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Dieses Thema hat 52 Antworten
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 Film- und Fernsehklassiker international
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Peter Offline




Beiträge: 2.886

29.01.2015 21:44
#46 RE: Britische Filme: All-Time-Top-100 Zitat · Antworten

Zurück zu den Bond-übergreifenden Top-100:
Einige Jährchen verspätet, gleichwohl mit ganz frischen Eindrücken möchte ich diesen hier unbedingt ergänzen:
ABBITTE (Joe Wright 2007, nach dem Roman von Ian McEwan)
Düsteres Familiendrama; Krieg, Liebe & Lüge in den 30ern; spannend, tragisch und intensiv, sehr schön gefilmt und hervorragend gespielt.

Josh Offline




Beiträge: 7.928

29.01.2015 21:56
#47 RE: Britische Filme: All-Time-Top-100 Zitat · Antworten

Zitat von Prisma im Beitrag #45
Zitat von Josh im Beitrag #43
Das Gesicht fand ich auch immer Mist, bis ich den dank Prismas Tipp mal im Kino sehen konnte.

Nach wie vor beneidenswert!
Und solche überaus wertvollen Tipps liegen ja schließlich nicht einfach so auf der Straße!

Du konntest ja damals nicht, wenn du mal wieder bei mir in der Gegend trashige Filme gucken solltest, gibt Bescheid, ich bin für jeden Mist zu haben

Peter Offline




Beiträge: 2.886

08.06.2015 19:39
#48 RE: Britische Filme: All-Time-Top-100 Zitat · Antworten

Die Ergänzung eines hübschen Films, der es zwar nicht als Meisterwerk in die Top-Liste schafft, aber auf jeden Fall Erwähnung finden sollte:



The Man Between ("Gefährlicher Urlaub") -- GB 1953, Regie: Carol Reed. mit James Mason, Claire Bloom, Hildegard Knef, Geoffrey Toone, Aribert Wäscher, Ernst Schröder, Hilde Sessak, Karl John, Ljuba Welitsch.



Ein deutlich erkennbarer Versuch von Carol Reed, im Sog der Erfolgswelle seines Geniestreiches "Der dritte Mann" erneut zu reüssieren. Umgekehrt lieferte das neue Projekt auch subtil das ein oder andere Motiv für le Carrés "Spion, der aus der Kälte kam" (der Roman erschien 1963). Eine so nah an die bittere Realität gelehnte Spionage- und Fluchtgeschichte gab die Stadt Berlin in Zeiten des aufkommenden Kalten Krieges natürlich täglich her. Besonders im Jahr von Stalins Tod mit den damit verbundenen trügerischen Hoffnungen - und im Jahr des ersten 'deutschen' Kaltkriegs-Höhepunktes am 17. Juni 1953.



Deutlich zu bemängeln ist jedoch, dass im Vergleich zu dem in Wien angesiedelten ewigen Klassiker die Stringenz und Qualität von Graham Greenes (oder auch le Carrés) besten Stoffen ganz einfach fehlt. Was dagegen funktioniert, sind die einige zeitgeschichtliche Aspekte in der Kulisse einer (auf)geteilten Stadt. Deren intensive Präsentation ist die Stärke des Films (jedenfalls in der ersten Hälfte), denn die Übertragung des bekannten Ambiente-Schemas, also der eindrucksvollen Bilder aus der Wiener Nachkriegsatmosphäre auf das Narben-Kolorit Berlins, funktioniert bisweilen durchaus eindrucksvoll. Zumindest dort, wo die dokumentarischen Aspekte in tiefer optischer Symbolik für sich selbst sprechen dürfen. Auch wenn insgesamt die atmosphärische Brillanz von Robert Kraskers Stilisierung der Schieber- und Trümmerlandschaft aus dem "dritten Mann" beim Kamera-Kollegen Dickinson nur in vorsichtigen Ansätzen auftaucht.



James Mason holte aus der Hauptrolle zumindest das, was sie eben hergab. Für die unnötig aufgesetzte Lovestory gegen Ende konnte er nichts, für die Unmöglichkeit, Addisons typische, mit dem Sentiment korrespondierende Geigen ganz ohne Zahnschmerzen zu hören, auch nicht.
Schön war die erneute Beteiligung deutschsprachiger Darsteller: Hildegard Knef agierte hier in der zweiten weiblichen Hauptrolle eindrucksvoller als Claire Bloom in der ersten - und unterstrich ihren früh entwickelten kritischen Geist und ihre nachdenkliche Strahlkraft mit internationalem Anspruch. Wie immer sehr ansehnlich auch Aribert Wäscher und Ernst Schröder in wichtigen Nebenrollen, zumindest ein nettes Wiedersehen in kleinen Rollen gab es zudem mit Karl John und Hilde Sessak.

