten angeschossen, und der Junge Leon wacht mit einer Kugel im Bein in seinem Bett auf. Alfredo und Teresa müssen erkennen, dass er ein Werwolf ist und erfahren vom Pfarrer, dass sich so ein Phänomen nur ereignen kann, wenn die Seele mit einem bösen Geist im selben Körper um die Vorherrschaft hadert. Ein solcher böser Geist ergreift vorzugsweise von Kindern Besitz, die unter schweren und belastenden Umständen zur Welt kommen. Das Werwolf-Ich drängt dann in den Vordergrund, wenn die Seele geschwächt ist, was vor Allem durch den Vollmond begünstigt wird. Das stärkste Heilmittel gegen das Werwolf-Phänomen ist aufrichtige Liebe.

Alfredo und Teresa nehmen sich diesen Rat zu Herzen und bieten Leon ein liebevolles und harmonisches Zuhause. Tatsächlich verwandelt sich der Junge nicht mehr und wächst zu einem kräftigen und gut aussehenden jungen Mann heran. Er nimmt Arbeit in einem Weinkeller an einem anderen Ort an, wo er sich in die hübsche Cristina verliebt. Die beiden können sich allerdings nur heimlich treffen, da Cristina von ihrem Vater einem anderen Mann versprochen wurde.
Eines Abends überredet Leons Freund und Arbeitskollege diesen, ihn beim Ausgang zu begleiten. Der Weg führt in ein Bordell, wo Leon sich ganz und gar nicht wohl fühlt und, erstmals seit seiner Kindheit, wieder verwandelt. Die Folgen sind verheerend. Er tötet sowohl seinen Freund, als auch eine Prostituierte und einen Kneipenbesucher. Am nächsten Morgen kann er sich an nichts mehr erinnern.
Alfredo und Teresa erkennen, dass der Fluch wieder auflebt und weihen Leon ein, der das nicht wahrhaben will. Er trifft erneut Cristina und erkennt, dass ihre Gegenwart und Liebe die Kraft haben, den Fluch in Zaum zu halten. Die beiden beschließen durchzubrennen, was durch Leons Festnahme verhindert wird. Im Gefängnis bittet er Alfredo, ihn mit einer Silberkugel zu töten, um weiteres Unheil zu verhindern. Dieser wird nachdenklich, geht jedoch nicht darauf ein, und Leon verwandelt sich im Laufe der Nacht wieder, tötet dabei seinen Zellengenossen (Michael Ripper) und den Wächter und flieht aus dem Gefängnis. Draußen wandert er über die Dächer und wird von einer aufgebrachten Menschenmenge dabei beobachtet. Alfredo klettert auf den Kirchturm und erschießt ihn dort mit einer Silberkugel.

Anmerkungen:

"Curse of the Werewolf" ist Hammers erster und einziger Werwolf-Film und hat es leider nicht geschafft, das Thema so wirklich herausragend wiederzubeleben. Der Film beginnt recht vielversprechend, verläuft dann aber zu langatmig und entbehrt besonders effektvoller Höhepunkte. Den Werwolf bekommt man erst gegen Ende zu sehen, und sein Erscheinungsbild ist nicht allzu eindrucksvoll. Das hat aber sehr wahrscheinlich damit zu tun, dass der Film damals große Probleme mit der Zensur hatte und sehr viele Szenen geschnitten werden mussten. Es wäre gerade hier besonders interessant, einen "Directors Cut" zu sehen. Doch dürfte ein solcher wohl kaum mehr existieren.

Das Werwolf-Thema hat insofern gewisse Parallelen zu "Jekyll und Hyde", als auch hier eine schizophrene Abspaltung von menschlich-gut und animalisch-böse erfolgt. Als Heilmittel gegen die böse Seite fungiert logischerweise aufrichtige Liebe, wogegen alles, was Leon seelisch und moralisch schwächt, dem Bösen Auftrieb gibt und dem Schicksal seinen tragischen Verlauf nehmen lässt. Auch der Vollmond hat den sensibilisierenden Effekt, die dunklen, ungeliebten Anteile hervorzuholen.

Oliver Reed ist eine sehr gute Wahl für die Rolle des Leon. Er strahlt die diabolische Besessenheit hervorragend aus, hat allerdings hier noch nicht die Gelegenheit, sein schauspielerisches Potential derart auszuleben, wie 2 Jahre später in "Paranoiac".

Auch bekommt man 2 Bond-Veteranen zu sehen. Desmond Llewelyn (1914-1999) in einer sehr kurzen Rolle als Diener und Anthony Dawson (1916-1992)als Marques. Letzterer spielte auch den verhinderten Mörder in "Bei Anruf Mord".

Die Atmosphäre ist nicht so übel. Im Großen und Ganzen kann der Streifen allerdings die "Lon Chaney jr.-Version" von 1941 nicht wirklich übertreffen. Am besten gefällt mir persönlich die Version "The Wolfman" von 2010 mit Anthony Hopkins und Benicio del Toro.

3 von 5 für diesen recht durchschnittlichen Film.

patrick Offline




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08.03.2015 22:02
#69 RE: Die Hammer-Filme. Britische Thriller-, Gothic-, und Gruselperlen Zitat · Antworten

Quatermass and the Pit (Das grüne Blut der Dämonen)




Filmdaten
Deutscher Titel: Das grüne Blut der Dämonen
Originaltitel: Quatermass and the Pit
Produktionsland: Großbritannien
Originalsprache: Englisch
Erscheinungsjahr: 1967
Länge: 98 Minuten
Altersfreigabe: FSK 16
Stab
Regie: Roy Ward Baker
Drehbuch: Nigel Kneale
Produktion: Anthony Nelson-Keys
Musik: Tristram Cary
Kamera: Arthur Grant
Schnitt: James Needs
Spencer Reeve

Besetzung:
James Donald: Dr. Matthew Roney, Andrew Keir: Prof. Bernard Quatermass, Barbara Shelley: Barbara Judd, Julian Glover: Col. Breen, Duncan Lamont: Sladden, Bryan Marshall: Capt. Potter, Grant Taylor: Sgt. Ellis, Edwin Richfield: Verteidigungsminister


