Zitat von Gubanov im Beitrag #29Große Originaltreue wäre für die Neuverfilmung zu wünschen - die "Partners in Crime" haben diesbezüglich ja sehr negative Schlagzeilen gemacht. Da sind die Christie-Fans einfach noch Suchet-Poirot-Standards gewöhnt. Habe die DVD in England dann auch stehen lassen, zumal ich kein großer T&T-Fan bin. Ich hoffe einfach 'mal, dass die BBC aus dem Debakel des ersten Mehrteilers gelernt hat. Die Amazon-Bewertung ist z.B. katastrophal. Laut Berichten wurde auch jüngst auf der Christie-Week die Drehbuchautorin auf einer Fan-Konferenz bis an den Rand der Tränen gebracht.
Ich konnte beim Schottland-Urlaub nicht widerstehen und habe zugegriffen. Und ich muß doch mal eine Lanze brechen für dieses Stiefkind unter den neueren Christie-Produktionen. Ja, man hat die Storys aus den 20ern bzw. 40ern in die 50er transferiert. Ja, man hat einiges ungeschrieben, aber man erkennt die zugrunde liegenden Stoffe über weite Strecken immer noch wieder (die Werktreue ist ungefähr wie bei den McEwan-Marples). Ja, auch die Charaktere wurden geändert, Tommy ist über 10 Jahre älter (und deutlich schwerer) als seine (hier bereits) Angetraute, und auch ein Kind ist schon da. Aus Albert wurde ein einarmiger Kriegskamerad von Tommy, und auch eine ethnische Minderheit muß aus Gründen der Political Correctness (wann stirbt dieser Trend endlich aus?) repräsentiert werden, hier sind es ausnahmsweise mal nicht die Homosexuellen, sondern die Afroamerikaner (Julius Hersheimer und Jane Finn).
ABER - die Chemie zwischen den Hauptdarstellern stimmt, die Geschichten sind temporeich inszeniert und durchaus spannend gemacht. Lediglich die letzte Folge fällt hier ab, weil an den originalen Showdown von "Rotkäppchen und der böse Wolf" unbedingt noch ein "dramatisches Finale" angehängt werden mußte, worunter auch die Glaubwürdigkeit deutlich leidet.
Zur Inszenierung muß man nichts sagen, die ist auf der Höhe der Zeit, und auch ausstattungstechnisch wird geklotzt und nicht gekleckert.
Gut - Christies Stoffe waren anders. Aber Hand aufs Herz, gerade "Ein gefährlicher Gegner" (gerade mal Christies zweiter Roman überhaupt) war eine üble Räuberpistole, dem steht das neue Styling gar nicht schlecht zu Gesicht. "Rotkäppchen und der böse Wolf" hätte natürlich etwas werkgetreuer sein dürfen, aber den Shitstorm, den sie abbekommen hat, hat diese Miniserie wirklich nicht verdient. Zumal die BBC eine mögliche Fortsetzung (angeblich aufgrund der vollen Terminkalender der Hauptdarsteller David Walliams und Jessica Raine) inzwischen gecancled hat.
Wem die "Detektei Blunt" zu angestaubt und langsam war, der sollte hier ruhig mal ein Auge riskieren, aber auch Christie-Fans sollten der Umsetzung eine Chance geben, ist mal was anderes als Poirot und Marple. Vielleicht werde ich mir sogar noch die neue "Witness for the Prosecution" ansehen...
Gubanov
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gelöscht
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Beiträge:
14.01.2017 20:21
#62 RE: Agatha-Christie-Projekte zum 125. Geburtstag 2015
Liest sich nichtmal schlecht, zumal ich dir in diesem Punkt ...
Zitat von Lord Peter im Beitrag #61Aber Hand aufs Herz, gerade "Ein gefährlicher Gegner" (gerade mal Christies zweiter Roman überhaupt) war eine üble Räuberpistole
... leider zustimmen muss. Insofern ist ein bisschen dichterische Freiheit am Ende vielleicht gar nicht so verkehrt.
Auf jeden Fall hatte ich mit den 6 Folgen mehr Spaß als mit McEwans Marple-Serie (man denke auch an die Interpretation der Tuppence-Rolle in "Lauter reizende alte Damen"). Da finde ich einen manchmal etwas begriffsstutzigen Tommy deutlich tragbarer als eine versoffene Tuppence.