Peter Offline




Beiträge: 2.886

14.08.2015 13:30
#49 RE: Britische Filme: All-Time-Top-100 Zitat · Antworten

Unbedingt zu ergänzen:

Mr. Turner – Meister des Lichts (GB 2014, Regie: Mike Leigh)

Herrliche Farben und die besondere Schauspielkunst von Timothy Spall, einem alten Weggefährten Mike Leighs, machen aus dem Künstlerporträt "Mr. Turner" ein eigenes Kunsterlebnis.

Peter Offline




Beiträge: 2.886

15.12.2015 18:07
#50 RE: Britische Filme: All-Time-Top-100 Zitat · Antworten

Tod im kalten Morgenlicht



Tod im kalten Morgenlicht

GB 1996, Regie Rudolf van den Berg; mit Richard E. Grant, Lynsey Baxter, Perdita Weeks, Simon Cadell, Thom Hoffman; erhältlich auf DVD).

Wenn auch kein Kandidat für die echten Top-Plätze, soll dieser Streifen dennoch auf jeden Fall Erwähnung finden.
Es handelt sich um eine weniger berühmte Verfilmung des unverwüstlichen Dürrenmatt-Stoffes „Es geschah am hellichten Tag“.
Eine britische Produktion unter niederländischer Regie, angesiedelt in einem imaginären tief-osteuropäischen Land.
Anders als die neueste Verfilmung von Sean Penn („Das Versprechen“, 2001) orientiert sich die Geschichte augenscheinlich stark an der Rühmann-/Fröbe-Filmversion von Wajda - bzw. dem Originaldrehbuch von Dürrenmatt, nicht an dessen Weiterentwicklung zum Roman. Nachdem man anfangs befürchten muss, dass der Film sein Vorbild unoriginell kopiert (und nur alles eine Spur schlechter zeigt), findet der Film doch noch einige schöne Wendungen und Eigenständigkeiten, die ihn mit seinen zumindest ansatzweise glaubhaft ausgeloteten Figuren durchaus sehenswert machen.
Nico Hofmanns sehr ordentlich gelungene Version von 1996 nach Eichingers Drehbuch-Aktualisierung hatte sich ebenfalls auf der "sicheren" Seite bewegt und sich an die Filmversion gelehnt, ohne sich mit den eindrucksvollen psychologischen Abgründen des literarischen Werks auseinanderzusetzen.
Einzig Sean Penn verstand mit seiner nachhaltigen Bildsprache - und mit einem kongenialen Jack Nicholson in einer seiner besten Rollen - wagemutig die tiefen Dürrenmattschen Motive zu beleuchten; bis zum vorweggenommenen, nicht-kommerziellen aber unweigerlich erforderlichen 'Unhappyend'.

Peter Offline




Beiträge: 2.886

15.12.2015 19:09
#51 RE: Britische Filme: All-Time-Top-100 Zitat · Antworten

Sorry, ich hab´s gerade auch selbst gesehen...:
Natürlich schreibt sich Ladislao Vajda mit "V", anders als sein polnischer Kollege Andrzej... Im Eifer des Gefechts.....

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 643

02.06.2020 21:24
#52 RE: Britische Filme: All-Time-Top-100 Zitat · Antworten

Da der Film hier aufgelistet wurde, hab ich ihn unter diesem Thread untergebracht:


Brazil (1985)

Regie: Terry Gilliam

Darsteller: Jonathan Pryce ; Robert De Niro , Kim Greist ; Katherine Helmond ; Michael Palin


