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Dieses Thema hat 9 Antworten
und wurde 2.414 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker national
Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

13.10.2013 12:35
Schlager, Schmonzetten, Sonntagnachmittag: Der deutsche Unterhaltungsfilm Zitat · Antworten

Seit wir in unserer Kindheit im Fernsehen am Sonntagnachmittag die ganze Palette der Leichtherzigkeit kennenlernten, sind wir uns alle bewusst, dass die deutsche Kinolandschaft der 1950er und 1960er Jahre nicht allein mit dem Krimi begann und endete. Der Unterhaltungsfilm in seinen verschiedensten Ausprägungen, von der heiteren Komödie über den beschwingten Musikfilm bis hin zum schweren Herzensdrama, war gerade vor Beginn der Edgar-Wallace-Reihe die auf der Leinwand dominierende Kunstform. An einige dieser Filme, für die es bisher hier im Forum noch keinen angemessenen Diskussionsplatz gab, soll in diesem Thread erinnert werden. Bitte beachtet beim Einstellen von Filmbesprechungen, dass es bereits anderweitige Themenstränge gibt, in denen manche spezielle Produktionen vielleicht besser aufgehoben sind, z.B. Lümmel- und Paukerfilme, Filme von Werner Jacobs, Filme mit Peter Alexander, Filme mit Heinz Rühmann, Filme mit Joachim Fuchsberger oder sogar einzelne existierende Filmbesprechungsthreads.

Zwar ist die Welt des Unterhaltungsfilms ein ungeheuer großes Gebiet, die thematische Vielfalt wird aber häufig unterschätzt. Nicht in jedem Film gibt es glühende Alpenpanoramen oder einen Hans Moser in Doppelrolle zu sehen. Als Anregung für die unterschiedlichen Ausprägungen eines recht unüberschaubaren Themenfelds hier sieben „Kategorienbausteine“:






Ich wünsche viel Freude beim Eintauchen in die Welt der Schlager, Schmonzetten und Sonntagnachmittage – in eine Form des Kinos, die noch immer ein wenig unter Wert verkauft wird.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

13.10.2013 14:48
#2 RE: Schlager, Schmonzetten, Sonntagnachmittag: Der deutsche Unterhaltungsfilm Zitat · Antworten



BEWERTET: "Im Schwarzen Rössl am Wolfgangsee" (Österreich 1961) Erstaufführung am 22. Dezember 1961 in Wien
mit: Karin Dor, Peter Kraus, Trude Herr, Hans von Borsody, Paul Löwinger, Lolita, Gretl Schörg, Josef Egger, Rudolf Carl, Bruno Hübner, Hilde Brauner, Kristine Hansen, Annemarie Schüler u.a. - Drehbuch: Kurt Nachmann, Karl Farkas - Regie: Franz Antel

Eva Lanz arbeitet als Nummerngirl in einer Varieté-Show. Als sie die Nachricht erhält, dass sie von ihrem Onkel ein Hotel am Wolfgangsee geerbt hat, reist sie zusammen mit ihrer Freundin Maxie ins Salzkammergut. Entsetzt müssen sie feststellen, dass das Haus völlig heruntergekommen und hoch verschuldet ist. Sie entschließen sich, das Hotel notdürftig zu renovieren, um bei einem Verkauf an die Bank einen Preis zu erzielen, der die Unkosten deckt. Hilfe erhalten sie dabei von Werbekauffrauen auf Urlaub und dem Sänger Gustl. Doch die Konkurrenz vom "Weißen Rössl" setzt alles daran, die jungen Frauen um ihre Gäste zu bringen. Welche Rolle spielt der Arzt und Mitbesitzer des Renommee-Betriebs? Können Eva und ihre Mitarbeiterinnen mit ihrem Konzept punkten?