Mit etwas zeitlichem Abstand habe ich mal eine zweite Sichtung von "And Then There Were None" gewagt, und im Großen und Ganzen kann ich mich doch etwas versöhnlicher äußern, als ich es nach der Erstsichtung getan hätte.
Die vollmundig angekündigte "ultimative" Adaption ist es natürlich nicht geworden, das ist nach wie vor die russische Verfilmung. Alleine die unselige "Political Correctness" sorgt hier schon für Punktabzug, denn wenn man das Buch kennt und bereits ein halbes Dutzend Verfilmungen mit "Negerlein" gesehen hat, dann befremdet einen "Soldier Island" doch, zumal es anscheinend OK ist, über Staatsdiener im Kriegseinsatz zu spotten, über stark pigmentierte Zeitgenossen jedoch nicht. Wobei es wohl auch kaum eine Verfilmung gibt, in der das Kinderlied derart vernachlässigt wurde (sonst wird es immer wenigstens einmal komplett rezitiert, hier werden einzelne Strophen gar nicht erwähnt).
Angenehm sticht dagegen hervor, daß man an Schauplatz, Namen und Personen wenig geändert hat (ich könnte allerdings schwören, daß der Vorname von Macarthurs Opfer Richmond im Buch nicht Henry, sondern Arthur war, aber das sind Peanuts). Sehr schön auch der immer weiter hochkochende Lagerkoller der Eingeschlossenen, der sich in zunehmend nachlässiger Kleidung, anscheinend vernachlässigter Hygiene und immer rüderer Sprache zeigt. Sicher mag dies eher dem Zeitgeist des Jahres 2015 entsprechen, aber innerhalb des Films wirkt es durchaus schlüssig, sogar die Drogenparty der letzten 4 Negerlein (beim ersten Sehen habe ich sie gehaßt) funktioniert aus dem Kontext heraus.
Doch leider bleibt auch genug Negatives. Marstens Drogensucht zeugt von der Ratlosigkeit der Drehbuchautorin, mit dieser Person irgendetwas Plotrelevantes anzufangen, und die implizierte Homosexualität Miss Brents (bei Blore würde ich es nicht unbedingt unterschreiben) sorgte eher für ein genervtes Augenrollen. Lasst das doch endlich mal sein, es nervt! Am Schwersten wiegt jedoch das völlige Ignorieren des Killerkonzepts. Nichts von wegen verschiedener Schwere der Schuld und der ausgeklügelten Reihenfolge der Opfer, die "leichteren Vergehen" (Macarthur, Rogers) werden hier zu genauso eiskalten Morden wie die restlichen. Folgerichtig wartet die Auflösung zwar mit einigen Schockeffekten auf (wie lange die arme Vera auf dem Stuhl tanzen muß!), aber sie ist einfach nur auf den Effekt hin inszeniert, nicht aus der Logik der Geschichte heraus. Die tödliche Krankheit des Mörders wird zwar erwähnt, aber die weitere Motivation bleibt im Dunkeln (außer einem gewissen Hang zum Sadismus, der wohl von Edward Seton bei der Hinrichtung weitergegeben wurde), und das zieht den ganzen Mehrteiler doch deutlich runter. Die ganze Konfrontation mit dem letzten Opfer wirkt zudem nach nicht mehr, als sie ist: dem Publikum die wichtigsten offenen Fragen erklären, deren Antworten die meisten Zuschauer eh schon kannten. Zwar schließen wir kompromißlos düster ab, aber es bleibt ein mehr als unbefriedigtes Gefühl zurück , wenn der Mörder sich schließlich vor noch 5 übergebliebenen "Soldatenfiguren" selbst richtet.
Fazit: Netter Versuch, aber die Russen konnten es besser! Dennoch eine der besseren Adaptionen (des Romans).
