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Dieses Thema hat 2 Antworten
und wurde 555 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker international
Prisma Offline




Beiträge: 7.591

06.01.2014 17:37
Die Zuhälterin (1978) Zitat · Antworten



DIE ZUHÄLTERIN / POLIZIOTTO SENZA PAURA (1978)

mit Maurizio Merli und Joan Collins
Werner Pochath, Gastone Moschin, Franco Ressel, Annarita Grapputo, Alexander Trojan, Massimo Vanni, u.a.
eine Produktion der Promer Film | Neue Delta Film
ein Film von Stelvio Massi





»Willst du sportlich meine Faust in die Fresse haben?«


Der italienische Privatdetektiv Walter Spada (Maurizio Merli) ist mit allen Wassern gewaschen und fällt durch seine unkonventionellen Ermittlungsmethoden auf. Ein Entführungsfall führt ihn nach Österreich, wohin Anneliese (Annarita Grapputo), die junge Tochter seines Klienten von Straben (Alexander Trojan) verschleppt wurde. Langsam entschlüsseln sich die Zusammenhänge und er sieht sich mit einem rücksichtslosen Zuhälterring konfrontiert. In Wien macht er die Bekanntschaft mit einer rätselhaften Frau namens Brigitte (Joan Collins), die in einem Nachtlokal strippt, doch welche Rolle spielt sie in dieser Angelegenheit? Die Ermittlungen werden immer gefährlicher, denn Walter macht die unliebsame Bekanntschaft mit Strauss (Werner Pochath), der rechten Hand der Organisation. Eine Mordserie beginnt, der viele Beteiligte zum Opfer fallen. Wer wird der nächste sein..?

Ebenfalls vom gängigen Collins-Cover der VHS in die Irre geleitet, gab es bei "Die Zuhälterin" zunächst eigentlich keinerlei Zweifel, wohin die Reise gehen sollte, aber es kommt komplett anders. Joan Collins (auf die man hier tatsächlich irgendwie wartet), strippt sich erst nach 45 Minuten in die Szenerie und Maurizio Merli liefert in der Zwischenzeit eine überaus beeindruckende One-Man-Show ab. Es ist die Frage, ob es an diesem unfreiwilligen Überraschungseffekt liegt, dass der Film ohne Hinterfragen derartig gut rüber kommt, oder tatsächlich schlicht daran, dass Massi einen wirklich rundum funktionierenden Beitrag kreiert hat. Es muss an Letzterem liegen, denn mein positiver Eindruck hat sich letztlich nicht nur bestätigt, sondern es wurde nach kürzester Zeit klar, dass es sich um einen echten Volltreffer handelt. Die Geschichte ist gar nicht einmal so neu, aber sehr gut aufgebaut, sie erinnert angenehm an viele Gialli- und Poliziotteschi-Perlen, und hat rein gar nichts mit einschlägigen Soft-Erotik-Streifen zu tun, was ich ehrlich gesagt zunächst angenommen hatte. Der Film liefert ein eigenständiges Profil, wofür nicht zuletzt der Protagonist ersatzlos verantwortlich ist, dazu eine Prise Erotik, eine ordentliche Dosis Action und Thrill, beeindruckende Schauplätze und Settings, gut geschliffene Charaktere und flotte Sprüche, eine fast 80er-Score von Stelvio Cipriani die sehr eingängig unterstützt, willkommene Twists, et voilà es läuft alles wie geschmiert!





Maurizio Merli ist es wie gesagt zu verdanken, dass die Geschichte eine durchgehend mitreißende Angelegenheit geworden ist. Persönlich und in allen Belangen sieht man sogar eine Joan Collins, die ihm vollkommen untergeordnet zu sein scheint, allerdings ist ja quasi alles, wo die Britin partizipiert, ein Joan-Collins-Film. Um sie in die Schranken zu weisen, muss Merli nicht das Rad neu erfinden, erstens, weil Collins' Auftrittsdauer sehr beschränkt ist, und zweitens aber, weil er in darstellerischer Hinsicht alle anderen Kollegen deutlich übertrifft. So sieht man Film intern also alles auf ihn zugeschnitten, nach außen hin laufen die Wetten aber auf ein anderes Zugpferd. Flotte Sprüche und Selbstironie machen Walter sehr sympathisch, seine Agilität lässt keinerlei Zweifel entstehen, dass er diesen Fall auch lösen wird, auch wenn er häufig mal gut einstecken muss. Er steht nicht als ein Über-Held da, sondern er kocht eben auch nur mit Wasser. Seine unorthodoxen Methoden bringen Erfolg, aber auch Gefahr mit sich, so dass man als Zuschauer schon mitfiebern wird. Die restlichen Darsteller funktionieren allesamt sehr gut, auch mein Lieblings-Irrer Werner Pochath kann erneut in der Rolle seines Lebens überzeugen, da man bei ihm immer wieder neue aggressive Plänkeleien zu sehen glaubt.