"Miss Krimi" ist der Hauptgrund, weshalb sich ein heutiges Publikum in die Niederungen des "Gute-Laune-Schlagerfilms" begibt. Die Schauspielerin wurde nicht nur von grünen Bogenschützen verfolgt und von unsichtbaren Krallen bedroht, sondern zwischendurch auch am blauen Meer und in den Bergen gesichtet. Hier wie dort wahrt sie ihre Contenance, obwohl sie offensichtlich leichter mit den Unholden aus dem Edgar-Wallace-Universum zurechtkommt, als mit den Casanovas des Alpenraums. Die Empörung, die sie im Umgang mit ihrem Partner von Borsody empfindet, ist ein wenig zu dick aufgetragen, was besonders Szenen wie jene in der Gemischtwarenhandlung gestelzt wirken lässt. Das Zusammenspiel mit der unverwüstlichen Trude Herr und dem charismatischen Kumpeltyp Peter Kraus klappt allerdings vorzüglich. Karin Dor ist zweifellos das Zugpferd der Produktion, die vom Bekanntheitsgrad der Musikkomödie "Im weißen Rössl" profitiert, in deren Umsetzung von 1960 sie übrigens ebenfalls mitspielt. Auch dort erliegt sie dem Charme eines Mannes, der sich seiner Wirkung auf Frauen nur zu gut bewusst ist, wobei Adrian Hoven das kleinere Übel darstellt. Der sonnengebräunte und Hans-Albers-blonde Hans von Borsody ist einer jener Strahlemänner, deren Selbstbewusstsein privat und beruflich auf "gemähte Wiesen" schließen und sie deshalb so uninteressant werden lässt. Trotz seines präpotenten Auftretens und der von Karin Dor ein wenig arg übertrieben gespielten Abneigung, zweifelt man keine Sekunde daran, dass sich die beiden am Ende in den Armen liegen werden. Wie in solchen Filmen üblich, gibt es (Schein-)Rivalen und Verbündete, die jedoch gegen das von vornherein durch Promistatus etablierte (Traum-)Paar keine Chance haben.
Ricarda Strobel untersucht das Muster der Paarfindung in ihrer Abhandlung "Heimat, Liebe und Glück":

Zitat von Fischer Filmgeschichte Band 3: 1945-1960, Seite 158
Der Konflikt wird ausgelöst oder verschärft dadurch, dass die Hauptfiguren nicht miteinander reden. Aus Missverständnissen entstehen so Scheinkonflikte, die am Ende einfach aus der Welt zu schaffen sind.




Schwierigkeiten lassen sich durch ein frohes Lied leichter meistern; der Gesang entwickelt eine Eigendynamik, die jeden mitreißt und diejenigen zu Siegern kürt, die mit guter Laune und Tatendrang am Werk sind. Neben Peter Kraus und Trude Herr sind es vor allem die Gaststars, die eingängige Schlager singen: Lolita, Gus Backus, Lill-Babs und Robertino Loretti. Ein weiterer Garant für das Funktionieren der Geschichte ist die opulente Landschaft rund um die Gemeinde St. Wolfgang am gleichnamigen See. Vor der strahlend blauen Kulisse kommen bunte Petticoatkleider, Dirndln und offene Sportwagen erst richtig zur Geltung. Die Sehnsucht des Publikums nach einem sorgenfreien Ausgleich zum Alltag erhält durch den Film Nahrung.

Zitat von Fischer Filmgeschichte Band 3: 1945-1960, Seite 154
Die Wichtigkeit der Landschafts- und Naturaufnahmen in diesen Filmen lässt sich schon an der Häufigkeitsverteilung der Aufnahmegrößen ablesen, die sich insofern von Filmen anderer Genres unterscheidet, als hier das Gewicht stärker auf den weiten Einstellungsgrößen liegt. Auch die durchschnittliche Entfernung der Kamera vom Objekt erreicht im Heimatfilm höhere Werte als in anderen, vor allem ebenfalls melodramatisch geprägten Filmen.


Während Herr, Kraus und die Damen ihre Rollen natürlich gestalten, sorgen Josef Egger und Paul Löwinger für einen unangenehmen Fremdschämfaktor: Was lustig sein soll, wirkt albern und wird durch die lokale Mundart, die im breitesten Jargon gesprochen wird, verstärkt. Beide Darsteller sind in einem Bauerntheater bestens aufgehoben, als Aushängeschilder eines Hotels allerdings fehl am Platz. Eine Komödie sollte unterhaltsam sein, den Zuseher jedoch nicht für dumm verkaufen. Wegen dieser beiden Herren wurde mir der im Grunde spritzige Film arg verleidet.

