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Dieses Thema hat 55 Antworten
und wurde 2.542 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker international
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Gubanov ( gelöscht )
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18.02.2015 22:22
#46 RE: Murder has many faces: Murder in Mind (2001-03) Zitat · Antworten

Zitat von patrick im Beitrag #45
Die Frage, ob James wirklich eines natürlichen Todes gestorben ist, oder ob Terry dabei nachgeholfen hat, bleibt offen. Ich würde eher auf Letzteres setzen.

Ich auch, und zwar ganz stark. Sonst würde die Rache an seinen zahlungsunwilligen Auftraggebern keinen Sinn ergeben. Oder nur, wenn man die Charaktere völlig umdeutet und aus Terry einen unaufrichtigen Abzocker macht. Das passt nicht zu dem, was gezeigt wird. "Contract" ist in seinen Implikationen, was "helle" und "dunkle" Charaktere angeht, ja sehr deutlich - du hast da schöne Beispiele genannt.

Ergänzt werden sollte noch das wie immer starke britische Flair, das hier mit den winterlichen London-Aufnahmen sehr schön durchkommt. Zu den diesbezüglichen Highlights zählte für mich die Szene an der Millennium Bridge.

Gubanov ( gelöscht )
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21.02.2015 17:49
#47 RE: Murder has many faces: Murder in Mind (2001-03) Zitat · Antworten



Murder in Mind: Landlord

Episode 21 der TV-Kriminalserie, GB 2003. Regie: David Thacker. Drehbuch: Simon Sharkey. Mit: Nicholas Lyndhurst (Alan Willis), Ruth Gemmell (Liz Willis), Amber Sainsbury (Claire McGregor), Al Hunter Ashton (Tim Jolly), David Blair (Ben Stacey), Garry Cooper (DC Frank Slater), Robert Cavanah (DC Jon Parry), Garron Mitchell (Carl), Jeillo Edwards (Phyllis), Mary Anne Parker (Amanda) u.a. Erstsendung: 11. Mai 2003, BBC One.

Zitat von Murder in Mind: Landlord
Für ihr Studium in England sucht die junge Australierin Claire eine preiswerte Unterkunft. Und auch wenn die Wohnung, die ihr der Vermieter Alan Willis zeigt, eine Bruchbude ist, so ergreift sie die Gelegenheit beim Schopfe, um ein Dach über dem Kopf zu haben. Eine fatale Entscheidung! Als Willis am kommenden Tag die Wohnung betritt, um eine Glühbirne zu wechseln, findet er Claire tot auf dem Bett. Sie fiel einer Kohlenstoffmonoxid-Vergiftung zum Opfer, ausgelöst durch den vorsintflutlichen Heizboiler. Aus Angst vor den Konsequenzen seiner Fahrlässigkeit versucht Willis, sich der Leiche zu entledigen ...


Von der heruntergekommenen Atmosphäre dieser Episode sollte man sich nicht täuschen lassen, denn hinter einer wahrlich unschönen Fassade verbirgt sich ein klassisch gestrickter „Murder in Mind“-Kracher. Mord wird hier zur fahrlässigen Tötung und später dann doch wieder zu Mord – und präsentiert dabei erneut eine mustergültige Abwärtsspirale, in die sich der Täter zunächst in kleinen Tippelschritten, dann mit fatalen Sprüngen bewegt.

Was „Landlord“ eine besondere Wertigkeit verleiht, ist der Umstand, dass Autor Simon Sharkey den Zuschauer neutral über die Vorfälle urteilen lässt und ihm nicht ungefragt eine eigene Wertung über Willis und sein Verhalten aufs Auge drückt. Ob man den Vermieter wegen seiner unterlassenen Sorgfalt, seines Geizes und der Beseitigung der Leiche verabscheut oder ob man sich auf seine Seite schlägt und mitfiebert, bleibt jedem selbst überlassen. Eine ungewöhnliche Leistung, auch weil man kaum behaupten kann, Nicholas Lyndhurst habe die Rolle verwaschen angelegt. Im Gegenteil: Er gehört zu den charismatischsten Mördern der dritten Staffel.