Dieser Film scheint bei seinen Zuschauern zu polarisieren. Ein ernstes Thema, inszeniert vom Ex-Monty-Python Terry Gilliam, der schon in der gemeinsamen Hoch-Zeit der Komikertruppe für die Trickeffekte zuständig war. Natürlich muss man vom englischen Humor im Allgemeinen und dem "pythonesken" im Besonderen schon etwas halten, denn Brazil ist eine Dystopie voller schwarzhumoriger und grotesker Einfälle, die die gezeigten Zustände in einem bürokratischen Überwachungsstaat eigentlich nur umso schlimmer erscheinen lassen. Der Film sollte ursprünglich unter dem Titel 1984 1/2 erscheinen.
Der kleine Angestellte Sam Lowry, gespielt von Vincent Pryce, ist im Archiv der Abteilung für Informationswiederbeschaffung angestellt, welche im allmächtigen Informationsministerium eingegliedert ist. (Der Besitz von Informationen ist für eine "offene Gesellschaft" lebensnotwendig, das wird schon den Schulkindern auf Führungen eingebläut.) Sam ist mit seinem unwichtigen Dasein zufrieden, im Gegensatz zu seiner ehrgeizigen Mutter Ida Lowry (Katherine Helmond), die ihn gerne einen Stoß nach oben geben will, was mit ihren einflussreichen Beziehungen auch gute Aussichten hat. Doch ihr Sohn gibt sich lieber seiner Lieblingsbeschäftigung hin - dem Träumen. Dabei sieht er sich oft als fliegender Held in strahlender Rüstung, der eine bedrängte blonde Schöne aus misslicher Lage befreit. Sein wirkliches Leben ist um so trister: Die Welt "irgendwann im 20. Jahrhundert" ist bizarr. Die Menschen sind wie in den vierziger oder fünfziger Jahren gekleidet (eine Referenz an den Original-1984 ?), die Technik ist zwar modern, doch die Geräte irgendwie noch altmodisch. So bestehen die Computer aus vorsintflutlichen Schreibmaschinen, an welche mit vielen Kabeln Bildschirme gekoppelt sind, die wie große Lupen aussehen. Überhaupt - Kabel und Schläuche sind überall, durchziehen sogar ansonsten luxuriös eingerichtete Wohnungen, scheinen wie Wucherungen aufzutreten. Eine bloße seltsame Manie von Gilliam oder ein Hinweis auf den alles beherrschenden und durchdringenden häßlichen "Staatskraken", der genauso ein unübersichtliches Wirrwarr anrichtet ? Denn die gezeigte Welt ist totalitär und chaotisch zugleich, eine komplett entseelte Bürokratie, die mit ihren Vorschriften vollkommen aus dem Ruder gelaufen ist und bei der Menschlichkeit und Mitgefühl restlos auf der Strecke geblieben sind. Wie es scheint, sind vom ehemals herrschenden demokratisch-kapitalistischen System nur dessen widerlichste Züge als "Tünche" übriggeblieben, Karrierestreben und Schönheitswahn um jeden Preis, aufdringliche Werbung überall sowie das ganze Jahr über Weihnachten, um Geschenke kaufen zu müssen... Auch versichern kann man (und muss man) sich gegen alles, sogar gegen staatliche Foltermaßnahmen, was aber ganz besonders teuer wird. Denn die Gesellschaft ist durch schwer fassbare "Terroristen" bedroht, und wirklich ereignen sich fortgesetzt Sprengstoffanschläge, die natürlich die staatlichen repressiven Maßnahmen rechtfertigen müssen. Doch Terrorist kann eigentlich jeder sein, der sich nicht haargenau in das System einfügt. Eigentlich ist Lowry in seinem komischen Großraum-Archiv noch am besten aufgehoben. Doch da ereignet sich etwas, das sein Leben durcheinander bringt:
Ein totes Insekt fällt in eine Rechenanlage der Spitzelbehörde und es kommt zu einem folgenreichen Irrtum (die englische Bezeichnung bug [Käfer, Insekt] für einen Computerfehler soll sich ja auf diese Szene beziehen). Statt des gesuchten "Terroristen" mit Namen "Tuttle" wird ein harmloser Familienvater namens "Buttle" von der martialischen Zugriffstruppe verschleppt und später getötet. Der Fehler fällt sogar auf, und für diese Fälle gibt es ja Gottseidank einen obligaten Wiedergutmachungsscheck für die Angehörigen. Der flattert auf den Tisch von Lowrys Vorgesetzten Mr. Kurtzmann. Kurtzmann ist vollkommen außer sich - ein nicht unterschriebener und auf normalen Wegen nicht zustellbarer Scheck für eine "Informationswiedergutmachungszahlung" ist für diesen eingefleischten Bürokraten eine Frage auf Leben und Tod. Der gutmütige Sam Lowry bietet seinem Chef an, den Scheck persönlich bei der Witwe des Opfers vorbeizubringen und sich die Unterschrift zu holen. Das tut er denn auch und trifft auf eine immer noch fassungslose Frau und ihren traumatisierten Sohn. Zum ersten Mal wird ihm wohl die menschliche Dimension klar, die hinter dem hirnlosen Vorschriftenwust verschwindet. Außerdem trifft er auf die aufmerksame Nachbarin Jill Layton (Kim Greist). Sie sieht genau wie die Frau in seinen Träumen aus... Um Kim wieder zu finden, und später auch, um sie zu schützen, lässt er sich doch noch auf die Ränke seiner Mutter ein und bekommt eine Versetzung in die Abteilung zur Informationswiederbeschaffung. Dort arbeitet auch sein befreundeter Bekannter Jack Lint (Michael Palin) in einer vorerst unbekannten Tätigkeit. Bald schon merkt Sam, dass Lint nichts weiter als ein Folterknecht der Regierung ist. Und seine verehrte Jill ist bedroht, weil sie sich mit ihren Sticheleien wegen Tuttles Ermordung unbeliebt gemacht hat. Obwohl sie anfangs wenig für Lowry übrig hat, verliebt sie sich schließlich doch in ihn, und er löscht sie gänzlich aus dem Zentralcomputer des Informationsministeriums. Aber längst ist auch Sam Lowry, dessen Träume zunehmend finsterer werden, in den Focus des übermächtigen Staates geraten. Wird es für die beiden ein Happyend geben ? Der Schluss des Streifens, der sich immer mehr in traumhaften Sequenzen verliert, ist dann so desillusionierend wie gruselig.