Mein Urteil nach der Erstsichtung: 2,5 von 5 Punkten, mit Luft nach oben.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

26.10.2013 12:46
#3 RE: Schlager, Schmonzetten, Sonntagnachmittag: Der deutsche Unterhaltungsfilm Zitat · Antworten




Der Haustyrann
Gerichtssatire, BRD 1958. Regie: Hans Deppe. Drehbuch: Werner P. Zibaso (Vorlage: Toni Impekoven, Hans Reimann). Mit: Heinz Erhardt (Paul Perlacher), Grethe Weiser (Tante Amalie), Peter Vogel (Hannes Hartung), Helga Martin (Pauls Tochter Inge Perlacher), Stephan Schwartz (Pauls Sohn Alex Perlacher), Rudolf Platte (Kellner Gottlieb), Arnulf Schröder (Professor), Ernst Waldow (Ermittlungsrichter), Beppo Brem (Polizist), Eduard Linkers (Staatsanwalt) u.a. Eine Produktion der Euphono-Film GmbH, Berlin. Uraufführung: 29. Januar 1959, Pali Karlsruhe.

Zitat von Der Haustyrann
Paul Perlacher hat immer Recht. Davon zumindest ist der Familienvater und Eigenheimbesitzer fest überzeugt. Eine ganz andere Meinung vertritt seine Untermieterin Amalie, die Perlacher durch ein Gericht aus dem Hause ekeln will. Während sich die beiden Streithähne immer weiter gegenseitig das Leben erschweren, sind sich Perlachers Tochter und Amalies Neffe hinter dem Rücken der verstrittenen Nachbarn einander ganz und gar nicht abgeneigt und schmieden sogar Pläne für ein gemeinsames Musikcafé ...


Heinz Erhardt taucht in dieser Produktion aus dem Jahr 1958 weniger als galanter Wortjongleur als vielmehr als mächtige Dampfwalze auf, die nichts duldet, was nicht den eigenen Vorstellungen entspricht. Erhardts Darstellung, die so authentisch gerät, dass man meint, der Komiker müsse eigentlich einen Herzinfarkt davon getragen haben, trägt den gesamten Film, der auf Wutanfälle und unbedachte Äußerungen der beiden Hauptdarsteller ausgerichtet ist und auf diese Weise viele urkomische Momente enthält. Gleichzeitig geht jedem Zuschauer auf, dass Paul Perlacher nicht unbedingt nur eine fiktive Figur ist, sondern das Sinnbild für versteifte und bockige Egoisten der patriarchalischen Adenauerzeit verkörpert. So findet er bei seinen Begegnungen mit „Tante Amalie“ und auch mit dem Rechtssystem ebenso selbstüberzeugte, argumentativ verarmte Reaktionen, die nur auf der Manifestierung des eigenen Rechts bestehen. In satirisch überhöhten Tönen wird von Märtyrertum und einer Frage der Gerechtigkeit gesprochen, wo es eigentlich nur um die Macken und die Profilierung des Individuums geht.
Die großartige Grethe Weiser besteht neben Erhardt nicht nur im Lautstärkepegel. Im Gegensatz zu Paul Perlachers Schwester lässt sich Amalie nicht einfach so in die Schranken weisen, wehrt sich und ärgert selbst auch einfach gern aus Spaß an der Freude. Klar gewinnen die häuslichen Szenen den Prozess gegen, pardon: den Vergleich mit jener vor Gericht, in der auch einige einfach nur dümmliche Momente auszumachen sind. „Der Haustyrann“ geht allerdings häufig über das rein Komödiantische hinaus, was ihn zu einer besonderen Produktion im Erhardt’schen Katalog macht. Das Gleichnis mit der alten, wütend zischenden Kaffeemaschine zum Beispiel verfehlt seine Wirkung nicht und bleibt als treffende Charakterisierung im Hinterkopf.
Nachdem die ältere Generation in „Der Haustyrann“ klar im Mittelpunkt steht, sind die jungen Rollen mit Peter Vogel und Helga Martin eher zweitrangig besetzt worden und erhalten nur geringen Handlungsspielraum. Immerhin werden sie nicht nur dazu instrumentalisiert, die für Filmlustspiele notwendige Portion Musik ins Geschehen zu bringen, sondern dienen auch der Überwindung der Gräben der Mütter und Väter. Es tun sich hier erstaunliche Parallelen zu „Romeo und Julia“ und damit zu den Montagues und Capulets auf.