Inhalt:

Bei Bauarbeiten an der fiktiven Londoner U-Bahn Station Hobbs End werden mehrere Skelette von Urzeitmenschen und ein Raumschiff ausgegraben. Letzteres besteht aus einem Material, dass antimagnetisch ist und sich weder durchbohren noch schmelzen lässt. Der Physiker Professor Bernard Quatermass (Andrew Keir), der für die Raumfahrtbehörde arbeitet, wird herangezogen. Nach mehreren erfolglosen Versuchen, ein Loch in die Wand des Raumschiffs zu bohren, zerfällt plötzlich eine Art Zwischenwand und legt einen Hohlraum frei, der mehrere konservierte tote Riesenheuschrecken enthält, welche rasch verwesen, nachdem sie in Kontakt mit der Luft kommen. Quatermass findet heraus, dass diese Ähnlichkeit mit Dämonen aus alten Überlieferungen haben. Ferner ist auch ein Symbol in die Schiffswand eingeritzt, welches auf Schwarzmagie hindeutet. Weitere Nachforschungen ergeben, dass Hob auf Hobb umgeändert wurde. Ersterer war einst ein Spitzname für den Teufel (Old Hob). Es ereigneten sich an der Stelle, wo jetzt die U-Bahn-Station ist, schon in früheren Jahrhunderten ständig rätselhafte Spuk-Phänomene. Bei der Errichtung der Station, 40 Jahre zuvor, im Jahre 1927, wurden seltsame Erscheinungen gesichtet, die einem furchterregenden Zwerg glichen. Dies war immer dann der Fall, wenn die Erde umgegraben wurde.

Später berichtet auch ein Elektriker, der im Raumschiff arbeitet, völlig verstört, er hätte diesen schrecklichen Zwerg gesehen. Danach stößt ein weiterer Techniker auf eine böse Energie, die sämtliche Gegenstände durch die Luft wirbeln lässt und sein Bewusstsein verzerrt. Er flüchtet aus der U-Bahn-Station, wird allerdings dabei vom Bösen begleitet.
Quatermass, Dr.Roney und dessen Assistentin Barbara Judd (Barbara Shelley) experimentieren mit einem Apparat, der Gedankenbilder auf einen Bildschirm projiziert. Im Raumschiff erweist sich Barbara als äußerst empfänglich und nimmt Schreckensbilder vom Mars auf, wo die heuschreckenartigen Dämonen sich gegenseitig bekämpfen, sodass nur die Stärksten als eine Art Superrasse überleben können. Die Bilder zeigen eine Kultur, die im permanenten Kampf lebte und den Schwächeren gegenüber eine kompromisslose Auslese betrieb.
Nachdem Ihr Planet langsam nicht mehr die benötigten Lebensbedingungen bot, kamen sie auf die Erde und griffen in die menschliche Evolution ein, indem sie primitive Ur-Menschen mitnahmen und „aufwerteten“, um ihr Erbe auf diese Weise weiterzugeben. Sie selbst konnten auf der Erde nicht leben.
Diese, von Quatermass geäußerte, gewagte These wird von den Behörden verworfen und das Raumschiff zur Besichtigung freigegeben, was fatale Folgen hat. Die gespeicherte böse und gewalttätige Energie wird frei und ergreift Besitz von den versammelten Menschen, welche nun amok laufen.
Dr.Roney, der dagegen immun zu sein scheint, redet auf Quatermass ein, um ihn aus seinem Trance zu holen, was auch gelingt. Plötzlich erscheinen über der Stadt die leuchtenden Umrisse eines Teufelskopfes. Roney klettert auf einen Kran und richtet diesen gegen die Erscheinung aus. Dadurch wird die böse Energie in den Erdboden geleitet, Roney jedoch getötet.

Anmerkungen:

Bereits in den 50er-Jahren sind mehrere Quatermass-Kino- und Fernsehfilme entstanden. Diese Verfilmung von 1967 ist die erste in Farbe und eine Mischung aus Grusel- und Science-Fiction Story.

Der damals 41-Jährige, jedoch wesentlich älter wirkende, Andrew Keir (1926-1997) ist sehr überzeugend in der Rolle des ernsten und robust wirkenden, intelligenten und moralisch untadeligen, Professors. Die Rolle wurde in einer Serie Ende der 50er-Jahre übrigens auch einmal von Andre Morell gespielt.

Die Geschichte spielt sich in einem recht begrenzten Setting ab. Die typische Londoner U-Bahn-Station macht auf den ersten Blick atmosphärisch zwar wenig her, doch versteht es die Story, sich mit seinem subtilen Spannungsaufbau interessant zu machen. Die Geschichten und Augenzeugenberichte über den schrecklichen Zwerg üben eine unheimliche Faszination aus, obwohl man diesen selbst nicht zu Gesicht bekommt und der Film auch sonst mit Effekten sehr zurückhaltend ist.

Die Heuschrecken-Dämonen wirken jedoch sehr künstlich und lächerlich, allerdings ist der über der Stadt erscheinende leuchtende Teufelskopf recht eindrucksvoll geraten.

Für damalige Verhältnisse ziemlich gewagt ist die dargestellte Realität, dass der moderne Mensch seine Evolution dem Eingreifen von bösen Super-Dämonen zu verdanken hat. Dies wird auch dadurch wiedergespiegelt, dass die Menschen sehr rasch in Resonanz mit deren bösen Energie kommen. Dass wir das Erbe einer gewalttägigen, sich ständig bekriegenden, Rasse in uns tragen, ist ein weiterer, sehr provokanter, Ansatz, auch wenn darauf wohl einiges hindeutet. Auf jeden Fall wird hier mit unserer Spezies hart in’s Gericht gegangen.

Der deutsche Titel bezieht sich auf das grüne Blut, das hervorquillt, nachdem die Heuschreckenwesen seziert werden. Leider merkt man dem Film an, dass er auf Sparflamme gekocht wurde. Es wäre ungeheuer effektvoll gewesen, hätte man die geisterhafte und zwergenhafte Erscheinung, welche herumspukt und durch Wände geht, später noch gezeigt. Hier wurde eine tolle Chance vertan.