Brazil - schon der Titel ist so grotesk wie der ganze Film. Der schöne südamerikanische Samba-Rhythmus wird meistens dann verwendet, wenn Lowry in seinen Träumen unbeschwert ist oder auch in den wenigen freien und aufmüpfigen Momenten in seinem realen Dasein. Die Traumsequenzen, in denen er auch gegen einen riesigen Samurai-Ritter kämpft und von allerlei abscheulichen Kreaturen bedroht wird, mögen nicht jedes Zuschauers Geschmack sein, doch es ist eigentlich die einzige intellektuelle Extravaganz von Gilliam. Letzten Endes treten viele Bilder aus der Traumwelt auch in Lowrys normalen Dasein auf. Wobei man von einem normalen Dasein kaum sprechen kann. Selbst so harmlose Dinge wie eine kaputte Klimaanlage in seiner Wohnung arten in ein unübersehbares Desaster aus. Die (gewöhnlich schwer erreichbaren) Männer des staatlichen Reparaturkonzerns sind ebenso unfähig wie bösartig, mit der Zeit verwüsten sie Lowrys Wohnung durch ihre Inkompetenz völlig, wobei er durch ein entsprechendes Notgesetz auch noch vollkommen schuldlos enteignet und obdachlos wird. Das ist ein Haupttenor in Brazil: Trotz oder gerade wegen der immer größer werdenden Flut von Formularen und Gesetzen wird die Fehlerquote immer immenser, wobei die Schuld gewöhnlich auf andere geschoben wird. Die bürokratische Willkür der Behörden ist wahrlich wie aus einem der Romane von Franz Kafka entnommen.
Überall hängen kitschige Reklameplakate, die das Leben im repressiven totalen Staat mit plumpen Parolen verherrlichen, auch in den trostlosen Arbeitersiedlungen, welche die Wohnorte der Proles aus Georg Orwells berühmten Roman zu sein scheinen. Schon die Kinder sind dort frühzeitig brutal geworden.
Die Beziehung des Filmhelden zu seiner Mutter ist von wenig Menschlichkeit gezeichnet, sie nimmt an seinem Leben nur insofern Anteil, als dass sie seine berufliche Stellung interessiert, ansonsten ist sie durch ihren Wettstreit mit ihrer Freundin Mrs. Terrain um den besten Schönheitschirurgen beansprucht. Während Ida Lowry tatsächlich immer mehr auf jung getrimmt wird und die Zahl ihrer gutaussehenden Verehrer stetig zunimmt, erleidet Mrs. Terrain immer mehr Komplikationen und deren Komplikationen, bis es wohl dann mal eine Komplikation zu viel ist. Sehr schwarzer Humor.Auch manchmal eher harmlos, wenn der Chef seine Angestellten beim heimlichen Fernsehgucken im Dienst erwischen will, oder auch voller Schadenfreude, wenn die Luftzufuhr für die dummdreisten Reparatur"fachleute" in ihren Schutzanzügen mit der Fäkalienleitung vertauscht wird und die beiden wohlverdient bis zum Hals in der Sch... stehen. Selbst so abstruse Dinge wie die Abteilung, die nach dem Zugriff des Sondereinsatzkommandos das in die Decke der Wohnung geschnittene Loch mit einem genormten Pfropfen wieder schließen will und aufgrund dessen Umstellung auf das Dezimalssystem danebenliegt, sind für einen Witz gut. Doch das Lachen bleibt einem zunehmend im Halse stecken.
Erwähnenswert ist sicher noch der Auftritt von Robert de Niro als "Terrorist" Mr. Tuttle, dessen Verbrechen es ist, als freischaffender subversiver Monteur außerhalb des Staatsmolochs zu arbeiten, den "Reparaturprofis" ab und zu Streiche zu spielen (und wahrscheinlich nicht mal Steuern zu zahlen). Er ist wirklich für die Diktatur untragbar, aber schlecht in die Finger zubekommen. Immerhin schafft er es, Lowrys kaputte Klimaanlage in Minutenschnelle zu reparieren, was seine staatlichen Konkurrenten natürlich nicht dulden können.
Rein ausstattungsmäßig in diesem Film ist alles vom Feinsten, sehr viel Liebe fürs Detail, ganz ohne 3D-Computereffekte, noch nach alter Väter Sitte von Gilliam ersonnen und umgesetzt, wirklich ein Augenschmaus. Auch nach mehrmaligem Ansehen entdeckt man immer noch Neues.
Am Ende fällt Sam seinen Widersachern in die Hände, dem stellvertretenden schwafelnden Minister sowie dem "Freund" Jack, welcher schon seine Folterwerkzeuge wetzt. Der ist auch eine grausige Figur, eben noch hat er die blutbesudelten Kleider von seiner "Arbeit" gewechselt, jetzt spielt er mit seiner kleinen Tochter, die ihn besuchen kommt. So hab ich mir immer die KZ-Schergen vorgestellt, tagsüber herzlose Mörder, nach Feierabend treusorgende Familienväter. Und immer selber in der Furcht lebend, mal in diese Mühlen zu geraten.
Aber im letzten Moment scheint Rettung in Sicht, der sportliche Tuttle mit einigen Getreuen befreit Lowry und schießt sich den Weg aus dem Informationsministerium frei, da gibt es eine berühmte Szene, die Eisensteins Panzerkreuzer Potemkin nachempfunden ist. Irgendwie landet dann Lowry bei seiner Jill im Lastwagen (sie ist nämlich Arbeiterin) und die beiden fahren in eine schöne grüne Gegend mit Fertghäuschen ihrer Zukunft entgegen. Soweit die harmoniebedürftige US-amerikanische Version, die lange Zeit zum Original hin stark verstümmelt wurde, der eigentliche Schluss des Ganzen ist aber viel viel düsterer und hinterlässt beim Zuschauer eher ein Gefühl der Hilflosigkeit.

