Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden Impressum 
Forum Edgar Wallace ,...



Sie können sich hier anmelden
Dieses Thema hat 3 Antworten
und wurde 354 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker international
Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

11.05.2014 20:20
Whitechapel / Jack the Ripper ist nicht zu fassen (2009-13) Zitat · Antworten



The Nightmare Begins Again ...

Whitechapel: Staffel 1, Episode 1

Episode 1 der TV-Kriminalserie, GB 2009. Regie: S. J. Clarkson. Drehbuch: Ben Court, Caroline Ip. Mit: Rupert Penry-Jones, Alex Jennings, Phil Davis, Christopher Fulford, Johnny Harris, George Rossi, Sam Stockman, Claire Rushbrook, Sophie Stanton, Dennis Banks, Dutch Dore-Boize, Steve Pemberton, Sally Leonard, Paul Hickey, Jane Riley u.a. Erstsendung (GB): 2. Februar 2009, ITV. Erstsendung (BRD): 18. Dezember 2009, Arte.

Zitat von Whitechapel: Episode 1.1
Jack the Ripper ist der bekannteste Serienmörder der Geschichte. Aber kann ein brutaler Killer auch Fans haben? Einer scheint 120 Jahre nach dem Auftauchen Jacks dessen Morde an den damaligen Tatorten nachzustellen – mit blutiger Konsequenz bis ins letzte Detail. Mit Detective Inspector Joseph Chandler wird ein unerfahrener Mann auf den speziellen Fall angesetzt. Der findet mehr Parallelen zu den ursprünglichen Taten heraus, als seinen Kollegen lieb ist ...


Filmischen Anläufen an den Mythos Jack the Ripper begegne ich mit großer Skepsis. Häufig versuchen derlei Produktionen, entweder den Schockwert der brutalen Verbrechen des Rippers für billige Effekthascherei auszunutzen oder sie betrachten den Killer als das ultimative, weil erstbeste Synonym für britisches Verbrechen. Besonders wenn der Ripper auf Sherlock Holmes trifft (quasi um einen Zweikampf der Giganten zu provozieren), kann es peinlich für alle Beteiligten werden, wie nicht zuletzt das prominente Großfilmwerk „Mord an der Themse“ mit Christopher Plummer unter Beweis stellte. Schön, dass „Whitechapel“ sinnvoller und sensibler mit der Thematik umgeht! Nicht im London der 1880er Jahre siedelte man diese Serie an, sondern in der heutigen Zeit, wodurch nicht nach dem Ripper, sondern nach dessen Nachahmer gesucht wird. Die Serie beschneidet sich dadurch nicht in ihrer Anlehnung an die damaligen Details, verpflichtet sich aber ebensowenig, eine alles erklärende Lösung für das ewige Rätsel zu finden, die ohnehin niemals jeden zufriedenstellen könnte.

Jack the Ripper goes 2008 ist eher wie ein Jonglieren mit Meta-Bezügen, wobei bei allen Referenzen nicht das Kreieren von Spannung und das Zeichnen plastischer Figuren vergessen wird. Die Serie zeichnet sich durch einen besonderen Aufnahmestil aus: Dunkel, flackernd und flüchtig erscheinen viele Szenen; gerade Außenaufnahmen wurden mit zwei verschiedenen Linsen gedreht und dann nach- oder nebeneinander geschnitten. Die dadurch erzeugte Sprunghaftigkeit stärkt noch die Unsicherheit in den Nachtszenen der britischen Metropole und verdeutlicht lauernde Gefahren in Hinterhöfen und Ruinen ...

Wichtig für das Gelingen der ersten „Whitechapel“-Episode ist, dass sich die Handlung nicht nur auf ein Rekreieren von historischen Fakten beschränkt. Mindestens ebensosehr steht der Charakter des Ermittlers im Mittelpunkt: Rupert Penry-Jones zeichnet als augenblicklich charismatischer Hauptdarsteller das Porträt eines Jungpolizisten mit steiler Karriere – durch und durch theoretisch organisiert, hervorragend geschult, aber mit mangelnder Erfahrung in der Praxis. Einen kleinen Fall soll er dann doch übernehmen, bevor er wieder zurück in die Büros der Top-Riege von Scotland Yard zurückwechselt – doch der kurze Exkurs stellt sich als großes Abenteuer heraus.