Fazit: Dieser sehr gesellschaftskritische Streifen hat, trotz des bescheidenen Settings, einen interessanten Spannungsaufbau, der sich am Schluss in eine gewaltsame kollektive Massen-Besessenheit entlädt. Es wurde allerdings leider auch einiges an Potential verspielt. 3 von 5.

patrick Offline




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12.03.2015 16:17
#70 RE: Die Hammer-Filme. Britische Thriller-, Gothic-, und Gruselperlen Zitat · Antworten

The Woman in Black 2: Angel of Death (Die Frau in Schwarz 2: Engel des Todes)


Filmdaten

Deutscher Titel: Die Frau in Schwarz 2: Engel des Todes
Originaltitel: The Woman in Black: Angel of Death
Produktionsland: Vereinigtes Königreich,
Kanada
Originalsprache: Englisch
Erscheinungsjahr: 2014
Länge: 98 Minuten
Altersfreigabe: FSK 12[1]

Stab

Regie: Tom Harper
Drehbuch: Jon Croker
Jane Goldman
Produktion: Simon Oakes
Richard Jackson
Ben Holden
Tobin Armbrust
Musik: Marco Beltrami
Marcus Trumpp
Kamera: George Steel
Schnitt: Mark Eckersley

Besetzung

Phoebe Fox: Eve Parkins, Jeremy Irvine: Harry Burnstow, Helen McCrory: Jean Hogg, Adrian Rawlins: Dr. Rhodes, Genelle Williams: Alma Baker, Leanne Best: Jennet Humfrye, Die Frau in Schwarz
Oaklee Pendergas: Edward, Ned Dennehy: Jacob



Handlung:

Das kriegsgeplagte England im Jahre 1941. Die junge Lehrerin Eve Parkins bringt, zusammen mit ihrer älteren Kollegin Jean Hogg, eine Gruppe von Schulkindern hinaus aus London an einen vermeintlich sicheren Platz. Als solcher sollte ausgerechnet das, aus dem ersten Teil hinreichend bekannte, Eel Marsh House herhalten. Bereits in der ersten Nacht erblickt Eve den Geist von Jennet Humfrye und an der Wand die Botschaft „Du hast ihn im Stich gelassen“, welche ihr in Folge noch öfters begegnen wird.
Auch Edward, ein sensibler Junge, der nicht mehr spricht, seit er bei einem Luftangriff seine Eltern verloren hat, macht Bekanntschaft mit dem Geist, nachdem er von seinen boshaften Kameraden in ein Zimmer gesperrt wird. In der folgenden Nacht erscheint der Geist im Schlafsaal der Kinder, und einer von Edwards Peinigern verlässt in einem tranceartigen Zustand das Gebäude. Anschließend wird er draußen tot aufgefunden. Auch Eve erblickt die Erscheinung ein weiteres Mal am Friedhof.

Der junge Pilot Harry, welchen Eve aus dem Zug kennt, taucht auch in dem Spukhaus auf, und die beiden freunden sich an. Sie entdecken eine Aufnahme auf einem Tonträger, wo Jennet Humfryes Schwester Alice Drablow die Hintergründe über den Tod von Nathaniel Drablow, der eigentlich Jennets Sohn war und dieser weggenommen wurde, preisgibt.

Auch kommt zu Tage, dass sowohl Eve, als auch Harry von ihrer eigenen Vergangenheit traumatisiert sind. Harrys Flugzeug wurde einmal über dem Meer abgeschossen, und er war der einzige Überlebende des Unglücks. Seitdem fürchtet er das Wasser. Eve gebar als Minderjährige ein Kind, welches ihr abgenommen wurde. Sie erkennt die Parallele zu Jennet Humfrye, deren Geist ihr vorwirft, ihr Kind im Stich gelassen zu haben. Wie es scheint, hat das Phantom es auf Eve abgesehen und versucht, den stillen Edward gegen sie aufzustacheln, welcher auf einer Zeichnung sich selbst zusammen mit dem schwarzen Geist darstellt.

In dem verlassenen angrenzenden Dorf sucht Eve den blinden Jacob auf, der von zahlreichen Geistern umgeben ist. Diesem konnte Jennet Humfrye nichts anhaben, da er sie nicht sehen kann. Allerdings ist er als einziger Überlebender des tödlichen Spuks wahnsinnig geworden und attackiert Eve.
Nachdem ein weiteres Kind von dem Geist in den Tod getrieben wird, verlässt die Gruppe, begleitet von Harry, das verfluchte Spukhaus. Sie begeben sich zu einem falschen Flugfeld. Dieses wurde angelegt, um die Deutschen zu täuschen. Edward nimmt jedoch vom Eel Marsh House eine Puppe mit, durch welche die Verbindung zum Phantom aufrecht bleibt. Jennet Humfryes grässlicher Geist erscheint der Gruppe, und Edward läuft nach draußen. Harry folgt ihm, blickt aber in eine abscheuliche Fratze, nachdem dieser sich umdreht. Edward scheint zwar um's Leben gekommen zu sein, doch erkennt Eve, dass dem in Wirklichkeit nicht so ist. Sie springt in Harrys Geländewagen und fährt alleine bei Nacht und Nebel zum Geisterhaus…

Anmerkungen:

Zur Abwechslung mal eine Besprechung frisch aus dem Kino. Aus verständlichen Gründen kann ich leider keine Screen-Shots präsentieren.

Mit dieser lang ersehnte Fortsetzung zu „The Woman in Black“ (2012) bleibt Hammer auch weiterhin seinen Wurzeln treu. Die altmodisch britische Gothic-Atmosphäre ist einmal mehr ganz hervorragend gelungen. Schön düstere Nachtaufnahmen, sowohl im Freien als auch im Haus, werden mit wirklich gruseligen Geistererscheinungen garniert. Hammer versteht es, seinen etablierten Stil mit der Technik des Jahres 2014 noch besser aussehen zu lassen als in den 60ern. Der Hintergrund der Jennet Humfrye ist nach dem ersten Teil zwar hinreichend bekannt, doch bezieht der Film seinen Reiz aus der sehr sorgfältigen und klassisch-gruseligen Inszenierung. Zwar liegt dem Streifen keine literatische Vorlage zugrunde, doch hat Susan Hill (geb.1942) die Drehbuchautoren bei dem Entwurf der Story unterstützt.