„Murder in Mind“ definiert sich auch immer über die kleinen, perfiden Wendungen in den Storys. Diese kommen auch in dieser Episode zur Geltung, z.B. als der Zuschauer erfährt, wem Claires Auto tatsächlich gehört. Auch das Ende hält eine böse Überraschung bereit, die dem Zuschauer ein schlechtes Gewissen bereitet, wenn er sich entschieden hat, Alan Willis als Komplize zur Seite zu stehen.

Auch ein hässliches Entlein kann seine Qualitäten haben. „Landlord“ ist ein unauffälliger Fall, der zunächst einen abgehalfterten Eindruck hinterlässt, sich jedoch durch ungewohnte Freiheiten für den Zuschauer, durch nette Wendungen und durch ausgewogene Anteile zwischen Sicht des Mörders und Ermittlungen der Polizei auszeichnet. 4,5 von 5 Punkten.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

21.02.2015 17:50
#48 RE: Murder has many faces: Murder in Mind (2001-03) Zitat · Antworten

Landlord:

Alan Willis ist ein nachlässiger und knausriger Vermieter mehrerer heruntergekommener Häuser, was ihn in des Teufels Küche bringen sollte. Die australische Studentin Clair zieht in eine seiner verwahrlosten Wohnungen ein und wird von ihm bereits am nächsten Tag leblos auf dem Bett liegend vorgefunden, nachdem er eine Glühbirne auswechselt. Alan erkennt rasch, dass eine Kohlenmonoxidvergiftung, verursacht durch einen defekten Boiler ,dahinter steckt. Dieser hätte jährlich gewartet gehört, was Alan seit etwa 3 Jahren vernachlässigt hat.

Er erkennt rasch, dass seine grobe Fahrlässigkeit ihn in’s Gefängnis bringen würde und überredet seine Frau, ihm dabei behilflich zu sein, die Sache als Selbstmord zu tarnen. In einer Nacht-und–Nebel-Aktion verfrachten sie Claire in deren Auto, fahren in den Wald, schließen einen Schlauch an den Auspuff und leiten ihn in's Innere.

Am folgenden Tag will Alan sofort den Boiler entsorgen, bekommt aber unerwarteten Besuch, nicht nur von seinem ungeliebten Mieter Tim Jolly, sondern auch von einem australischen Freund Clairs, dem in Wahrheit das Auto gehört. Dieser wundert sich, warum sie seine Anrufe nicht beantwortet und warum der Wagen weg ist. Clair könne nämlich gar nicht Auto fahren. Als er ankündigt, die Polizei zu rufen, gerät Alan in Panik und erschlägt ihn. Er lässt die Leiche in der Wohnung liegen und entsorgt Boiler und Mordwaffe in einem Fluss. Seine blutverschmierte Jacke verbrennt er. Es dauert nicht lange, bis die Polizei im Rahmen der Ermittlungen um Clairs Tod die Wohnung durchsucht und die Leiche Ihres Studienfreundes findet. Alan setzt darauf, die Sache so aussehen zu lassen, als habe Clair den jungen Mann ermordet und danach Selbstmord begangen. Allerdings wird er zu allem Überdruss noch von seinem Mieter Tim Jolly erpresst. Dieser wohnt äußerst heruntergekommen und lässt durch zweideutige Bemerkungen erkennen, dass er mehr weis, als es den Anschein hatte. Er fordert von Alan, sämtliche Gegenstände auszuwechseln und die Wohnung entsprechend auf Vordermann zu bringen.

„Landlord“ ist zwar, wie alle Folgen von „Murder in Mind“, durchaus unterhaltsam, hat aber für mich nicht den Spannungsgehalt der Highlights. Es ist eigentlich recht logisch und vorhersehbar, dass die Spuren der beiden Todesfälle früher oder später zu Alan führen müssen. Zu viele Dinge wurden von ihm nicht bedacht. So schlampig und ungenau, wie er seine Häuser betreut, begeht er auch seine Verbrechen. Allerdings kann man ihm zugute halten, dass er immer relativ spontan handeln muss. Als mittlerweile geübter Konsument dieser Serie war die „große Überraschung“ am Schluss für mich alles andere als eine solche, da ich mir von Anfang an genau das gedacht habe, was da nun ausgepackt wurde. Dies nahm dem Suspense natürlich den Wind aus dem Segel.