Manche Komödie wächst über die engen Grenzen ihres Genres hinaus und thematisiert echte, auch charakterliche Missstände. Heinz Erhardts sympathisch-ignorante Darstellung bietet Raum für Spekulationen und Analysen, lädt aber in erster Linie zum Lachen und Entspannen ein. 5 von 5 Punkten.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

27.10.2013 13:50
#4 RE: Schlager, Schmonzetten, Sonntagnachmittag: Der deutsche Unterhaltungsfilm Zitat · Antworten






DER MEINEIDBAUER (1956)

Heidemarie Hatheyer, Carl Wery, Christiane Hörbiger-Wessely, Hans von Borsody
mit Joseph Offenbach, Matthias Fuchs, Bobby Todd, Wolfgang Völz und Attila Hörbiger
eine Edgar G. Ulmer-Produktion der Eichberg-Film
im Verleih der Allianz Film
ein Film von Rudolf Jugert



»Dann beschließt das Gericht Ihnen den Eid abzunehmen!«


Der Altbauer Ferner (Carl Wery) sieht sich durch Testamentsunterschlagung und falsches Zeugnis vor Gericht am Ziel seiner Wünsche: sein Sohn Franz (Hans von Borsody) wird einen stattlichen Hof sein eigen nennen. Paula (Heidemarie Hatheyer) aber, die sich als Mutter zweier außerehelicher Kinder jahrelang danach sehnte, durch Heirat ehrbar zu werden, wird um ihr Erbe gebracht. Ohnmächtig vor Hass muss sie dulden, dass sie und die Ihren leer ausgehen. Bis der Tag der Abrechnung mit Matthias kommt. [Zitat: "Der Meineidbauer", erschienen bei filmjuwelen]

In Rudolf Jugerts Film sind es die mächtigen Heimatdrama-Übergrößen Heidemarie Hatheyer und Carl Wery, die dem Szenario gekonnt und überzeugend ihre Stempel aufdrücken werden. Die Geschichte um Betrug, Missgunst, Hass und Neid wurde glaubhaft herausgearbeitet, und auch die Schwierigkeiten im Rahmen provinzieller Konventionen lassen schnell erahnen, dass man es nicht mit dem üblichen Happy-End-Tralala solcher Produktionen zu tun bekommen wird. Die Schauwerte wie die Berglandschaft und der urige Gutshof, oder die zweifelhafte Wirtschaft, in der sich lichtscheues Gesindel zu treffen pflegt, sorgen für stimmungsvolle Abwechslung. Vor allem, dass der Grundtenor der Geschichte wenig Hoffnung, beziehungsweise Rücksicht transportiert, macht aus "Der Meineidbauer" einen ernstzunehmenden Beitrag, wenn nicht sogar einen Klassiker seiner Gattung. Der Film ist aufgeteilt in zwei Teile. Zunächst bekommt man die Umstände geschildert, wie es zu dieser anscheinend ausweglosen Situation kommen konnte. Der Bauer stirbt und hinterlässt Frau und zwei Kinder, das natürlich alles unehelich. Um sie abzusichern, hinterlässt er seiner nicht anerkannten Familie den Hof, doch der Halbbruder des Verstorbenen lässt dessen letzten Willen verschwinden, und macht der rechtmäßigen Erbin zusätzlich ein Angebot, wie sie doch zu ihrem Recht kommen könnte, und zwar durch Heirat. Ab diesem Zeitpunkt spitzt sich die Situation zu und ein Racheschwur steht plötzlich im Raum. Die zweite Hälfte beschreibt die Geschichte nun zehn Jahre später und nimmt den Zuschauer mit in eine recht spannende Geschichte, die immer wieder mit typischen Heimatfilm-Zutaten aufgelockert wird. Zwischen den schönen Naturkulissen findet man allerdings auch einige Kontraste, vor allem die zweifelhafte Berg-Spelunke, in die Paula quasi ins Exil gegangen ist, und dort seit zehn Jahren Wirtin ist. Dort wird gespielt, zu Schlagermusik getanzt und getrunken, die Gäste geben sich ausgelassen und scheinen zu vergessen, was sie eigentlich alle auf dem Kerbholz haben.