Die beiden Hauptprotagonisten Harry und Eve werden mit ihren traumatisierenden Ängsten konfrontiert, welche sie in den hintersten Winkel ihres Unterbewusstseins verdrängt haben und mit denen sie sich nun sehr direkt auseinandersetzen müssen. Ein bisschen Philosophie steckt in einem Dialog zwischen Eve und Edward. Erstere sagt, Albträume wären da, um die Angst aus dem Bewusstsein zu entlassen, worauf der schweigsame Edward auf einem Blatt papier antwortet, seine Mutter habe gesagt, wenn man Angst habe, müsse man an etwas angenehmes denken (nicht wörtlich zitiert). Damit werden zwei verschiedene psychologische Ansätze angesprochen, nämlich einerseits die Angst auszudrücken und damit aufzulösen oder sie andererseits durch etwas angenehmes zu überlagern. Angst ist hier ein omnipräsentes Thema. Neben der Angst vor dem bösen Geist kommen neben den angesprochenen individuellen Ängsten der Charaktere auch die durch den Krieg bedingten Ängste zum Vorschein. Die sehr düstere Atmospähre ist gekonnt darauf abgestimmt.
Der zweite Weltkrieg selbst steckt lediglich den zeitlichen Rahmen und die daraus resultierenden Bedingungen ab und ist vordergründig nicht sehr stark präsent. Die Geschichte, welche ca. 40 Jahre nach dem ersten Teil angesiedelt ist, setzt die Story recht geschickt fort. Der Schluß hält sich ein Hintertürchen für eine weitere Fortsetzung offen. Freunde des gepflegten britischen Gothic-Horror kommen hier auf jeden Fall auf ihre Kosten. Auch wenn ich dieses Sequel nicht ganz so gut finde, wie den ersten Teil, stelle ich mich den vorwiegend negativen Kritiken, die der Streifen geerntet hat, vehement entgegen.

Fazit: 5 von 5. So kann Hammer nach seiner Wiederauferstehung im 21.Jahrhundert ruhig weitermachen. Die ursprüngliche Idee zu diesem Film, das Eel Marsh House in eine Art Lazarett umzufunktionieren, wo traumatisierte Soldaten von Jennet Humfryes Geist in den Tod getrieben werden, wäre allerdings auch sehr reizvoll gewesen.

patrick Offline




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14.03.2015 08:54
#71 RE: Die Hammer-Filme. Britische Thriller-, Gothic-, und Gruselperlen Zitat · Antworten

patrick Offline




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19.03.2015 20:38
#72 RE: Die Hammer-Filme. Britische Thriller-, Gothic-, und Gruselperlen Zitat · Antworten

Never take Candy from a Stranger / Never take Sweets from a Stranger (Vertraue keinem Fremden)



Originaltitel: Never take Candy from a Stranger/Never take Sweets from a Stranger
Herstellungsland: Großbritannien
Erscheinungsjahr: 1960
Regie: Cyril Frankel

Darsteller: Gwen Watford, Patrick Allen, Felix Aylmer, Niall MacGinnis, Alison Leggatt, Bill Nagy, MacDonald Parke, Michael Gwynn, Janina Faye, Frances Green, Estelle Brody


Handlung:

Das britische Ehepaar Peter und Sally Carter zieht mit der 9-jährigen Tochter Jean in eine kanadische Kleinstadt. Peter hat dort den vielversprechenden Posten eines Schuldirektors übernommen. Die Freude wird jedoch bald von einem Vorfall überschattet. Jean erzählt eines Abends, dass sie, zusammen mit ihrer Freundin Lucille, im Haus des alten Mr. Olderberry Sr., im Austausch gegen Süßigkeiten, nackt tanzen musste. Die Carters sind entsetzt und bringen die Sache zur Anzeige, erhalten aber keine Unterstützung von den Stadtbewohnern. Zwar wird unter vorgehaltener Hand gemunkelt, dass Mr. Oldenberrys Vorliebe für kleine Mädchen bekannt sei und dass er sogar einmal kurzfristig in einer Anstalt war, doch ist er das Oberhaupt der einflussreichsten Familie des Ortes. Er selbst war es, der das einstige Holzfällerlager in ein florierendes Städtchen verwandelte, und die Bewohner sind von den Oldenberrys abhängig.
Trotzdem bestehen die Carters auf eine Gerichtsverhandlung, die allerdings zur Farce wird. Die Hauptzeugin Lucille, Jeans kleine Freundin, wird krankgeschrieben und erscheint nicht. Jean selbst wird von Olderberrys Verteidiger sehr hart attackiert und eingeschüchtert. Er plädiert darauf, sie als psychisch gestört hinzustellen. Jean bricht zusammen, und auch den Eltern wird es zu viel. Das Verfahren wird abgebrochen und Mr. Oldenberry freigesprochen. Peter Carter kündigt seinen Job, und die Familie beschließt, den Ort zu verlassen. Überraschenderweise versucht Mr. Olderberrys Sohn ihn dazu zu überreden, zu bleiben. Er wäre bereit, die Angelegenheit zu vergessen. Peter erkennt, dass es ihm nur darum geht, den Freispruch als gerechtfertigt darzustellen und den Namen der Familie reinzuwaschen. Er will davon nichts wissen.
Am selben Tag will Jean sich von Lucille verabschieden, und die Mädchen gehen in den Wald. Dort treffen sie auf Mr. Oldenberry Sr. und werden von diesem verfolgt. Sie gelangen zu einer Hütte am Fluss und steigen in ein Boot, um auf die andere Seite zu rudern, bedenken dabei aber nicht, dass dieses noch angebunden ist. Der alte Oldenberry zieht sie an Land. Die Mädchen sitzen in der Falle, und eines der Beiden wird von ihm anschließend ermordet.