Sehr unpassend ist darüber hinaus Alans ausdruckslose Reaktion, als die Polizei ihm eröffnet, es liege eine Leiche in der Wohnung. Auch seine Frau scheint darüber nicht allzu erstaunt zu sein und ihn damit auch nicht ernsthaft in Verbindung zu bringen. Seltsame Begebenheiten, die sich da um eine ganz normale Studentin häufen. Zuerst die Kohlenmonoxidvergiftung und so ganz nebenbei noch die Leiche eines Erschlagenen neben dem Bett. Mrs. Willis scheint wirklich sehr naiv zu sein.

Nachdem ich jetzt mal Logik und Durchschaubarkeit ignoriere und den Unterhaltungswert goutiere vergebe ich 4 von 5.

Gubanov ( gelöscht )
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22.02.2015 21:52
#49 RE: Murder has many faces: Murder in Mind (2001-03) Zitat · Antworten



Murder in Mind: Justice

Episode 22 der TV-Kriminalserie, GB 2003. Regie: Alrick Riley. Drehbuch: Eric Deacon. Mit: Adrian Dunbar (Tom Robbins), Helen Baxendale (Helen Robbins), Joy Blakeman (Delia), Colin Salmon (Alex Treeve), George Jackos (Giorgios Mihalis), Jacqueline Clarke (Mrs. Powell), Francis Johnson (Mr. Allen), Carli Norris (Ally Mihalis), Nicole Arumugam (Viv), Jamie Martin (PC Lane) u.a. Erstsendung: 19. Juni 2003, BBC One.

Zitat von Murder in Mind: Justice
Als er seine Tochter von der Schule abholt, brechen drei Teenager einen Streit mit Tom Robbins vom Zaun. Er stößt einen von ihnen zurück – und ist sich in dem Moment nicht bewusst, welche Konsequenzen seine Reaktion mit sich bringt: Die Mutter reicht eine Anzeige wegen Tätlichkeit gegen einen Minderjährigen ein. Als wäre das nicht genug, befindet sich Tom gerade in Trennung von seiner Ehefrau Helen. Private und rechtliche Probleme fallen zusammen, als Helens neuer Freund, ein Polizeibeamter, Tom über sein weiteres Vorgehen in der Strafsache beraten soll. Die gönnerhafte Haltung seines Rivalen lässt bei Tom eine Sicherung durchbrennen ...


Von Anfang an weckt „Justice“ erdrückende, unangenehme Erwartungen – man ahnt, dass diese Folge ganz sicher nicht zu den (ohnehin rar gesähten) Wohlfühlmomenten der Reihe zählen wird. Die Tatsache, dass halbwüchsige Rowdys einen Freibrief für schlechtes Benehmen haben, weil sie von prinzipiell sinnvollen Schutzgesetzen im Übermaß profitieren, zeigt eine Perversion der modernen Gesellschaft, in der man vorsichtig mit seinen Worten und Taten sein muss, um nicht die Klage besorgter Über-Eltern am Hals zu haben. „Justice“ betitelte Eric Deacon sein Script lakonisch und führt darin noch weitere Abstrusitäten rechtsstaatlicher Strafverfolgung vor Augen.

Dass die eigentlich interessante Ausgangssituation mit ihrer starken sozialkritischen Schlagseite dann aber noch mit persönlichen Rückschlägen des Protagonisten kombiniert wird, bringt das Fass insofern zum Überlaufen, als man es hier letztlich nicht mit einem Krimi, sondern mit einem etwas weinerlichen Drama zu tun bekommt. Einen Mord gibt es erst kurz vor Ende der Episode und er dient ganz offensichtlich nur als prinzipielles Instrument zur Fortführung der Handlung, anstatt als kriminalistisch ausgefeiltes Konstrukt für sich selbst zu stehen. Das zeigt sich nicht nur daran, dass es sich um eine willkürliche Affekttat handelt – auch kann man die ganze Mordsequenz nur als vollkommen unrealistisch betrachten. „So etwas funktioniert nur auf dem Bildschirm!“, und das ist eigentlich nicht die Art von „Murder in Mind“.

Auch „Justice“ überrascht den Zuschauer durch das Schlagen einiger unerwarteter Haken. Doch gerade die Wendung, die dem Mord vorausgeht, ist eine unglaubwürdige und unbefriedigende, sodass es am Ende gar nicht weiter überrascht, als sie sich als Fehlinterpretation herausstellt.