In dieser Umgebung sieht man plötzlich Heidemarie Hatheyer, die eine Verwandlung durchgemacht hat. Zwar war sie auch schon vorher eine Frau, die genau wusste, was sie wollte, doch ihre Sehnsucht, eine ehrbare Frau zu werden, hat sich nie erfüllt. Sie und ihre Kinder wurden jahrelang von den Bewohnern des Dorfes verachtet und beschimpft. In den Augen der Leute hat sich das Bild von Paula ja auch bestätigt, da sie nun eine halbseidene Wirtin ist, die mit moderner, und für dortige Verhältnisse gewagter Montur auffällt, außerdem Hehlern und Spielern Unterschlupf gewährt. Paula hat gelernt sich zu behaupten und ihr Dasein ist geprägt von Hass und Verbitterung. Oft ist die Rede davon, welch erbärmliches Leben sie führen muss, was allerdings im moralischen Sinne gemeint ist. Carl Wery hat sich mit seinem Meineid ein Leben mit allen Annehmlichkeiten geschaffen, das ihm ermöglicht, nachts zu tanzen und tagsüber zu faulenzen. In seinem Wesen scheint er ruhig zu sein, aber das Gewissen brodelt in ihm, so dass er nach Wiedergutmachung strebt, beispielsweise indem er seinem Sohn ein Studium ermöglicht und dessen steifes Bein richten lässt. Doch Matthias lebt in ständiger Angst, da ein Mitarbeiter des Nachlassgerichtes einen Brief von ihm besitzt, der seine Schuld deutlich beweist. Daher muss er eine monatliche Rente an den besagten Herren zahlen. Als dieser Mann stirbt, nimmt die Katastrophe schließlich ihren Lauf, der Meineidbauer sieht sich gezwungen, bis zum Äußersten gehen zu müssen. Sehr gute Leistungen sieht man des Weiteren von Christiane Hörbiger-Wessely und Hans von Borsody, überhaupt ist das Ensemble ein sehr überzeugendes gewesen. Insgesamt vermittelt der Film einen klaren Aufbau und ein straffes Erzähltempo, die Musik unterstreicht Stimmungen sehr gut, die Dialogarbeit ist hervorragend genau wie die Darsteller, und die kontrastreiche Bildgestaltung erweckt den Eindruck eines sehr aufwendig inszenierten Beitrags, der ja immerhin ein satter Farbfilm geworden ist. Mir war "Der Meineidbauer" über die Jahre als guter Beitrag in Erinnerung geblieben, was die erneute Sichtung kompromisslos bestätigen konnte.

Giacco Offline



Beiträge: 2.517

12.11.2013 16:30
#5 RE: Schlager, Schmonzetten, Sonntagnachmittag: Der deutsche Unterhaltungsfilm Zitat · Antworten


O sole mio (Deutschland 1960) Erstaufführung: 23.12.1960 - Produktion: Alfa, Artur Brauner, Verleih: Gloria - Darsteller: Senta Berger, Jerome Courtland, Gunther Philipp, Trude Herr, Jean Thomé, Angele Durand, Rex Gildo, Mady Riehl, Tommy Kent, Herstellungsleitung: Horst Wendlandt, Regie Paul Martin



Im noblen Splendid-Hotel von Portofino soll die Promi-Verlobung des armenischen Ölmillionärs Albekian und der Schlager-Diva Helene La Porta stattfinden. Für dieses spektakuläre Ereignis hat man Teddy Hill und sein berühmtes Show-Orchester verpflichtet. Von so einem Engagement können die jungen Musiker einer kleinen Band, die in der Taverne von Portofino spielt, nur träumen. Doch dann überlegen sie, was passieren würde, wenn man Teddy Hill am Tag des Events außer Gefecht setzen könnte. Und schon haben sie eine Idee, deren Umsetzung dann aber nicht ganz planmäßig verläuft.

Nachdem er bereits mit "La Paloma" und "Marina" zwei sehr erfolgreiche Schlagerfilme produziert hatte, nahm Artur Brauner 1960 mit "O sole mio" (Arbeitstitel. Schlagerbummel) das nächste Projekt dieser Art in Angriff. Diesmal wurde sogar an Originalschauplätzen in Portofino gedreht. Italien war ja damals das erklärte Traumziel der Deutschen und so hatte der Film allein schon mit der italienischen Landschaft eine echte Attraktion zu bieten. Die Studio-Aufnahmen wurden dann im November 1960 in Berlin fertig gestellt, so dass der Film pünktlich zum Weihnachtsfest in die deutschen Kinos kam. Das bunte Schlagerlustspiel lockte Millionen von Besuchern an und zählte zu den Kassenschlagern der Saison.