In der ersten Episode finden sich treffliche Spitzen gegen das poshe, weltfremde Establishment des Yards sowie verschiedene sarkastische Parallelschnitte. Einer verdeutlicht den Kontrast zwischen einem Meeting der hohen Tiere, in denen sich die leading men gegenseitig Honig um den Mund schmieren, und einem Einsatz der untersten Polizisten und Hilfspolizisten bei einem Brand im Stadtteil Whitechapel, bei dem es deutlich rauher zugeht. Später wird noch die gerichtsmedizinische Untersuchung eines Opfers der Arbeit der Fleischer auf einem Großmarkt gegenübergestellt. Mit solch deutlicher Lexik qualifiziert sich „Whitechapel“ sicher nicht als freundliches Feiertagsprogramm, stimmt aber den Zuschauer markant auf die kommenden Schrecken ein ...

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

11.05.2014 20:35
#2 RE: Whitechapel / Jack the Ripper ist nicht zu fassen (2009-13) Zitat · Antworten

Whitechapel: Staffel 1, Episode 2

Episode 2 der TV-Kriminalserie, GB 2009. Regie: S. J. Clarkson. Drehbuch: Ben Court, Caroline Ip. Mit: Rupert Penry-Jones, Alex Jennings, Phil Davis, Christopher Fulford, Johnny Harris, George Rossi, Sam Stockman, Claire Rushbrook, Jane Riley, Ben Loyd-Holmes, Janice Acquah, Steve Pemberton, Paul Hickey, Sophie Stanton, Daniel Caren, Patricia Kensley, Constantine Gregory, Mason Beaumont, Matthew Payne, Carrie Grace u.a. Erstsendung (GB): 9. Februar 2009, ITV. Erstsendung (BRD): 18. Dezember 2009, Arte.

Zitat von Whitechapel: Episode 1.2
Drei Opfer sind nicht genug: Die Polizei muss einen Doppelschlag des Rippers nach historischem Vorbild befürchten. Zu allem Überfluss wurde durch ein Leck im engsten Mitarbeiterkreis die Presse auf den Nachahmer aufmerksam, sodass nun quotenwirksam Panik geschürt und auf die Polizei losgegangen werden kann. Detective Inspector Chandler fühlt, dass der Druck immer größer und die Unterstützung durch Vorgesetzte immer geringer wird. Und die schlimmste Entdeckung am Mitre Square steht ihm noch bevor ...


Indem sich die Investigativtruppe um Detective Inspector Chandler immer tiefer in die Irrungen und Wirrungen des Ripper-Falls hineinkniet, wechselt der (un-)geliebte Aufsteiger langsam die Seiten. Das blinde Vertrauen und die Hätscheleien des Commanders schrumpfen im gleichen Maße, wie die grummelige Loyalität der einfachen Cops zu ihrem neuen Chef wächst. Commander Anderson agierte bisher als eine Art Vaterersatz für Chandler, zeigt nun aber sein wahres Gesicht, wenn es zu Drucksituationen kommt, in denen es auch für seinen eigenen Posten gefährlich wird. Der immer gern gesehene Alex Jennings verkörpert diese wendehalsige Rolle zunächst mit schleimigem Einfühlungsvermögen und später mit emotionslosem Eigensinn. Umgekehrt verhält es sich mit Detective Sergeant Miles, dessen Bissigkeit nach und nach einem vertrauten, wenn auch durch eingeschleifte Marotten bestimmten Teamwork Platz macht. Hier tut sich Phil Davis hervor, den die meisten wohl aus seinem gänzlich anders gelagerten Part als mörderischer Taxifahrer in „Sherlock: Ein Fall von Pink“ her kennen.