Mit Problemen des Protagonisten überladener Spießrutenlauf, der sich nicht nur zu weit vom Serienkonzept entfernt, sondern auch streckenweise zu langatmig und mitleiderregend inszeniert wurde. Kurz vor knapp nochmal ein schwächeres Outing für „Murder in Mind“: nicht mehr als 3 von 5 Punkten.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

22.02.2015 21:54
#50 RE: Murder has many faces: Murder in Mind (2001-03) Zitat · Antworten

Justice:

Tom Robbins lebt von seiner Frau getrennt und holt die gemeinsame Tochter Holly hin und wieder von der Schule ab. Bei einer dieser Gelegenheiten gerät er in Streit mit einem Jungen, der sich in einer Warteschlange vor einer Eisdiele vordrängt. Dieser beschimpft Tom wüst, dennoch bleibt er selbst gefasst. Später trommelt der besagte Junge seine Freunde zusammen, und sie bewerfen Toms Auto mit Steinen, während er und Holly wegfahren. Er meldet den Vorfall dem Schuldirektor und muss später zu seinem Erstaunen erfahren, dass er selbst wegen körperlicher Gewalt gegen den Jungen von diesem und seinen Freunden angezeigt wurde. Er kann diese Ungerechtigkeit kaum fassen. Die Sache artet dann noch dahingehend aus, dass Tom eines Nachts von zwei maskierten Männern attackiert und zusammengeschlagen wird. Als Draufgabe muss er noch erleben, dass die Polizei, trotz mehrmaliger Anrufe, nicht erscheint. Erst am folgenden Morgen taucht ein Beamter auf, allerdings nicht wegen des Vorfalls, sondern wegen der Anzeige gegen ihn.
Seine Frau Helen ist mittlerweile mit dem Polizisten Alex liiert, der Tom schon im Vorfeld davon abgeraten hat, in der Sache weiter vorzugehen, da der Vater des Jungen ein gefährlicher Krimineller sei, der von der Polizei nicht dingfest gemacht werden kann. Als er dem Unruhe stiftenden Jungen eines Tages zu dessen Wohnsitz folgt, um die Eltern zur Rede zu stellen, wird er von einem Freund des Vaters bedroht und zu Boden geworfen. Tom erkennt die Lederjacke des Mannes. Er war einer der beiden Maskierten, die ihn attackiert haben. Mittlerweile vermutet er, dass Alex die ganze Sache inszeniert hat, um Tom von Frau und Kind fernzuhalten, damit er selbst dessen Rolle in der Familie übernehmen kann. Er beschattet ihn, und sein Verdacht scheint sich zu bestätigen, da Alex regelmäßig den Kerl mit der Lederjacke heimlich trifft. Bei einem dieser Zusammenkünfte löst Tom die Handbremse in Alexs Auto, damit dieses einen Abhang hinunter, auf die beiden Männer zurollen kann…

Bei „Justice“ dauert es ungewöhnlich lange, bis tatsächlich ein Mord geschieht. Dennoch ist die Folge nicht ohne Spannung. Man hat zwar den Eindruck, als verlaufe die Handlung recht geradlinig, wird aber am Ende eines Besseren belehrt. Tom ist alles andere als vom Glück verfolgt. Seine Frau will die definitive Trennung, beruflich gibt ihm sein grundsätzlich wohlgesonnener Chef zu verstehen, dass seine dauernde Abwesenheit nicht mehr toleriert werden kann, und das Gesetz tritt ihn mit Füßen. Der Schluss hält dann auch keine erfreuliche Überraschung für ihn bereit. Der Polizeiapparat wird als träge und wenig effizient dargestellt. Der Beamte, welcher Tom aufsucht und seine Geschichte hört, wälzt die Schuld auf den Gesetzgeber und die "Gutmenschen" ab und gibt zu verstehen, das man da nicht viel machen kann. 4 von 5.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

03.03.2015 20:54
#51 RE: Murder has many faces: Murder in Mind (2001-03) Zitat · Antworten



Murder in Mind: Cornershop

Episode 23 der TV-Kriminalserie, GB 2003. Regie: Menhaj Huda. Drehbuch: Stephen Leather. Mit: Bhasker Patel (Sanjay Patel), Nina Wadia (Meena Patel), Tim Faraday (Ronnie Brown), Tim Healy (DI Colin Duggan), Jeff Mirza (Manji Patel), Gurpreet Singh (Ricky Patel), Sushil Hunjan (Sujata Patel), Albert Moses (Keshav Singh), Hajaz Akram (Arnie Singh), Steve Chaplin (Derbyshire) u.a. Erstsendung: 29. Juni 2003, BBC One.