Joan Collins stellt die gewohnt-souveräne Bereicherung dar. Die Frau, die wohl in den 80er Jahren einfach beschlossen hatte, ewig "vierzig" bleiben zu wollen, ist ein richtiges Phänomen, und sie hat den Markennamen Joan Collins definitiv selbst erfunden. Mir fällt es schwer sie zu beschreiben, da der Gedanke an sie gleichzeitig etwas merkwürdig Uninteressantes mit sich bringt, aber nur eigentlich. Für meine Begriffe hielt ich sie nie für schön, dennoch reizt sie auf komplexe Art und Weise. Man kann Joan Collins wohl als einen Prototyp der Frau bezeichnen, der von ihr selbst immer weiter perfektioniert wurde. Sie veranstaltet ein Spiel im Schauspiel, Abstoßendes wird in einer seltsamen Umkehrreaktion zu Anziehungskraft. Das Ausstrahlen einer unvergleichlichen Aura wird gekoppelt mit einer Art Blick der Medusa, die dem Anschein nach choreografierte Mimik und Gestik zeichnet stets eine Frau von Welt, ja, sie hat irgend etwas Verdorbenes an sich und die beste Beschreibung für ein Kaliber ihrer Sorte ist wohl tatsächlich maneater. Trotz ihrer augenscheinlich nicht sehr ausgereiften Rolle fand ich sie wieder einmal beeindruckend. Zusätzlich versehen mit der für Collins obligatorischen, und meiner Lieblings-Synchronstimme von Ursula Heyer, wartet man förmlich auf die Szenen ihrer halbseidenen Brigitte, die bei den prüden und kurzen Nacktszenen allerdings zu viel verrät, hinsichtlich dessen, dass sie offensichtlich nicht sehr viel Freude daran gehabt haben wird.

Gut, was Joan Collins angeht, so dürfte ihre Person ziemlich polarisieren, denn ich kann gut nachvollziehen, wenn man sie einfach nicht gerne sieht. Für mich persönlich war tatsächlich sie Grund genug, diesen Film anzutesten, und da ich mir ja vorher generell keine Inhaltsangaben durchlese, wirkte der Verlauf umso überraschender. "Die Zuhälterin" hat als Gesamtbild einfach Klasse und es könnte durchaus passieren, dass man sich, falls man ihn nur als Collins-Sause sehen wollte, danach fragt: »Joan wer?«. Dafür hat Stelvio Massis ausgewogener Beitrag einfach zu viel zu bieten. Auffällig ist die gute Dosierung zwischen Humor und den nicht gerade zahlreichen, aber dafür umso eindringlicheren Schock-Momenten. Besonders gut kommt der Umgang mit Walters österreichischem Kollegen an, und überhaupt sind einige nette Ideen in Richtung Nebenhandlung zu finden. Im Endeffekt nimmt sich "Die Zuhälterin" nicht besonders ernst, und schwingt daher auch erst gar nicht die moralische Keule, was zur Folge hat, dass der Film ungemein unterhaltsam und kurzweilig ausfällt. Um es also auf den Punkt zu bringen: "Die Zuhälterin" braucht man nicht als Joan Collins-Film zu degradieren, so dass sich Kritiker der Dame nicht abschrecken lassen sollten. Ihre großen Fans werden den Film möglicherweise nicht sehr schätzen, weil sie eine untergeordnete Funktion als Frau, als Schauspielerin und als Star hat. Insgesamt ein hervorragender Film!

Giacco Offline



Beiträge: 2.516

06.01.2014 18:35
#2 RE: Die Zuhälterin (1978) Zitat · Antworten

Der Film kam bei uns erst 1985 in die Kinos, weil damals der "Denver Clan" mit großem Erfolg im TV lief. Frau Collins soll sich sogar im Vorfeld gegen einen Neustart gewehrt haben. Der kommerzielle Erfolg des Streifens war eher bescheiden.
Ich habe vor Jahren mal eine Videofassung gesehen und fand den Film recht schwach. Franz Antel war ja wohl auch am Drehbuch beteiligt.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

09.01.2014 23:11
#3 RE: Die Zuhälterin (1978) Zitat · Antworten

Kann ich mir lebhaft vorstellen, dass sich Joan Collins gegen einen Neustart gewehrt haben soll. Ich finde zwar, dass sie sich ihrer Rolle wegen durchaus nicht schämen müsste, aber wie erwähnt hat sie bei ihren Nacktszenen nicht besonders selbstsicher ausgesehen. Aber sie hatte definitiv ganz andere Rollen, worüber sie nicht besonders glücklich sein sollte;) Dass der kommerzielle Erfolg ausblieb, ist eigentlich klar. Der Versuch, sich an den "Denver Clan" heranzuhängen ist zwar irgendwie logisch, doch zwischen Film, Serie und Collins' Rolle liegen ja tatsächlich Welten. Kann mir denken, dass sie jeder lieber als Alexis Colby sehen wollte, und nicht als Brigitte, die im Vergleich dann schon profilloser wirkt. Dass Franz Antel nur am Drehbuch, und nicht an der Regie beteiligt war, kann man rückblickend wohl als großes Glück betrachten! Mir hat "Die Zuhälterin" jedenfalls sehr gut unterhalten können, den halte ich wirklich für durchweg gelungen.

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