Senta Berger ist hier in ihrer ersten großen Hauptrolle zu sehen. Wenig später schaffte sie bereits den Sprung nach Hollywood. Die Rolle der Madelaine verlangt ihr natürlich keine großen schauspielerischen Leistungen ab, aber allein ihre Präsenz ist beeindruckend. Sie überzeugt in jeder Szene, spielt unglaublich locker und selbst banale Dialoge wirken nicht gekünstelt. Als Partner stellte ihr Artur Brauner den 1,93 m großen Amerikaner Jerome Courtland zur Seite. Er wirkte 1959/60 in der US-TV-Serie "Tales Of The Vikings" mit, die in Europa, u.a. auch in Deutschland hergestellt wurde. Als Bandleader und Herzensbrecher Teddy Hill ist er passend besetzt. Courtland und Berger bilden ein attraktives Paar und man hat als Zuschauer seinen Spass, wenn die beiden sich gegenseitig etwas vorflunkern.
Mit viel Spielfreude agieren auch Trude Herr als geschäftstüchtige und trinkfeste Künstler-Managerin und Gunther Philipp als cholerischer Ölmillionär. Daneben sorgen Plattenstars wie Vico Torriani, Leo Leandros, Bobbejaan, Ivo Robic, Jan & Kjeld oder Rainer Bertram mit aktuellen Schlagern und bekannten Evergreens für musikalische Unterhaltung. "O sole mio" dürfte einer der Schlagerfilme mit den meisten Musik-Einlagen überhaupt sein.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

23.11.2014 16:24
#6 RE: Schlager, Schmonzetten, Sonntagnachmittag: Der deutsche Unterhaltungsfilm Zitat · Antworten

Als Komödiantin brachte Grethe Weiser Millionen Kinozuschauer mit ihrem treffsicheren Gespür, an genau den richtigen Stellen stets genau das Falsche zu sagen, zum Lachen. Die gebürtige Hannoveranerin machte sich im Unterhaltungsfilm der 1930er Jahre einen Namen, wobei „Die göttliche Jette“ von 1937 als ihr Durchbruch angesehen wird.

Ihre letzte Ruhestätte fand Weiser wie viele andere Schauspieler auf dem Waldfriedhof Heerstraße in Berlin. Auf dem Grabstein steht ihr kompletter Name Grethe Weiser-Schwerin – der Doppelname ist ihrer 1934 geschlossenen Ehe mit dem UFA-Produktionschef Dr. Hermann Schwerin zuzuschreiben. Dass auf dem Stein für Weiser und ihren Mann nur ein Sterbedatum angegeben ist, deutet auf den tragischen Autounfall vom 2. Oktober 1970 hin, der dem Leben des Ehepaars abrupt ein Ende setzte.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

24.01.2016 14:24
#7 RE: Schlager, Schmonzetten, Sonntagnachmittag: Der deutsche Unterhaltungsfilm Zitat · Antworten






● VIA MALA (D|1961)
mit Gert Fröbe, Joachim Hansen, Christine Kaufmann, Christian Wolff, Edith Schultze-Westrum, Anita Höfer,
Joseph Offenbach, Anne-Marie Blanc, Rudolf Forster, Paul Henckels, Heinrich Gretler, Alexa von Parembsky
eine Produktion der CCC Filmkunst | im Gloria Filmverleih
nach dem gleichnamigen Roman von John Knittel
ein Film von Paul May



»Dein ganzes Unglück kommt vom Saufen!«


In der Nähe der Gebirgsschlucht Via Mala lebt der Sägewerksbesitzer Jonas Lauretz (Gert Fröbe), der einen zweifelhaften Bekanntheitsgrad als Tyrann genießt. Seine Familie zittert vor seinen unberechenbaren Launen, denn er neigt zu gewalttätigen Übergriffen und Alkohol-Exzessen, was die ohnehin gefährdete Existenz der Familie täglich aufs Spiel setzt. Aufgrund mehrerer Anzeigen landet Lauretz schließlich vor Gericht und er wird wegen mehrerer Vergehen zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. In dieser friedlichen Zeit arbeitet die Familie ihre Schulden ab, doch Fleiß und Optimismus scheinen sich nicht auszuzahlen, weil der Hausherr plötzlich wieder auf der Türschwelle steht und das Regiment in bekannter Manier übernimmt. Schnell wird ersichtlich, dass er sich überhaupt nicht verändert hat und bei einem erneuten Übergriff auf seine älteste Tochter Hanna (Anita Höfer), kommt es zu einem folgenschweren Entschluss...