Zitat von Murder in Mind: Cornershop
Für seinen kleinen Lebensmittelladen bezahlt der gutmütige Sanjay Patel Schutzgeld an eine Gruppe rassistischer Schlägertypen. Ein neuer Supermarkt in der Nähe macht ihm seit Neuestem das Leben zusätzlich schwer, sodass er kaum mehr genug einnimmt, um die Forderungen der Rowdys erfüllen zu können. In einer Nacht bäumt er sich gegen den Anführer der Bande auf und ersticht ihn im Zweikampf aus Versehen mit dessen Messer. Wie soll er nun die Leiche loswerden? Seine ersten Pläne werden aus Zufall vereitelt – und nun sitzt ihm auch noch ein besonders neugieriger Inspektor wegen des Verschwundenen im Nacken ...


Durch seine imperialistische Geschichte ist Großbritannien auch ein Land der Einwanderer. 2012 lebten im UK laut einer Schätzung fast eine Dreiviertelmillion gebürtige Inder, die damit die größte Gruppe der Zugezogenen ausmachen. Es ist deshalb ein ganz normaler Blick in eine Londoner Vorort-Straße, in der Sanjay Patel seinen kleinen Convenience store betreibt. Wo immer im Fernsehen Ausländer auftauchen, sind auch Rassisten nicht weit, allerdings gelingt es „Cornershop“, die typischen Fingerzeige mit einer ganzen Menge schwarzen Humors zu übertünchen. Die Schläger rund um Ronnie Brown wurden ebenso bewusst überzeichnet wie der Zusammenhalt, das Traditionsbewusstsein und die chamäleon-artige Anpassung der Patels und ihrer Freunde. Noch einen drauf setzt der entschlossene, seine Kompetenzen bis zum Äußersten strapazierende Inspector Duggan, der „Cornershop“ schlussendlich völlig als Komödie im Krimimantel outet.

Das Einbauen humoristischer Elemente gelingt in „Cornershop“ besser als in „Neighbours“, weil durch sie nicht die gesamte Handlung ins Abstruse abgleitet. Die Folge sollte ganz sicher nicht ernstgenommen werden, aber sie kann auch nicht einfach als Fingerübung der Serie abgetan werden. Gerade ihre Position als letzte Folge von „Murder in Mind“ verdeutlicht, mit welchen Eindrücken die Macher die Serie verabschieden wollten. Oder traute man sich an die wirklich rabenschwarze Auflösung noch nicht eher heran, um die zarter beseiteten Gemüter des Publikums nicht für kommende Episoden zu verschrecken? Wie auch immer: Parallel zur großen indischen Hochzeit (natürlich eine arrangierte Ehe zur Pflege der Geschäftskontakte) entlädt sich auch die Lösung im Fall Patel / Brown mit einem Knall, der als völkerverbindende Interpretation eines Hitchcock-Klassikers einen würdigen Schlussstrich unter eine der ambitioniertesten BBC-Krimiserien des neuen Jahrtausends setzt.

Was würde Hitchcock in dieser Situation tun? Sanjay Patel schafft sich mit einer Affekthandlung aus Notwehr ein lästiges Problem vom Hals und bürdet sich gleichzeitig die scheinbar unlösbare Aufgabe, eine Leiche verschwinden zu lassen, auf. Amüsant, spannend und mit Hang zu latenter Übertreibung: „Cornershop“ ist alles, was man von einer guten „Murder in Mind“-Folge erwartet. 5 von 5 Punkten.