Anmerkungen:

„Never take Candy from a Stranger“ nimmt sich der Tabuthemen sexueller Belästigung kleiner Mädchen und Kindermord an, was für 1960 starker Tobak war. Solche Dinge wurden damals am liebsten totgeschwiegen, was wohl auch einer der Hauptgründe für den fehlenden Erfolg und Bekanntheitsgrad dieses Streifens ist. So ein Thema war im Gegensatz zu Hammers sonstigen, sehr märchenartigen, Produktionen ungewohnt realistisch und lebensnah.

Zu Beginn erscheint der Film altbacken und wenig eindrucksvoll, gewinnt aber an Spannung, nachdem sich die Handlung in den Gerichtssaal verlegt. Schließlich erreicht die Geschichte ihren Höhepunkt bei der Verfolgung der Mädchen durch den Sittenstrolch und dem anschließenden Polizeieinsatz. Dies ist alles sehr düster inszeniert. Überhaupt hat der Film einen ausgesprochen düsteren und realistisch-ernsten Grundton.

Als Peter Carter ist Patrick Allen (1927-2006) zu sehen, der in „Captain Clegg“ Captain Collier spielt. Janina Faye (geb. 1948) war bereits in „Horror of Dracula“ und „The two Faces of Dr. Jekyll“ als kleines Mädchen zu sehen. Sehr diabolisch wirkt Felix Aylmer (1889-1979) als Scheusal Olderberry. Seine abstoßende Rolle als Lustgreis und Kindermörder ist erschreckend eindrucksvoll dargestellt. Er spielte übrigens charakteristische Rollen in zahlreichen Monumentalfilmen der 50er-Jahre, so z.B. den Merlin in „Die Ritter der Tafelrunde“ und den Isaac in „Ivanhoe“. Auch in „Quo Vadis“ und im Hammer-Film „The Mummy“ war er zu sehen.

Fazit: Einer von Hammers vergessenen Filme, der aber zu Recht wiederentdeckt wurde. Man darf sich keines von den üblichen, dem Reich der Phantasie entsprungenen, Horror- oder Thrillermärchen erwarten, sondern wird mit einer sehr harten und unattraktiven Realitätsnähe schockiert. 3,5 von 5

Gubanov ( gelöscht )
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19.03.2015 20:40
#73 RE: Die Hammer-Filme. Britische Thriller-, Gothic-, und Gruselperlen Zitat · Antworten



Vertraue keinem Fremden
(Never Take Candy from a Stranger / Never Take Sweets from a Stranger)



Drama, GB 1960. Regie: Cyril Frankel. Drehbuch: John Hunter (Vorlage „The Pony Cart“: Roger Garis). Mit: Gwen Watford (Sally Carter), Patrick Allen (Peter Carter), Felix Aylmer (Clarence Olderberry), Niall MacGinnis (sein Verteidiger), Alison Leggatt (Martha), Bill Nagy (Richard Olderberry), Michael Gwynn (Staatsanwalt), Budd Knapp (Hammond), MacDonald Parke (Richter), Janina Faye (Jean Carter) u.a. Uraufführung (GB): 4. März 1960. Uraufführung (USA): 15. August 1960. Uraufführung (DDR): 1. Februar 1963. Eine Produktion der Hammer Film Productions.

Zitat von Vertraue keinem Fremden
Die zehnjährige Jean verliert beim Schaukeln ihre Geldbörse. Doch ihre Freundin weiß Rat: Beim alten Mr. Olderberry gibt es Süßigkeiten auch ohne Bezahlung. – Jeans Eltern sind schockiert, als sie am Abend dieses Tages von ihrer Tochter erfahren, dass diese für Bonbons nackt vor Olderberry tanzen musste. Bei Nachforschungen bekommt ihr Vater, der frisch zugezogene Schuldirektor Peter Carter, heraus, dass es nicht der erste pädophile Zwischenfall bei den Olderberrys ist. Doch Gemeinde und Polizei unternehmen nichts gegen den Mann, der sich als städtischer Mäzen gebärdet. Nur Peter und seine Frau lehnen sich auf: Haben sie vor Gericht eine Chance, den alten Lüstling in medizinische Verwahrung zu bringen?


Tat sich Hammer sonst durch märchenhafte Thriller und exotisch-einsame Settings hervor, so bewies die Produktionsfirma mit „Vertraue keinem Fremden“, dass es manchmal das Leben selbst ist, das die bedrohlichsten und abstoßendsten Geschichten schreibt. Im Stil der nach dem Zweiten Weltkrieg so populären Problemfilme bzw. Message Pictures beschreibt das Drama nicht nur die Geschichte einer versuchten sexuellen Belästigung, sondern gleichzeitig die ihrer Vertuschung durch eine eng mit dem Täter verbundene Stadtgemeinde. Im Gegensatz zu der heute in Verbindung mit Sexualverbrechen häufig praktizierten Hysterie und schieren Hexenjagd auf einen kranken Täter steht die sachliche, rationale Aufarbeitung des Geschehenen, vor deren Hintergrund sich „Vertraue keinem Fremden“ entgegen einiger damaliger Kritiken ganz sicher nicht den Vorwurf der Plakativität oder gar der Kolportage gefallen lassen muss.


Zitat von „Never Take Candy from a Stranger“ at Wikipedia, Quelle
On its original release, the film made little impact at the box-office and its press was mainly negative. This was [...] because at the time the issue of paedophilia and child sexual abuse was a great taboo, rarely referred to or spoken about, and merely to produce a film dealing openly with the issue was deemed sordid and distasteful. [...] Hammer Studios boss James Carreras later commented: „Message pictures? I tried one – Never Take Sweets from a Stranger. Nobody bought it. I’m not an artist. I’m a businessman.“ [...] By the 1990s, at a time when a general reassessment and re-evaluation of Hammer’s back catalogue, including its more obscure entries, was under way, critics and aficionados revisited Never Take Sweets from a Stranger with fresh eyes, and found a brave, honest and in some ways groundbreaking film. In 1994, Hammer denizen Christopher Lee noted: „Never Take Sweets from a Stranger, an excellent film, was decades ahead of its time.“