Betrachtet man die ersten Szenen von Paul Mays Literaturverfilmung, so wird umgehend klar, dass man es nicht mit einem konventionellen Heimatfilm zu tun bekommen wird. Gleich zu Beginn nimmt man die nervöse Spannung wahr, die sich wie ein schwarzer Schatten über das Szenario legt. Hierfür zeigen sich die Eskapaden Gert Fröbes zuständig, den man selten so abstoßend und widerwärtig gesehen hat. Angesichts des Entstehungsjahres ist die geschilderte Offenheit in Wort und Tat mehr als erstaunlich. Immer wieder kommt es zu Szenen, in denen einem buchstäblich der Atem stockt, weil sie kaum zu fassen sind. Der Regie gelingt es in vielerlei Hinsicht, weit über übliche Skizzierungen hinauszugehen, und die Geschichte um eine Familie die unter einem Tyrannen zu leiden hat, nimmt viele packende Formen an. Spätestens wenn man diesen stadtbekannten Trunkenbold und cholerischen Randalierer vor Gericht erlebt, weiß man, mit wem man es zu tun hat. Die Liste der Anklage ist lang und es lässt sich kein einziges Kavaliersdelikt herausfiltern. Viel eher noch scheinen die Vorwürfe über die sieben Todsünden hinauszugehen. Von Randalen bis Belästigung, Ehebruch und Unzucht scheint tatsächlich alles vertreten zu sein und Gert Fröbes Präsentation ist dabei von einer primitiven Arroganz, dass nur zu sagen bleibt, welche beeindruckenden Momente entstehen, wenn er das Gericht mit all seinen ausführenden Organen missachtet und verhöhnt, wo er nur kann. Als man ihn schließlich für neun Monate ins Gefängnis wirft, kann die Familie, die seit Jahren in Schande lebt, aufatmen und einem geregelten Leben ohne Komplikationen nachgehen, doch der Tag X bleibt dem Zuschauer im Gedächtnis. Über Szenen der wechselnden Jahreszeiten verstreicht dieser Zeitrahmen in Windeseile, sodass das alte Problem in neuer Potenz bereits wieder nach wenigen Minuten vor der Tür steht, um die Familie in gewohnter Manier zu erniedrigen und zu demütigen.

Gert Fröbe konnte in zahlreichen Filmen unter Beweis stellen, dass er der richtige Mann für derartig angelegte Rollen und unbequeme Charaktere war. Was er allerdings hier zum Besten gibt, stellt so manche seiner auch noch so fiesen Performaces in den Schatten. Sein Pferd geht er ebenso derb mit der Peitsche an, wie seinen eigenen Sohn, was nur eine seiner Demonstrationen darstellt, sein Umfeld zum Spuren zu bringen. Das sauer verdiente Geld, für das wohlgemerkt nur die anderen arbeiten, bringt er in Wirtshäusern und bei Dirnen durch. Wenn er wie üblich vollkommen betrunken nach Hause wankt, muss seine Familie das Schlimmste befürchten. In diesen Zuständen geht es dann sogar so weit, dass er vor seiner eigenen Tochter nicht zurückschreckt und versucht, sie in seinen Zuständen der puren Geilheit gefügig zu machen. Eine beängstigend dichte Zeichnung des Schauspielers, die noch länger nachhallen wird. Seine bemitleidenswerten Opfer werden von Edith Schultze-Westrum, Christian Wolff, Anita Höfer und Christine Kaufmann dargestellt, die seine Familie bilden und hervorragende Eindrücke hinterlassen. Um für Verschnaufpausen zu sorgen, wurde eine romantische Nebenhandlung integriert, die allerdings unter keinem guten Stern zu stehen scheint. Der Grundtenor der Geschichte bleibt dramatisch und über weite Strecken packend, wenngleich sich am Ende doch noch ein leicht sentimentaler Eindruck ausbreitet. "Via Mala" lebt insgesamt von den hervorragenden schauspielerischen Leistungen, die bis in die kleinsten Nebenrollen überdurchschnittlich ausgefallen sind, und der geneigte Zuschauer blickt gebannt auf einen Verlauf, der mit viel Qual und Schicksal angereichert wurde. Die kompetente Umsetzung der Regie beweist viel Fingerspitzengefühl in den Bereichen Atmosphäre und eindringlicher Bildgestaltung, sodass im Endeffekt ein Klassiker des düsteren, aber vor allem untypischen Heimatfilms entstanden ist. Hochwertig in der Inszenierung, packend bei der Charakterzeichnung und phasenweise sogar unter die Haut gehend. Wirklich sehr sehenswert.