Da der Mehrteiler auch hierzulande unter dem Titel "Partners in Crime" läuft, bleibt zu hoffen, dass sich Sony und Polyband nicht am Bildmaster vergriffen und es eingedeutscht haben. Wenn das unbearbeitete Originalbild auf DVD kommt - im Gegensatz zum Beispiel zu Atkinsons Maigret -, liest sich die VÖ diesmal tatsächlich kaufbar, zumal das Cover hübscher ist als das britische.
Hab erst gestern mitbekommen, dass die BBC im Zuge dieser Neuadaptionen auch "Witness for the Prosecution"/"Zeugin der Anklage" neu verfilmt hat, mit u.a. Toby Jones und Kim Catrall. http://www.bbc.co.uk/programmes/b086z959
Zitat von Markus im Beitrag #67Hab erst gestern mitbekommen, dass die BBC im Zuge dieser Neuadaptionen auch "Witness for the Prosecution"/"Zeugin der Anklage" neu verfilmt hat, mit u.a. Toby Jones und Kim Catrall. http://www.bbc.co.uk/programmes/b086z959
Zitat von Gubanov im Beitrag #66Da der Mehrteiler auch hierzulande unter dem Titel "Partners in Crime" läuft, bleibt zu hoffen, dass sich Sony und Polyband nicht am Bildmaster vergriffen und es eingedeutscht haben.
Die DVD ist mittlerweile erschienen. Kann jemand schon bestätigen, ob man hier bedenkenlos zugreifen kann, wenn man auf ein unbearbeitetes englisches Bildmaster Wert legt?
Zitat von Gubanov im Beitrag #66Da der Mehrteiler auch hierzulande unter dem Titel "Partners in Crime" läuft, bleibt zu hoffen, dass sich Sony und Polyband nicht am Bildmaster vergriffen und es eingedeutscht haben.
Die DVD ist mittlerweile erschienen. Kann jemand schon bestätigen, ob man hier bedenkenlos zugreifen kann, wenn man auf ein unbearbeitetes englisches Bildmaster Wert legt?
Mich würde eher interessieren, ob die Synchro auf der Blu-ray die korrekte Tonhöhe hat.
Zitat von Gubanov im Beitrag #66Da der Mehrteiler auch hierzulande unter dem Titel "Partners in Crime" läuft, bleibt zu hoffen, dass sich Sony und Polyband nicht am Bildmaster vergriffen und es eingedeutscht haben.
Die DVD ist mittlerweile erschienen. Kann jemand schon bestätigen, ob man hier bedenkenlos zugreifen kann, wenn man auf ein unbearbeitetes englisches Bildmaster Wert legt?
In der Hinsicht kann ich Dich beruhigen, die Credits sind im Original, der dt. Titel wird per UT-Spur (ausblendbar) gezeigt.
Gubanov
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gelöscht
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Beiträge:
20.11.2017 18:19
#73 RE: Agatha-Christie-Projekte zum 125. Geburtstag 2015
Nachdem der "Hörverlag" jahrelang gekürzte Hörbücher in eigener Übersetzung herausbrachte, beginnt man dort nun mit der Neuauflage von ungekürzten Lesungen aus dem "Verlag und Studio für Hörbuchproduktionen".
Den Anfang machten nun "Auch Pünktlichkeit kann töten" (gelesen von Martin Maria Schwarz) und die Gesamtausgabe der Miss Marple-Kurzgeschichten (gelesen von Ursula Illert), Ende November folgt "Das krumme Haus" (gelesen von Hans Eckardt, wobei die CD-Ausgabe [wiederum von Patrick Roche neu eingesprochen] hier wohl gegenüber der Download-Variante gekürzt sein wird).
Anscheinend rechnen sich die eigenen Übersetzungen und durchaus namhaften Sprecher nicht mehr, so daß man nun auf bestehendes Material zurückgreift, wobei die gekürzte CD-Fassung des bereits ungekürzt eingelesenen Romans ein sehr unschöner Zug ist. Andererseits - eine 6 CDs unfassende Neupressung der Eckardt-Ledung kann eigentlich auch nicht so viel teurer sein als die Erstellung der gekürzten Lesefassung inklusive Neuaufnahme...
PS: Im Mai 2019 folgt dann "Elefanten vergessen nicht" - der wiederum als ungekürzte Lesung auf 5 CDs von Martin Maria Schwarz. Irgendwie inkonsequent...