Erneut bildet ein durch die geschichtlichen Fakten „vorhergesehener Mord“ den Spannungshöhepunkt der Episode. Die Frage, ob es dem neuen Ripper gelingen wird, die Taten seines Vorbilds so eng wie möglich nachzuempfinden, obwohl die Polizei auf seiner Spur ist und ja eigentlich weiß, wann und wo er zuschlagen wird, steigt nun zunehmend zu einem Spiel mit der Zeit und der besten Ablenkung auf. Diesbezüglich gewinnt auch der Ripperologist Buchan an Profil, dem Steve Pemberton ebenfalls ein latent abartiges Verhalten verpasst. Die Polizisten, die sich von berufswegen mit Gewalttaten beschäftigen, können kaum nachvollziehen, wie Buchan sein ganzes Leben der Erforschung der Gräueltaten des Rippers verschreiben kann. Die dafür nötige Verschrobenheit mischt Pemberton mit einem hinterlistigen Blick, der mehr hinter seiner scheinbar harmlosen Fassade vermuten lässt.

In einer gemeinsamen Lesestunde räumen die Polizisten mit allerlei Verschwörungstheorien auf, die den Fall Jack the Ripper umranken. Auf humorvolle Weise wird mehrfach der Verdacht, das Königshaus habe damals etwas mit der Mordserie zu tun gehabt, um eine peinliche Hochzeit zu vertuschen, auf die Schulter genommen. Zugleich führt eine heiße Spur bei den aktuellen Verbrechen in ein Jack-the-Ripper-Onlineforum – welch ein Unterschied! Davon abgesehen überrascht es, wie wenige auswertbare Spuren der Killer hinterlässt und wie hilflos die Polizei demnach bei der Spurensuche ist. Hatte ich mich vor der Sichtung gefragt, wie es gelingen würde, drei Episoden mit der Jack-Jagd zu füllen, ohne dass die Verfolgung Längen bekäme, so spüre ich jetzt schon eine gewisse Verwunderung, dass man in der kommenden Episode bereits zu einem Staffelende kommen möchte. Für Detective Inspector Chandler bleiben noch einige Nüsse zu knacken ...

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

11.05.2014 20:50
#3 RE: Whitechapel / Jack the Ripper ist nicht zu fassen (2009-13) Zitat · Antworten

Whitechapel: Staffel 1, Episode 3

Episode 3 der TV-Kriminalserie, GB 2009. Regie: S. J. Clarkson. Drehbuch: Ben Court, Caroline Ip. Mit: Rupert Penry-Jones, Phil Davis, Johnny Harris, Sam Stockman, George Rossi, Paul Hickey, Alex Jennings, Constantine Gregory, Steve Pemberton, Sally Leonard, Simon Tcherniak, Branko Tomovic, Tameka Empson, Carrie Grace, Nick Fletcher, Daniel Caren u.a. Erstsendung (GB): 16. Februar 2009, ITV. Erstsendung (BRD): 18. Dezember 2009, Arte.

Zitat von Whitechapel: Episode 1.3
Verschiedene Spuren, die der Ripper für die Polizei legt, erweisen sich als Finten. Langsam wird es eng, denn am 8. November steht der letzte Mord bevor. Schafft es Detective Inspector Chandler nicht, den Ripper-Imitator bis dahin ausfindig zu machen, ist ein weiteres Leben verloren und seine Karriere ruiniert. Bei Erfolg könnte er als der Mann in die Geschichte eingehen, der Jack the Ripper gefangen hat. Das Problem: Der Killer kommt nicht nur den Frauen ziemlich nah – auch die Ermittler stehen unter akuter Gefahr ...


Würde es funktionieren, die Ripper-Morde in eine Zeit zu verlegen, in denen moderne Technik in Funk und Kommunikation sowie bei Spurensicherung und Gerichtsmedizin der Polizei so viel bessere Möglichkeiten gibt als im späten 19. Jahrhundert? Würde die Spannung halten, wenn das Vorgehen des modernen Täters sich eins zu eins an dem des historischen Vorbilds orientierte? Würde „Whitechapel“ sich effektiv von anderen Ripper-Adaptionen abheben können? Alle diese Fragen können mit einem klaren Ja beantwortet werden.