Letztlich bleibt bei Brazil die niederschmetternde Erkenntnis, dass der Einzelne gegen das irrsinnige System nicht gewinnen kann, es sei denn, er wird selber wahnsinnig. Wieviel bei dieser Art Film (der besprochene ist nun schon 35 Jahre alt) mittlerweile nun Wirklichkeit geworden ist, ist sicher immer ein nachdenkenswertes Thema, allerdings überhaupt nicht tröstlich.
Der Regisseur hat hier auch eine Menge seiner Erfahrungen und Sicht auf die Welt verarbeitet. Es bleibt ein sehr abwechslungsreicher und optisch ansprechender Film mit vielen kuriosen Einfällen und einer bitterbösen Story, den man nicht nur einmal angucken kann und der wirklich nachdenklich macht. Eine Empfehlung abseits des Mainstreams !

xwollsock Offline



Beiträge: 31

10.07.2020 14:30
#53 RE: Britische Filme: All-Time-Top-100 Zitat · Antworten

Folgende britische Filme (etwas Krimi-lastig) scheinen mir auch gute Kandidaten zu sein:

Brief Encounter (David Lean, 1945)
The Bridge on the River Kwai (David Lean, 1957)
The Criminal (Joseph Losey, 1960)
Two For The Road (Stanley Donen, 1967)
Get Carter (Mike Hodges, 1971) (nach dem Buch "Jack's Return Home" von Ted Lewis; es gibt auch eine BBC-Hörspielversion)
Villain (Michael Tuchner, 1971)
The Man Who Fell to Earth (Nicolas Roeg, 1976)
The Long Good Friday (John Mackenzie, 1979/80)
The Hit (Stephen Frears, 1984)
Mona Lisa (Neil Jordan, 1986)
The Cook, the Thief, His Wife & Her Lover (Peter Greenaway, 1989)
Croupier (Mike Hodges, 1998)
Harry Brown (Daniel Barber, 2009)
Killer Elite (Gary McKendry, 2011)

Technisch ein US Film, paßt hier aber gut hinein:

The Limey (Steven Soderbergh, 1999)

Ein weiterer Vorschlag, Shallow Grave (Danny Boyle 1994), war ja unter dem deutschen Titel "Kleine Morde unter Freunden" schon in der ursprünglichen Liste vertreten. Das Elend mit den deutschen Titeln dürfte bekannt sein.

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