Problematisch bei der Publikumsrekation auf diesen Vergewaltigungsfilm mag die ernste und seriöse Herangehensweise an verkrustete Gesellschafts- und Justizstrukturen sein, die der gerade im Horror-Bereich manchmal etwas trashigen Hammer-Reputation krass entgegensteht. Trotz seiner stummen und äußerst bedrohlichen Szenen knüpft nicht einmal Felix Aylmer als verdorbener Mr. Olderberry an die üblichen Schreckensgestalten der Hammer-Schmiede an, die mit ihren entmenschlichten Handlungsweisen starken Widerwillen hervorrufen, während der alte Mann in „Vertraue keinem Fremden“ durchaus auch Mitleid erregt. Die gesamte Gestaltung seiner Rolle mit seinem abwesenden Verhalten, dem krampfhaften Zucken und den Hinweisen auf eine frühere Behandlung in einem Sanatorium legt nahe, dass er seine Taten nicht aus Spaß an der Qual oder einem Macht- oder Erregungsgefühl begeht, sondern von einem krankhaften Trieb, evtl. einer traumatischen Störung oder einem Schlaganfall, dazu gezwungen wird. Einen Teil der Schurkenrolle übernimmt folgerichtig dann auch sein Sohn, der sich bereits allzu sehr daran gewöhnt hat, dass sein Wort in der Stadt als ungeschriebenes Gesetz gilt.

Natürlich ist es vielsagend, dass die Macher explizit in Form einer Texttafel darauf hinwiesen, dass die Handlung in Kanada spielt, wo doch der genaue Schauplatz für die Taten nicht weiter von Belang ist. Mithilfe dieser „Umsiedlung“, derer sich Alfred Hitchcock auch bereits in seinem ganz anders gelagerten, aber ähnlich delikaten Film „Ich beichte“ bediente, konnte man tabuisierte Themen aufgreifen, ohne es sich mit den Hauptzielgruppen, den Kinozuschauern in den USA und in Großbritannien, allzu sehr zu verscherzen (vgl. auch die in der Schweiz angesiedelte, aber auf deutsches Publikum abgezielte deutschsprachige Variante „Es geschah am helllichten Tag“). Als ironisch erweisen sich dabei die Umstände, dass die Filmvorlage in Form des Theaterstücks von Roger Garis auf wahren Tatsachen aus seiner Heimat Newark, New Jersey, basiert und die Aufnahmen für „Vertraue keinem Fremden“ widerum in Wexham, Buckinghamshire, entstanden. Von Kanada steckt also außer nominellen Ablenkungen herzlich wenig in diesem Film.



Die überzeugendste Leistung des gesamten Films liefert Janina Faye in der zentralen Kinderrolle. Nicht immer können sich Filme auf die Leistung ihrer jüngsten Darsteller verlassen, doch in diesem Fall gelangen alle Szenen glaubhaft bis ins Detail. Besonders nachdrücklich stellt sich die Einschüchterung des Mädchens durch den Olderberry’schen Verteidiger vor Gericht dar, die für eine spannende Weile im Mittelteil aus dem Sozialdrama einen hochkarätigen Gerichtskrimi macht. Michael Gwynns Staatsanwalt zeichnet sich in diesen Minuten als Widerling ohne jedes Fingerspitzengefühl aus, der auf Weisung des Lokalmatadors die Bedeutung des Vorgefallenen schmälert, schmierige Ablenkungsmanöver startet und nicht vor groben Einschüchterungen zurückschreckt. Gwen Watford und Patrick Allen können als Eltern nur alles mit ansehen und nehmen eine hilflose Rolle gegenüber klüngelnden Einheimischen ein. Vergleichbar mit anderen Problemfilmen kann „Vertraue keinem Fremden“ zwar für sich beanspruchen, ein ungemein eindrucksvolles Zeitdokument zu sein, ist in seiner Prämisse der nicht durchsetzbaren Gerechtigkeit für sexuell belästigte Kinder in der gegenwärtigen Gesellschaft mit ihrer sprichwörtigen Stranger Danger Paranoia jedoch mittlerweile gänzlich unvorstellbar geworden und auch in der Rückschau nicht mehr recht nachvollziehbar.

Lehrreich, geradezu naturalistisch und mit gesellschaftlich vorbildlichen Absichten getragen, stellt „Vertraue keinem Fremden“ eine interessante Ausnahmeerscheinung im Kosmos der sonst so leichtgängigen Hammer-Unterhaltung dar. Freilich durften gerade die Kinder, denen der Film die Augen am meisten geöffnet hätte, anno 1960 solch einen „Skandalfilm“ nicht selbst zu Augen bekommen, was Wallace-Regisseur Cyril Frankel erlaubte, ungeschönt einige Momente in ihrer unangenehmen und aufrüttelnden Natur zu zeigen. Dennoch übertritt der Film nie eine Grenze des Anstands und guten Geschmacks, sodass alle Kritiken, er nehme sich des schwierigen Themas auf schamlose oder unappetitliche Weise an, von der gleichen Dogmatik des Totschweigens geleitet sind, wie sie in diesem Drama lauthals angeklagt wird. 5 von 5 Punkten.

patrick Offline




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22.03.2015 21:10
#74 RE: Die Hammer-Filme. Britische Thriller-, Gothic-, und Gruselperlen Zitat · Antworten

These are the Damned (Sie sind verdammt)



Sie sind verdammt
Originaltitel: These are the Damned
Herstellungsland: Großbritannien
Erscheinungsjahr: 1963
Regie: Joseph Losey

Darsteller:

Macdonald Carey: Simon Wells, Shirley Anne Field: Joan, Viveca Lindfors: Freya Neilson, Alexander Knox: Bernard, Oliver Reed: King, Walter Gotell: Major Holland
James Villiers: Captain Gregory, Tom Kempinski: Ted, Kenneth Cope: Sid

Genre: Hammer-Filme, Science-Fiction


Handlung:

Simon, ein amerikanischer Tourist reiferen Alters, wird in England von der hübschen Joan in einen Hinterhalt gelockt und von der Bande ihres Bruders King (Oliver Reed) zusammengeschlagen und ausgeraubt. Später begegnen sich die Beiden wieder, nachdem Joan die ewige Bevormundung durch ihren Bruder satt hat und auf die Yacht des Amerikaners flüchtet, der in See sticht. Sie werden allerdings aus der Entfernung von King und seiner halbstarken Motorradgang beobachtet.
Nachdem sie an Land gehen, kommen sich die Beiden näher, müssen jedoch bald wieder fliehen, da ihnen King dicht auf den Fersen ist. Als sie von den Rowdys eingekreist werden, fliehen sie über einen Zaun, der eine geheime Militärbasis abschotten sollte. Sie stürzen über die Klippen und werden von 9 Kindern gerettet und in eine unterirdische Höhle gebracht. Auch King landet dort. Die Kinder wirken wohlerzogen und intelligent. Ihre Haut fühlt sich allerdings eiskalt an. Es handelt sich um die Nachkommen von Eltern, die bei radioaktiven Unfällen um’s Leben kamen. Die Basis wird von Bernard geleitet, der eine extrem widerstandsfähige Rasse erhalten will, welche nach einem Nuklearkrieg als Einzige überleben kann. Die Kinder strahlen allerdings selbst Radioaktivität aus, und das Personal der Forschungsbasis nähert sich ihnen nur mit Schutzanzügen. Simon und Joan freunden sich mit den Jungen und Mädchen an, welche sich nach menschlicher Wärme und Liebe sehnen, da Bernard mit ihnen lediglich über einen Bildschirm kommuniziert. Sie helfen ihnen aus der Höhle hinaus, und die Kinder erblicken erstmals die Außenwelt. Allerdings treten, in Schutzanzüge gekleidete, Militärs sofort auf den Plan und fangen die Kinder wieder ein. Eines von Ihnen kann mit King in dessen Wagen fliehen. Dieser wird jedoch von Hubschraubern gestellt und der Junge wieder eingefangen. Der verstrahlte King stürzt bei einem Fluchtversuch mit seinem Wagen in’s Wasser. Simon und Joan werden auf der Yacht von den Hubschraubern verfolgt. Sie sind allerdings schon lange von der radioaktiven Verseuchung gezeichnet und dem Tode geweiht.

Anmerkungen:

In den 50er- und 60er-Jahren war die Angst vor einer Nuklearkatastrophe sehr präsent, was wohl auch Hammer veranlasst hat, dazu seinen Beitrag zu leisten. Die Idee mit den von der Außenwelt abgeschirmten Superkindern wirkt, zumindest aus heutiger Sicht, etwas naiv. Allerdings aktiviert die unsichtbare und unterschätzte Bedrohung durch die Strahlung gewisse, im Alltag verdrängte, Ängste recht wirkungsvoll. Es handelt sich hier um einen sehr pessimistischen Thriller, der eine, für alle Beteiligten letztendlich hoffnungslose, Situation aufzeichnet.

Shirley Anne Field (geb. 1938) agiert etwas monoton, und der um Jahrzehnte ältere Macdonald Carey (1913-1994) als deren „love interest“ Simon passt ganz und gar nicht zu ihr. Es sieht so aus, als hätte sie sich dem erstbesten Mann um den Hals geworfen, nur um ihrem dominanten Bruder zu entfliehen. Oliver Reed (King) wirkt recht überzeugend als rüder, ungehobelter und unkultivierter Rowdy, hinter dessen Macho- Fassade sich Minderwertigkeitskomplexe, Unsicherheiten und Traurigkeit verbergen. Im Grunde genommen will er seine Schwester nur deswegen von der Liebe fernhalten, weil er selbst nie ein Mädchen gehabt hat.

Der Streifen zeigt die Sehnsucht nach Liebe in einer harten und kalten, zum Untergang verdammten, Welt. Simon und Joan finden zueinander und auch die Kinder glauben, in den Erwachsenen Elternersatz zu finden. Doch ist dies von vornherein zum Scheitern verurteilt, da ihre radioaktive Ausstrahlung langfristig jegliches Leben zerstört, das sich ihnen ungeschützt nähert. Das Ende ist aus der Sicht sämtlicher Beteiligten alles andere als ein „happy one“.

Kameraarbeit und Schwarzweißaufnahmen sind ganz gut gelungen. Die Story selbst ist recht mittelmäßig und stellenweise langatmig.

Fazit: "These are the Damned" ist ein, in Hammers Gesamtwerk, recht unauffälliger Beitrag, der mit den Perlen des Genres nicht wirklich mithalten kann. 2,5 von 5.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

22.03.2015 21:12
#75 RE: Die Hammer-Filme. Britische Thriller-, Gothic-, und Gruselperlen Zitat · Antworten



Sie sind verdammt (These Are the Damned / The Damned)


Scifidrama, GB 1963. Regie: Joseph Losey. Drehbuch: Evan Jones (Vorlage „The Children of Light“: H. L. Lawrence). Mit: Macdonald Carey (Simon Wells), Shirley Anne Field (Joan), Oliver Reed (King), Alexander Knox (Bernard), Walter Gotell (Major Holland), Viveca Lindfors (Freya Neilson), Brian Oulton (Mr. Dingle), Kenneth Cope (Sid), James Villiers (Captain Gregory), Thomas Kempinski (Ted) u.a. Uraufführung (GB): 19. Mai 1963. Uraufführung (USA): 7. Juli 1965. Uraufführung (BRD): 23. September 1973. Eine Produktion der Hammer Film Productions.

Zitat von Sie sind verdammt
Auf der Flucht vor einer Motorradbande, deren Anführer ihr Bruder King ist, lotst die Herumtreiberin Joan den amerikanischen Touristen Simon, der sich in sie verliebt hat, in ein Haus an den Kreidefelsen unweit von Weymouth. Auch dort spürt sie der wutentbrannte King auf, sodass Joan und Simon Hals über Kopf über den Zaun eines militärischen Schutzgebiets steigen. Nachdem sie dort auch noch von den Klippen stürzen, finden sie sich in einer ausweglosen Lage wieder: Von einem Felsplateau aus, von dem es keine Verbindung zur Außenwelt gibt, werden sie von einer Gruppe Kinder in ein Höhlensystem „gerettet“. Diese werden offenbar dort gefangen gehalten. Welchen Zwecken dienen die seltsamen Kinder, deren Körpertemperatur sich dauerhaft abgekühlt zu haben scheint?