Rangliste für Staffel 3:

Platz 1 (5,0 Punkte): Folge 19 – Suicide
Platz 2 (5,0 Punkte): Folge 23 – Cornershop
Platz 3 (4,5 Punkte): Folge 21 – Landlord
Platz 4 (4,5 Punkte): Folge 18 – Stalkers
Platz 5 (4,5 Punkte): Folge 16 – Echoes
Platz 6 (4,0 Punkte): Folge 20 – Contract
Platz 7 (3,5 Punkte): Folge 17 – Favours
Platz 8 (3,0 Punkte): Folge 22 – Justice

patrick Offline




Beiträge: 3.245

03.03.2015 20:56
#52 RE: Murder has many faces: Murder in Mind (2001-03) Zitat · Antworten

Cornershop:

Der indische Ladenbesitzer Sanjay Patel hat kein leichtes Leben. Das Geschäft läuft nicht besonders gut, er ist verschuldet, und darüber hinaus wird er noch von einer Gruppe unkultivierter Prolos mit Schutzgeldforderungen regelmäßig erpresst. Eines Nachts sucht ihn Ronnie Brown, der Kopf der Gruppe, alleine im Geschäft auf, da dieser "ausständiges" Geld eintreiben will. Patel nimmt seine gesamte Courage zusammen und sagt dem Bully unverblümt seine Meinung. Er bleibt sogar dann noch unbeeindruckt, als dieser ein Messer zückt. Schließlich kommt es zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung, bei der Ronnie versehentlich erstochen wird. Nun ist Patel darum bemüht, die Leiche verschwinden zu lassen. Er will sie in ein Grab werfen, dass er selbst ausgehoben hat. Doch zwei Betrunkene lassen sich dort nieder. Dann will er sie auf ein Gleis legen, doch der Zug fällt aus. Schließlich will er sie im Krankenhaus einfach im Rollstuhl abstellen, doch wird er dort aufgefordert, ein Dokument für den „Kranken“ auszufüllen. Schließlich lässt er die Leiche tatsächlich verschwinden. Allerdings bleibt dem Zuseher vorenthalten wohin.

Am nächsten Tag erscheint bereits Inspector Duggan im Shop und erkundigt sich über Ronnie Brown, dem er schon lange auf der Spur ist und dessen Verschwinden ihn überrascht. Patel kommt ihm sofort verdächtig vor, und er lässt ein Team von Forensikern antanzen, die jedoch keine Spuren finden. Sie können lediglich bestätigen, dass mit einem Bleichmittel fein säuberlich geputzt wurde. Dies macht Patel weder weniger verdächtig noch überführbar. Schließlich taucht Inspector Duggan immer und überall auf, was der ahnungslosen Familie Patels, die mit den Vorbereitungen für die Hochzeit der Tochter beschäftigt ist, sehr unangenehm ist. Die nächste Spur in dem Katz-und-Maus-Spiel führt den Inspektor zu Arnie, den Patel als Alibi benutzte, da er angab, er habe seinen Lieferwagen bei ihm reparieren lassen. Patel kann ihn noch vorwarnen, doch tauchen schon Inspector und Forensiker dort auf. Auch diesmal keine Spuren. Schließlich wird die Baustelle von Patels ungeliebten Bruder auseinandergenommen. Dieser ist dabei, ein luxuriöses Haus zu bauen, was durch den Einsatz vorläufig vereitelt wird. Auch hier keine Spuren.

„Cornershop“ ist zum Abschluss eine sehr unterhaltsame, mit typischem britischen Humor gewürzte, Folge. Die Sympathien sind von Anfang an bei dem sanftmütigen und liebenswerten Sanjay Patel. Das Opfer Ronnie Brown ist das genaue Gegenteil. Unsympathisch, primitiv, roh und erpresserisch, erweckt sein Schicksal keinerlei Mitleid. Man freut sich sogar ein bisschen über sein Ableben. Allerdings wird er von Tim Faraday sehr beeindruckend, fast schon etwas übertrieben, dargestellt. Wenn er seine bitterböse Mine aufsetzt, ist man glatt an gewisse überzeichnete Szenen aus diversen Zeichentrickfilmen erinnert.
Sehr erfrischend unterhaltsam ist Tim Healy als Inspector Duggan. Er war bereits in „Vigilante“ als Inspector zu sehen. Sein amüsantes Erscheinungsbild und der markante Newcastle-upon-Tyne-Akzent machen ihn zu einem richtigen Original. Sein ständiges Auftauchen und der Umstand, dass er Patel von Anfang an in Verdacht hat, lässt nahe legen, dass dieser bald überführt wird. Doch nimmt das Katz-und-Maus-Spiel kein Ende und Patel agiert ihm gegenüber wie die Gelassenheit in Person. Die Auflösung, was mit der Leiche tatsächlich passiert ist, sollte hier nicht verraten werden, so gern ich auch darüber schreiben würde. Es sei dazu nur soviel gesagt: Das Ende bietet rabenschwarzen britischen Humor vom Feinsten, der in der letzten Szene mit einem bitterbösen Grinsen abgerundet wird. Die Leiche wurde wirklich auf originelle Weise verwertet.