Giacco Offline



Beiträge: 2.517

24.01.2016 21:15
#8 RE: Schlager, Schmonzetten, Sonntagnachmittag: Der deutsche Unterhaltungsfilm Zitat · Antworten

"Via Mala" war der geschäftlich erfolgreichste deutsche Film der Saison 1961/62 und wurde dafür mit einem "Bambi" ausgezeichnet. Sogar in Frankreich hatte er knapp 1,6 Mio. Zuschauer (davon über 400.000 allein in Paris). Von der Filmbewertungsstelle erhielt er allerdings kein Prädikat und auch beim "Deutschen Filmpreis" ging er leer aus.

Der Via-Mala-Stoff war 1943/44 schon einmal von Josef von Baky verfilmt worden. Die NS-Prüfstelle gab ihn wegen seines "düsteren Charakters" aber nicht frei, so dass er erst 1949 uraufgeführt werden konnte.

Jan Offline




Beiträge: 1.753

25.01.2016 10:17
#9 RE: Schlager, Schmonzetten, Sonntagnachmittag: Der deutsche Unterhaltungsfilm Zitat · Antworten

Der wesentliche Punkt, der "Via Mala" über einen konventionellen Heimatfilm stellt, ist m.E. die enorme Bildgewalt Richard Angsts. Der Film ist beispiellos inmitten ansonsten diesbezüglich eher anspruchsloser Ware. Die Kamera nutzt die ihr zur Verfügung stehende Kulisse nicht nur aus. Die Kulisse ist vielmehr handelnder Bestandteil des Geschehens. Selten hat der deutsche Nachkriegsfilm etwas Derartiges hervorgebracht. Selbst vergleichbar ambitionierte Heimatdramen wie beispielsweise Alfred Weidenmanns "An heiligen Wassern" halten trotz Starkameramann Otto Heller nicht mit und das, obwohl Heller ob seines Talents europaweit gefragter Chefkameramann war (man denke z.B. an den famos fotografierten Harry-Palmer-Film "Ipcress – streng geheim"). "Via Mala" ist quasi ein repräsentatives Einzelstück aus der Spätphase des deutschen Heimatfilms.

In einer Gert-Fröbe-Doku aus der ARD-Reihe "Legenden" kam u.a. auch Fröbes Stiefsohn Andreas Seyferth zu Wort. Sinngemäß berichtete dieser davon, wie besessen und geradezu willenlos Fröbe agieren konnte, wenn man ihn agieren ließ. Auf diese Aussage folgend wurde in die Doku eben jene Szene aus "Via Mala" eingeschnitten, in der der versoffene Lauretz seiner Tochter an den Busen grapscht. Für damalige Verhältnisse wirklich eine beachtlich gewaltvolle Szene.

Gruß
Jan

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

25.01.2016 13:57
#10 RE: Schlager, Schmonzetten, Sonntagnachmittag: Der deutsche Unterhaltungsfilm Zitat · Antworten

Michael Strauven schreibt in seiner Gert-Fröbe-Biografie "Jedermanns Lieblingsschurke" (Rotbuch Verlag) auf Seite 107 folgendes: "Fröbe spielt vorbehaltloser, er spielt - so verlangt das die Rolle - Gewalttätigkeit ohne Anlass, ohne Grund. In einer Szene muss er einer weiblichen Darstellerin die Bluse vom Leib reißen und über sie herfallen. Beim Dreh nach diesem Take herrscht betretenes Schweigen am Filmset, Gert Fröbe hat zu heftig zugegriffen, das geht weiter, als Schauspielerei gehen darf. Vergisst Fröbe sich, wenn er spielt?"

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