„Sie sind verdammt“ kam im Mai 1963 endlich in die Kinos, als Regisseur Joseph Loseys zwei Jahre währende Sturheit über die Kürzung einiger Szenen zermürbt worden war. Gedreht bereits im Jahr 1961, befasst sich dieses krude Gemisch aus Scifi-Trash, Romanze und Sozialfilm mit einigen empfindlichen Positionen zu einem möglichen atomaren dritten Weltkrieg. Interessanterweise verlangten die Zensoren bei der BBFC gar keine Einkürzung diesbezüglicher Unwirklichkeitsfantasien und Angstmachereien, denen sich „Sie sind verdammt“ mit gebetsmühlenartigem Genuss („Die Zeit wird kommen.“) hingibt. Nein, geschnitten sollte eine Szene werden, in der Bandenoberhaupt King dem auszuraubenden Simon eins mit dem Regenschirm über den Latz gibt – natürlich eine sehr aussageschwangere Szene, um die es sich zu kämpfen lohnt ...



Beschäftigt man sich genauer mit der Karriere Loseys, so wird ersichtlich, warum dieser Film so ist, wie er ist. Losey, der aufgrund seiner kommunistischen Tendenzen in Hollywood auf die Blacklist gesetzt worden und deshalb nach England übergesiedelt war, übertrug seine hyperkritischen Ideen auf die neue Heimat und zeichnet folglich das Bild eines menschenverachtenden, paranoiden Militärs. Die Frage, auf welcher Seite solche Paranoia eher angesiedelt waren, erübrigt sich in diesem Kontext.

Zitat von Lawrence Russell: Joseph Losey’s „The Damned“ at Culture Court, Quelle
The despair in The Damned is presented as anti-government resentment because Bernard’s secret program smacks of Nazi eugenics and totalitarian manipulation, regardless of any pragmatic reasoning that might justify it. [...] It presents the specter of totalitarianism, the sense that we have been misled by our leaders, and by their serious moral misjudgment we now have to deal with the atomic bomb and annihilation. So The Damned is a subversive film, one which uses the horror genre not to titillate, but to insinuate [and] educate.


Die instrumentalisierte Science-Fiction-Handlung bleibt unglaubwürdig und verdeutlicht die Denkfaulheit der Autoren: Welche Art Unfall zum angeblichen Zustand der Kinder geführt hatte, wird im Bewusstsein über die unrealistische Natur der Angelegenheit in fahrigen, ungenauen Worten abgehandelt; dass sich Kinder für elf Jahre mit Drohungen über einen Fernsehbildschirm von Meutereien abhalten und wie Tiere dressieren lassen würden, stellt natürlich niemand infrage; und schließlich ist es von geradezu amüsanter Qualität, mit anzusehen, wie herrlich unüberrascht die drei „Neu-Verdammten“ über all die haarsträubenden Neuigkeiten sind, mit denen sie da unter Tage konfrontiert werden.

Dies alles ließe sich der Eigentümlichkeit des übernatürlichen Genres zuschreiben. Aber Probleme wie die genannten betreffen nur eine Hälfte der Spielzeit des überlangen Dramas; zuvor wurde bereits in schier endlosen Szenen große Mühe darauf verwandt, den Zuschauer mit einer sonderbaren Vorstellung von Romantik, mit zusammenhanglosen Moral-Belehrungen und mit der cineastischen Verbrüderung mit einer Halbstarkenbande nach allen Möglichkeiten zu langweilen. Geschmacklos und unnötig ebenso jene Szenen, in denen Bruder Kings pseudomuslimischer Ehrenkodex gegenüber den Liebhabern seiner Schwester mit inzestuösen Anspielungen vermengt wird. So degradiert sich die gutgemeinte Naivlingsfigur zu einer unfreiwilligen Parodie auf die in allen Formen von Fanatismus auftretenden Kontrollgelüste und angestauten Aggressionen:

Zitat von Lawrence Russell, ebd.
Oliver Reed’s performance is the only one with any visceral authority ... although in the era of Marlon Brando and James Dean, it was imperative for young male actors to express frustration and male rage. Reed’s roles have always teetered on the edge of self-parody, and many might think his characterization of King is just that.




Die anderen Rollen kranken entweder an ihrer eindimensionalen Anlage (sämtliche Staatsangestellten) oder an der unausgereiften Liebesbeziehung zwischen Simon und Joan. Mit Macdonald Carey konnte zwar ein für die Filmwerbung nützliches bekanntes amerikanisches Gesicht für die Produktion gewonnen werden, doch mit seinen 48 Jahren war er schlicht zu alt für die ihm abverlangte Turtelei. Dass Shirley Anne Field ihre Wandlung vom Gangsterliebchen zum empfindsamen Frauchen nicht eindringlich vermitteln konnte, dürfte weniger an ihren darstellerischen Fähigkeiten als am unzulänglichen Skript gelegen haben. Einen zweiten Blick rechtfertigen lediglich die verkappte Bildhauerin Freya, deren Verhalten mit Ausnahme ihrer völlig freiwilligen Anbiederung an Bernard an den politischen Drahtseilakt von Künstlern zur NS-Zeit erinnert, sowie die einigermaßen natürlich agierenden Kinderdarsteller.

Den Punkt auszumachen, von dem an sich „Sie sind verdammt“ in eine katastrophale Richtung bewegt, ist insofern schwierig, als dieses Gesellschaftsdrama mit der Fassade eines Scifi-Thrillers von Anfang an mit seiner tendenziösen und polemischen Pauschalisierung langweilt. Für Joseph Loseys Versuch, die durchaus reale und tiefsitzende Angst des Publikums vor einem atomaren Krieg für seine eigenen Moralphilosophien und die Diskreditierung einer demokratischen Regierung zu einem totalitären Abziehbild des Dritten Reiches zu missbrauchen, kann ich nicht mehr als die Mindestwertung verteilen: 1 von 5 Punkten. Agil in der Zerstörung verschiedener britischer Identitätsmerkmale, gerät der Film in allen anderen Aspekten phlegmatisch und schier unglaubwürdig.

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