Die dritte Episode beginnt mit einer Vielzahl roter Heringe, die die Polizei siegesgewiss verfolgt, bis jemand darauf stößt, dass es sich um Ablenkungsmanöver handelt, die bereits der echte Jack the Ripper für seine Verfolger ersonnen hatte. Auch 120 Jahre später tappen die Ermittler noch in die eine oder andere Falle, kommen dem Serienkiller aber erstaunlich nahe, was für ein tempo- und spannungsgeladenes Finale sorgt, in dem man sich wahrlich beherrschen muss, nicht an den Fingernägeln zu kauen. Sobald der unheimliche Schlitzer nicht mehr nur eine schwarzgewandete Schattengestalt, sondern eine Person mit Namen und Gesicht ist, wirkt er zwar nicht mehr ganz so übermenschlich gefährlich, wie man es mit dem Mythos des Rippers verbindet und wie „Whitechapel“ zuvor auch eindrucksvoll suggerierte, aber es reicht noch leicht und locker, um die letztliche Jagd bis in die Wohnung mit dem letzten Opfer zu einem Highlight der Staffel zu machen.

Der Verdienst von „Whitechapel“ ist es, auf einem schmalen Grat zu balancieren: Auf der einen Seite bietet die Produktion den Blood- and Gore-Factor, den man sich bei dieser Thematik vorstellt. Auf der anderen Seite betonen die Produzenten, dass die Serie keine sein soll, die man nur wegen Gewalt und Ekel einschaltet. Alle Blicke auf die schrecklichen Werke des Rippers sind kurz und kurbeln die Fantasie des Zuschauers an, anstatt ihm alles hautnah und ewig unter die Nase zu halten. Zudem ist die Diskretion und damit der betriebene Aufwand beachtlich, den sich Produzenten, Autoren, Regisseurin und die weiteren Mitarbeiter machten: Über alle Folgen hinweg werden Unmengen an Originalunterlagen und -fotos der damaligen Verbrechen gezeigt. Denkt man! Nein, alles wurde akkurat an Silikonmodellen nachgestellt, um die Privatsphäre der Familien zu schützen. 120 Jahre später ...

Am Ende der ersten Staffel präsentiert sich „Whitechapel“ doppelbödig. Der Fall Jack the Ripper ist abgeschlossen. Aber andere werden folgen. Chandler ist zu einem geschätzten Mitglied der Mordkommission geworden und auf die Fortsetzung freue ich mich jetzt schon!

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

11.05.2014 21:05
#4 RE: Whitechapel / Jack the Ripper ist nicht zu fassen (2009-13) Zitat · Antworten


Fazit zur ersten Staffel: Trotz des jeder Jack-the-Ripper-Verfilmung inherenten reißerischen Spannungsaufbaus mittels der üblichen Gedankenspiele (grausam entstellte Leichen, Messermorde im Londoner Nebel) tut sich „Whitechapel“ als kultivierter Anlauf an die Thematik hervor. Nirgends wird Ostlondoner Elend fokussiert, auch spielen Prostitutierte keine Rolle. Stattdessen stellte man die Serienkillermuster der Charakterwandlung eines smarten Scotland-Yard-Hoffnungsträgers gegenüber, der mit Rupert Penry-Jones ebenso glaubhaft und sympathisch besetzt ist wie seine Mit- und Gegenspieler bei der Truppe. Man muss jedoch schnelle Schnitte mögen, um die Serie genießen zu können. 4,5 von 5 Punkten.



Ein Tipp für gesellige Ripper-Abende: Wer selbst einmal wie John Chandler auf den Spuren Jack the Rippers wandeln, aber dafür nicht unbedingt an einer von Mr. Buchans Londoner Ripper-Touren teilnehmen möchte, kann das auch bequem vom heimischen Wohnzimmertisch aus tun. Pegasus-Spiele veröffentlichte 2008 die deutsche Version des von Mike Fitzgerald erdachten Spiels „Mystery Rummy“. Auf dem Grundprinzip von Rummy bzw. Rommé aufbauend wird hier die Ripper-Mordserie als nostalgisch illustriertes Kartenspiel durchgegangen – mit Opfer- und Tatortkarten, Verdachtsmomenten, Alibis und den berühmten Ripper-Briefen, mit zurücktretenden Polizeipräsidenten und einem manchmal zu fassenden, manchmal entkommenden Ripper. Sechs mögliche Täter stehen zur Wahl. Auch wenn das Regelwerk am Anfang etwas umfangreich erscheint, macht das Spiel mit zunehmender Kenntnis immer mehr Spaß und ist schon mit zwei Personen bestens und relativ zügig durchführbar.

 Sprung  
Xobor Einfach ein eigenes Forum erstellen
Datenschutz