5 von 5.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

03.03.2015 21:15
#53 RE: Murder has many faces: Murder in Mind (2001-03) Zitat · Antworten

Rangliste für Staffel 3

1. Suicide (5/5)
2. Contract (5/5)
3. Echoes (5/5)
4. Cornershop (5/5)
5. Stalkers (4/5)
6. Landlord (4/5)
7. Justice (4/5)
8. Favours (3/5)

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

03.03.2015 21:26
#54 RE: Murder has many faces: Murder in Mind (2001-03) Zitat · Antworten

Insgesamt lässt sich über „Murder in Mind“ nur das Beste berichten: Die kreativen Fälle beleuchten das schwerste aller Verbrechen in ungewohntem Licht – nicht aus der Position der Ermittler, sondern aus der der Täter werden die vertrackten, überraschungsreichen Geschichten geschildert. Viele davon sind makellos ausgetüftelt, spannend, unterhaltsam, realistisch und sogar amüsant. Diese Bandbreite findet man nur in ganz wenigen Serien. Am Ende der Besprechungsreihe eine Gesamtrangliste:

Platz 01 (5,0 Punkte): Folge 08 – Passion
Platz 02 (5,0 Punkte): Folge 01 – Teacher
Platz 03 (5,0 Punkte): Folge 19 – Suicide
Platz 04 (5,0 Punkte): Folge 13 – Victim
Platz 05 (5,0 Punkte): Folge 23 – Cornershop


Platz 06 (4,5 Punkte): Folge 04 – Mercy
Platz 07 (4,5 Punkte): Folge 21 – Landlord
Platz 08 (4,5 Punkte): Folge 14 – Memories
Platz 09 (4,5 Punkte): Folge 05 – Vigilante
Platz 10 (4,5 Punkte): Folge 12 – Flashback
Platz 11 (4,5 Punkte): Folge 18 – Stalkers
Platz 12 (4,5 Punkte): Folge 16 – Echoes
Platz 13 (4,5 Punkte): Folge 09 – Disposal

Platz 14 (4,0 Punkte): Folge 02 – Flame
Platz 15 (4,0 Punkte): Folge 20 – Contract
Platz 16 (4,0 Punkte): Folge 15 – Regrets
Platz 17 (4,0 Punkte): Folge 07 – Sleeper
Platz 18 (4,0 Punkte): Folge 11 – Swan Song

Platz 19 (3,5 Punkte): Folge 03 – Motive
Platz 20 (3,5 Punkte): Folge 17 – Favours
Platz 21 (3,5 Punkte): Folge 06 – Neighbours

Platz 22 (3,0 Punkte): Folge 10 – Rage
Platz 23 (3,0 Punkte): Folge 22 – Justice

patrick Offline




Beiträge: 3.245

03.03.2015 21:36
#55 RE: Murder has many faces: Murder in Mind (2001-03) Zitat · Antworten

Gesamt-Ranking:

1.Sleeper (5/5)
2.Victim (5/5)
3.Vigilante (5/5)
4.Passion (5/5)
5.Flame (5/5)

6.Suicide (5/5)
7.Contract (5/5)
8.Teacher (5/5)
9.Echoes (5/5)
10.Cornershop (5/5)
11.Memories (5/5)
12.Motive (5/5)
13.Swan Song (5/5)
14.Mercy (5/5)
15.Disposal (4,5/5)
16.Stalkers (4/5)
17.Landlord (4/5)
18.Justice (4/5)
19.Flashback (4/5)
20.Regrets (4/5)
21.Neighbours (3,5/5)
22.Favours (3/5)
23.Rage (3/5)

patrick Offline




Beiträge: 3.245

04.03.2015 07:26
#56 RE: Murder has many faces: Murder in Mind (2001-03) Zitat · Antworten

Das ist nun der wehmütige Abschied von der besten Krimi/Thriller-Serie, die ich jemals gesehen hab. Bin dadurch auf höchstem Niveau verwöhnt worden. Soviel mal 5 Punkte hab ích noch nie vergeben. Wirklich schlecht war keine einzige Folge.

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